Kilimandscharo – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Vermisst am Kili: Demut und Respekt https://blogs.dw.com/abenteuersport/vermisst-am-kili-demut-und-respekt/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/vermisst-am-kili-demut-und-respekt/#comments Fri, 02 Mar 2018 15:00:10 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=39835

Kili im Morgenlicht

Das Gipfelzertifikat liegt zu Hause, ich könnte also eigentlich einen Haken hinter den Kilimandscharo machen. Doch der höchste Berg Afrikas beschäftigt mich auch noch eine halbe Woche nach der Heimkehr. Zu zwiespältig waren meine Gefühle während der acht Tage am Kili. Auf der einen Seite durfte ich gastfreundliche und hilfsbereite Tansanier, ein harmonisches Expeditionsteam und eine wirklich beeindruckende Natur erleben. Der Aufstieg durch die verschiedenen Vegetationsstufen bescherte mir viele unvergessliche Momente. Auf der anderen Seite offenbarten sich mir aber auch einmal mehr die Kehrseiten des Massen-Bergtourismus.

Exkremente am Wegesrand

Karawane zur Kibo Hut

Obwohl Jahr für Jahr rund 30.000 Menschen versuchen, den Kilimandscharo zu besteigen, fehlen sowohl ein schlüssiges Hygiene-, als auch ein Müllkonzept. So gibt es zwar etwa an der Kibo Hut auf 4700 Metern einige einfache Toiletten, doch es fehlt Wasser, um sich die Hände zu waschen. Die wenigen Toilettenverschläge entlang der Marangu-Route sind nicht viel mehr als Makulatur. Hinter fast jedem Felsbrocken neben dem Weg liegen menschliche Exkremente und Klopapier. Viele Gipfelaspiranten werfen zudem ihren Müll einfach achtlos in die Gegend.

Bessere Chancen für Dicke?!

Am Ende am Boden

Noch niemals zuvor habe ich an einem Berg so viele unvernünftige, sich selbst überschätzende Gipfelanwärter gesehen wie an dem Fast-Sechstausender südlich des Äquators. Zum Beispiel jenen britischen Teenager, der bereits auf 4000 Metern mit glasigem Blick herumtorkelte und meinte, er sei nur müde. Sein Expeditionsleiter ignorierte zunächst unseren Hinweis, der Junge sei höhenkrank. Derselbe Expeditionsleiter hatte mir am Vortag erklärt, dass nach seiner Erfahrung dicke Menschen besonders gute Chance hätten, den Gipfel zu erreichen. Seine Begründung: Dicke bewegten sich auch im normalen Alltag langsam, und das sei schließlich genau die richtige Taktik am Kilimandscharo.

Rolltragen im Dauereinsatz

Ich sah Koreaner, die schon nach dem Aufstieg zur Kibo Hut so ausgezehrt und erschöpft aussahen wie Hermann Buhl 1953 nach seinem legendären Solo-Gipfelgang am Nanga Parbat. Wenige Stunden später brachen sie Richtung Uhuru Peak auf, gefüttert mit Diamox, wie die leeren Blister auf der Toilette bewiesen. Einige mussten hinterher den Berg heruntergetragen und anschließend mit Rolltragen abwärts transportiert werden. Kein Tag verging ohne solche Rettungsaktionen. Wobei es eine Bergrettung im engeren Sinn am Kili noch gar nicht gibt. Überdrucksäcke zur Erstversorgung an der Kibo Hut? Fehlanzeige. Als unser Arzt von der Uni-Marburg bei einem Höhenkranken vorübergehend Flaschensauerstoff einsetzte, wurde er vom plötzlich sehr nervösen Offizier vor Ort gefragt, ob der Patient denn auch wirklich in Lebensgefahr schwebe.

Landeplätze, aber keine Hubschrauber

Hubschrauber-Landeplatz

Auf der Marangu-Route existieren zwar einige Hubschrauber-Landeplätze, die bisher aber nur von Vögeln angeflogen werden. Nach dem Abtransport mit der Rolltrage werden die Höhenkranken an der Horombo Hut auf 3700 Metern in einen Jeep umgeladen und über eine staubige Piste ins Flachland gefahren. Schwere Fälle können nur im Universitätskrankenhaus der Stadt Moshi behandelt werden. Der Transport kostet viel Zeit, die im extremen Notfall über Leben oder Tod entscheiden kann.

Todesfälle werden totgeschwiegen

Gletscher im ersten Tageslicht

Über die Bergsteiger, die am Kilimandscharo an der Höhenkrankheit sterben, redet man nur hinter vorgehaltener Hand. In der Woche vor unserer Ankunft auf der Horombo Hut seien dort zwei Bergsteiger nach ihrem Gipfelgang gestorben, wurde uns erzählt. Die beiden hätten sich schlafen gelegt und seien nicht mehr aufgewacht. Hatten sie sich selbst über- und den angeblichen „Wanderberg“ unterschätzt, wie so viele am Kilimandscharo? Ich traf „Gipfelstürmer“, die den höchsten Punkt in nur drei (!) Tagen erreicht hatten. Die meisten nahmen sich fünf Tage Zeit, um die rund 4000 Meter zum Gipfel zu überwinden – auch das eigentlich zu kurz, um sich vernünftig zu akklimatisieren.

Hauptsache Gipfelzertifikat

Letzter Blick auf den Kili

Ich vermisste am Kilimandscharo vor allem zweierlei: Demut und Respekt. Demut vor dem wenn auch technisch leichten, so doch hohen Berg. Respekt vor den Grenzen der eigenen Leistungsfähigkeit und der Möglichkeit, höhenkrank zu werden. Demut vor der Natur, die wir als Geschenk betrachten sollten. Respekt gegenüber den einheimischen Guides, die so viel mehr Kili-Erfahrung haben als die Gäste aus dem Ausland. Stattdessen: Mit Tunnelblick auf den Gipfel. Hauptsache, das Gipfelzertifikat hängt demnächst an der Wand.

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Abschied vom Kilimandscharo https://blogs.dw.com/abenteuersport/abschied-vom-kilimandscharo/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/abschied-vom-kilimandscharo/#comments Sun, 25 Feb 2018 23:25:34 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=39797

Sonnenaufgang auf dem Kilimandscharo

Wanderberg? Das würde ich nicht unbedingt unterschreiben. Ich räume ein, dass ich den 5895 Meter hohen Kilimandscharo, den höchsten Berg Afrikas, unterschätzt habe. Auf etwa 5500 Metern erwischte er mich auf dem falschen Fuß. War es der nervtötende Aufstieg über den Schotterhang, bei dem ich den Eindruck hatte, dass ich, wenn ich zwei Schritte vorwärts machte, einen zurückrutschte? Oder war es der eiskalte Wind, der bis in die Finger- und Fußspitzen vordrang? Was auch immer dafür verantwortlich war, plötzlich hatte ich das Gefühl, dass mich meine Kräfte im Eiltempo verließen. Unser Guide Bayo bemerkte, dass ich Probleme hatte. Wir machten eine kleine Ess- und Trinkpause, und Bayo bestand darauf, meinen Rucksack zu übernehmen. Danach bekam ich wieder die Kurve. Mindestens 20 Prozent meines Gipfelerfolgs gehören also meinem tansanischen Bergführer, ohne den ich womöglich nicht den höchsten Punkt erreicht hätte.

Individuelle Bilanzen

Begegnung mit Affe

Von Bayo verabschiedete ich mich heute nachmittag mit ein wenig Wehmut am Eingang zum Kilimandscharo-Nationalpark. Unser gesamtes afrikanisches Team – die Guides, die Träger, die Köche und deren Helfer – sangen für uns den „Jambo, Jambo“-Song und tanzten dazu. Zuvor waren wir rund 2000 Meter weit abgestiegen, hinein in den Regenwald, wo uns noch einmal eine Affenfamilie ihre Aufwartung machte. Ein beeindruckendes Erlebnis zum Abschluss einer Reise, die bei uns allen noch eine Weile nachklingen wird. Jeder nimmt seine ganz persönlichen Erinnerungen mit. Wie die 68 Jahre alte Irene, die sich trotz gesundheitlicher Probleme bis zum Gilman’s Point auf 5,684 Metern hinauf kämpfte und dafür zu Recht ein (leicht modifiziertes) Gipfelzertifikat für den Kili erhielt. Oder die 64 Jahre alte Monika, die sich mit dem Erreichen des höchsten Punktes einen Kindheitstraum erfüllte. Oder der 19 Jahre alte Linus und die 20 Jahre alte Franzi, bei denen es sich bald entscheiden wird, in welche Richtung sich ihr Leben entwickeln wird und denen der Gipfelerfolg am Kilimandscharo sicher noch einmal einen besonderen Schub geben wird.

Auch Erlebnisse, die nachdenklich machen

Unser Expeditionsteam

Wir alle kehren mit tollen Erfahrungen vom höchsten Berg Afrikas zurück. Von gastfreundlichen Menschen, von einer beeindruckenden Landschaft. Doch wir konnten auch mit eigenen Augen sehen, wie unvernünftig, teilweise sogar fahrlässig viele Gipfelaspiranten aus anderen Expeditionen den Kili in Angriff nahmen und dabei sogar ihr eigenes Leben riskierten. Einige bezahlten ihre fehlende Demut schwer höhenkrank mit dem Abtransport auf der Rolltrage. Gespannt warten wir auf die Ergebnisse der Studie, die das Ärzteteam der Universität Marburg während unserer Expedition durchführte. Hoffentlich hat unser Aufstieg dazu beigetragen, die Höhenkrankheit besser verstehen zu lernen.

Hakuna Matata

Elias Lyimo (l.) und Rainer Braehler (r.)

Bevor ich an diesem Montag wieder nach Deutschland zurückfliege, möchte ich mich bedanken. Bei unserem Expeditionsleiter Rainer Braehler und dem tansanischen Organisator vor Ort, Elias Lyimo. Bei allen afrikanischen Helfern. Bei den Ärzten aus Marburg, die echte Teammitglieder waren. Bei allen Expeditionsteilnehmern, die mich offen angenommen und als einen der ihren akzeptiert haben. Bei unseren Familien, die uns zum Kilimandscharo haben fahren lassen. Ich hoffe, wir können ihnen mit der Schilderung unserer Erlebnisse ein wenig zurückgeben. Nicht zuletzt möchte ich allen danken, die unser Abenteuer am höchsten Berg Afrikas verfolgt haben. „Kilimanjaro, Hakuna Matata“ – Kilimandscharo, alles in Ordnung!

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Gipfeltanz https://blogs.dw.com/abenteuersport/gipfeltanz/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/gipfeltanz/#comments Sat, 24 Feb 2018 18:00:04 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=39783

Auf dem Dach Afrikas

Ich höre Franks schweren Atem hinter mir. Wir sind auf fast 6000 Metern, aber wo ist dieser verdammte Uhuru Peak, mit 5895 Metern die höchste Erhebung des Kilimandscharo? Seit einer halben Stunde folgen wir unserem Bergführer Bayo durch die Dunkelheit. Dann endlich erreichen wir die Bretterkonstruktion, auf der zur Besteigung des höchsten Bergs Afrikas gratuliert wird. Und was macht Frank? Trotz der dünnen Luft singt und tanzt er mit Bayo das afrikanische Volkslied „Hakuna Matata“. „So habe ich wenigstens nicht gefroren“, sagt Frank später.

Gletscher im Morgenlicht

Gletscher im Morgenlicht

Der Wind ist wirklich eiskalt, selbst dicke Daunenhandschuhe helfen nur leidlich. Ein paar schnelle Gipfelfotos mit Blitzlicht, dann nichts wie herunter. Frank, Manfred, Rolf, Thomas, Rainer und ich sind als erste Gruppe mit Bayo aufgestiegen. Als wir den Gipfel verlassen, taucht die aufgehende Sonne die Gletscherreste des Kilimandscharo, die der Klimawandel noch übrig gelassen hat, in ein fast unwirkliches Licht.

Abfahrt“ über die Schotterflanke

Ebenso unwirklich wirken die Lichter der unzähligen Stirnlampen, die sich nun bei Tagesanbruch dem höchsten Punkt nähern. Der Kilimandscharo ist eben einer der meist besuchten Berge der Welt, mehr als 30.000 Gipfelaspiranten werden alljährlich gezählt. Auf dem Rückweg gelingt es uns kaum, Gilman’s Point auf 5681 Metern zu passieren. Eine mitgliederstarke US-Expedition samt Kamerateam verstopft den Weg. Der Abstieg über die Schotterflanke ist im Gegensatz zum Anstieg das pure Vergnügen. Mit großen Sprüngen „fahren“ wir durch die lose Auflage talwärts ab.

Höhenkrank wegen Gipfelfoto

Helmut (r.) freut sich über seinen Gipfelerfolg

Nach und nach treffen auch die anderen Kili-Besteiger aus unserer Gruppe an der Kibo Hut ein – müde, aber mit einem Strahlen im Gesicht. Alle, die in der Nacht zuvor aufgebrochen sind, haben ihr selbst gestecktes Ziel erreicht und sind wohlbehalten zurückgekehrt. Ralf muss allerdings wegen Höhenkrankheit kurzzeitig mit Flaschensauerstoff behandelt werden. Er hat 40 Minuten am Gipfel auf die Gelegenheit gewartet, ein Gipfelfoto ohne andere Personen zu machen. Ein fast unmögliches Unterfangen. Zu lange hat er sich in der großen Höhe aufgehalten. Auf dem Rückweg sacken ihm plötzlich die Beine weg. Zwei Träger müssen ihn den Berg hinunter eskortieren. Immerhin erholt er sich schnell. Und sein ersehntes Gipfelfoto hat er.

Morgen werden wir von der Horombo Hut, zu der wir nach dem Gipfelgang noch abstiegen, weiter talwärts wandern und dann den Kilimandscharo-Nationalpark verlassen. Die meisten mit einem Gipfelzertifikat im Gepäck.

 

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Gipfelerfolg am Kilimandscharo https://blogs.dw.com/abenteuersport/gipfelerfolg-am-kilimandscharo/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/gipfelerfolg-am-kilimandscharo/#comments Sat, 24 Feb 2018 06:30:04 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=39775

Gipfelfoto: Rolf, Bayo und ich (v.l.)

Es war 5.41 Uhr lokaler Zeit, als Bayo unsere Gruppe auf den 5895 Meter hohen Uhuru Peak führte. Frank, Manfred, Thomas, Rolf, Rainer und ich erreichten rund sechsdreiviertel Stunden nach dem Aufbruch von der Kibo Hut den Gipfel des höchsten Bergs Afrikas. Thomas fuhr – wo immer es möglich war – hinterher mit dem Mountaimbike ab. Rund eine halbe Stunde nach uns stand auch eine große zweite Gruppe aus unserer Expedition auf dem Uhuru Peak: Ingrid, Max, Franzi, Ralf, Helmut, Ursula, Linus, Sigrid, Silvia, Sabine, Monika, Birgit, Rainer B. und Birgit B. (Ich hoffe, ich habe niemanden vergessen.) Irene schaffte es bis auf den Gilman Point. Weitere Einzelheiten gibt es nach der Rückkehr aller zur Horombo Hut.

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Tag der Entscheidung https://blogs.dw.com/abenteuersport/tag-der-entscheidung-2/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/tag-der-entscheidung-2/#comments Fri, 23 Feb 2018 12:52:41 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=39757

Sonnenaufgang mit Blick auf den Mawenzi

Jetzt gilt es. Heute Abend um 23 Uhr werden wir aufbrechen. So wie es jetzt, wenige Stunden zuvor, aussieht, werden bis auf Gerd, unseren Ältesten mit 76 Jahren, wohl alle noch verbliebenen 20 Expeditionsteilnehmer einen Gipfelversuch machen. Zuvor nimmt Christian Kreisel aus dem Marburger Ärzteteam bei allen weitere Blutproben. Christian wird als möglicher Nothelfer in der Kibo Hut zurückbleiben.

 

Es wird kalt

Letzte Instruktionen von Elias Lyimo (Mitte) und Expeditionsleiter Rainer Brähler (l.)

„Wir peilen an, im Idealfall um 6 Uhr Gilman’s Point auf 5681 Metern zu erreichen und um 8 Uhr am höchsten Punkt auf 5895 Meter, dem Uhuru Peak, zu stehen“, sagt Elias Lyimo, der uns als einer von mehreren Bergführern begleiten wird. Das Thermometer wird in der Nacht deutlich unter den Gefrierpunkt fallen, wir werden uns also warm anziehen müssen. Für jeden Gipfelaspiranten steht je ein Träger bereit, mit dem zusammen wir jederzeit absteigen können, sollte es uns schlecht gehen.

Zwei Koreaner in Rolltragen

Höhenkranker Koreaner

Wie nötig dies sein kann, beobachtete ich heute Mittag auf der Kibo Hut. Ein Südkoreaner, der um Mitternacht Richtung Gipfel aufgebrochen war, musste heruntergetragen werden – unfähig, auch nur einen weiteren Schritt selbstständig zu gehen. Er und eine weitere Bergsteigerin der koreanischen Expedition wurden später per Rolltragen talwärts transportiert.

 

Langsam, aber stetig

5000 Meter geknackt

Wir hatten heute einen weiteren Tag zur Akklimatisierung auf 4720 Metern. 17 Teilnehmer stiegen den staubigen Vulkanabhang bis auf eine Höhe von 5030 Metern hinauf. „Ich habe es geschafft“, freute sich Monika, als sie am Umkehrpunkt eintraf. Die 64-Jährige, die schon als Kind davon träumte, den Kilimandscharo zu besteigen, geht konsequent ihr eigenes, etwas langsameres Tempo und erreichte damit bisher stets das Tagesziel. „Die Guides sagen, dass ich gute Chancen habe, auch den Gipfel zu schaffen. Mal sehen!“

Ehrlich bleiben!

Seit gestern zeigten sich bei einigen Expeditionsteilnehmern Symptome der Höhenkrankheit wie Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen oder Schlaflosigkeit. Alle erholten sich relativ schnell. Dennoch stellt Bergführer Elias klar: „Wenn wir euch fragen, wie es euch geht, dann bleibt bei der Wahrheit! Und wenn wir euch empfehlen abzusteigen, fangt nicht an zu diskutieren, sondern dreht um!“ Also, Daumen drücken!

P.S.: Ich werde mich morgen voraussichtlich erst wieder nach dem Abstieg zur Horombo Hut auf 3700 Metern melden. Alles weitere wäre Zugabe! 😉

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In der Ruhe liegt die Kraft https://blogs.dw.com/abenteuersport/in-der-ruhe-liegt-die-kraft/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/in-der-ruhe-liegt-die-kraft/#comments Thu, 22 Feb 2018 16:45:16 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=39741

Frank im Ruhezustand

Frank wirkt fast ein wenig erschrocken über sich selbst. Während einer Trinkrast auf 4300 Metern hat er sich zwischen den Felsen ausgestreckt und ist eingenickt. „Ich habe tatsächlich geschlafen“, sagt der 47-Jährige. „Und als ich aufwachte, war mir richtig kalt.“ Heute stiegen wir von der Horombo Hut auf 3700 Metern bis zur Kibo Hut auf 4720 Metern auf, Ausgangspunkt des Gipfelversuchs. Auf dem breiten, meist sanft ansteigenden Weg – von den Einheimischen „Coca-Cola-Route“ genannt, erlebten wir ein weiteres Beispiel gefährlicher Unvernunft.

Unvernünftig, unverantwortlich

Die Karawane zieht weiter

Bereits auf 4000 Metern torkelt ein etwa 14-jähriger Brite nur noch hin und her, und das obwohl er nicht mal mehr seinen eigenen Rucksack trägt. Als wir uns nach seinem Befinden erkundigen, antwortet er: „Ich bin nur müde.“ Christian Kreisel, der Arzt aus dem Forschungsteam der Uni Marburg, der uns zur Kibo Hut begleitet, macht den britischen Expeditionsleiter darauf aufmerksam, dass der Junge höhenkrank sei und dringend absteigen müsse. „Ich bin selbst Arzt, er kann weiterlaufen“, antwortet der Expeditionsleiter. Während der nächsten Rast sitzt der 14-Jährige nur noch apathisch am Tisch, den Kopf zwischen den Armen vergraben. 100 Höhenmeter weiter ist auch dem Letzten klar, dass es für den Jungen nur eine Richtung geben kann: abwärts! Seine Mutter, die ebenfalls zur Gruppe gehört, steigt weiter auf.

Schrittgeber Bayo

Frank an der Kibo Hut

„Pole, pole!“. Langsam, langsam! Bayo wird nicht müde, dies zu wiederholen. Der 34 Jahre alte Guide gibt an der Spitze unserer Gruppe das Tempo vor. „Vor allem auf den letzten 300 Höhenmetern bis zur Kibo Hut dürft ihr nicht zu schnell gehen.“ Und so schleicht unsere Karawane langsam hinter Bayo her dem Tagesziel entgegen. Nach rund sechs Stunden erreichen alle 22 Expeditionsmitglieder, inklusive Christian Kreisel, verteilt auf mehrere Gruppen das Tagesziel. Von Linus, mit 19 Jahren der Jüngste im Team, bis zu Gerd, mit 76 Jahren der Senior. Der Jubel ist groß. Für viele ist schon die erreichte Höhe von 4720 Metern persönlicher Höhenrekord.

Für den morgigen Freitag ist nur ein kurzer Aufstieg an die 5000-Meter-Grenze geplant. In der Nacht zum Samstag starten wir dann Richtung Gipfel. Pole, pole!

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Auf du und du mit dem zellulären Stress https://blogs.dw.com/abenteuersport/auf-du-und-du-mit-dem-zellulaeren-stress/ Wed, 21 Feb 2018 14:12:56 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=39725

Empfehlung in der Horombo Hut

„Wahrscheinlich hat es hier noch nie eine Expeditionsgruppe gegeben, die so viel medizinisches Fachpersonal und entsprechende Ausrüstung hatte“, sagt Harald Renz. Der Professor von der Philipps Universität Marburg erklärt den Bergsteigern verständlich, was im Körper geschieht, wenn jemand höhenkrank wird. „Der in dieser Höhe fehlende Sauerstoff sorgt für zellulären Stress. Die spannende Frage ist, wie der Körper mit diesem Stress umgeht. Welche rund 200 der zur Verfügung stehende 20.000 Gene die Zellen in Gang setzen.“ Aus diesem Grund hat das Ärzteteam uns mehrmals Blut abgezapft und in spezielle Röhrchen gefüllt. „So haben wir von jedem je einen Stoffwechsel-Fingerabbruch auf jeder Höhe,“, erklärt der Mediziner. Wenn wir morgen zur Kibo Hut auf 4700 Metern aufgestiegen sind, werden wir eine weitere Blutprobe abgeben, die letzte dann nach dem Gipfelgang am Samstag. Die ersten Ergebnisse der Analyse werden in etwa einem halben Jahr vorliegen. „Wir erhoffen uns Erkenntnisse über die genetischen Prozesse, die zur Höhenkrankheit führen“, sagt Harald Renz.

Empfehlung vor dem Gipfelgang

Harald Renz erklärt die Höhenkrankheit

Christian Kreisel wird mit auf die Kibo Hut aufsteigen und dort gewissermaßen der medizinische Vorposten sein. Tim Jäcker bleibt in der Horombo Hut. Wenn einer der Bergsteiger höhenkrank werden sollte, kann er also auf 4700 Metern notbehandelt und anschließend auf 3700 Meter hinuntergebracht werden. „Sollte der Zustand ernst sein, werde ich dafür sorgen, dass ihr mit dem Krankenwagen sofort ins Tal gebracht werdet und werde gegebenenfalls auch mitfahren“, sagt der Arzt. Christian Kreisel wird kurz vor dem Gipfelgang auf der Kibo Hut in der Nacht von Freitag auf Samstag einen letzten medizinischen Check machen und jedem einzelnen empfehlen, ob er aufsteigen kann oder doch lieber absteigen sollte. „Wer aufsteigt, obwohl ich ihm abgeraten habe, muss es mir schriftlich geben, dass er auf eigene Verantwortung den Gipfel in Angriff nimmt“, stellt Kreisel klar.

Eigenverantwortung ist gefragt

Unsere Gruppe an den Zebra Rocks

„Es ist zum einen wichtig, dass das Schnaufen funktioniert“, erklärt Harald Renz. „Zum anderen muss euer Gehirn weiterhin in der Lage sein, vernünftige Entscheidungen zu fällen. Also horcht in euch hinein! Der Gipfel ist nicht alles.“ Man spürt, dass die Spannung unter den Gipfelaspiranten steigt. Es gibt Nachfragen, ob etwa die Sauerstoffsättigung, die man mit dem Pulsoxymeter misst, ein verlässlicher Wert ist, um das Risiko einzuschätzen, höhenkrank zu werden. „Der Wert kann einen Hinweis geben, mehr nicht“, sagt Renz. „Jemand kann einen Wert von 91 Prozent Sauerstoffsättigung haben und trotzdem Gefahr laufen, höhenkrank zu werden.“ Manfred, selbst Arzt und einer der Bergsteiger, versucht, das Ärzteteam aus Marburg aus der Verantwortung zu nehmen: „Letztlich muss doch jeder von uns selbst entscheiden, wie weit er geht. Wir allein tragen die Verantwortung für unser Handeln, nicht die Ärzte.“

Länger akklimatisiert als die meisten anderen

Dilettant in der Wand 🙂

Heute sind wir noch einmal bis auf eine Höhe von 4100 Metern aufgestiegen, um uns weiter zu akklimatisieren. Ziel der gemütlichen Wanderung waren die „Zebra Rocks“, eine beeindruckende schwarz-weiß gestreifte Felsformation. „Wir haben uns einen Tag länger auf 3700 Meter aufgehalten, als die Gruppen es normalerweise machen. Ich glaube, das hat sich ausgezahlt,“ sagt Harald Renz. „Viele, die gestern noch über Kopfschmerzen und Schlafstörungen klagten, fühlen sich heute gut.“

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Rolltragen und Sternschnuppen https://blogs.dw.com/abenteuersport/rolltragen-und-sternschnuppen/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/rolltragen-und-sternschnuppen/#comments Tue, 20 Feb 2018 17:47:23 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=39695

Kilimandscharo

„Der Kilimandscharo ist kein Berg für einen Wettkampf“, sagt Joachim. „Also lass‘ dir Zeit!“ Ich musste gerade mal hinter einem Stein verschwinden und hänge deswegen rund 100 Meter hinter der Gruppe zurück. Joachim ist einer unserer Guides und hat auf mich gewartet. Seit 1997 arbeitet er als Bergführer. Er hat sich hochgearbeitet. „Ich habe als Träger begonnen, dann als Küchenhelfer gearbeitet, ehe ich Bergführer geworden bin“, erzählt der Mittvierziger. „Heute bilde ich selbst Bergführer aus.“ Viele unterschätzten den Berg, sagt der Tansanier.

Acht von 16

Mit dem Krankenwagen talwärts

Davon können wir uns auch heute wieder überzeugen. Während unseres Aufstiegs zur weiteren Akklimatisierung eilen gleich zwei Helferteams mit Rolltragen an uns vorbei, auf denen Höhenkranke liegen. Später, zurück in der Horombo Hut, erfahren wir, dass von einer 16-köpfigen Gruppe, die am Gipfel war, acht Bergsteiger auf diese Weise herunterbefördert worden sind. Aus unserer Gruppe ist Barbara, die gestern erste Symptome der Höhenkrankheit zeigte und Fieber hatte, heute mit dem Jeep sicher ins Tal gebracht worden, wo sie sich erholen kann.

Kräfte sparen

Aufstieg bis auf 4300 Meter

Wir steigen gemütlich bis zu einem Sattel auf 4300 Metern auf. Lediglich Gerd, mit 76 Jahren unser ältestes Expeditionsmitglied, schont sich heute. Die gesamte Gruppe wird es ihm morgen gleichtun. Nur eine kleine Wanderung ist geplant. Wir sollen Kräfte sparen. Am Donnerstag geht es hinauf zur Kibo Hut auf 4720 Metern. Dort war Thomas, unser Mountainbiker, bereits heute mit seinem Rad. „Die tolle Abfahrt hat mich für die gestrigen Strapazen entschädigt“, sagt er mit glänzenden Augen.

Umkehrzeit festgelegt

Abendstimmung

Unser Expeditionsleiter Rainer Braehler hat bereits am Montag die Marschroute für den Gipfeltag ausgegeben. „Wir brechen am Samstag um 0 Uhr von der Kibo Hut auf. Wer um 8 Uhr noch nicht am Gilman’s Point auf 5684 Metern angekommen ist, darf nicht weiter zum Gipfel auf 5895 Metern aufsteigen, sondern muss unbedingt umkehren“, sagt Rainer mit strenger Stimme. „Sonst schafft ihr es nicht mehr sicher vor Einbruch der Dunkelheit zurück zur Horombo Hut. Die Besteigung ist erst dann erfolgreich, wenn ihr wieder sicher zurück seid.“

Heute abend verkündet Helmut mit einem breiten Grinsen im Gesicht: „Ich habe eben zwei Sternschnuppen gesehen. Falls es euch interessiert, ich komme oben an.“

P.S. @Judith von Tim: Auch dreimaliges Eincremen schützt nicht vor Sonnenbrand.

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Moutainbiken am Limit https://blogs.dw.com/abenteuersport/moutainbiken-am-limit/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/moutainbiken-am-limit/#comments Mon, 19 Feb 2018 20:02:41 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=39691

Thomas am Ziel

„Er ist der Härtlinger.“ Monika bringt es auf den Punkt. Thomas hat bereits heute am Kilimandscharo seinen ersten Gipfel erreicht. Der 58-Jährige aus Münsingen lief am Morgen von der Mandara Hut auf 2700 Metern wieder hinunter, holte im Hotel sein Mountainbike ab, fuhr anschließend 14 Kilometer zum Kilema Gate und bewegte sein Rad dann die Jeep-Piste zur Horombo Hut hinauf. „Alles in allem waren es 2700 Höhenmeter auf dem Rad, ich bin durch“, sagt Thomas, als er am Ziel eintrifft. Der Schweiß tropft ihm von der Nase. „Ich habe das Mountainbike 70 Prozent der Strecke geschoben, das war einfach nicht fahrbar“, berichtet der Biker. „Auf 2500 Metern habe ich Krämpfe gehabt. Es war hart, ich war am Limit.“ Nach einer kalten Dusche und in trockenen Klamotten erzählt er weiter: „Der letzte Mountainbiker auf der Kilema Route vor mir war unten am Gate am 12. Januar notiert. Während der sechs Stunden hinauf zur Horombo Hut habe ich nur einen Jeep, einen Kleinlaster mit Bauarbeitern und einen Krankenwagen getroffen, sonst niemanden. Es war wirklich grenzwertig, dort alleine unterwegs zu sein.“

Eine Wanderin mit ersten Zeichen der Höhenkrankheit

Rolltrage

Der Krankenwagen brachte einen höhenkranken Bergsteiger talwärts. Zuvor war er auf einer abenteuerlich anmutenden Rolltrage den Berg hinunter transportiert worden. „Es ging ihm wirklich schlecht“, sagte mir einer der einheimischen Helfer. Bis auf den Mountainbiker Thomas war unsere komplette Gruppe heute von der Mandara Hut über 1000 Höhenmeter zur Horombo Hut auf 3700 Metern gewandert. Alle kamen gut an, fast alle sind wohlauf. Lediglich eine Wanderin klagte über Schwindel und Übelkeit. „Das sind eindeutig erste Zeichen der akuten Höhenkrankheit, aber nichts, worüber man sich große Sorgen machen müsste“, berichtete Tim Jäcker. „Alles unter Kontrolle.“ Der Arzt verabreichte ihr ein Medikament, am Abend ging es ihr bereits besser.

Morgen über die 4000-Meter-Grenze

Noch ein bisschen höher

Ein Teil der Gruppe, zu dem auch ich gehörte, stieg noch bis 3850 Meter auf, getreu dem alten Motto „Climb high, sleep low“. Für den morgigen Dienstag ist ein weiterer Schritt zur Akklimatisierung geplant. Wir werden Richtung Mawenzi Ridge aufsteigen, voraussichtlich bis auf eine Höhe von 4300 Metern. Anschließend geht es zurück zur Horombo Hut, wo die Ärzte der Philipps Universität Marburg die nächsten Blutproben für ihre Studie zur Höhenkrankheit nehmen werden.

Anmerkung des Hometeams: Leider hat Stefan nach Schreiben dieses Beitrags weder Strom noch Satellitenverbindung. Entsprechende Fotos werden später nachgeliefert.

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Kili-Aufstieg mit medizinischer Begleitung https://blogs.dw.com/abenteuersport/kili-aufstieg-mit-medizinischer-begleitung/ Sun, 18 Feb 2018 18:41:18 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=39675

Kilimandscharo

So habe ich noch nie einen Aufstieg auf einen hohen Berg begonnen. Gleich am Marangu Gate, dem Eingang zum Kilimandscharo-Nationalpark, nehmen uns Professor Harald Renz, Dr. Christian Kreisel und Dr. Tim Jäcker Blut ab. Zuvor haben wir bereits mehrere Fragebögen ausgefüllt, zu unserer körperlichen und mentalen Verfassung. Die 24 Expeditionsmitglieder haben sich bereiterklärt, als „Versuchskaninchen“ für eine Studie zur Höhenkrankheit zur Verfügung zu stehen. „Wir hoffen, mehr über die Zusammenhänge der Krankheit herauszufinden“, sagt Harald Renz, welche Faktoren dafür sorgen, dass sie ausbricht. Ob es auch genetische Faktoren gibt, die eine Rolle spielen. Und welchen Einfluss die Psyche hat.“

Hohe Quote an Höhenkranken

Blutentnahme am Marangu-Gate

Der Kilimandscharo bietet sich für eine solche Studie an. Zum einen, weil innerhalb weniger Tage rund 4000 Höhenmeter überwunden werden und damit eine ausreichende Akklimatisierung häufig nicht gegeben ist. Zum anderen, weil viele der rund 30.000 Bergsteiger, die alljährlich zum höchsten Berg Afrikas kommen, kaum Erfahrungen mit großer Höhe haben. Der Kili gilt auf den Normalrouten als ein „Wanderberg“. Doch mit 5895 Metern ist er eben auch ein hoher Berg, der gerne unterschätzt wird. Bis zu zwei Drittel aller Gipfelaspiranten berichten anschließend über Symptome der Höhenkrankheit. Etwa die Hälfte erreicht den Gipfel nicht. Und es gibt auch alljährlich Todesfälle.

Krankenwagen mit Blaulicht

Aufstieg durch den Regenwald

Wie viele es sind, wird offiziell nicht kommuniziert. Unter der Hand wird von rund 50 Toten pro Jahr gesprochen. „Die Regierung hat kein Interesse daran, die Zahlen zu veröffentlichen“, erzählt mir David während des Aufstiegs. „Das schadet dem Tourismus, der derzeit wegen der unklaren politischen Lage im Land ohnehin nicht so gut floriert.“ David arbeitet als Arzt in einem kleinen Krankenhaus zu Füßen des Kilimandscharo und träumt davon, eines Tages auch über eine Unterdruckkammer zu verfügen, um schwer höhenkranke Patienten behandeln zu können. Während unserer Mittagspause an einem Picknickplatz der Marangu-Route rast ein Krankenwagen mit Blaulicht an uns vorbei und wirbelt jede Menge Staub auf. David schüttelt den Kopf.

Keine Hubschrauberrettung

„Ein funktionierendes Rettungssystem gibt es bisher am Kilimandscharo nicht“, berichtet er. Schwer höhenkranke Bergsteiger oder Träger müssten auf Tragen den Berg heruntergebracht werden, um dann mit dem Krankenwagen weiter befördert zu werden. „Eine Hubschrauberrettung fehlt, weil die dafür nötigen Spezialhelikopter und das für eine Höhenrettung ausgebildete Flugpersonal nicht zur Verfügung stehen.“

Erstbesteigung im Zeitalter des Imperialismus

„Schwarzweißaffe“

Durch den Regenwald steigen wir gemütlich auf und bestaunen neben der üppigen Vegetation auch einige Affen, die auf den Bäumen herumturnen. Am späten Mittag erreichen wir den ersten Rastplatz, die „Mandara Hut“ auf 2700 Meter Höhe. Wir übernachten in einfachen Holzhütten mit je vier einfachen Schlafplätzen. Früher einmal hieß diese Stelle „Bismarckhütte“. Nach der Erstbesteigung durch den Deutschen Hans Meyer, den Österreicher Ludwig Purtscheller und den einheimischen Bergführer Yohani Kinyala Lauwo im Jahr 1889 – also zur Zeit des Imperialismus – war der Kilimandscharo zum „deutschen Berg“ erklärt worden. Er blieb es offiziell bis zum Ende des Ersten Weltkriegs 1918. Noch bis 1964 hieß die höchste Erhebung „Kaiser-Wilhelm-Spitze“, bis die tansanische Regierung im Zuge der Unabhängigkeitsbewegung den Punkt in „Uhuru Peak“, Freiheitsgipfel, umbenannte.

Am morgigen Montag werden wir zur Horombo Hut (einst „Petershütte) auf 3700 Metern aufsteigen. Vorher werden wir nach unserer ersten Nacht in größerer Höhe einen weiteren Fragebogen ausfüllen. Die nächste Blutzapfstelle wird dann die Horombo Hut sein.

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Der verborgene Berg https://blogs.dw.com/abenteuersport/der-verborgene-berg/ Sat, 17 Feb 2018 19:42:27 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=39653

Mehr war heute vom Kilimandscharo nicht zu sehen

Der Kilimandscharo spielte mit mir Verstecken. Nach der langen Reise von Köln via Frankfurt und Addis Abeba nach Tansania hatte ich mich schon darauf gefreut, vom Flugzeug aus einen Blick auf den höchsten Berg Afrikas werfen zu können. Blöderweise saß ich im Mittelgang. Als der Pilot verkündete, der Kilimandscharo läge nun links von uns, scheuchte ich meine Nachbarin auf und hastete zu einem Fenster am Notausgang, um einen Schnappschuss zu machen. Doch ich kam zu spät. Wer Glück hatte, konnte wenigstens einen kurzen Blick auf den Kili erhaschen. Ich sah nur noch Wolken.

Nervtötendes Schneckentempo

Kilimandscharo-Plakat

Nach der Landung auf dem Kilimanjaro Airport war an den Berg erst einmal nicht zu denken. Denn ich erhielt eine kleine Einführung in die Tücken tansanischer Bürokratie. Das vorbereitete Visumformular konnte ich gleich in die Tonne werfen, da mittlerweile ein neues existierte. Die Schlangen vor den wenigen Schaltern waren lang. Sehr lang. Die Beamten verhielten sich sehr freundlich, ließen sich aber nicht aus der Ruhe bringen und arbeiteten in einem so konstant niedrigen Tempo, dass Schnecken im Vergleich dazu wie Formel-1-Rennautos gewirkt hätten. Nach mehr als anderthalb (!) Stunden hatte ich endlich den ersehnten Stempel im Pass.

Medizin-Kisten beschlagnahmt

Lagebesprechung im Hotel

Noch schlimmer erging es den Medizinern der Philipps Universität Marburg, die während unserer Expedition eine Studie zur Höhenkrankheit machen werden. Die Zollbeamten zogen kurzerhand drei Kisten mit Material für Blutproben sowie eine Kiste mit Spritzen aus dem Verkehr. Selbst den Notfallrucksack wollten sie zunächst einkassieren. Erst als Notfallmediziner Christian Kreisel damit drohte, den zuständigen Beamten dafür verantwortlich zu machen, wenn bei der Expedition irgendetwas passiere, rückte er wenigstens den Rucksack heraus. Die vier Kisten sollen jetzt nach Erledigung weiterer Formalitäten am Montag freigegeben und anschließend mit dem Jeep auf den Berg gebracht werden.

Vorgekostet

Prost!

Dieser Berg versteckte sich auch auf unserer Fahrt vom Flughafen zum Hotel hinter Wolken. Wieder kein Kilimandscharo! Immerhin konnte ich ihn auf einem Plakat an einer Tankstelle dann doch noch bewundern. Und am späten Nachmittag zeigte er sogar eine kleine, schneebedeckte Ecke. Das feierte ich im Hotel mit einem „Kilimanjaro Beer“. So habe ich den Berg wenigstens schon mal vorgekostet, wenn es morgen früh losgeht. Dann werden wir vom Marangu-Gate auf 1800 Metern zur Mandara-Hütte auf 2700 Metern aufsteigen.

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Vor Kibo-Expedition: Ab in die künstliche Höhe https://blogs.dw.com/abenteuersport/vor-kibo-expedition-ab-in-die-kuenstliche-hoehe/ Sat, 27 Jan 2018 23:05:56 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=39373

Hypoxietraining daheim für den Kilimandscharo

Der Kilimandscharo ruft. In knapp drei Wochen werde ich zum höchsten Berg Afrikas aufbrechen. Natürlich möchte ich den Gipfel auf 5895 Meter Höhe erreichen. Aber nicht nur darum geht es bei der „Kilimanjaro Summit Challenge“. Die anderen 23 Teilnehmer der Expedition und ich werden auch an einem Forschungsprojekt der Philipps Universität Marburg zur Höhenkrankheit teilnehmen. Die Ärzte, die uns begleiten, werden täglich Blutproben nehmen und uns untersuchen. Auch psychologische Tests sind geplant. Das Risiko, am Kilimandscharo höhenkrank zu werden, ist ziemlich hoch.  Schließlich überwinden die Gipfelaspiranten innerhalb weniger Tage gut 4000 Höhenmeter. Rund 70 Prozent der Kibo-Touristen berichten anschließend über Symptome der akuten Höhenkrankheit.

Zu Hause dünne Luft schnuppern

Direkt nach dem Training: Sauerstoffsättigung 87 Prozent, fünf Minuten danach wieder 98 Prozent

Ich lebe in Köln auf rund 50 Meter Meereshöhe, die Alpen sind rund 600 Kilometer fern. Damit fehlt mir die Möglichkeit, mal eben einen Berg zu besteigen, um Höhenluft zu schnuppern. Schon vor früheren Expeditionen habe ich gute Erfahrungen mit Hypoxietraining gemacht, damals noch in speziellen Studios. Jetzt steht bei mir zu Hause ein Generator, mit dem ich gezielt einen Teil des Sauerstoffs aus der Luft filtern kann. Über eine Maske atme ich die sauerstoffärmere Luft ein und simuliere so eine größere Höhe. So kann ich nicht nur beim Sporttreiben und im Ruhezustand dünne Luft atmen, sondern sogar in einem speziellen kleinen Zelt „auf Höhe“ schlafen.

Thomas Huber, Jost Kobusch …

Inzwischen nutzen auch einige kommerzielle Expeditionsveranstalter solche Geräte, um ihren Kunden die Möglichkeit zu geben, sich vor einer Expedition zu akklimatisieren. Ich habe mein Gerät bei Höhenvorbereitung Markus Göbel ausgeliehen. Göbel, ein 41 Jahre alte Sportwissenschaftler, der in Sonthofen im Allgäu lebt, verleiht nicht nur die entsprechenden Geräte, sondern erstellt auch Trainingspläne. Zu seinen Kunden gehörten schon der deutsche Topkletterer Thomas Huber und Höhenbergsteiger Jost Kobusch (siehe Video unten).

Markus, man hat das Gefühl, dass Hypoxietraining richtig in Mode gekommen ist.

Es ist schon deutlich mehr geworden. Vor sechseinhalb Jahren habe ich mit zwei Geräten angefangen. Inzwischen erhalte ich immer mehr Anfragen. Die Reisen sind eben beliebt. Die einen haben noch nie etwas mit großer Höhe zu tun gehabt und sind froh, dass sie sich schon zu Hause darauf vorbereiten können. Die anderen haben schon Erfahrung mit dem Training gemacht und wissen, dass es ihnen hilft.

Was wird dem Körper beim Hypoxietraining eigentlich vorgegaukelt?

Im Prinzip dasselbe wie am echten  Berg. Dort liegen in der Luft die Sauerstoffmoleküle wegen des Druckverlustes weiter auseinander, und ich kann deswegen weniger Moleküle einatmen. Beim Hypoxiegerät filtert der Generator den Sauerstoff über eine Membran aus der Umgebungsluft heraus. Um eine Höhe von 4000 Metern zu simulieren, haben wir dann statt 21 Prozent nur noch 13 Prozent Sauerstoffgehalt. Die Moleküle fehlen also genau wie am echten Berg. Der Effekt ist sogar noch stärker, weil wir hier gegen normalen Umgebungsdruck anatmen müssen. Das heißt, die Sauerstoff-Sättigungswerte auf echten 4000 Metern sind etwas höher als in der künstlich erzeugten Höhe. Der Trainingseffekt ist also sogar stärker als auf der echten Höhe. 

Markus Göbel: Trainingseffekt ist sogar stärker als in echter Höhe

Merkt  sich der Körper das?

Er muss sich an den Sauerstoffmangel genauso anpassen wie am echten Berg. Ich kann nicht von jetzt auf gleich im Hypoxiezelt auf 4000 Metern schlafen, sondern steigere mich stufenweise. Ich beginne also z.B. bei 2300 Metern und erhöhe dann jede Nacht um 300 Meter, mache dann auch Pausen, um zu regenerieren. Der Körper speichert die Akklimatisierung zehn bis 14 Tage lang. Ich sehe zu, dass die Kunden das System wirklich bis zum Abflugtag nutzen, damit die Lücke nicht zu groß wird.

Kilimandscharo

Kommerzielle Veranstalter berichten, dass sich Expeditionen bis zu einer Länge von vier Wochen gut verkaufen lassen, bei längeren wird es immer problematischer. Erhöht dies den Bedarf an Hypoxietraining?

Genau darum geht es ja. Man nimmt die Zeit, die vor Ort fehlt, zu Hause vorweg. Für den Kilimandscharo mache ich z.B. zwei bis drei Wochen Höhentraining zu Hause und bin dann eine Woche dort. Dann komme ich insgesamt auf drei bis vier Wochen. Das ist nach höhenmedizinischen Erkenntnissen der Zeitraum, den ich brauche, um unbeschadet auf einen knapp 6000 Meter hohen Berg zu kommen – wenn man andere Faktoren wie mögliche Erkrankungen, Durchfall, Erkältung usw., oder auch das Wetter mal außen vor lässt. Rein auf die Höhe bezogen, würde ich sagen, dass Kunden, die im Vorfeld einer Kilimandscharo-Expedition ein Höhentraining absolviert haben, Erfolgschancen von 95 bis 98 Prozent haben.

Thomas Huber beim Hypoxie-Training

Wie wird diese Trainingsform von Profibergsteigern angenommen?

Ich hatte schon welche. (lacht) Aber es ist nicht so, dass sie mir die Tür einrennen. Ich glaube und finde es auch in Ordnung, dass sie damit nicht  hausieren gehen wollen. Es geht ja nicht darum, zu sagen, ich habe Höhentraining gemacht, also renne ich da jetzt mal schnell hoch. Es  ist einfach eine Trainingsmethode, um sich auf ein Bergsportziel vorzubereiten. Ich muss es nicht unbedingt durch die Gegend posaunen und dadurch vielleicht den Druck erhöhen, dass ich das Ziel unbedingt erreichen muss. Sie hängen es einfach nicht an die große Glocke, wenn sie es tun.

Markus Göbel: Profibergsteiger hängen es nicht an die große Glocke

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Mountainbiker und Bergläufer für Kibo-Studie gesucht https://blogs.dw.com/abenteuersport/mountainbiker-und-berglaeufer-fuer-kibo-studie-gesucht/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/mountainbiker-und-berglaeufer-fuer-kibo-studie-gesucht/#comments Thu, 06 Apr 2017 14:08:32 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=35721

Kilimandscharo

Statistisch gesehen, gehört der Kilimandscharo zu den Top-Bergzielen weltweit. Jahr für Jahr versuchen sich mehrere zehntausend Menschen am höchsten Berg Afrikas. So sollen allein 2016 mehr als 30.000 Besucher den höchsten Punkt auf 5895 Meter erreicht haben. Der „Kibo“ gilt als Wanderberg, mehrere einfache Routen führen auf den Gipfel. Nur während der Regenzeiten April/Mai und Oktober/November reißt der Touristenstrom etwas ab. Viele Anbieter bieten Touren auf das Dach Afrikas als Wochentrip an – auch diese kurze Verweildauer sorgt dafür, dass der Berg bei den kommerziellen Kunden so beliebt ist. Weniger bekannt ist, dass am Kilimandscharo alljährlich mehrere hundert schwer höhenkranke Touristen gerettet werden müssen, für rund zwei Dutzend von ihnen kommt jede Hilfe zu spät. In vielen Jahren sind es auch deutlich mehr.

4000 Höhenmeter in wenigen Tagen

Christian Kreisel

Die Regierung Tansanias hält die genaue Zahl der Todesfälle unter Verschluss. Würde sie bekannt, könnte das dem boomenden Bergtourismus schaden. Viele unterschätzen ganz einfach das Risiko, am Kibo höhenkrank zu werden. Dabei liegt es eigentlich auf der Hand. Schließlich überwinden die Gipfelaspiranten innerhalb weniger Tage gut 4000 Höhenmeter. Der Arzt Christian Kreisel vom Universitätsklinikum Gießen und Marburg will jetzt eine schnellere und sichere Diagnose der Höhenkrankheit entwickeln – mit einer Studie am Kilimandscharo. Die bisher üblichen Tests seien teilweise zu grob, sagt mir der 37-Jährige, der selbst den Berg schon sechsmal bestiegen hat: „Ich möchte die Maschen des Siebs verkleinern.“

Zahlreiche Tests

Kreisel sucht für seine Studie 25 Sportler – Mountainbiker oder Bergläufer. Sie sollen in der Zeit vom 24. September bis 1. Oktober 2017 den höchsten Berg Afrikas besteigen. Geplant sind ein dreitägiges Trainingslager auf 3700 Metern, eine Übernachtung auf 4800 Metern und ein Gipfelversuch. Vor und während der Reise werden zahlreiche medizinische und auch psychologische Tests gemacht. Dabei erhalten die Athleten Daten über ihre Leistungsfähigkeit in großer Höhe, die ihnen auch bei künftigen Bergsport-Projekten nützlich sein dürften.

„Sport am Kilimandscharo war bisher nur wenigen Eliteathleten vorbehalten,“ sagt Rainer Braehler, Organisator der „Kilimanjaro Summit Challenge“, „aber ist jetzt im Rahmen der Studie für ambitionierte Amateure unter medizinischer Aufsicht sicher möglich.“ Wer Interesse hat, kann sich auf der Homepage des Projekts über die Einzelheiten informieren und sich dort auch ab sofort bewerben.

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Oswald Oelz: „Bergsteiger sind nicht belehrbar“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/oswald-oelz-bergsteiger-sind-nicht-belehrbar/ Fri, 04 Nov 2016 13:22:12 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=34157 Oswald Oelz

Oswald Oelz

„Ich werde bergsteigen, bis ich tot bin“, sagt Oswald Oelz, als wir uns kürzlich beim International Mountain Summit in Brixen gegenüber sitzen. Der 73 Jahre alte gebürtige Österreicher lebt als Ruheständler in einem alten Bauerhaus im Zürcher Oberland in der Schweiz. „Ich habe eine Farm mit Schafen, Papageien, Enten, Gänsen, Hühnern. Ich schreibe, lese viel, gehe bergsteigen. Und ich reise in der Welt herum.“ Oswald, genannt „Bulle“ Oelz, bestieg 1978 den Mount Everest, mit derselben Expedition, bei der Reinhold Messner und Peter Habeler den höchsten Berg der Erde erstmals ohne Flaschensauerstoff bestiegen. Oelz gelangen Erstbegehungen in den Alpen, in Alaska, Jordanien und im Oman. Bis 2006 arbeitete er als Chefarzt am Triemlispital in Zürich. Der Professor forschte auch im Bereich Höhenmedizin.

Oswald Oelz, Sie sind Bergsteiger und Arzt, Sie haben beide Welten kennengelernt. Es gibt immer wieder Todesfälle in den hohen Bergen wegen Höhenhirn- oder -lungenödemen. Hat die Bergsteigerwelt nichts gelernt in den vergangenen Jahrzehnten?

Die Bergsteigerwelt hat insofern nichts gelernt, dass sie immer noch dort hinaufsteigt, wo der Mensch eigentlich nicht hingehört. Oberhalb einer Höhe von 5300 Metern ist der Mensch auf die Dauer nicht überlebensfähig. Trotzdem geht er dort hinauf. Das ist ein Reiz, ein Kitzel. Wenn er sich ausreichend akklimatisiert, kann er auch kürzere oder längere Zeit dort oben bleiben. Das Problem ist, dass einerseits auch wenig höhentaugliche Leute dort hinaufsteigen wollen und dass sie andererseits zu schnell zu hoch steigen. Das typische Beispiel ist der Kilimandscharo, wo man in fünf Tagen oder noch weniger auf fast 6000 Meter hinaufsteigt. Dort gibt es eine ganz hohe Todesrate. Es sterben pro Jahr – das wird von der Regierung strikt unter Verschluss gehalten – ca. zwanzig so genannte Bergsteiger.

Oelz auf dem Gipfel des Mount Everest

Oelz auf dem Gipfel des Mount Everest

Am Everest haben angeblich zwei Drittel der Gipfelaspiranten leistungssteigernde Mittel im Gepäck, die ihnen verschrieben wurden. Wer trägt die Hauptverantwortung für das Doping, die Bergsteiger selbst oder eher die Ärzte, die ihnen diese Medikamente mitgeben?

Ich habe keine Ahnung, wie viel am Everest gedopt wird. Aber ich habe keine Zweifel, dass dort ganz viel „Three D“ verwendet wird. Die Amerikaner haben diesen Ausdruck geprägt für Diamox, Dexamethason und Dexedrine. Die Bergsteiger nehmen Diamox lange Zeit, dann Dexamethason, ein Kortisonpräparat, wenn es in die Höhe geht, und schließlich, um die letzten Kräfte zu mobilisieren, Amphetamin – also jenes Gift, das schon im zweiten Weltkrieg den Stuka-Piloten gegeben wurde, um sie richtig aggressiv zu machen. In der Geschichte des Alpinismus sind viele Bergsteiger an den Folgen dieser Amphetamine gestorben, am Nanga Parbat und anderen Bergen, weil sie sich über ihre Limits gepusht haben. Das wird offenbar von Ärzten verschrieben. Andererseits ist das natürlich auch auf krummen Wegen erhältlich. Heute kann man alles bekommen, was man will, wenn man nur dafür bezahlt.

Diamox und Dexamethason sind doch eigentlich Notfallpräparate.

Das ist sicherlich auch eine Ursache des Übels. Diamox halte ich noch für das harmloseste. Wenn jemand diesen brutalen Anstieg auf den Kilimandscharo in fünf Tagen herauf und herunter macht, dann ist er ein ziemlich sicherer Kandidat für Höhenkrankheit. Das kann man zu einem guten Teil vermeiden, wenn man Diamox nimmt. Es hat wenige Nebenwirkungen. Das Bier schmeckt grausig, das ist die schlimmste Nebenwirkung. Man muss ein bisschen mehr Wasser trinken, weil es wasserausscheidend wirkt. Aber sonst empfehle ich persönlich Diamox, wenn mich jemand fragt, der auf den Kilimandscharo will und die Höhe nicht so gut verträgt.

Beim Klettern in Jordanien

Beim Klettern in Jordanien

Sie waren 1978 auf dem Mount Everest, zusammen mit Reinhard Karl (Karl war der erste Deutsche auf dem Everest, 1982 starb er in einer Eislawine am Cho Oyu). Vier Jahre später haben Sie am Cho Oyu ein Höhenhirnödem gehabt, das Ihnen fast das Leben gekostet hätte. Wie ist so etwas zu erklären? Sie mussten doch eigentlich davon ausgehen, dass Sie die Höhe gut vertragen.

So gut wie zum Beispiel Reinhold Messner habe ich die Höhe nicht vertragen, aber doch recht ordentlich, wenn ich mich akklimatisiert habe. Aber ich hatte immer diesen Zeitdruck. Ich war ja im Spital tätig. Ich wollte dann in der wenigen Zeit, die ich fürs Bergsteigen übrig hatte, so schnell wie möglich so hoch wie möglich hinaufsteigen. 1982 hatte ich ein schweres Hirnödem. 1985 am Makalu sind wir innerhalb von neun Tagen von Zürich bis in eine Höhe von 7000 Metern am Berg vorgedrungen. Da hatte ich ein lebensbedrohliches Höhenlungenödem. Ich wäre gestorben, wenn ich nicht dort zum ersten Mal eine Therapie ausprobiert hätte, die dann auch gewirkt hat. Ich nahm das Herzmedikament Nifedipin, das den erhöhten Blutdruck im Lungenkreislauf senkt, der besonders beim Höhenlungenödem entscheidend ist. Das hat mir das Leben gerettet. Ich habe anschließend die entsprechenden Studien gemacht, und wir haben zeigen können, dass man mit diesem Medikament einerseits bei Leuten, die für Höhenlungenödeme prädisponiert sind, eine Prophylaxe betreiben kann. Das ist in meinen Augen kein Doping. Und dass es andererseits, wenn jemand schon ein Höhenlungenödem hat, die Situation ganz drastisch verbessert. Inzwischen hat man herausgefunden, dass man den gleichen Effekt mit Viagra erzielen kann. Das macht in der Lunge die Gefäße auf, nicht nur weiter unten. So sinkt der erhöhte Druck im Lungenkreislauf, und den Leuten geht es besser. Das ist natürlich lustiger, als ein Herzmedikament zu nehmen.

Sie sprechen von Prophylaxe. Wird sie wirklich praktiziert?

Ich kenne solche Leute. Wir haben 1989 im „New England Journal of Medicine“, dem führenden Journal in der Medizinszene, eine Arbeit publiziert, in der wir gezeigt haben, dass Leute mit Neigung, also einer Prädisposition zum Höhenlungenödem durch eine Prophylaxe mit diesem Herzmedikament bis zu einem gewissen Grad geschützt sind. Solchen Leuten, die z.B. schon in den Alpen auf einer Höhe von 3000, 3500 Metern ein Höhenlungenödem erlitten hatten, kann man das als Prophylaxe empfehlen. Es wäre natürlich gescheiter, ihnen zu sagen: Lasst dieses blöde Bergsteigen und geht schwimmen oder langlaufen oder was auch immer! Aber die Leute sind ja nicht belehrbar. Die wollen dann irgendein Medikament.

Peinliches Schauspiel

„Peinliches Schauspiel“

Sie hatten das Privileg, zu einer Zeit im Himalaya unterwegs zu sein, als es noch eine verlassene Bergregion war, in der es keinen Tourismus gab. Wie denken Sie darüber, was heute dort los ist?

Ich verfolge das, was heute im Himalaya passiert, mit Faszination. Es ist unglaublich, was die jungen, wirklich guten Kletterer an den schwierigen Wänden der Siebentausender machen. Was ich mit größter Trauer verfolge, ist, was am Everest und an den kaufbaren Achttausendern stattfindet. Diese unendlichen Schlangen von Kunden, die von den Sherpas da hochgezogen werden, das finde ich ein peinliches Schauspiel.

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Rekord-Highline am Kilimandscharo https://blogs.dw.com/abenteuersport/rekord-highline-am-kilimandscharo/ Thu, 28 Jul 2016 10:49:23 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=33308 Siegrist auf der Highline am "Kili" (© visualimpact.ch/Thomas Senf)

Siegrist auf der Highline am „Kili“

„Eine 20- oder 30-Meter-Highline ist von der Sicherheit her vergleichbar mit dem Klettern im sechsten oder siebten Schwierigkeitsgrad“, hat mir einmal Heinz Zak verraten. Der Extremkletterer, Fotograf und Filmemacher aus Österreich gilt als Slackline-Pionier in Europa und ist ein ausgewiesener Experte für Balancieren in luftiger Höhe. Das Highlinen erfreut sich in der Kletterszene großer Beliebtheit – auch beim Schweizer Topkletterer Stephan Siegrist.  Der 43-Jährige stellte jetzt einen Höhen-Weltrekord auf – höchstwahrscheinlich, denn Rekordlisten werden noch nicht geführt. Am Kilimandscharo, dem höchsten Berg Afrikas, spannte Stephan eine 21 Meter lange Highline auf einer Meereshöhe von 5700 Metern zwischen zwei Felstürme oberhalb des „Arrow Glacier Camps“ und balancierte in gut 150 Metern Höhe über die Leine. Bisher galt der Ungar Bence Kerekes als Rekordhalter, der 2015 im indischen Ladakh auf gut 5300 Metern eine Highline überquert hatte. 

Siegrist Kilmandscharo IISchwierig, die Balance zu finden

Das Balancieren in dünner Luft sei eine besondere Herausforderung, sagt Siegrist, der seine Highlines bisher an Schweizer Bergen wie dem Matterhorn (2012) oder der Dufourspitze (2013) gespannt hatte: „Trotz Akklimatisation war es schwierig, das Gleichgewicht zu finden. In dieser Höhe geht alles langsamer. Das gilt anscheinend auch für die Balance.“ Es sei besonders anstrengend gewesen, mit einem Bein aufzustehen, um die Überquerung überhaupt beginnen zu können. „Interessant war auch zu sehen“, so Stephan, „wie die Highline auf die kleinste Anspannung reagiert hat. Wenn ich nicht ganz locker bin, wird das Band sofort nervös.“

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