Rapid Ascent Expedition – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 In vier Wochen auf den Everest? https://blogs.dw.com/abenteuersport/in-vier-wochen-auf-den-everest/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/in-vier-wochen-auf-den-everest/#comments Tue, 11 Apr 2017 17:42:59 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=35755

Nordseite des Mount Everest

Rapide reicht nicht, blitzschnell soll es sein. So könnte man das Konzept des österreichischen Expeditionsveranstalters Lukas Furtenbach beschreiben: für Achttausender-Aspiranten mit gut gefülltem Portemonnaie, aber wenig Zeitbudget. Nachdem der US-Veranstalter Alpenglow mit seinen „Rapid Ascent Expeditions“ die Dauer etwa einer Everest-Expedition von bisher rund 70 Tagen auf 34 Tage halbiert hat, will der 39 Jahre alte Tiroler im nächsten Jahr noch einen Schritt weiter gehen. Die „Everest Flash Expedition“ von „Furtenbach Adventures“ 2018 auf der tibetischen Nordseite des Bergs soll maximal vier Wochen dauern.

Bis zu 16 Flaschen pro Person

Lukas Furtenbach

Und so sieht Furtenbachs Plan aus: Die Vorakklimatisation der Teilnehmer erfolgt daheim – über sechs bis acht Wochen mit Trainingsplan und einem neu entwickelten Hypoxiezelt-System, das in der Lage ist, Hochlagernächte bis zu einer Höhe von 7300 Metern zu simulieren. Vor Ort wird es keine weiteren Akklimatisationsaufstiege geben, sondern – natürlich abhängig vom Wetter – direkt einen Gipfelversuch. An Flaschensauerstoff will Furtenbach nicht sparen. Geplant seien der Einsatz eines „eigens für uns entwickelten Reglers von Summit Oxygen, der bis zu acht Liter pro Minute liefern kann“ (üblich ist am Everest eine Durchflussrate von vier Litern pro Minute) und eine Gesamtmenge von bis zu 16 (!) Flaschen pro Person am Berg.

Materialschlacht

„Alpinmoralisch – sofern man diesen furchtbaren Begriff verwenden möchte – macht es keinen Unterschied, ob man eine halbe oder 16 Flaschen verwendet hat“, schreibt mir Lukas aus Kathmandu. „Es bleibt eine Besteigung mit zusätzlichem O2. Aber mehr Sauerstoff macht die Besteigung definitiv sicherer. Das ist eine nicht von der Hand zu weisende Tatsache.“ Material und Personal sollen „zu 100 Prozent redundant“ sein, sprich doppelt vorhanden, sagt Furtenbach: „Flaschen, Masken, Regler und sogar Sherpas auf der Reservebank.“ Das Ganze hat seinen Preis, der mit 95.000 US-Dollar am oberen Ende der Fahnenstange liegen wird. Dennoch ist der Expeditionsveranstalter aus Österreich davon überzeugt, dass sich seine Taktik „in nur wenigen Jahren zum neuen Industriestandard entwickeln wird“. Seiner Meinungn nach ist das kommerzielle Achttausender-Bergsteigen auf „einem Entwicklungsstand der frühen Neunzigerjahre stehengeblieben“.

„Viel Raum für Erlebnis“

Lager 1 am Nordsattel

In diesem Frühjahr ist Furtenbach mit einem Team auf der Everest-Nordseite unterwegs. Dabei will er die neu entwickelten Regler noch einmal testen. Lukas ist klar, dass er mit seinem radikalen Konzept eine Diskussion auslösen wird. Hier seine Antworten auf drei weitere Fragen, die ich ihm gestellt habe:

Kürzere Expeditionszeit bedeutet auch weniger Einsatzzeit für das nepalesische oder tibetische Personal. Bleibt trotz des hohen Preises am Ende weniger Geld in den jeweiligen Ländern?

Wir brauchen für die „Flash Expedition“ mehr Sherpas, und sie werden mindestens gleich lange eingesetzt wie bei herkömmlichen Expeditionen, weil sie ja die Route vorbereiten. Es bleibt definitiv deutlich mehr Geld in den jeweiligen Ländern. Wir zahlen unsere Sherpas zudem deutlich über dem unter westlichen Veranstaltern üblichen Schnitt.   

Wird das neue Konzept nicht dazu führen, dass noch mehr Gipfelaspiranten an den Achttausendern aufschlagen, die eigentlich nicht die nötigen Fertigkeiten dafür haben – weil sie sich sagen: Cool, das passt, so schaffe auch ich das?

Furtenbach auf dem Gipfel des Everest (2016)

Wir sehen uns jeden Aspiranten genau an. Egal, ob bei Flash oder normaler Expedition. Wenn uns jemand zu unerfahren oder ungeeignet scheint, bieten wir ihm ein spezielles Aufbauprogramm an, das sich auch über einen längeren Zeitraum ziehen kann, oder wir lehnen ihn grundsätzlich ab. Das eigentliche Problem am Everest sind derzeit die unkontrollierten Horden an großteils vollkommen berg-unerfahrenen Chinesen und Indern in den Händen von im Wesentlichen zwei nepalesischen Billiganbietern, die das Gros der Todesfälle (Kunden und Sherpas) der letzten Jahre an den Achttausendern zu verantworten haben.  

Für die Kunden sind Flash-Expeditionen sicher attraktiver, weil sie weniger lange am Arbeitsplatz fehlen. Aber bleibt durch die kurze Dauer für die Teilnehmer nicht auch ein Stück Expeditionserlebnis auf der Strecke?

Vier Wochen sind immer noch eine lange Zeit mit viel Raum für Erlebnis. Für die meisten Menschen ist selbst ein vierwöchiger Urlaub ein weit entfernter Traum. Dennoch bieten wir weiterhin parallel auch eine klassische Expedition am Everest an, bei der die Teilnehmer sich so dem Berg nähern können, wie man es seit bald 50 Jahren macht.

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Schnapp-Expedition https://blogs.dw.com/abenteuersport/schnapp-expedition/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/schnapp-expedition/#comments Sat, 08 Oct 2016 10:13:57 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=33873 Cho Oyu (vom Gokyo Ri aus)

Cho Oyu (vom Gokyo Ri aus)

Die Welt neigt zur Schnappatmung. Sie bewegt sich irgendwo zwischen Snapchat, Schnappschuss und 140 Zeichen Twitter-Botschaft – und springt auf jeden Zug, Hauptsache, er fährt. Auf der Strecke bleibt die Muße. Eines nicht allzu fernen Tages werden wir uns wahrscheinlich auch fragen, wie es überhaupt sein konnte, dass Achttausender-Expeditionen einmal zwei Monate lang dauerten. Die US-Bergsteiger Adrian Ballinger und Emily Harrington haben ihr Ziel erreicht: Nur zwei Wochen, nachdem sie von ihrem Haus am Lake Tahoe in Kalifornien aufgebrochen waren, schlossen sie dort wieder die Haustür auf – im Gepäck eine erfolgreiche Besteigung des Achttausenders Cho Oyu. Neun Tage nach ihrer Abreise standen Adrian und Emily auf dem 8188 Meter hohen Gipfel in Tibet. Anschließend fuhren sie mit Skiern ab, und dann nichts wie ab nach Hause.

Lagerkoller und Kraftverlust

Emily Harrington (r.) und Adrian Ballinger

Emily Harrington (r.) und Adrian Ballinger

„Monatelang in einem kleinen gelben Zelt in oder oberhalb von 18.000 Fuß (knapp 5500 Meter) zu leben, mag für jene, die es noch nicht gemacht haben, abenteuerlich klingen“, sagte Harrington in einem Interview der Zeitschrift „Vogue“.  „Aber es kann schon ziemlich einsam werden, und du entwickelst nach einer Weile eine Art Lagerkoller.“ Dazu komme der Verlust von Gewicht und Muskelmasse. Nach früheren Himalaya-Expeditionen, so die 30-Jährige, habe sie ein halbes Jahr gebraucht, um wieder auf dem gleichen Niveau felsklettern zu können wie vorher. „Ich hoffe, dass dieser Trip nicht so viel Schaden anrichtet.“

Praktikable Länge

Ihr Lebensgefährte Adrian Ballinger, Chef des Veranstalters Alpenglow Expeditions, weist im selben Interview darauf hin, dass er seit 1997 regelmäßig sieben bis acht Monate pro Jahr in „gelben Zelten“ gelebt habe. „Ich habe diese epischen, sprich langen Expeditionen geliebt“, sagte der 40-Jährige der „Vogue“. „Aber nun möchte ich alles, was ich gelernt habe, nutzen, um Himalaya-Expeditionen auf eine praktikablere Länge zu verkürzen.“ Alpenglow bietet schon jetzt Achttausender-Expeditionen an, die nur einen Monat dauern.

Auf präparierter Piste, mit Atemmaske

Der erfolgreiche Zwei-Wochen-Trip zum Cho Oyu und zurück war eine gelungene Werbung für diese so genannten „Rapid Ascent Expeditions“: Die Teilnehmer gewöhnen sich noch in der Heimat in Hypoxie-Zelten an die dünne Luft, um Zeit für die aufwändige Akklimatisation vor Ort einzusparen, und reisen erst an, wenn der Berg schon mit Fixseilen präpariert ist. So stiegen auch Ballinger und Harrington am Cho Oyu über die bereits vorbereitete Route auf – mit Sherpa-Unterstützung und ab Lager 2 auf 7200 Metern mit Flaschen-Sauerstoff. „Aber wir haben immer noch eine riesige Menge Ausrüstung mit uns geschleppt“, sagt Adrian. „Jeder Tag war brutal, aber wir wussten, dass wir uns nur vier Tage auf einem wirklich hohen Niveau abrackern mussten.“ Eine erfolgreiche „Schnapp-Expedition“, bestens geeignet für Snapchat, Schnappschüsse und Twitter. Das Modell für die Zukunft? Schimpft mich altmodisch, aber ich bevorzuge den langen Atem in kleinen gelben Zelten.

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Instant-Expedition zum Cho Oyu https://blogs.dw.com/abenteuersport/instant-expedition-zum-cho-oyu/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/instant-expedition-zum-cho-oyu/#comments Sat, 24 Sep 2016 12:26:09 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=33679 Gipfelregion des Cho Oyu

Gipfelregion des Cho Oyu

Wer stoppt die Grauen Herren? Die Zeitdiebe, die Michael Ende 1973 in seinem Roman „Momo“ ihr Unwesen treiben ließ, scheinen auch im Himalaya eingefallen zu sein. Westliche Veranstalter registrieren seit Längerem, dass die Chance, Expeditionen zu verkaufen, umso höher ist, je kürzer die Reisen nach Asien dauern. Es gibt nicht allzu viele Arbeitgeber, die den Urlaubsantrag eines Angestellten über zwei volle Monate genehmigen, nur weil der auf Achttausender-Expedition gehen will.

Akklimatisationszeit einsparen

Der US-Anbieter Alpenglow Expeditions hat die Bredouille erkannt, in der potentielle Achttausender-Aspiranten stecken und bietet so genannte „Rapid Ascent Expeditions“ an, also „Schnellaufstieg-Expeditionen“: Die Teilnehmer gewöhnen sich noch in der Heimat in Hypoxie-Zelten an die dünne Luft, um Zeit für die aufwändige Akklimatisation vor Ort einzusparen, und reisen erst an, wenn der Berg schon mit Fixseilen präpariert ist. So schmilzt Alpenglow etwa die Dauer einer Everest-Expedition auf der tibetischen Nordseite auf 42 Tage zusammen. Die Cho-Oyu-Expedition des US-Veranstalters in diesem Herbst ist nur auf 30 Tage veranschlagt.

Auf präparierter Piste

Hypoxie-Training daheim

Hypoxie-Training daheim

Dass es noch viel schneller geht, will Alpenglow-Chef Adrian Ballinger beweisen. Mit seiner Lebensgefährtin, der 30-jährigen Profi-Kletterin Emily Harrington, ist der 40 Jahre alte US-Amerikaner nach Lhasa geflogen, um den Cho Oyu zu besteigen. In weniger als zwei Wochen wollen die beiden zurück in den USA sein. Ballinger und Harrington haben ein intensives Hypoxie-Training daheim am Lake Tahoe in Kalifornien hinter sich – und genau verfolgt, für wann die Meteorologen ein Schönwetter-Fenster für den Berg vorhersagen. Ohne die sonst üblichen Akklimatisierungsrunden wollen sie auf der präparierten Normalroute direkt zum 8188 Meter hohen Gipfel aufsteigen, so hoch wie möglich ohne zusätzlichen Sauerstoff. Für die oberen Bereiche des Bergs sollen aber Sauerstoffflaschen bereitliegen, die von den Sherpas der kommerziellen Alpenglow-Expedition dort deponiert worden sind. Das Paar will vom Gipfel mit Skiern abfahren und anschließend sofort wieder in die USA zurückreisen.

Ende der Entschleunigung

Zeitdiebe (auf einer Graffiti-Wand in Trier)

Zeitdiebe (auf einer Graffiti-Wand in Trier)

Sollten Ballinger und Harrington ihre „Instant-Expedition“ erfolgreich beenden, wäre das natürlich beste Werbung für die Schnellaufstieg-Expeditionen von Alpenglow. Auf der Strecke bleiben dabei unter anderem die Entschleunigung während einer Expedition, das Eintauchen in fremde Länder und Kulturen, die Begegnungen mit der lokalen Bevölkerung, mit den Expeditionskollegen und nicht zuletzt auch mit sich selbst, kurz: das eigentliche Expeditionsleben. Und die Grauen Herren reiben sich die Hände.

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