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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Moro und Steck brechen Everest-Expedition ab

Miese Stimmung am Everest

Die beiden Topbergsteiger Simone Moro aus Italien, Ueli Steck aus der Schweiz und ihr britischer Fotograf Jon Griffith haben ihre Expedition am Mount Everest abgebrochen. Sie reagierten damit darauf, dass sie am vergangenen Samstag in Lager 2 von einer aufgebrachten Sherpa-Menge angegriffen und mit dem Tod bedroht worden waren. „Die Geschichte des Bergsteigens am Everest begann mit einer Partnerschaft zwischen einem Sherpa und einem Ausländer. 60 Jahre später hat sich diese Partnerschaft deutlich verändert“, sagte Simone Moro. Er wolle am Everest bleiben, allerdings nur, um mit seinem Hubschrauber zu Rettungsflügen zu starten. Ueli Steck trat die Heimreise an. „Mein Vertrauen ist weg. Ich kann nicht mehr an diesen Berg zurückkehren, auch wenn alle sagen, dass so etwas nicht mehr passieren werde“, sagte der Schweizer im Basislager der deutschen Journalistin und Bergsteigerin Billi Bierling. „Wer versichert mir, dass die wütende Menge nicht mein Seil zerschneidet oder mein Zelt abfackelt?“ 

Spitze des Eisbergs 

Uelis gute Laune ist verflogen

Der Schock sitzt tief. „Es ist ein Wunder, dass wir noch leben“, sagt Simone. „Ohne Scherz und ohne Übertreibung.“ Auch Ueli ist „glücklich, dass ich noch lebe“. Die beiden glauben, dass die Ursache des Angriffs viel tiefer liegt als der Streit darüber, dass die drei westlichen Bergsteiger angeblich die Arbeit der Sherpas an den Fixseilen behindert hatten. Der Angriff sei der Ausdruck einer Wut, die über Jahre gewachsen sei, meint Steck. „Die Sherpas haben hier seit Jahren gearbeitet, und sie sind die reichen Leute in Nepal, die auch über eine gewisse Macht verfügen. Andererseits sehen sie all diese Westler, die am Berg Geld machen. Und zwischen ihnen und diesen Westlern gibt es einen tiefen Graben.“ Ähnlich äußert sich Simone. „Wir waren nur die Spitze des Eisbergs, der Strohhalm, der die Geduld der Sherpas zerriss.“ 

Kritik an Moro 

Im Basislager sprachen sich die beiden Konfliktparteien aus und reichten sich anschließend die Hände. Die Sherpas und ihr Sirdar (Leiter) hätten sich offiziell entschuldigt, sagt Simone. Die nepalesische Regierung weist darauf hin, dass bei dem Treffen beide Seiten Fehler eingeräumt hätten. „Dieser Vorfall darf sich nicht wiederholen“, heißt es in einer Presseerklärung des Tourismusministeriums. Alle müssten sich an die vereinbarten Regeln halten. Garrett Madison vom Veranstalter Alpine Ascents weist darauf hin, dass sich alle Expeditionsleiter bei einem Treffen im Basislager am 18. April mit den leitenden Sherpas darauf geeinigt hätten, dass während der Sherpa-Arbeiten an den Fixseilen niemand aufsteige. Simone Moro habe an diesem Treffen nicht teilgenommen. Madison warf dem Italiener auch eine gewisse Mitschuld an der Eskalation vor. Mit einem unbedachten Funkspruch nach dem Streit mit dem Leiter der Sherpas, den alle am Berg hätten mithören können, habe Moro die Situation angeheizt. 

Steck am Boden zerstört 

Ueli Steck ist nach eigenen Worten am Boden zerstört. „Wir waren ein sehr starkes Team, und die Bedingungen am Berg sind perfekt. Ich bin mir zu 99 Prozent sicher, dass wir erfolgreich gewesen wären, und das tut sehr weh. Aber ich kann nicht einfach an den Everest zurückkehren, so gesehen haben die Sherpas meinen Traum zerstört.“

Auch wenn der Zwischenfall am Everest in seinem Ausmaß bisher einmalig ist, scheint das grundsätzliche Problem nicht ganz neu zu sein. Der US-Spitzenbergsteiger Steve House berichtet über eine ähnliche Erfahrung 2011 am Makalu. Als er und sein Team zur Akklimatisierung über die Normalroute aufgestiegen seien, habe sie  der dortige Leiter der Sherpas ebenfalls bedroht. „Ich kann mir vorstellen, dass die Sherpas am Everest ihre Felle schwimmen sehen, wenn Kletterer auftauchen, die ihre Hilfe nicht benötigen.“

Update 3. Mai: Simone Moro hat der Darstellung von Garrett Madison widersprochen. „Das ist komplett, komplett, komplett unwahr! Ich habe niemals einen so dummen und provokativen Funkspruch abgesetzt und ich habe Zeugen, die das bestätigen können“, sagte Simone in einem Interview mit explorersweb.com. „Der Bericht verdreht die Fakten, um die gespannte Lage und die Gewalt in Lager 2 zu rechtfertigen. Ich kann verstehen, dass er (Madison) sein Gewerbe verteidigen muss, aber Lügen taugt dazu nicht.“

 

Datum

30. April 2013 | 23:12

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