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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Am Nanga Parbat kein Risiko gehen

Westseite des Nanga Parbat

Der Mordanschlag am Nanga Parbat hinterlässt selbst Pakistan-Kenner fassungslos. „Wir sind davon kalt erwischt worden“, sagt mir Eberhard Andres, beim Trekking-Veranstalter Hauser Exkursionen für Reisen nach Pakistan zuständig. „Es war wirklich das allererste Mal, dass so etwas vorgefallen ist.“ Terroristen der Taliban hatten das Basislager an der Westflanke des Nanga Parbat angegriffen und nach neuen Informationen elf Bergsteiger erschossen: drei Ukrainer, drei Chinesen, zwei Slowaken, einen Litauer, einen Nepalesen und einen Pakistaner. Der Anschlag habe „eine komplett neue Qualität“, meint Dominik Müller, Chef der Agentur Amical Alpin. Auch der Schweizer Expeditionsveranstalter Kari Kobler ist geschockt: „Man hat schon gewusst, dass Pakistan ein heißes Pflaster ist. Aber doch nicht im Norden.“  Alle rechnen mit negativen Folgen für den Bergtourismus in Pakistan, der nach mageren Jahren in Folge der unsicheren Lage gerade erst wieder auf die Füße gekommen war. 

Expedition 2014 wird gestrichen 

„Das verändert natürlich die ganze Lage“, sagt Kari Kobler. „Das ist schlecht für Pakistan.“ Er habe gehört, dass die Armee jetzt 70.000 weitere Soldaten in die Region schicke. „Aber das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein.“ Zum Glück habe er derzeit keine Kunden am Nanga Parbat. Kobler zieht Konsequenzen.. „Wir werden die für 2014 geplante Expedition zu dem Berg aus dem Programm schmeißen. Das kannst du nicht machen.“

Kurzfristig muss Hauser reagieren. Am 8. Juli sollte eine Trekkinggruppe nach Pakistan starten, um den Achttausender zu umrunden. „Das macht keinen Sinn, jetzt am Nanga Parbat Risiko zu gehen“, sagt Eberhard Andres. „Das können wir uns nicht leisten.“ Er stehe mit den Kunden in Kontakt, um nach Alternativen zu suchen. „Es wäre aber falsch zu sagen, wir machen Pakistan jetzt für Jahre zu.“ Für 2013, so Andres, sei das Land „hervorragend gebucht“ gewesen. Die faszinierende Bergwelt Pakistans habe unter Trekkern zunehmend als Geheimtipp gegolten und als Alternative zu den klassischen Routen in Nepal. „Es hat sich herumgesprochen, dass man vor Ort nicht das Gefühl hatte, gefährdet zu sein.“ 

Polizei-Eskorte auf Karakorum Highway

Doch genau dieses Gefühl dürfte jetzt, zumindest am Nanga Parbat, abhanden gekommen sein. „Wir müssen abwarten, was die Regierung macht“, sagt Dominik Müller. Der Amical-Chef war vor drei Jahren letztmals am Nanga Parbat unterwegs und empfand die Lage im Diamir-Tal als problematisch. „Die Clans haben schon damals untereinander Stress gehabt.“ Dort gebe es keine Militärposten. „Uns war ein Offizier zugeteilt, der uns aber nicht zum Berg begleitet hat.“ Aufgrund seiner Erfahrungen hatte Müller den Nanga Parbat nicht ins Programm für 2013 aufgenommen. „Die Region war mir zu heiß.“ In diesem Jahr hätten alle Expeditionsgruppen, die auf dem Karakorum Highway nach Norden gefahren seien, erstmals in der Gegend um die Stadt Chilas nahe dem Nanga Parbat Polizei-Eskorten erhalten. 

Nach Möglichkeit per Flugzeug 

Die Veranstalter machen darauf aufmerksam, dass die Lage weiter im Norden, rund um die anderen Achttausender Pakistans, sicher sei. Die Agenturen vor Ort versuchten jetzt, alle Bergsteiger und Trekkingtouristen von Islamabad aus – statt mit Bussen über den Karakorum Highway – direkt per Flugzeug in die Stadt Skardu und auch zurück zu bringen. Das Auswärtige Amt hat nach dem Anschlag vom Nanga Parbat eine „Teilreise-Warnung“ ausgegeben. Das Außenministerium in Berlin rät, „sich vor Reisen nach Gilgit-Baltistan bei den pakistanischen Reiseveranstaltern und Behörden umfassend über die aktuelle Sicherheitslage zu informieren.“

Datum

24. Juni 2013 | 16:18

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