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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Everest barrierefrei

2000 Dollar kostet die Genehmigung, vom Gipfel des Mount Everest aus mit dem Smartphone ein Video-Live-Interview zu geben. Das wissen wir, seitdem der Brite Daniel Hughes auf 8850 Metern als Erster auf diese Weise der BBC Rede und Antwort stand – schwarz, wie sich später herausstellte. Das fand das nepalesische Tourismusministerium gar nicht witzig. Im schlimmsten Fall drohen Hughes ein Einreiseverbot für fünf Jahre oder eine zehnjährige Sperre für die genehmigungspflichtigen Bergriesen Nepals. Doch inzwischen haben sich beide Seiten sicher gütlich auf einen speziellen Everest-Smartphone-Tarif geeinigt. Wie gut, dass ich meinen alten Freund Chomolungma aus 50 Metern Meereshöhe anrufe. Ganz legal, nur die NSA hört mit. Erst im dritten Anlauf bin ich erfolgreich.

Namasté, Chomo! Hier ist Stefan! Wo hast du denn gesteckt?

Auch Namasté! Ich war unter der Schneedusche! Herrlich, dieser Monsun!

Hattest du die Dusche nach dieser Frühjahrssaison so nötig?

Na, du machst mir Spaß. Lebst du eigentlich hinter dem Mond?

Kurz davor. Aber von hier aus sah es aus, als hättest du alles in allem in diesem Jahr eine bessere Presse als 2012 gehabt – vielleicht auch wegen des 60-Jahr-Jubiläums der Erstbesteigung.

Da wurde mir aber anderes zugetragen. Ich sage nur: Die Keilerei in Lager zwei.

Stimmt, das kam natürlich nicht ganz so gut herüber. Was war da eigentlich los?

Das musst du die Beteiligten fragen. Ich sage nur so viel: Hooligans gibt es auch am Berg. Und wer ist wieder mal der Leidtragende? Ich.

Das musst du mir erklären.

Erstens werde ich wieder mal für einen Exzess verantwortlich gemacht, zu dem ich nicht mal einen Steinschlag beigetragen habe. Und zweitens kehren mir jetzt wieder ein paar Topbergsteiger mehr den Rücken. Keine Leckerbissen, nur Fast Food, wenn du verstehst, was ich meine.

Aber dafür hast du jetzt am Gipfel einen 80-Jährigen begrüßen dürfen.

Sehr witzig. Hatte ich vielleicht eine Alternative? Es wäre ein Leichtes für mich gewesen, ihn wegzupusten. Aber dann hätte es hinterher wieder geheißen: Chomo, der Killerberg! Jetzt hat er es sogar auf Senioren abgesehen.

Warst du nicht einmal versucht?

Yoga.

Yoga?

Ich habe mir einen Knoten in die Lawinenhänge gemacht, die Luft angehalten und so lange verharrt, bis der Alte oben war. Hinterher hatte ich einen Krampf.

In der Hillary-Wade oder im Südpo?

(Lacht) Der war nicht schlecht. Aber nein, ich hatte einen Weinkrampf. Und ich habe mir etwas geschworen.

Jetzt bin ich aber neugierig.

Wenn die erste Seniorentruppe mit Rollator auf dem Südsattel einrollt, werde ich zum Vulkan.

Geht das denn?

Ich stehe deswegen bereits in Verhandlungen mit dem Klimawandel-Beauftragten der Vereinten Zornberge.

Du wirst albern.

Albern, mein Lieber, ist, wenn jemand daran denkt, am Hillary Step eine Leiter zu fixieren.

Was ist daran albern?

Dass sie nicht gleich einen Aufzug bauen. Schließlich leben wir im 21. Jahrhundert. Auch Berge müssen barrierefrei werden.

Datum

18. Juni 2013 | 17:38

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