Paul-Preuss-Preis – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Beat Kammerlander: „Es geht immer nur um das Wollen“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/beat-kammerlander-es-geht-immer-nur-um-das-wollen/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/beat-kammerlander-es-geht-immer-nur-um-das-wollen/#comments Sat, 20 Oct 2018 19:46:31 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=42453

Beat Kammerlander (beim IMS in Brixen)

Der 59-Jährige ist ein Phänomen, eine lebende Kletterlegende: Immer noch meistert der Österreicher Beat Kammerlander senkrechte, fast grifflose Felswände – am liebsten im Rätikon, quasi vor der eigenen Haustür. Der Vorarlberger lebt mit seiner Frau Christine und den beiden gemeinsamen Kindern in Feldkirch. Vor einer Woche erhielt Kammerlander beim „International Mountain Summit“ (IMS) in Brixen den renommierten „Paul-Preuss-Preis“, mit dem Bergsteiger und Kletterer geehrt werden, die in der Tradition des 1913 verstorbenen Freikletter-Pioniers stehen. Preuss hatte für einen weitgehenden Verzicht auf Hilfsmittel wie Seile oder Haken plädiert („Das Können ist des Dürfens Maß“). „Eigentlich könnte man die Auszeichnung auch ‚Beat-Kammerlander-Preis‘ nennen“, sagte der Südtiroler Hanspeter Eisendle, Preisträger von 2013, in seiner Laudatio. Ich habe während des IMS mit Kammerlander gesprochen.

Beat, du wirst im nächsten Jahr 60 Jahre alt und kletterst immer noch krasse Touren. Verrätst du uns dein Erfolgsgeheimnis?

In der Wand

Da gibt es kein Geheimnis. Do what you love! Nur das zählt. (lacht) Ich habe mir mal vorgenommen, bis 40 mit diesem Leistungssport weiterzumachen. Dann wurde ich 40 und war stärker als vorher. Da habe ich gesagt: Warum soll ich jetzt mit etwas aufhören, das ich am liebsten mache? Über die Jahre gab es dann auch wieder mal Einbrüche, Stagnation, Verletzungen, aber immer wieder auch Highlights. Ich habe erkannt, dass es mir gefühlsmäßig mit der Weise, wie ich mein Leben führe und auch finanzieren kann, viel besser geht, als wenn ich irgendeinen Job machen würde. Und ich darf klettern gehen. Damit hat sich diese Frage erübrigt. Jetzt werde ich bald 60, das ist nur eine Zahl. Entscheidend ist, wie ich mich fühle und wie es mir geht.

Beat Kammerlander: Do what you love

Während das letzte Jahr super lief, war dieses Jahr kein schönes. Ich wurde von einer Zecke gebissen, bekam Borreliose und musste behandelt werden. Das hat mich über den Sommer ziemlich klein gehalten. Jetzt muss ich ein Stehaufmännchen sein. Es geht mir wieder gut. Aber ich brauche noch einige Monate mit gezieltem Training und Physiotherapie, damit ich wieder auf einem sehr hohen Level klettern kann.

Hat man dir Ruhe verordnet?

Nein, aber ich habe eine Familie mit zwei Kleinkindern. Sarah ist zweieinhalb, Samuel wird im Februar fünf Jahre alt. Ich verbringe sehr viel Zeit mit ihnen. Früher habe ich viel zu viel herumgeblödelt und sinnlos trainiert. Die Zeiteinteilung ist jetzt viel gezielter. Mir passt das sehr gut.

Unterwegs im (beinahe) Grifflosen

Du hast 2017 eine neue extrem schwierige Route im Rätikon eröffnet und sie „Kampfzone“ getauft. Musst du heute mehr kämpfen als früher?

Man kämpft immer so gut wie man kann, zu jedem Zeitpunkt. (lacht) Je nach Typus. Ich habe bei dieser Route vielleicht sogar ein bisschen mehr Motivation entwickelt wie früher, mehr Konsequenz, um dieses Ziel zu realisieren. Es war so schwer, diese Route erst einmal von unten bis oben zu eröffnen und die Haken zu setzen, dann die Passagen frei zu klettern. Und schließlich ging es darum, die Route Rotpunkt zu klettern, an einem Tag diese fünf Seillängen in hohem Schwierigkeitsgrad. 10+, 11-, 10-, 8 und 9+. Es erfordert eine sehr hohe Intensität, diese Seillängen aneinanderzuhängen. Für dieses Projekt habe ich mich noch einmal extrem kasteit und sehr speziell vorbereitet. Auch bei widrigsten Wetterverhältnissen bin ich dorthin gegangen und habe keine Zeit verschwendet. Ich bin auch bei Regen losgezogen. Ich wusste, dass es auf der anderen Seite des Bergs windig ist und der Pelz dann trocken wird. Das Ganze auf 2800 Metern, in  einer Gipfelregion, wo es immer bläst. Da musst du dich warm anziehen und trotzdem klettern – und nicht sagen: Heute habe ich keine Lust, heute bin ich zu bequem. Es geht immer nur um das Wollen.

Beat Kammerlander: Es geht immer nur um das Wollen

Zeichnet es dich aus, beißen zu können?

Wahrscheinlich schon.

Braucht man das, um so lange im Geschäft zu bleiben?

Ich sehe das eher als beißen dürfen. Ich habe ja Spaß dabei. Sicher ist es ab und zu auch mit Schmerzen verbunden, so kleine Griffe zu halten. Aber es ist eben schön, wenn man so glatten, kleingriffigen Fels entschlüsseln und dort hochklettern kann. Wenn du der erste Mensch bist, der diesen Fels angreift und dort eine Spur, eine Linie hinterlässt. Das ist für mich Motivation.

Den Blick nach oben

Auch nach so langer Zeit? Kommt da nicht irgendwann auch mal ein Punkt, an dem man sagt: Jetzt reicht es?

Ich bin ja nicht jeden Tag unterwegs. Über das Jahr verteilt sind es im Grunde ja nur einige Tage, auf die man hinarbeitet – mental und körperlich, bis man dann losgelassen wird wie ein Rennpferd.

Brauchst du, um so ein Rennpferd zu sein, auch die Konkurrenz zu anderen Kletterern?

Nein. Das wäre mir so was von zuwider. Ich mache das ja nur für mich. Ich will mich nicht mit anderen messen. Das ist mir schnurzegal.

Aber das Klettern im Team ist dir schon wichtig?

Natürlich. Ich klettere eigentlich nur mit Freunden, anders funktioniert es nicht. Es ist ein Geben und Nehmen. Es ist ein echter Freundschaftsdienst, wenn jemand mit dir kommt, der die Schwierigkeiten nicht klettern kann. Du musst dankbar sein, wenn dich ein guter Freund bei einer Erstbegehung den ganzen Tag sichert und mit dir mitleidet. Und immer auf Zack ist. Denn wenn er dich nicht gut sichert, kannst du dich extrem verletzen.

Hauchdünne Leisten

Hat sich deine Rolle in den Jahrzehnten verschoben, vom Grünling …

Grünling war ich nicht lange. (lacht)

… zum Mentor?

Natürlich auch. Ich habe eine Riesen-Kletterszene um mich herum und habe sie auch hinsichtlich der Ideologie und Einstellung sehr geprägt: Dass man ehrlich bleiben muss und sagt, was man getan hat und wie man es realisiert hat.

Glaubst du, dass sich das Problem der fehlenden Ehrlichkeit in Zeiten der Vermarktung verstärkt?

Klar. Man kann sich ja viele Kletterprojekte aus den Fingern saugen, die eigentlich nichts wert sind, aber für einen schlechten Report eine gute Schlagzeile ergeben. Du hast dann dein mediales Echo bekommen, und das wird auch nicht widerrufen. Aber du hast einen Imageverlust, mit dem du auch leben musst.

Beat Kammerlander: Nur für die Schlagzeile

Deine Routen hast du zum größten Teil in Europa eröffnet. Warum bist du nie zu den ganz hohen Bergen im Himalaya oder Karakorum gegangen?

Das hat sich einfach nicht ergeben. Meine Projekte, die stetig vorhanden waren, haben mich einfach hier gehalten. Ich hätte schon die Motivation und das Interesse gehabt, auch an den hohen Wänden des Karakorum zu klettern, aber mittlerweile ist das passé.

Lass‘ uns über das Risiko reden. Wieviel Risiko darf bei dir sein?

Ich glaube, dass meine Routen, so wie ich sie geklettert habe, relativ sicher sind. Bei einigen meiner früheren Routen war das Risiko natürlich viel höher, etwa wenn ich free solo beim Eisklettern war oder schwere Routen beim Sportklettern gemacht habe. Aber im alpinen Sportklettern geht es um das Bewusstsein, das man entwickelt hat. Ich bin keiner, der sich ganz schnell aus einer blöden Situation befreien will. Ich habe die nötige Geduld und auch die mentale Power. Immer wieder rauf und runter, bis ich es schaffe. Viele halten das nicht aus und machen dann den verhängnisvollen Fehler.

„Do what you love!“

Hast du auch mal Glück gehabt?

Natürlich. Des Öfteren.

Und was hat dich das gelehrt?

Vor allem, vorsichtig zu sein bei den Routineangelegenheiten. Oder wenn blöde Emotionen daherkommen. Dann machst du manchmal eine Dummheit. Und das ist nicht klug.

Hat sich in puncto Risikobereitschaft auch deine Vaterrolle ausgewirkt?

Wenn ich als Berg- und Skiführer beim Freeriden mit Gästem oder auch mal für mich selber unterwegs bin, sind es eigentlich die großen Gefahren, vor denen ich Schiss habe. Manchmal kannst du eine Flanke nicht ganz genau beurteilen. Dann stehst irgendwo da oben und musst runter. Du kannst die alpinen Sicherheitsregeln einhalten, aber ab und zu brauchst du eben auch deine Portion Glück. Da bin ich viel vorsichtiger geworden als früher.

Beat Kammerlander: Ich bin vorsichtiger geworden

Würdest du deine Kinder bestärken, wenn sie eines Tages kommen und sagen: Wir möchten das Gleiche wie du machen?

Natürlich. Tue, was du liebst! Aber ich will niemals jemanden in eine Richtung manipulieren. Das muss von selber kommen.

Und du hast das Gefühl, dass du dein ganzes Leben lang das gemacht hast, was du wolltest?

Ich glaube schon. (lacht)

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Auer: „Kein großes Sicherheitspolster“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/auer-kein-grosses-sicherheitspolster/ Wed, 19 Oct 2016 15:18:18 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=34009 Hansjörg Auer

Hansjörg Auer

„Das Können ist des Dürfens Maß“, hat der Freikletter-Pionier Paul Preuss (1886-1913) vor mehr als hundert Jahren formuliert. Hansjörg Auer kann sehr viel und ist deshalb ein verdienter Träger des Paul-Preuss-Preises, mit dem seit einigen Jahren Spitzenkletterer in der Tradition des Österreichers geehrt werden. „Auer gehört zweifellos zu den derzeit besten Kletterern der Welt“, sagte Reinhold Messner am vergangenen Wochenende bei der Preisverleihung im Rahmen des International Mountain Summit (IMS) in Brixen in Südtirol. Inzwischen ist Hansjörg Auer aus dem heimatlichen Ötztal zu einem neuen Abenteuer aufgebrochen. Der Österreicher will zusammen mit seinem Landsmann Alex Blümel im äußersten Osten Nepals eine Nordwand erstmals durchklettern, am knapp 7000 Meter hohen Ostgipfel des Gimigela Chuli. Der Berg, dessen Hauptgipfel 7350 Meter misst, liegt versteckt hinter dem Achttausender Kangchendzönga, dem dritthöchsten Berg der Erde.

Hansjörg, kalkulierst du auch diesmal das Scheitern ein?

Natürlich. Wenn du bei einer Expedition abseits der ausgetretenen Pfade gehst, können so viele Dinge nicht funktionieren. Aber deswegen macht es auch so viel Spaß, weil man den Expeditionsbericht nicht schon zu Beginn schreiben kann.

Aber man kann auch Überraschungen negativer Art erleben – wie bei eurer letzten Expedition zur Annapurna III, wo ihr fünf Wochen lang im schlechten Wetter mehr oder weniger herumgesessen habt.

Trotzdem sind wir nicht mit leeren Händen zurückgekehrt. Wir haben sehr viele Informationen über das Projekt gesammelt und wollen auch wieder zurückkommen. Beim nächsten Mal werden wir viele Dinge anders und besser machen. Vielleicht gibt es dann einen Erfolg. Oft muss man sich herantasten, um offene Fragen beantworten zu können. Bei schwierigen Projekten kann das mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Wenn ich auf einen häufig bestiegenen Berg gehe, brauche ich dafür nur zu googeln.

Masherbrum (in der Bildmitte)

Masherbrum (in der Bildmitte)

Eines der großen noch ungelösten Probleme im Himalaya und Karakorum ist die Nordostwand des Masherbrum (7821 Meter) in Pakistan. Ihr – David Lama, Peter Ortner und du – wart 2014 dort, seid aber nicht viel weiter als bis zum Wandfuß gekommen. Hast du auch dieses Projekt noch im Hinterkopf oder konzentrierst du dich auf machbarere Aufgaben?

Wenn man ständig auf Expeditionen geht, kann man nicht immer nur sehr, sehr schwierige Projekte probieren. Man muss manchmal auch Projekte wählen, die machbarer sind, um sich durch einen Erfolg bestätigt fühlen zu können. Wenn du Jahr für Jahr irgendwohin gehst, wo die Chancen sehr gering sind, zermürbt es dich auf die Dauer. Aber das Masherbrum-Projekt lebt noch. Immer wenn wir uns treffen, reden wir darüber. Der Zeitpunkt ist noch offen. Für mich ist aber klar, dass die Wand auf der gedachten direkten Linie nicht kletterbar ist. Wir werden einen Kompromiss eingehen müssen. Der Masherbrum ist einfach saugefährlich. Den kannst du nicht jedes Jahr probieren, sonst kommst du irgendwann nicht mehr zurück.

In der Südwand des Nilgiri South

In der Südwand des Nilgiri South

Ungefähr vor einem Jahr hast du mit Alex Blümel und Gerhard, genannt „Gerry“ Fiegl erstmals die Südwand des Nilgiri South (6839 Meter) in Nepal durchstiegen. Gerry wurde höhenkrank und stürzte beim Abstieg vom Gipfel in den Tod. Verbuchst du diese Expedition unter gescheitert?

Natürlich ist es keine erfolgreiche Expedition, denn dazu gehört, dass alle Kletterer, die aufgebrochen sind, auch wieder zurückkommen. Wir können diesen Unfall nicht ungeschehen machen. Es war einer der traurigsten Momente meiner ganzen Karriere. Wenn ein Freund, mit dem du zu klettern begonnen hast, vor deinen Augen abstürzt, ist das schrecklich. Aber auch schon vorher am Gipfel konnten wir uns nicht freuen, weil wir merkten, dass irgendetwas mit Gerry nicht stimmte. Wir mussten den Gipfel überschreiten, weil der Abstieg über die Aufstiegsroute viel zu schwierig gewesen wäre. Wir hatten gehofft, dass bei Gerry durch die Euphorie des Gipfelerfolgs vielleicht noch eine Wende eintreten könnte. Wir kamen auch noch relativ weit herunter. Aber schlussendlich war das Unglück nicht zu vermeiden. Die schwierigen Klettereien in der Höhe leben von der Reduktion, sonst wären sie nicht möglich: Reduktion des Materials, des Rucksackgewichts – und auch der Sicherheit. Da gibt es einfach kein großes Sicherheitspolster mehr.

Während der Erstbesteigung des 7000ers Kunyang Chhish East in Pakistan

Während der Erstbesteigung des 7000ers Kunyang Chhish East in Pakistan

Die Öffentlichkeit vergisst solche Unglücksfälle schnell. Aber ihr müsst damit leben. Kann man ein solches Ereignis überhaupt verarbeiten?

Ich glaube, dass du das ein Leben lang nicht vergessen kannst. Es prägt natürlich. Gerry wird auch in zehn Jahren noch fehlen. Es kommen so häufig Erinnerungen an ihn auf, weil wir halt oft zusammen unterwegs waren. Dass die Öffentlichkeit es vergisst, ist ganz normal. Aber wir wollen es ja auch nicht vergessen. Man muss es in gewisser Weise akzeptieren. Uns wurde jemand geschenkt, mit dem wir sehr viel unternehmen durften. Wir hätten es uns länger gewünscht, aber vielleicht war es so vorbestimmt.

Hat dich das Unglück vorsichtiger gemacht?

Es war natürlich ein einschneidendes Erlebnis. Es hat mich zwar zum Nachdenken gebracht, aber meine Grundpersönlichkeit nicht so extrem beeinflusst, dass ich sagen würde: Ich höre damit auf. Das Klettern ist schließlich mein Leben. Natürlich war es nicht leicht, im Frühjahr wieder auf Expedition zur Annapurna III zu gehen. Die Momente sind die gleichen: der Flughafen in Kathmandu, das Hotel, das Basislager. Der Berg ist auch nicht weit entfernt vom Nilgiri South. Und dann sind wir an der Annapurna III auch noch auf den Tag genau ein halbes Jahr nach Gerrys Absturz zum Anstieg gestartet. Diese Erinnerungen kannst du einfach nicht auslöschen.

Free Solo in der Marmolada-Südwand

Free Solo in der Marmolada-Südwand

Du bewegst dich beim Extremklettern auf sehr schmalem Grat. Beim Free Solo (Hansjörg sorgte u.a. 2007 in den Dolomiten mit der ersten seilfreien Solo-Begehung der Route „Weg durch den Fisch“ in der Marmolada-Südwand für einen Paukenschlag) bedeutet jeder Fehler fast zwangsläufig den Tod. Spürst du, wie weit genau du gehen kannst?

Ich habe schon sehr früh begonnen, solo zu klettern. Das habe ich gut im Gefühl. Und nur dann mache ich es auch. In der Höhe ist es ungemein schwieriger, weil Faktoren eintreffen können, die man so nicht vermutet. Wenn man es nicht selbst erlebt hat, ist es zum Beispiel schwer vorstellbar, wie schnell es mit der Höhenkrankheit gehen kann. Dort oben darf man den Ehrgeiz, den man grundsätzlich hat, nicht zu exzessiv ausleben, denn das kann tödlich sein. Man muss noch ehrlicher zu sich selbst sein als in den Dolomiten oder an anderen Bergen der Alpen.

Das heißt, du musst lernen, auch einmal auf die Bremse zu treten?

Man muss wissen, wann es genug ist. Natürlich kann ich nicht beim ersten Zeichen umdrehen, sonst würde ich niemals weit kommen. Man muss eben das Gefühl haben, wann es das letzte Zeichen gewesen ist.

In der Höhe den Ehrgeiz zügeln

In der Höhe den Ehrgeiz zügeln

Die Projekte entstehen in deinem Kopf, du planst sie lange Zeit, du konzentrierst dich darauf. Hast du dann noch Augen und Sinne genug, auf deinen Expeditionen Land und Leute wahrzunehmen, und zu genießen, dass du in einer fremden Welt unterwegs bist?

Ehrlich gesagt, meistens nicht. Man ist dann so fokussiert auf das Projekt, dass wenig Zeit bleibt. Aber ich habe damit begonnen, jedes Jahr im Dezember für ein Wochenende ohne Kletterausrüstung in irgendeine Stadt in Europa zu fahren und sie mir anzusehen. Für mich ist das schon ein großer Schritt. Nicht immer nur Berge, Wände, Schatten, Eis, Schnee und Felsen.
Wenn man jahrelang in diesem Profigeschäft unterwegs ist, muss man aufpassen, dass man nicht den Boden unter den Füßen verliert. Man beschäftigt sich so intensiv mit seinen Projekten, dass man irgendwann glaubt, sie wären lebensnotwendig. Dann kehrst du von einer Expedition zurück und hast das Gefühl, jeder müsste sich dafür interessieren. Natürlich sind Abenteuergeschichten immer interessant, aber man muss doch am Boden bleiben und wissen: Es gibt auch andere wichtige Dinge.

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