Launischer Nanga Parbat
Sollten Berge wirklich eine Seele haben, dann leidet der Nanga Parbat ganz offensichtlich an einer ausgewachsenen Winter-Depression. Jahr um Jahr lässt er Bergsteiger in der kalten Jahreszeit abblitzen. Fast so, als wollte er sagen: „Lasst mich bloß in Ruhe! Wer stört, wird schon sehen, was er davon hat.“ Jetzt ist auch der zweite Gipfelversuch dieses Winters gescheitert. Auf der Rupalseite, der Südseite des Bergs, war für die Russen Nickolay Totmjanin, Valery Shamalo, Serguey Kondrashkin und Victor Koval in Lager 4 auf 7150 Metern Endstation. Die vier Bergsteiger aus St. Petersburg versuchten, dort einen Schneesturm mit Windgeschwindigkeiten von hundert Stundenkilometern auszusitzen. Keine Chance.
„Wir haben es geschafft, bei schlechtem Wetter ins Basislager zurückzukehren. Alle sind wohlauf“, twitterten sie auf Russianclimb. „Bei so einem Wind geht gar nichts. Da kannst du in einem Rutsch bis zum K 2 fliegen.“ Das ist natürlich leicht übertrieben, vermittelt aber einen Eindruck davon, wie sehr die Russen in ihrem Zelt im Hochlager durchgeschüttelt worden sein müssen. Der K 2 liegt immerhin rund 190 Kilometer Luftlinie entfernt. Der zweithöchste Berg der Erde und der Nanga Parbat sind die einzigen der 14 Achttausender, die noch nie im Winter bestiegen wurden.
Gemeinsam geht es leichter
Auf der Diamir-Seite, der Nordseite des Nanga Parbat, hatten der Pole Tomek Mackiewciz und die Französin Elisabeth Revol – wie berichtet – Mitte Januar eine beachtliche Höhe von 7800 Metern erreicht, ehe sie von Kälte und Wind zurückgeschlagen worden waren. Die beiden reisten anschließend ab. Der Italiener Daniele Nardi blieb. Er hat es vor zwei Wochen bei seinem ersten Versuch an der so genannten Mummery-Rippe – benannt nach dem britischen Bergsteiger Albert Frederick Mummery, der 1895 am Nanga Parbat verschwand – bis auf eine Höhe von 5950 Meter geschafft. Die Iraner Mahmood Hashemi, Reza Bahadorani und Iraj Maani haben sich nach eigenen Worten mit dem Team des Basken Alex Txikon zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen, um in den nächsten Tagen die Kinshofer-Route bis hoch nach Lager 3 auf etwa 6800 Metern mit Seilen abzusichern. „Alles hängt vom Wetter ab“, sagt Reza Bahadorani. Und von der Laune des Nanga Parbat, die im Winter eben meist sehr mies ist.