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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Drei Hochzeiten und ein Ermüdungsfall

Aufbruch im Morgennebel

Ich werde gut schlafen, egal wie laut es ist. „Ich muss Sie vorwarnen“, sagte die Hotelmitarbeiterin an der Rezeption. „Wir haben heute drei Hochzeitsgesellschaften, und es kann sein, dass bis sechs Uhr morgens Musik läuft.“ Das Hotel in Altrip, an der so genannten „Blauen Lagune“, rund 15 Kilometer vor den Toren Ludwigshafens gelegen, hat sich darauf spezialisiert, Hochzeiten auszurichten. Andererseits gewährt es auch Fahrradtouristen einen Sonderrabatt. Vorbildlich! Und so stand ich gegen 18 Uhr in meiner Radlerhose in der Hotellobby, ein paar Meter von mir entfernt eine der drei Bräute – und auch waren sonst die Hotelgäste ziemlich aufgebrezelt. „Machen Sie sich keine Sorgen“, antwortete ich der Rezeptionistin. „Ich bin so fertig, ich werde schlafen wie ein Stein.“

Murks an der Murg

Idylle nahe der Murg-Mündung

Weitere 130 Tageskilometer stecken mir in den Knochen. Heute früh setzte Ralf Dujmovits mich und mein Faltrad exakt an der Stelle am Rhein nahe Söllingen wieder aus, an der ich die gestrige Tagesetappe von „School up! River down!“ beendet hatte. Bis zum Mittag hatte ich auch die nun schon fast obligatorische Irrfahrt hinter mir. Ich folgte einem Radweg-Schild, das offensichtlich nicht das offizielle der Rhein-Tour war – und stand plötzlich vor der Murg, einem Nebenfluss, über den es an dieser Stelle keine Brücke gab. Also musste ich fast zwei Kilometer landeinwärts fahren, um wieder auf den richtigen Weg zu gelangen.

Wenn sich Vater und Sohn verirren

Geteilter Weg

In Karlsruhe hatte ich mich mittags mit meinem Sohn Jan verabredet, der vorübergehend in Stuttgart arbeitet und mich ein Stück begleiten wollte. Wir fanden uns auch, dann aber nicht den richtigen Weg. Wieder folgten wir einem Fahrradschild, das dort aus uns hinterher unerfindlichen Gründen platziert war, führte es uns doch auf einen Kieselweg direkt am Rhein, der mit beladenem Fahrrad so gut wie unmöglich zu befahren war. Damit nicht genug, landeten wir in einem Industriegebiet, aus dem es nur einen Ausweg gab: zurück. Eine Dreiviertelstunde verloren wir durch diesen „Verhauer“. Wir beschlossen auf die andere Rheinseite zu wechseln, die Jan bereits in Gegenrichtung mit dem Rad befahren hatte. Ein weiser Entschluss. Hier rollte es sich prächtig. Asphaltierte und gut beschilderte Wege, dazu Windstille. Und nur ein kurzer Schauer, dessen Ende wir abwarten konnten.

Achilles lässt grüßen

Vor den Toren Speyers

Am späten Nachmittag trennten sich unsere Wege in Speyer. Jan fuhr mit dem Zug nach Stuttgart zurück, während ich beschloss, noch ein Stündchen in gemütlichem Tempo weiter nach Norden zu radeln. Nach gut neun Stunden auf dem Sattel beschloss ich, die Tagesetappe zu beenden. Viel weiter hätte ich kaum fahren können. Treppen steigen funktioniert nicht mehr so gut, meine Achillessehnen sind durch die ständige Kurbelei gestresst. Meine Waden sowieso. Aber sonst geht es mir gut. Morgen früh wartet die nächste Etappe den Rhein hinunter, Richtung Mainz. Nach einer Mütze Schlaf, die ich mir holen werde. Ganz egal, wie laut die drei Hochzeitsgesellschaften auch sein mögen. Sollen sie feiern!

Datum

16. September 2017 | 22:45

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