Südwestwand – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Hat Nobukazu Kuriki die Schraube überdreht? https://blogs.dw.com/abenteuersport/hat-nobukazu-kuriki-die-schraube-ueberdreht/ Mon, 25 Jun 2018 14:54:56 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=41215

Everest-Südwestwand

Was hatte Nobukazu Kuriki am Everest wirklich vor? Diese Frage treibt mich um, seitdem der 35 Jahre alte Japaner am 21. Mai auf einer Höhe von rund 6600 Metern tot aufgefunden wurde.  Aus seinem exakten Plan hatte Nobukazu in den Wochen zuvor ein Rätsel gemacht. Er habe durch die Südwestwand klettern wollen, teilte sein Büro nach Kurikis Tod mit. Im Alleingang und ohne Flaschensauerstoff, wie er es sich auf die Fahne geschrieben hatte? Hätte Nobukazu nur eine von beiden Bedingungen erfüllt, hätte er schon Everest-Geschichte geschrieben.

Nur ein Südwestwand-Erfolg ohne Atemmaske

Nobukazu Kuriki (1982-2018)

Seit der Erstbegehung durch die Briten Doug Scott und Dougal Haston im Herbst 1975 haben insgesamt erst rund 30 Bergsteiger die Südwestwand erfolgreich durchklettert – nur einmal ohne Flaschensauerstoff: Jozef Just erreichte im Herbst 1988 als einziger Bergsteiger eines vierköpfigen slowakischen Teams den Gipfel. Beim Abstieg kamen er und drei weitere Teamkollegen ums Leben. Einen ernsthaften Soloversuch durch die steile und gefährliche Südwestwand hatte es vor Kurikis Einstieg noch niemals zuvor gegeben. Der Slowake Vladimir Strba hatte zwar für das Frühjahr 2017 einen Alleingang angekündigt, nachdem er im Vorjahr mit seinem Landsmann Zoltan Pal in der Wand auf 7200 Metern hatte umkehren müssen. Strba schwenkte dann jedoch auf die Normalroute um. Der 48-Jährige starb am Südsattel an Höhenkrankheit, nachdem er zuvor ohne Atemmaske bis zum Südgipfel auf 8750 Metern aufgestiegen war.

Wie krank war Kuriki wirklich?

Allein vor diesem Hintergrund musste Kurikis Erfolgschance als extrem niedrig eingestuft werden – selbst wenn er topfit gewesen wäre. Doch das war der Japaner nicht. Nachdem er im Basislager eingetroffen war, hatten ihn starker Husten und Fieber gebremst. Zwei Tage vor seinem Tod sagte Kuriki, er habe noch immer leichten Husten. Der sei aber fast weg. Kuriki stieg in die Wand ein und schlug auf 7400 Metern sein Lager auf. Dort versicherte er per Funk, dass er vorsichtig sein werde. In der Nacht muss sich sein Zustand jedoch verschlechtert haben. Am nächsten Morgen teilte sein Team mit, Kuriki sei krank und steige deshalb ab. Danach gab es kein Lebenszeichen mehr von ihm. Mitglieder des Kamerateams, das seinen Aufstieg von den Hängen des Nuptse aus filmen sollte, stiegen ihm entgegen und fanden schließlich Nobukazu. „Aufgrund des Zustands seines Körpers ist davon auszugehen, dass er wahrscheinlich 100 bis 200 Metern abgerutscht ist“, teilte Kurikis Büro mit.

Latte eher höher als niedriger gelegt

Kuriki im Herbst 2016 auf 6800 Metern in der Everest-Nordwand

Hatte Kuriki wirklich daran geglaubt, dass er die Südwestwand meistern könnte? Das könne er sich nicht vorstellen, sagte der japanische Bergsteiger Ken Noguchi der Zeitung „Asahi Shimbun“: „Mir erscheint es, als sei sein Ziel irgendwann nicht mehr gewesen, den Gipfel zu erreichen, sondern sich den härtesten Bedingungen auszusetzen, die man sich vorstellen kann, und diese Erfahrung mit den Menschen zu teilen.“ Auch Kurikis sieben vorhergehenden Versuche am Everest, sechs davon im Herbst, wirkten häufig, als überschätze er seine Fähigkeiten. 2012 zog er sich bei einem Versuch über den Westgrat schwere Erfrierungen zu. Neun seiner zehn Finger mussten amputiert werden.  Trotzdem kehrte er zum Everest zurück, erst auf die Normalroute auf der Südseite, wo er 2015 alleine war, dann zur Nordwand, schließlich zur Südwestwand. Statt die Latte niedriger zu legen, steigerte Kuriki seine Ambitionen eher noch.

Unrealistische Ziele

„Er hätte eine gute Gipfelchance ohne Flaschensauerstoff gehabt, wenn er die Route über den Südostgrat (die Normalroute) genommen hätte“, sagte der mit Nobukazu befreundete Bergsteiger Yasuhiro Hanatani. „Aber das hätte den Verzicht auf einen Alleingang bedeutet.“ Offenkundig stand Kuriki auch unter Druck. Ein japanischer Freund erzählte mir, dass die einheimischen Medien mit der Zeit das Interesse an dem 35-Jährigen verloren hätten, weil er stets große Pläne schmiedete, die realistisch betrachtet keinen Erfolg versprachen. Möglicherweise hat Nobukazu Kuriki am Ende die Schraube einfach überdreht – was an den höchsten Bergen der Erde häufig tödlich endet.

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Rettungsaktion am Mount Everest https://blogs.dw.com/abenteuersport/rettungsaktion-am-mount-everest/ Tue, 10 May 2016 13:17:59 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=32593 Die Everest.-Südwestwand

Die Everest.-Südwestwand

Everest auf die harte Art. So hatten die beiden slowakischen Bergsteiger Zoltan Pál und Vladimir Štrba ihre Expedition auf der Südseite des höchsten Bergs der Erde getauft. Sie wollten den 8850 Meter hohen Gipfel über die schwierige Route durch die Südwestwand erreichen, die von Doug Scott und Dougal Haston erstmals 1975 durchstiegen wurde. Im Gegensatz zu Briten planten die beiden Slowaken, die Route in der Wand wenn möglich im Alpinstil zu klettern, also ohne Sherpa-Unterstützung, Fixseile, feste Hochlager und auch ohne Flaschensauerstoff. In der Wand gerieten die beiden jetzt in Bergnot.

Am Augen getroffen

Auf einer Höhe von etwa 7200 Metern seien Štrba und Pál von einer Lawine getroffen worden, teilte der Veranstalter Utmost Adventure mit, der die Expedition der Slowaken organisiert hatte.  „Vlado ist körperlich in Ordnung, Zoli wurde am Auge getroffen und kann nicht mehr richtig sehen“, informierte das Basislager-Team der beiden auf Facebook. Ein aus vier Sherpas bestehendes Rettungsteam soll die Slowaken hinunter nach Lager 2 auf 6400 Metern bringen, von wo aus sie voraussichtlich am Mittwoch mit dem Hubschrauber ausgeflogen werden sollen. Wegen des noch immer unbeständigen Wetters konnte der Helikopter heute noch nicht abheben.

Die beiden Slowaken sind die einzigen Bergsteiger auf der nepalesischen Südseite des Bergs, die nicht auf dem Normalweg, sondern auf einer extrem anspruchsvollen Route aufsteigen wollten. Štrba bestieg nach eigenen Angaben 1997 den Cho Oyu und versuchte sich an den Achttausendern Makalu, Dhaulagiri, Annapurna und Broad Peak, ohne den Gipfel zu erreichen. Pál hat bisher mehrere Siebentausender bestiegen.

Update 11.5.:  Die beiden sind in Lager 2 und damit in Sicherheit. Jetzt muss sie nur hoch der Heli abholen.

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Die Fähigkeit der Sherpas zu vergessen https://blogs.dw.com/abenteuersport/die-faehigkeit-der-sherpas-zu-vergessen/ Thu, 17 Mar 2016 14:00:31 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=32167 Erster Blick auf Everest (l.) und Lotse

Erster Blick auf Everest (l.) und Lotse

Ich habe keine Ambitionen, den Mount Everest zu bestiegen“, sagt Ang Dorjee Sherpa. „Zu gefährlich! Schließlich habe ich eine Frau und drei Kinder.“ Dennoch hat der 47-Jährige zweimal an Everest-Expeditionen teilgenommen. Ende 1991 arbeitete Ang Dorjee als „Mail Man“ für eine japanische Expedition, die erstmals im Winter die mächtige Südwestwand durchsteigen wollte. Der Sherpa brachte die Nachricht von dem auf 8350 Metern gescheiterten Versuch als Postläufer ins Tal. Zwei Jahre später waren die Japaner wieder zurück – und erfolgreich: Insgesamt sechs Bergsteiger erreichten auf einer teilweise neuen Route den Gipfel, das erste Team am 18. Dezember 1993. Die erste Durchsteigung der Wand im (meteorologischen, nicht kalendarischen) Winter war geglückt. Diesmal spielte Ang Dorjee nicht den Postboten, sondern arbeitete als Koch für die Japaner.

Immer wieder Japan

Ang Dorjee Sherpa

Ang Dorjee Sherpa

Bis heute hat der Sherpa eine besondere Beziehung zu japanischen Bergsteigern. Im Gastraum seiner „AD Friendship Lodge“ in Namche Bazaar auf 3440 Metern Höhe hängen Fotos von Ang Dorjee mit Junko Tabei, der ersten Frau auf dem Everest, oder auch mit Uchiro Miura, dem mit 80 Jahren bisher ältesten Everest-Besteiger. Eine Zeitlang hat Ang Dorjee auch im Sommer für je drei Monate auf einer japanischen Berghütte als Koch gearbeitet. Und viele der Trekkinggruppen, die er jetzt durch die beeindruckende Bergwelt Nepals führt, kommen aus Japan.

An Erdbeben gewöhnt

Brücke über den Dudh Cosi

Brücke über den Dudh Cosi

Während des verheerenden Erdbebens am 25. April 2015 hielt sich Ang Dorjee in Kathmandu auf, um letzte Vorbereitungen für eine japanische Reisegruppe zu treffen. „Die Japaner wollten nach dem Beben nicht einmal abreisen. Sie waren Erdstöße aus ihrer Heimat gewöhnt. Aber ich habe sie nach Hause geschickt. Ihre Sicherheit war mir wichtiger als das Geld.“ In Namche Bazaar sei glücklicherweise kaum etwas passiert, erzählt Ang Dorjee. Getroffen habe es in der Gegend die beiden Dörfer Thame und Khumjung, „vor allem die Häuser, die noch auf traditionelle Weise gebaut worden waren“. Seine eigene Lodge habe nur einen kleinen Riss in der Rückwand abbekommen. „Nichts Schlimmes!“

Icefall Doctors kommen gut voran

Namche Bazaar

Namche Bazaar

Für diese Frühjahrssaison schwankt Ang Dorjee zwischen leicht skeptisch und vorsichtig optimisch. „Aber im Frühjahr kommen ja eher die Expeditionen als die Trekker. Für uns ist der Herbst fast wichtiger, weil dann Haupt-Trekkingsaison ist.“ Den Everest-Bergsteigern, die in den nächsten Wochen in Namche Bazaar eintrudeln werden, räumt der Sherpa gute Chancen ein. „Ich hörte, dass die Icefall Doctors mit ihren Vorarbeiten schon sehr weit gekommen sind“, sagt Ang Dorjee. Als ich ihn nach der Gemütslage der Sherpas frage – nach zwei Jahren mit tödlichen Lawinenunglücken und ohne Gipfelerfolge auf der nepalesischen Seite des Everest – , lächelt Ang Dorjee: „Egal wie schlimm es ist, wir Sherpas sind ganz gut darin zu vergessen und wieder neu anzufangen.“

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Vor 40 Jahren: Erstmals durch die Everest-Südwestwand https://blogs.dw.com/abenteuersport/vor-40-jahren-erstmals-durch-die-everest-suedwestwand/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/vor-40-jahren-erstmals-durch-die-everest-suedwestwand/#comments Wed, 23 Sep 2015 22:00:21 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=30635 Everest-Südwestwand

Everest-Südwestwand

„Alles ist bereits vor 40 Jahren gesagt worden. Nichts hat sich geändert.“ Doug Scott gab sich schmallippig, als ich ihn im vergangenen Frühjahr nach der britischen Everest-Südwestwand-Expedition 1975 fragte. Am 24. September, heute vor genau 40 Jahren, erreichten Doug und sein Teamgefährte Dougal Haston den Gipfel des Mount Everest, nachdem sie als erste die mehr als 2000 Meter hohe, extrem schwierige Felswand durchklettert hatten. Nach ihrem Gipfelerfolg überlebten Scott und Haston ein Biwak auf 8760 Metern. Ihre erstmalige Durchsteigung der Südwestwand war ein Meilenstein im Himalaya-Bergsteigen, eines der „letzten großen Probleme“ nun gelöst. Zuvor waren fünf Expeditionen gescheitert, darunter auch eine britische im Jahr 1972.

Herausragende Kletterer

Die Route(n) durch die Wand (© Thincat)

Die Route(n) durch die Wand (© Thincat)

Diese Expedition wurde ebenso wie die erfolgreiche drei Jahre später vom legendären Chris Bonington geleitet. „Auf eine gewisse Weise war diese Expedition mein Baby“, erzählte mir Chris im vergangenen Frühjahr. „Es war meine Vision und mein Konzept. Dann stellte ich die Gruppe der herausragenden Kletterer zusammen, die das Projekt schließlich vollendete.“ Das Team setzte sich vor allem aus Bergsteigern der britischen Expeditionen 1970 zur Annapurna-Südwand und 1972 zur Everest-Südwestwand zusammen. Neben Scott und Haston gehörten auch so exzellente Bergsteiger wie Mick Burke, Nick Estcourt, Peter Boardman und Paul (“Tut”) Braithwate dazu. „Für mich stand von Anfang an der Erfolg der Expedition im Vordergrund, nicht der Gipfelerfolg. Und ich wollte einen Erfolg in harmonischer Atmosphäre“, sagte der mittlerweile 81 Jahre alte Bonington. „Aus diesem Blickwinkel war es wirklich eine wundervolle Expedition. Der einzige sehr ernste Schatten, der über ihr lag, war die Tatsache, dass wir beim zweiten Versuch Mick Burke verloren.“ Er verschwand während des zweiten Gipfelvorstoßes der Expedition. Burke wurde zuletzt wenige hundert Meter vom höchsten Punkt lebend gesehen.

Auch ohne Atemmaske möglich“

Bonington (l.) und Scott (im April 2015)

Bonington (l.) und Scott (im April 2015)

Der Erfolg in der Südwestwand war perfektes Teamwork. Scott und Haston vollendeten das Werk. “Wir machten es damals fast so, wie die Nordwand des Eiger erstmals bestiegen wurde“, sagte Chris Bonington. „Wir fanden den einfachsten Weg, beinahe in Serpentinen den Berg hinauf. Es war die „einzig mögliche Linie, die natürliche Linie“, vertraute mir Doug Scott schließlich doch noch im vergangenen April an. Er und Haston hatten bei ihrem Aufstieg Atemmasken benutzt. “Als ich auf 8700 Metern ohne Flaschensauerstoff biwakierte, wusste ich, dass es auch ohne möglich gewesen wäre“, sagte Scott, inzwischen 74 Jahre alt. Nach 1975 gab es nur einige wenige von Erfolg gekrönte Versuche, die Everest-Südwestwand zu durchsteigen. „Die offensichtliche Herausforderung, die bisher noch niemand gewagt hat, ist eine Direttissima“, sagte mir Chris Bonington. „Sie führt direkt durch die Mitte des Felsbandes auf den Gipfel.“ Ein weiteres „letztes Problem“.

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Sorge um iranische Bergsteiger https://blogs.dw.com/abenteuersport/sorge-um-iranische-bergsteiger/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/sorge-um-iranische-bergsteiger/#comments Mon, 22 Jul 2013 21:43:34 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=22483

Broad Peak

Am Achttausender Broad Peak in Pakistan schwindet die Hoffnung, drei vermisste iranische Bergsteiger zu retten. Nach Angaben der pakistanischen Behörden wurde die Suche nach dem Trio vorerst eingestellt. Weder Suchmannschaften am Berg, noch die Besatzung eines Armeehubschraubers hätten die Vermissten entdeckt, teilte Manzoor Hussain mit, der Präsident des Alpine Club of Pakistan. Nach seinen Angaben hatten die Iraner einen Hilferuf abgesetzt und berichtet, dass sie erschöpft seien und nichts mehr zu essen hätten.

Letzter Funkkontakt am Samstag 

Am Dienstag vergangener Woche hatten Aidin Bozorgi, Pouya Keivan und Mojtaba Jarahi den 8051 Meter hohen Gipfel des Broad Peak erreicht. Bis Lager drei auf 6800 Metern seien sie über die Normalroute aufgestiegen, von dort aus hätten sie eine neue Variante durch die Südwestwand eröffnet, hieß es. Vom höchsten Punkt wollten die iranischen Bergsteiger auf dem Normalweg absteigen. Dabei gerieten sie offenkundig in Schwierigkeiten. Sie werden in einer Höhe von 7400 Metern vermutet. Am Samstag hatte es noch Funkkontakt zu den Vermissten gegeben.

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Alexei Bolotov stirbt am Everest https://blogs.dw.com/abenteuersport/alexei-bolotov-stirbt-am-everest/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/alexei-bolotov-stirbt-am-everest/#comments Wed, 15 May 2013 14:18:53 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=21701

Alexei Bolotov (1963-2013)

Was ein Glanzlicht in der Geschichte des Everest-Bergsteigens werden sollte, endete als Tragödie. Der russische Bergsteiger Alexei Bolotov stürzte im Khumbu-Eisbruch in den Tod. Der 50-Jährige wollte mit seinem Landsmann Denis Urubko eine neue Route durch die steile Südwestwand eröffnen. Wie Denis telefonisch mitteilte, seilte Alexei gerade ab, als das Seil an einer scharfen Felskante riss. Bolotov sei etwa 300 Meter abgestürzt und sofort tot gewesen. Nach ersten Berichten wurde die Leiche des russischen Bergsteigers in einer Höhe von 5600 Metern gefunden.

Denis und Alexej hatten angekündigt, heute früh zu ihrem Versuch in der Südwestwand aufzubrechen. In acht Tagen wollten sie über eine neue, schwierige Route zum Gipfel klettern, ohne Hochlager, ohne Sherpa-Hilfe, ohne Flaschensauerstoff. „Wenn das im Alpenstil gelingt, bin ich der erste, der gratuliert – obwohl sie auf den viel berannten Everest kommen“, hatte mir Reinhold Messner zum Plan der beiden Russen gesagt.  

Zweimal Piolet d’Or

Alexei Bolotov gehörte zu den besten Extrembergsteigern Russlands mit jeder Menge Achttausender-Erfahrung. So gelang ihm 2001 die Erstbesteigung des 8410 Meter hohen Lhotse-Westgipfels. Ein Jahr später stand er auf dem Gipfel des Mount Everest, ohne zur Atemmaske gegriffen zu haben. Zweimal wurde Alexei mit dem Piolet d’Or geehrt, dem Oscar der Bergsteiger: als Mitglied der russischen Expedition, die 1997 erstmals durch die Westwand des Achttausenders Makalu kletterte, und für die Erstdurchsteigung der Nordwand des 7710 Meter hohen Jannu in Nepal. Ein großer Bergsteiger ist gegangen. R.I.P.

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Urubko: Viel hängt von Wetter und Glück ab https://blogs.dw.com/abenteuersport/interview-urubko-everest/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/interview-urubko-everest/#comments Mon, 18 Mar 2013 09:36:54 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=20391

Denis Urubko

Nicht nur der vormals französische Schauspieler Gerard Depardieu ist unlängst Russe geworden, auch Denis Urubko. Der 39-Jährige schreibt mir, dass er Kasachstan verlassen und nun einen russischen Pass habe. In diesem Frühjahr will Denis – zusammen mit seinem neuen Landsmann Alexei Bolotov – den Mount Everest über eine neue Route (seht hier) durch die Südwestwand besteigen. Urubko hat bereits alle 14 Achttausender ohne Flaschensauerstoff bestiegen. Zusammen mit seinem Freund Simone Moro aus Italien glückten Denis zudem die ersten Winterbesteigungen des Makalu (2009) und des Gasherbrum II (2011). 2010 wurden Denis und der Kasache Boris Dedeshko mit dem Piolet d’Or, dem „Oscar“ des Bergsteigens, geehrt, für ihre neue Route durch die Südwand des Cho Oyu. Ich habe mich bei Urubko nach seinem neuen Everest-Projekt erkundigt. 

Denis, du kehrst zum Everest zurück, obwohl du ihn bereits im Jahr 2000 ohne Atemmaske bestiegen hast. Was hat dich dazu motiviert?

Aus vielen Gründen müssen Berge zweimal bestiegen werden. Die Erstbesteigungen erfolgen meistens auf die einfachste Art, wie du an der Geschichte der Achttausender sehen kannst. Am Everest geschah es 1953, am K 2 1954 … im damals üblichen Himalaya-Stil, mit Trägern et cetera. Aber die Zivilisation ermöglicht es uns, uns weiter zu entwickeln. Die Ausrüstung wird leichter und robuster. Lebensmittel und Kocher lassen uns einfacher überleben. Die folgenden Bergsteiger konnten Besseres leisten: neue Routen, Speed-Besteigungen, andere Projekte. Schritt für Schritt. Psychologische Grenzen wurden gesprengt. Zwei Beispiele dafür sind die Besteigungen von Messner und Habeler im Alpinstil am Hidden Peak und am Everest ohne Sauerstoff. Ich sehe das sportlich: Ich versuche, Ergebnisse abzuliefern, die im Vergleich zu anderen Leuten besser sind. Es ist eine intensive Entdeckung der eigenen Kraft und natürlich auch der Mentalität, eine neue Seite im Buch der Bergwelt aufzuschlagen, mit der Möglichkeit, etwas Neues zu wagen.

Du willst den Everest mit dem Russen Alexei Bolotov über eine neue Route besteigen. Verrätst du uns Details über Stil und Route?

Ja, wir wollen es zusammen versuchen. Alexei war begeistert von diesem Projekt und der Idee, eine neue Route an einer der schwierigsten Wände der Welt zu versuchen. Wir planen, durch die Mitte der Südwestwand zu klettern, und wir wollen es im Alpinstil versuchen. Aber viel hängt von Wetter und Glück ab.

Bist du schon einmal mit Alexei geklettert?

Wir sind uns erstmals 1995 begegnet, als er nach meinem Unfall im Tian-Shan-Gebirge zum Rettungsteam gehörte. Er brachte mich aus einer Höhe von 6000 Metern hinunter. 2000 nahmen wir beide an einem Speed-Bergsteiger-Wettbewerb am Khan Tengri teil, 2008 versuchten wir gemeinsam, leider erfolglos, den Spanier Iñaki Ochoa an der Annapurna zu retten. 2001 waren wir zusammen bei einer Expedition zum Lhotse. Wir haben schon einige gute Erfahrungen miteinander gemacht. Im vergangenen Monat kletterten Alexei und ich zum Training einige kurze Routen im Tian Shan. Das waren gute Tage. Wir hoffen, dass wir Ende März für den Himalaya bereit sind.

Dein Freund Simone Moro wird in diesem Frühjahr ebenfalls versuchen, den Gipfel des Mount Everest zu erreichen, über eine neue Route, mit dem Schweizer Bergsteiger Ueli Steck. Ist es für dich eine Option, beide Teams zusammenzuschließen?

Bisher gibt es keine entsprechenden Pläne. Aber das Leben hält bekanntlich viele Überraschungen bereit. Für mich war das vor einem Monat wirklich eine große Neuigkeit, dass Ueli und Simone planen, zusammen den Everest zu besteigen. Wir werden sehen, was die Zukunft bringt.

Im nächsten Mai wird der 60. Geburtstag der Everest-Erstbesteigung gefeiert. Wie siehst du diesen Berg derzeit?

Für mich ist der Everest ganz einfach der höchste Berg der Welt. Alle anderen Dinge hängen von der persönlichen Sichtweise ab: Ein schöner, ein schwieriger, ein magischer Berg, das gilt für viele Berge. Aber der höchste ist allein der Everest.

Was wünschst du dem Mount Everest für die Zukunft?

Ich träume davon, den Everest von seinem Fuße aus durch ein Glas Wein zu sehen. Für mich macht es keinen Sinn, mir weniger Leute an seinen Hängen zu wünschen. Es ist genauso sinnlos, als erhoffte ich mir weniger Besucher des Eiffelturms. Aber natürlich wünsche ich mir weniger Leichen an den Hängen des Everest.

Im Juli feierst du deinen 40. Geburtstag. Ist das für dich ein Tag wie jeder andere oder doch ein Einschnitt?

Dieser Termin bedeutet gar nichts. Für mich zählt allein die Erfahrung, dass ich während vieler angenehmer und auch schwieriger Jahre Glück genießen durfte. Ich machte Entdeckungen, lieferte sportliche und künstlerische Leistungen ab … und ich hoffe, dass ich das auch in den nächsten interessanten Phasen tun kann: in den Bergen, in der Musik, beim Training, mit der Familie, beim Schreiben und anderen Aktivitäten. Das genügt mir.

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