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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Sauerei am Everest

Müll im Everest-Hochlager

„Verdammt noch mal! Was für eine Sauerei!“, fluchte ich heute morgen, als ich nach dem sonnigen Wochenende mit dem Fahrrad zur Arbeit fuhr. „Ist bei diesen Leuten das Gehirn ausgeschaltet?“ Der Weg war geradezu gepflastert mit Plastikbechern, Fast-Food-Verpackungen, Grillschalen und Scherben zerschlagener Bierflaschen. So ähnlich, wenn auch mit anderen, teilweise noch unappetitlicheren Zutaten, sah es nach dieser Frühjahrssaison in den Hochlagern am Mount Everest aus. Selbst Fäkaliensäcke lagen dort herum. Mit Bildern dokumentiert hat diese Sauerei der mexikanische Bergsteiger David Liano Gonzalez. „Ich habe zehn Jahre lang an ‚Öko Everest Expeditionen‘ teilgenommen. Wir haben mehr als zehn Tonnen Unrat heruntergebracht. Ich trage auch meinen Kot in Spezialsäcken nach unten“, schreibt mir der 38-Jährige, der in diesem Jahr zum siebten Mal den höchsten Berg der Erde bestiegen hatte. „Ich versuche, den Berg sauberer zu hinterlassen, als ich ihn vorgefunden habe. Aber mit so vielen Leuten, ohne Kontrolle und ohne Bergethik ist das Problem außer Kontrolle.“

Kein Respekt

David Liano auf dem Gipfel des Everest

Der Everest liege den meisten Gipfelanwärtern gar nicht am Herzen, sagt David: „Sie besteigen ihn nur, um ein Gipfelfoto zu schießen und es auf den sozialen Netzwerken zu verbreiten. Und fertig!  Kein Respekt. Für sie ist es völlig belanglos, ob der Berg eine Müllhalde ist. Oder ob sie ihren Abfall wegwerfen, wenn sie dort sind.“ Fassungslos macht den Mexikaner, dass selbst Sherpas die Hochlager zumüllen: „Für sie ist er doch ein heiliger Berg, und sie verschmutzen ihn genauso oder sogar noch mehr als die Ausländer. Das ist schockierend und enttäuschend.“

Prämie für leichten Abfall erhöhen

Ein Sinneswandel unter den Bergsteigern müsse dringend her, sagt Liano. „Das dauert eine Generation, aber wir müssen schon jetzt damit beginnen.“ Es gehe darum, die Verschmutzung in den Everest-Hochlagern zu stoppen und den dort schon vorhandenen Unrat zu entfernen. Es sei ein guter erster Schritt, den Sherpas Prämien pro Kilogramm Müll zu bezahlen, den sie herunterbrächten, findet David: „Allerdings neigen die Leute dazu, meist nur schweres Zeug runterzuschleppen. Zerrissene Zelte und Planen werden für immer oben bleiben, weil sie nicht viel wiegen. Das ist kein Anreiz. Also bezahlt mehr pro Kilogramm, wenn es sich nur um Stoff handelt!“

Lebenslange Sperren

Der mexikanische Bergsteiger fordert außerdem harte Strafen gegen die Umweltsünder unter den Sherpas und ausländischen Teilnehmern der kommerziellen Gruppen. Lebenslange Sperren für die Teilnahme an Expeditionen seien denkbar. Veranstaltern könnte die Lizenz entzogen werden, schlägt Liano vor: „Lasst uns Leute dazu ermuntern, die Verschmutzer zu fotografieren. Wir sollten zudem Nicht-Regierungs-Organisationen einbinden, um die Vorschriften zu kontrollieren und durchzusetzen.“

Weniger Permits ausstellen

Letztlich, findet David, führe auch kein Weg daran vorbei, die Zahl der Everest-Gipfelanwärter einzuschränken, um das Müllproblem in den Hochlagern in den Griff zu bekommen. „Ich habe immer daran geglaubt, dass die Berge für alle verfügbar sein sollten. Für den Everest habe ich nun meine Meinung geändert“, sagt Liano. „Die Zahl der Bergsteiger muss kontrolliert werden. Wenn das für Nepal ein Problem ist, weil die Einkünfte beschnitten werden, dann verdoppelt eben, falls nötig, die Permitgebühren!“

Datum

11. Juni 2018 | 16:00

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