Tourismus – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Menschen wie Mahesh https://blogs.dw.com/abenteuersport/menschen-wie-mahesh/ Fri, 18 Sep 2015 06:00:57 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=30651 Mahesh Kumar Budha

Mahesh Kumar Budha

Es ist alles andere als leicht, auf dem umkämpften Tourismusmarkt Nepals zu überleben – unter normalen Umständen, aber erst recht nach dem Erdbeben vom letzten Frühjahr. In Kathmandu gibt es Hunderte von Trekking- und Expeditionsveranstaltern, die um jeden einzelnen Kunden kämpfen. Bei den meisten handelt es sich um kleine Agenturen, häufig leben deren Inhaber von der Hand in den Mund. Kleinunternehmer wie mein Freund Mahesh Kumar Budha leiden am meisten unter den wirtschaftlichen Folgen des Erdbebens. Die Regierung schätzt, dass der Tourismus um 50 Prozent eingebrochen ist, Veranstalter aus Nepal sprechen von bis zu 70 Prozent.

Keine Einkünfte seit Januar

Mahesh war mein Trekking-Führer, als ich 2003 eine Woche lang durch das Annapurna-Gebiet wanderte, um für DW Radio über das Annapurna Conservation Area Project (ACAP) berichtete, ein Umweltschutzprogramm in dem Himalaya-Staat. Nachdem Mahesh rund 20 Jahre lang für andere Trekking-Agenturen gearbeitet hatte, gründete er 2011 sein eigenes Unternehmen „Joy Treks“. Sein Büro liegt in Thamel, dem bekannten Touristenviertel in Kathmandu. „Ich habe seit Januar kein Geld mehr verdient”, schreibt mir der 40-Jährige. „Eigentlich wollten eine Gruppe im Mai und eine zweite im Juni nach Nepal reisen, aber das verheerende Beben hat dazu geführt, dass sie nicht gekommen sind.“ Vor dem Erdbeben hatte Mahesh auch ausreichend Anfragen für die Herbst-Saison. „Die meisten von ihnen schweigen jetzt, ich denke, weil sie einfach Angst haben, nach Nepal zu reisen.“

Selbstmorde von Geschäftsleuten

Mahesh vor seinem Büro in Thamel

Mahesh vor seinem Büro in Thamel

Mahesh muss seine Familie ernähren. Seine vier Kinder gehen zur Schule. Die ältesten Zwillinge besuchen die zehnte Klasse und bereiten sich auf ihr letztes Jahr in der High School vor, bevor sie auf das College wechseln. Das kostet Geld. „Auch die Lebenshaltungskosten in Kathmandu sind in den vergangenen Jahren gestiegen“, sagt Mahesh. „Ich mache mir wirklich große Sorgen über alle diese Dinge.“
Er berichtet von einigen Nepalesen, die das Erdbeben zu ihrem Vorteil genutzt haben, indem sie ihren Freunden und Kunden im Ausland gefälschte Informationen zukommen ließen. „Aber meine Moral, mein Charakter verbietet es, mich genauso zu verhalten wie sie. Ich hatte nie mein eigenes Haus in Kathmandu, und ich kann keine Fotos von eingestürzten Häusern schicken und sagen: ‚Das ist mein Haus‘!“
Die erheblichen wirtschaftlichen Folgen des Erdbebens haben auch schon zu menschlichen Tragödien geführt. „Zwei Tourismus-Unternehmer (ihnen gehörten Reiseagenturen) begingen Selbstmord. Und ich bin mir sicher, dass die Zahl der Selbstmorde in naher Zukunft steigen wird”, schreibt mir Mahesh. “Bitter, bitter!”

Es sind Menschen wie Mahesh Kumar Budha, die unsere Unterstützung brauchen. Der beste Weg, dies zu tun, ist, wieder in das Land zu reisen. Don’t forget Nepal!

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Instant Everest https://blogs.dw.com/abenteuersport/instant-everest/ Wed, 05 Nov 2014 19:28:22 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=27683 Auf der Annapurna-Runde

Auf der Annapurna-Runde

Ein Merkmal unserer Zeit ist, dass niemand mehr Zeit hat. Oder sie sich nicht nimmt. Das hat auch Auswirkungen auf den Bergtourismus. Deutsche Veranstalter registrieren seit einigen Jahren ein nachlassendes Interesse an Expeditionen, die 50 oder gar 60 Tage in Anspruch nehmen. Umso mehr Bergsteiger interessieren sich für Unternehmungen, für die sie nur etwa 30 Tage Urlaub einplanen müssen. Mit anderen Worten: 7000er-Expeditionen boomen, 8000er-Expeditionen schwächeln. Offenbar gilt der Trend „In der Kürze liegt die (Reise-) Würze“ auch für Trekkingtouristen. Experten in Nepal forderten jetzt, vermehrt kurze Wanderungen anzubieten, um dem sich verändernden Markt Rechnung zu tragen. Immer mehr Trekker kämen aus China und aus südostasiatischen Ländern. Und die hätten schlicht nicht mehr die Zeit, eine dreiwöchige Annapurna-Runde zu drehen oder ebenso lang zum Everest-Basislager zu wandern.

Die Chinesen kommen

Die Chinesen scheinen Nepal als Reiseland entdeckt zu haben. 2013 reisten nach Informationen der Regierung in Kathmandu erstmals mehr als 100.000 Menschen aus dem Reich der Mitte nach Nepal ein: Innerhalb eines Jahres stieg die Zahl von knapp 72.000 auf gut 113.000. Über 90 Prozent von ihnen kamen zum ersten Mal, 70 Prozent, um Urlaub zu machen. Folgt man den statististischen Angaben aus Kathmandu, scheinen die Chinesen allerdings noch nicht für den Bergtourismus in Nepal gewonnen zu sein. Bergsteigen oder Trekking kreuzten vergleichsweise wenige (5388) auf ihrem Visaantrag als Reisezweck an. Hier lag China 2013 nur auf Rang sieben der Nationen-Rangliste. Sie wurde von Deutschland (9352), Frankreich (8807) und Großbritannien (8775) angeführt. Gerade junge Chinesen entdeckten jedoch zunehmend die „leichten“ Abenteuerangebote Nepals wie Trekking oder Paragliding für sich, sagte ein nepalesischer Reiseveranstalter, der sich auf den chinesischen Markt spezialisiert hat.

Everest-Highway

Mit dem Jeep nach Manang auf der Annapurna-Runde

Mit dem Jeep nach Manang (auf der Annapurna-Runde)

Viele nepalesische Agenturen haben sich bereits auf die neue Kundschaft mit dem kleinen Zeit-Budget eingestellt. Neben den klassischen Routen bieten sie auch Kurztrips an, wie den „Instant Everest“, ein nur achttägiges Trekking im Khumbu-Gebiet.

Dass kürzere Trips möglich sind, liegt auch daran, dass in den meistbesuchten Gebieten, etwa rund um die Annapurna, immer mehr Straßen gebaut werden – oder wenigstens Pisten, die für Jeeps geeignet sind. Auf Umweltschutz wird dabei nicht unbedingt immer Rücksicht genommen. Doch mit diesen neuen Verkehrswegen können mögliche neue Startorte für Trekkingtouren schnell erreicht werden.

Im August kündigte die nepalesische Regierung an, eine Art „Everest Highway“ bauen zu lassen: Mit der etwa 100 Kilometer langen Straße von Jiri nach Surkhe sollen Touristen auch das Gebiet rund um den höchsten Berg der Erde leichter als bisher erreichen können. Surkhe ist nur etwa zwei Stunden Fußmarsch von Lukla entfernt. Dieser traditionelle Ausgangsort für Wanderungen im Khumbu wird bisher fast ausschließlich angeflogen – weil ein Trekking dorthin vergleichsweise lange dauert. Und Zeit hat oder nimmt sich eben kaum noch jemand.

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