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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Neben der Spur

Auf 7150 Metern

Ich fühle mich wie in einem Film, bei dem die Tonspur den Bildern hinterherläuft. Eigentlich bin ich wie alle anderen Expeditionsteilnehmer wohlbehalten ins Basislager zurückgekehrt. Draußen ist es ungemütlich kalt. Es schneit leicht. Ich liege in meinem warmen Schlafsack und versuche zu verstehen, was da eigentlich gestern mit mir im Gipfelbereich des Putha Hiunchuli geschehen ist. Joachim hat mich eine Weile von Lager 3 auf 6600 Metern aus beobachtet. Schöner als er kann ich es nicht beschreiben. „Du hast dich so langsam bewegt. Du sahst aus wie einer, der eigentlich keine Chance hat, aber trotzdem versucht, sie zu nutzen.“

„Schwieriger als am Everest“

Ich hatte wirklich keine Chance, wie vereinbart vor 10 Uhr den 7246 Meter hohen Gipfel zu erreichen. „Du hättest von dort, wo wir uns getroffen haben, mindestens noch eine Stunde gebraucht“, sagte Pemba Jangbu nach der Rückkehr ins Basislager. Anderen gegenüber war er ehrlicher und schätzte die Zeit sogar auf zwei Stunden. Aber der Sherpa versicherte, dass die Umstände am gestrigen Gipfeltag wirklich extrem gewesen seien. Mit minus 27 Grad sehr kalt, dazu windig und Neuschnee im Hang. „Du kannst mir glauben: Diese Besteigung war schwieriger als meine Besteigung des Mount Everest 2010.“

Gipfelstürmer mit Umkehrer (vorne), Pemba Nuru fehlt

Hans und Brigitte, die mit Pemba im Gipfelbereich vorneweg liefen, erzählten, der Sherpa habe wegen des immer stärker auffrischenden Windes mehrfach umkehren wollen. Hans habe dann den Vorstieg übernommen. Das wollte Pemba nicht auf sich sitzen lassen. Und so sei er zähneknirschend weitergestiegen bis zum höchsten Punkt.

Mein persönlicher Gipfel lag 100 Meter tiefer. Brigitte hat noch einmal nachgerechnet und kommt für unseren Treffpunkt, meinen Umkehrpunkt, auf eine Höhe von 7150 Metern. Die Batterie meines Höhenmessers hatte den Geist aufgegeben.

Geisterstimme

Apropos Geist. Ich war überrascht, wie klar ich in sieben Kilometern Höhe noch denken konnte. Nur umsetzen konnte ich das Ganze kaum noch. Ich wollte eine Einstellung meiner Digitalkamera ändern. Nach dem dritten Versuch gab ich auf. Jedes Bild kostete mich mehrere Minuten. Allein den Reißverschluss meiner Daunenjacke aufzuziehen, empfand ich als Belastung. Bei einem meiner vielen Stopps versuchte ich, in etwa 7000 Metern Höhe im Schnee sitzend, meine Eindrücke ins Mikrofon zu erzählen. Aus jedem meiner Worte spricht die pure Erschöpfung.

Sehr langsam folgte ich der Gruppe, bis ich sie dort aus den Augen verlor, wo ich den Gipfel vermutete und wo für mich später der Aufstieg endete. Vor diesem Aufschwung spielte mir mein Gehirn einen Streich. „Please!“, hörte ich hinter mir Pemba Nuru sagen. „Bitte was?“, fragte ich und drehte mich um. Aber dort war niemand. Seltsam. Hatte ich zu viele Bergbücher gelesen, wo immer wieder von solchen Täuschungen die Rede war? Nein, aber in diesem Augenblick war mir klar, dass ich körperlich und geistig am Limit war. Viel mehr ging nicht. Der wirkliche Gipfel lag an diesem Tag außerhalb meiner Reichweite. So nah dran und doch so weit weg.

Brutzelndes Fleisch

Lecker!

Es wird noch ein paar Tage dauern, bis ich das verdaut habe. Aber die anderen Expeditionsteilnehmer helfen mir dabei sehr. Ich durfte sogar mit auf das Bild der Gipfelbergsteiger. Ich habe mich davor gehockt, um zu zeigen, dass ich nicht ganz oben war. Der Empfang im Basislager war herzlich. Wir tranken Büchsenbier, das nach den Strapazen der vergangenen Tage in etwa wirkte, als würde man sich fünf Schnäpse in Serie genehmigen. Heute abend hatte unser Koch Meila für uns einen kulinarischen Genuss der besonderen Art parat: Ein Stück gebratenes Fleisch, das noch in der kleinen Pfanne auf dem Holzteller vor uns brutzelte. Diese Delikatesse brachte in meinem persönlichen Film Bild- und Tonspur wieder in eine Reihe. Zumindest vorübergehend.

Datum

21. Oktober 2011 | 18:51

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