Hilfe – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Don Bowie: „Einige Dörfer Nepals noch fast ohne Hilfe“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/don-bowie-einige-doerfer-nepals-noch-fast-ohne-hilfe/ Sun, 14 Jun 2015 08:00:37 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=29851 Don Bowie

Don Bowie

Er ist einfach da geblieben – um zu helfen. Als das verheerende Erdbeben am 25. April Nepal traf, hielt sich der kanadische Bergsteiger Don Bowie im Basislager zu Füßen der Annapurna auf. Seit zehn Jahren ist Don an den Achttausendern unterwegs. Drei von ihnen hat er bisher bestiegen, allesamt ohne Flaschensauerstoff: den K 2 (2007), den Gasherbrum I (2010) und den Cho Oyu (2011). Spontan entschied sich der 45-Jährige nach den Erdstößen, die Annapurna-Expedition abzubrechen und seine Erfahrungen als Höhenbergsteiger und Bergretter zu nutzen, um den Erdbebenopfern in entlegenen Dörfern Nepals zu helfen. Seitdem ist Don fast pausenlos in den Bergen des Himalaya-Staates unterwegs. Für seine Hilfsaktion sammelt er übrigens auch über das Internet Spenden. Ich habe Don Bowie in Nepal erreichen können.

Don, wo hältst du dich gerade auf?

Außerhalb von Kathmandu, aber ich arbeite derzeit in vielen Distrikten: Gorkha, Nuwakot, Rasuwa, Sindhulpachowk, Dhading und Dolakha.

Als das Erdbeben Nepal erschütterte, warst du gerade an der Annapurna. Wie hast du die Erdstöße erlebt?

Wir alle waren gerade am Vortag aus unserem Hochlager heruntergekommen. Wir erholten uns im Basislager, als der Boden zu wackeln begann. Das Annapurna-Basislager auf der Nordseite liegt direkt unter einem sehr steilen Felsvorsprung, der eine Krone aus Eistürmen trägt. Es war an diesem Tag ein bisschen neblig, deshalb hatten wir keine gute Sicht, aber wir hörten die Felsbrocken, die sich gelöst hatten und herunter donnerten. Alle im Lager rannten weg, um nicht von ihnen getroffen zu werden.

Empfindest du eine besondere Verantwortung, den Menschen in Nepal zu helfen, weil du als Bergsteiger in dem Land so viel Zeit auf Expeditionen verbracht hast?

Ich glaube nicht, dass mich meine vielen Aufenthalte in Nepal dazu bewegt haben, sondern dass die Motivation daher kam, dass ich wusste, dass da eine ganze Nation verletzt war. Und wir wollten sehen, ob wir wenigstens ein bisschen helfen können. Da ich Erfahrung in der Bergrettung habe und auch andere Teammitglieder nützlichen Fertigkeiten besaßen, wurde uns klar, dass wir nicht länger an der Annapurna bleiben und einfach weiter klettern konnten. Außerdem hatten wir noch ein Fernseh-Produktionsteam dabei, das die Botschaft des Erdbebens in Nepal und was dort gebraucht wurde, hinaus in die Welt senden konnte.

Don im Einsatz in einem Bergdorf Nepals

Don im Einsatz in einem Bergdorf Nepals

Du hast den Transport von Hilfsgütern in sehr entlegene Bergregionen Nepals organisiert. Was wird in diesen Dörfern am meisten gebraucht?

Erst wenn du deinen Fuß in jedes einzelne dieser Dörfer gesetzt und mit den Menschen dort Zeit verbracht hast, verstehst du wirklich, was am dringendsten nötig ist. Jedes Dorf, jede Stadt hatte unterschiedliche Bedürfnisse – je nachdem, wie hart der Ort von dem Beben getroffen wurde, in welcher Gegend er lag, wie schwer die Lebensmittelläden betroffen und wie zerstört die Häuser waren. Wir haben versucht, jedes einzelne Problem anzugehen. Aber die allergrößte Schwierigkeit, besonders in der Region Gorkha, ist, dass die Menschen durch Erdrutsche komplett abgeschnitten und isoliert sind. Unser vorrangiges Ziel war es, die Leute dort mit Essen und anderen Hilfsgütern zu versorgen, bevor der Monsun zuschlägt.

Gibt es immer noch Dörfer, die noch keine Hilfe seit dem Erdbeben am 25. April erhalten haben?

Ich war erst kürzlich in Dörfern, die bis dahin wenig bis keine Hilfe bekommen hatten. Einige kleine Hubschrauber hatten es bis in diese Gebiete geschafft, aber häufig hatten die richtig hoch gelegenen Bergdörfer keinen geeigneten Landeplatz selbst für kleine Hubschrauber. So gibt es immer noch viele Dorfgemeinschaften, die kaum Hilfe erhalten haben. Deshalb haben wir Träger und Maultiere organisiert, um die Hilfsgüter in diese Gebiete zu bringen. Allerdings besteht die Herausforderung darin, die Wege wieder frei zu räumen und sicher zu machen, sodass die Leute von Dorf zu Dorf wandern können, ohne von Erdrutschen bedroht zu werden.

Wie hast du die Menschen in den entlegenen Dörfern erlebt? Waren sie traumatisiert, hoffnungslos, wütend?

Die Menschen in Nepal sind unglaublich widerstandsfähig. Als wir in diese kleinen Städte gekommen sind, um den Menschen Hilfsgüter zu bringen, haben sie uns Tee, Essen und sogar Schlafplätze in ihren beschädigten Häusern angeboten. Sie waren extrem freundlich und häufig wirklich erfreut, einfach zu wissen, dass es da draußen Menschen gibt, die an sie denken und ihnen helfen wollen. Wir konnten sehen, dass es ihnen Trost spendete.

Bist du mit der Zusammenarbeit mit den lokalen Behörden zufrieden? Was könnte besser laufen?

Wir waren meistens in Gorkha unterwegs und haben gerade erst damit begonnen, unsere Hilfe auf andere Gebiete auszudehnen. In Gorkha hat uns die lokale Regierung unglaublich gut bei unserer Arbeit unterstützt. Wir konnten sogar einige Teams abstellen, die Seite an Seite mit den lokalen Behörden und der Polizei gearbeitet haben. Die Behörden, besonders in Gorkha, wo wir am meisten unterwegs waren, haben ihre Sache wirklich großartig gemacht und auch selbst die Initiative ergriffen, um Hilfe in die Dörfer zu bringen – und das in einer Weise, die uns wirklich beeindruckt hat.

Gefahr von Erdrutschen

Gefahr von Erdrutschen

Nepal hat eine Kampagne gestartet, mit dem Ziel, dass Touristen trotz der Folgen des Erdbebens ihren Urlaub in dem Land verbringen. Was hältst du davon?

Ich glaube, es gibt noch immer größere Bedenken, ob die Regionen, die in erster Linie Touristen- und Trekkinggebiete sind, wirklich sicher sind. Wenn der Monsun einmal richtig angekommen ist, werden einige Erdrutsche schlimmere Ausmaße haben. Darüber machen wir uns sehr große Sorgen. Ich kann sehr gut verstehen, dass es für die lokale Wirtschaft enorm wichtig ist, den Tourismus wiederherzustellen. Wir arbeiten sehr hart mit einigen Organisation wie dem WFP (Welternährungsprogramm), den Vereinten Nationen und auch der lokalen Regierung zusammen, um die Wege instandzusetzen und die Dörfer wieder an das Straßennetz anzuschließen. Im Augenblick sind viele Gebiete schwer getroffen. Es gibt jedoch auch Regionen wie die Annapurna-Runde, die weitgehend intakt geblieben sind. Ich denke, diese relativ wenig beschädigten Regionen sollten in der Lage sein, den Tourismus zu unterstützen. Auch wenn du dir die größeren Touristenzentren wie Pokhara oder auch Thamel ansieht, bekommst du den Eindruck, dass es sich um sichere Orte handelt. Mein Team und ich selbst haben einige Zeit lang an diesen Orten gelebt und sind überzeugt, dass die Infrastruktur dort für einen rentablen Tourismus in der Herbstsaison sorgen kann. Für andere Regionen wird das wegen des Ausmaßes der Schäden und auch der Erdrutsche wohl kaum gelten.

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Hilfe für Familien der Everest-Lawinenopfer https://blogs.dw.com/abenteuersport/hilfe-fuer-familien-der-everest-lawinenopfer/ Fri, 09 May 2014 19:36:25 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=26035 Schneefahne vom Gipfel des Mount Everst

Schneefahne vom Gipfel des Mount Everest

Warten auf die Ruhe nach dem Sturm. Derzeit bläst es heftig in der Gipfelregion des Mount Everest – mit Windgeschwindigkeiten bis zu 60 Knoten (etwa 110 Stundenkilometer). An einen Gipfelversuch eines der etwa zehn Teams auf der tibetischen Nordseite des Bergs ist nicht zu denken. Erst ab dem 16. Mai, also in einer Woche, zeichnet sich ein Schönwetterfenster mit wenig Wind ab. Auf der Südseite haben nach Information des US-Expeditionsleiters Eric Simonsen die „Icefall doctors“ ihre Leitern und Seile aus dem Khumbu-Eisbruch geholt. Bis zur nächsten Saison wird das Material in einem Lager in Gorak Shep deponiert, der letzten ständig bewohnten kleinen Ortschaft nahe dem Mount Everest auf 5200 Metern. Einen Aufstieg auf den 8850 Meter hohen Gipfel wird es damit von der nepalesischen Seite aus in diesem Frühjahr definitiv nicht mehr geben. In Kathmandu übergab dieser Tage der Japaner Ken Noguchi im Namen seiner Umweltschutz-Organisation „Seven Summits Actions for Sustainable Society“ einen Scheck über 100.000 US-Dollar an Ang Tshering Sherpa, den Präsidenten des Nepalesischen Bergsteigerverbands (NMA).

NMA soll Hilfe koordinieren

Mit dem Geld, das Noguchi in Japan sammelte, sollen die Familien der 16 Lawinenopfer vom Everest (seht unten das bewegende Video der New York Times „Letzte Minuten am Everest“)  unterstützt werden. Die nepalesische Regierung hat die NMA beauftragt, dafür Sorge zu tragen, dass die Kinder dieser Familien weiter ausgebildet werden.

Ang Tshering kündigte an, dass sein Verband dafür einen Hilfsfond gründen werde, in den die NMA ebenfalls 100.000 Dollar einzahlen werde und in den Spendengelder aus aller Welt fließen könnten. In vielen Ländern haben Bergsteiger Sammlungen für die Familien der Opfer organisiert – wie der Tübinger Arzt und Bergsteiger Matthias Baumann, der im Basislager war, als die Lawine von der Westschulter hinabdonnerte:

Ken Noguchi war 1999 mit 25 Jahren der damals jüngste Bergsteiger, der die „Seven Summits“ bestiegen hatte, die höchsten Berge aller Kontinente. Die Absage einer kompletten Saison auf der nepalesischen Seite des Everest wie in diesem Frühjahr dürfe sich nicht wiederholen, sagte der 40 Jahre alte Japaner: „Wenn es noch einmal passiert, werden die Ausländer einen Bogen um den Everest machen.“ Oder aber auf die tibetische Seite des Bergs wechseln. Das hat der blinde österreichische Bergsteiger Andy Holzer vor. „Der Grund ist, dass ich dem Chaos, das auf nepalesischer Seite entstanden ist, entgehen möchte. Ich will nicht zum Spielball der nepalesischen Regierung und der Sherpas werden“, sagte der 47-Jährige nach seiner Rückkehr aus Nepal.

P.S.: Wer Matthias Baumanns Video bis zu Ende geguckt hat, weiß es schon. Für alle anderen hier die Konto-Nummer seiner Hilfsaktion für die Sherpa-Familien: Himalayan Project e.V., Kreissparkasse Biberach IBAN DE45 6545 0070 0007 0581 89, BIC SBCRDE66, Kennwort: Sherpa Lawinenopfer.

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