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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Alix von Melle: Nächste Ausfahrt Everest?

Alix von Melle am Makalu

Alix von Melle am Makalu

Der Grat zwischen Wagemut und Übermut ist schmal. Und es kommt immer auf den Blickwinkel an. Wenn ein Bergsteiger einem Strandgänger erklären soll, warum er sich bei einer Bergtour einem Absturzrisiko aussetzt, wird er meistens ein verständnisloses Kopfschütteln ernten. Auf ähnliche Reaktionen muss sich wohl Alix von Melle einstellen, wenn sie im kommenden Frühjahr wirklich nach Tibet aufbrechen sollte, um den Mount Everest ohne Flaschensauerstoff zu besteigen. Schließlich hatte Alix erst im Mai am Makalu einen Gipfelversuch auf über 7500 Metern aus gesundheitlichen Gründen abbrechen müssen. „Es war ein Bauchgefühl. Mir war brutal kalt, und diese Kälte kam von innen heraus“, erzählt mir die 43-Jährige, die mit sechs Gipfelerfolgen an Achttausendern derzeit die Rangliste der deutschen Höhenbergsteigerinnen anführt. Mit ihrem Ehemann Luis Stitzinger stieg Alix ins letzte Hochlager ab. „Dann habe ich wirklich im Zelt gesessen und wie ein Fisch an Land nach Luft geschnappt.“ Der Verdacht: ein Höhenlungenödem.  Mit Hilfe von Flaschensauerstoff gelang es Alix, selbstständig ins Basislager abzusteigen. Später wurde noch zusätzlich eine Lungenentzündung diagnostiziert – und auch, dass Asthma mit im Spiel war.

Kilimandscharo als Höhentest

Alix-und-Luis-im-Hochlager-„So ganz klar ist es nicht, was es wirklich war, wahrscheinlich eine blöde Kombination aus allem“, sagt Alix. Nach ihrer Rückkehr nach Deutschland war die Bergsteigerin noch wochenlang kurzatmig. Dann erholte sie sich und begann wieder zu trainieren. Im September bestieg Alix bei einer von Luis geführten kommerziellen Expedition den 5895 Meter hohen Kilimandscharo, den höchsten Berg Afrikas – quasi als Testlauf. „Am Kili habe ich die Höhe gut vertragen“, erzählt van Melle. „Da habe ich gemerkt, jetzt passt alles wieder.“ Und damit begannen auch die Planungen für das nächste Achttausenderprojekt. „Ganz klar ist es noch nicht. Aber im engeren Kreis ist der Everest von der tibetischen Nordseite her“, verrät Alix. Luis und sie überlegten, sich an eine von Dominik Müller geführte Amical-Expedition anzuhängen.

Auf Alarmsignale achten

Ich bin überrascht, hatte ich doch erwartet, dass sich Alix nach ihren Lungenproblemen eher einen niedrigeren Achttausender aussuchen würde. Daher frage ich nach: Wirklich wie bei ihren bisherigen Projekten ohne Atemmaske? „Definitiv ohne Sauerstoff“, antwortet Alix. „Das war auch nach dem Makalu für uns keine Frage, dass wir jetzt umswitchen und mit Sauerstoff und Climbing Sherpas gehen. Das ist einfach nicht unseres.“ Die Erfahrung am Makalu sei ein „kleiner Dämpfer“ gewesen, räumt Alix ein. Aber sie habe daraus gelernt: „Ich habe das Training überdacht, die Ernährung, die Erholungszeiten. Und ich werde künftig noch mehr auf Alarmsignale achten.“ Auch und gerade am Everest. „Mir ist absolut klar, dass die Chance, den Everest ohne zusätzlichen Sauerstoff zu besteigen, wirklich ganz gering ist. Da muss alles zusammenpassen“, sagt Alix. „Wenn ich dort umkehren muss, bricht mir das keinen Zacken aus der Krone. Wir wollen es einfach probieren. Vielleicht klappt es, vielleicht auch nicht.“

P.S.: Alix und Luis werden am kommenden Freitag in Köln über ihre Erlebnisse am Makalu und an den anderen Achttausendern berichten – in der DAV-Vortragsreihe „AlpinVisionen“, die jetzt ihren 15. Geburtstag feiert.

Datum

17. November 2014 | 13:43

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