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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Gelesen: 2 x 14 Achttausender

Ich lege euch dieses Buch von Gerlinde Kaltenbrunner und Ralf Dujmovits ans Herz, obwohl ich es streng genommen nicht dürfte. Mir fehlt nämlich die journalistische Distanz, ich bin eindeutig befangen. Seit vielen Jahren kenne und schätze ich Gerlinde und Ralf sehr. Nicht nur als Bergsteiger, sondern auch als Menschen. 

 

Genauso war es 

2005 öffneten mir die beiden das Tor zum Expeditionsbergsteigen, als sie mich als Reporter zu ihrer Expedition zur Mount-Everest-Nordwand in Tibet mitnahmen. Für ihr Vertrauen, ihre Offenheit und Hilfsbereitschaft bin ich ihnen bis heute dankbar. 2007 war ich erneut mit Ralf im Himalaya unterwegs, diesmal am Achttausender Manaslu. Ich war dabei, als die beiden am Everest um das Leben unseres japanischen Freundes Hirotaka Takeuchi kämpften und erlebte auch den Tag mit, als sich Ralf im Manaslu-Basislager große Sorgen um Gerlinde machte, weil sie sich nicht vom Dhaulagiri meldete. Nach endlos erscheinenden Stunden erfuhr Ralf, dass Gerlinde nur mit viel Glück eine Lawine überlebt hatte. Das waren nicht nur Randepisoden im Leben der beiden, sondern einschneidende Erlebnisse. Ralf beschreibt sie, wie es auch sonst seine Art ist: offen, ehrlich, ungeschminkt. Zu diesen beiden Expeditionen kann ich aus erster Hand sagen: Ja, genauso war es. 

Einblick in Gefühle 

Das Buch „2 x 14 Achttausender“ zeichnet die Karriere zweier außergewöhnlicher Bergsteiger nach. Hier Ralf, der erste Deutsche, der die 14 höchsten Berge der Welt bestieg, und zu den erfahrensten Höhenbergsteigern weltweit gehört. Dort Gerlinde, die Österreicherin, die als erste Frau alle Achttausender-Gipfel erreichte, ohne dabei auf Flaschen-Sauerstoff zurückzugreifen. Und dann sind die beiden auch noch ein Liebes- und Ehepaar. Auch über die Beziehung der beiden Extremsportler verrät das Buch viel. Ralf macht aus seinen Gefühlen kein Geheimnis. Er beschreibt, wie er mit der Sorge um Gerlinde umgeht, welche Absprachen sie getroffen haben, um in Grenzsituationen nicht endlos diskutieren zu müssen, wie schwer es ihnen trotz allem fällt, wenn sie getrennt unterwegs sind. 

Großformatig, großartig 

Ich habe das Buch an einem Abend regelrecht verschlungen. Nicht nur wegen der sehr persönlichen Texte, sondern auch wegen der großformatigen und großartigen Bilder von Gerlindes und Ralfs Expeditionen zu den Achttausendern. Auf Seite 82 findet ihr unten links übrigens auch einen Schnappschuss, den ich 2005 gemacht habe. Sagte ich, dass ich befangen bin? 

P.S. Einen kleinen Wermutstropfen habe ich dann doch noch: Entgegen der Ankündigung auf dem Einband wird der überwiegende Teil der Geschichte aus der Ich-Perspektive Ralfs erzählt. Ein bisschen mehr Gerlinde im Original hätte nicht geschadet. Aber ein solches Buch gibt es ja schon: Gerlindes Autobiografie „Ganz bei mir“.

Datum

26. September 2012 | 22:17

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