More DW Blogs DW.COM

Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Reisefreiheit à la Tibet

Der Potala in Lhasa, einst der Palast des Dalai Lama

Reisen nach Tibet sind wie ein Griff in die Wundertüte. Du weißt eigentlich erst hundertprozentig, dass du dort bist, wenn du wirklich alle bürokratischen Hürden und Kontrollen hinter dich gebracht hast. Weltenbummler, darunter auch Bergsteiger und Trekkingtouristen, sind derzeit verunsichert. Anfang des Monats hatten die chinesischen Behörden die Reiseveranstalter darüber informiert, dass vorläufig keine Genehmigungen für Reisen nach Tibet ausgestellt würden. Allgemein wurde dies als Reaktion auf die Serie von Selbstverbrennungen bewertet. Nach Angaben der Tibet Initiative Deutschland haben sich seit März 2011 mindestens 40 junge Tibeter angezündet, um gegen die seit 1951 andauernde Besetzung der Himalaya-Region durch China zu protestieren. Vor einigen Tagen nun hieß es, die Einreisesperre sei aufgehoben worden. So ganz stimmt das nicht.

Abgestraft

Österreicher, Briten, Norweger und Südkoreaner erhalten nämlich nach übereinstimmenden Informationen weiter keine Genehmigung für Tibetreisen – offenkundig eine Strafe für eine aus Pekinger Sicht China-kritische Haltung. Im Mai hatte der Dalai Lama, der im indischen Exil lebende geistliche Führer der tibetischen Buddhisten, Großbritannien und Österreich besucht und war auch mit den jeweiligen Regierungschefs zusammengetroffen, Premierminister David Cameron und Bundeskanzler Werner Faymann. Südkorea zog sich den Unmut der Chinesen zu, weil eine hochrangige Delegation von Exiltibetern zu einem großen buddhistischen Kongress in der südkoreanischen Stadt Yeosu eingeladen wurde. Norwegen schließlich dürfte immer noch dafür abgestraft werden, dass der Friedensnobelpreis 2010 an den in China inhaftierten Schriftsteller und Menschenrechtler Liu Xiaobo ging.

Mindestens Sextett – und aus einem Land

Tibetische Nordseite des Mount Everest

Doch auch für Reisende aus anderen Ländern gelten Bedingungen. Wer allein, oder vielleicht mit Freund oder Freundin in Tibet unterwegs sein will, kann sich diesen Plan abschminken. „Einreisegenehmigungen für Tibet (TAR Permit) werden für Gruppen ab sechs Personen mit derselben Staatsangehörigkeit erteilt“, heißt es im Auswärtigen Amt in Berlin, das dem Braten aber wohl auch nicht so recht traut: „Es muss jedoch weiterhin mit Verzögerungen bei der Beantragung gerechnet werden.“ In Internetforen und auf Tibetseiten heißt es, Reisegruppen müssten außerdem zwischen 50 und 100 Prozent der Reisekosten vorstrecken, bevor ihre Anträge überhaupt bearbeitet würden. Was die Restriktionen für die Expeditionen in der Nach-Monsun-Zeit bedeutet, steht noch in den Sternen. Das Basislager auf der tibetischen Nordseite des Mount Everest bleibe jedenfalls geschlossen, heißt es. Ohne Angabe von Gründen.

Chinesische Touristen erwünscht

Nach Angaben des Tibetischen Tourismusbüros (TTB), der Behörde von Chinas Gnaden, reisten in den ersten fünf Monaten des Jahres 1,45 Millionen Touristen ein, im Vergleich zu 2011 sei das ein Plus von 25 Prozent. Davon seien 1,42 Millionen Urlauber Chinesen gewesen. Die Regierung in Peking verkündete kürzlich stolz, in Tibet würden für umgerechnet über 50 Millionen Euro 22 Feriendörfer gebaut. Dreimal dürft ihr raten, für wen.

Datum

27. Juni 2012 | 20:02

Teilen