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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Himalaya auf dem Rhein

Schon vorbeigeschwommen: Piz Annapurna (r.)

Ich kann einfach nicht anders. Seitdem ich denken und lesen kann, schaue ich zuerst auf Bug oder Heck der Binnenschiffe auf dem Rhein. Ich will einfach wissen, wie der Kahn heißt, der da gerade auf meinem Heimatfluss an mir vorbeituckert. Und dann frage ich mich, wer oder was wohl Pate gestanden hat: War „Andrea“ die Geliebte des Reeders? Ist der Besitzer der „Libelle“ ein Insektenfan? Dachte der Inhaber der „Aurora“ an die Morgenröte oder eine Mehlpackung? Gestern nun radelte ich wieder einmal am Rhein entlang heimwärts, als mein Blick auf einen gelb-blau lackierten Tanker fiel, an dessen Heck ein ungewöhnlicher Name prangte: „Piz Annapurna“. Ein Achttausender auf dem Wasser, versehen mit einem „Vornamen“, über den ich schon als Kind immer lachen musste.

Der Sonnenschutz-Berg

Als Knirps wusste ich natürlich nicht, dass Piz aus dem Rätoromanischen kommt und schlicht Gipfel oder Spitze bedeutet. Damals fand ich es einfach nur lustig, dass der Piz Buin offenkundig nach einem Sonnenschutzmittel benannt worden war und der Piz Palü so ähnlich klang wie der Bär aus dem Disney-Film „Dschungelbuch“. Nun also der „Piz Annapurna“. Warum um alles in der Welt tauft jemand ein Binnenschiff auf den Gipfel des Achttausenders mit der höchsten Todesrate?

Seemann mit Bergsteigerherz

Die Annapurna stand Pate

Ich habe ein wenig im Internet gewühlt. Der Tanker „Piz Annapurna“ ist 85 Meter lang und neun Meter breit, fährt bis zu elf Knoten (rund 20 Stundenkilometer) schnell und unter niederländischer Flagge. Davor gehörte der Kahn einem Schifffahrtsunternehmen mit Ableger in Hamburg. Und die aktuelle Binnenschiff-Flotte dieser Firma löst das Rätsel: Da schippern nämlich auch andere „Berg-Pizzen“: Piz Cambrena, Piz Julier, Piz Languard, Piz Lunghin, Piz Terri oder Piz Palü. Graubünden und das Engadin lassen grüßen. Da hat also offenbar ein Seemann mit Bergsteigerherz zugeschlagen – und auch zu den ganz großen Bergen geschaut: Neben dem Tankschiff „Piz Annapurna“ finden sich auch (unter Schweizer Flagge) „Piz Everest“ und „Piz K 2“. Beim „Piz Lothse“ hat der Rechtschreib-Fehlerteufel zugeschlagen: Das h des Lhotse, des vierthöchsten Bergs der Erde, ist auf Reisen gegangen. Die anderen Achttausender-Tanker sind übrigens wie der Piz Annapurna gelb-blau lackiert. Ich weiß also, worauf ich künftig achten muss.

Datum

2. August 2012 | 14:00

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