Beck Weathers – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Beck Weathers: „Ich würde es ohne Zögern wieder tun“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/beck-weathers-ich-wuerde-es-ohne-zoegern-wieder-tun/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/beck-weathers-ich-wuerde-es-ohne-zoegern-wieder-tun/#comments Thu, 19 May 2016 07:56:41 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=32709 Beck-Weathers

Beck Weathers

Die Everest-Gipfelwelle rollt. In diesen Tagen werden sowohl auf der tibetischen Nord-, als auch auf der nepalesischen Südseite des höchsten Bergs der Erde dutzende, wenn nicht gar hunderte Gipfelerfolge erwartet. Ob sich die Everest-Anwärter von heute noch an Beck Weathers erinnern? Möglicherweise. Schließlich hat 2015 der erfolgreiche Hollywood-Film „Everest“ seine Geschichte noch einmal aufgearbeitet. Vor 20 Jahren wollte auch Beck auf das Dach der Welt steigen. Wegen Sehproblemen musste der Pathologe aus den USA auf rund 8400 Metern seinen Gipfelversuch abbrechen. Später geriet er in jenen Sturm, der innerhalb von 24 Stunden acht Bergsteigern das Leben kostete.

Dass Weathers noch lebt, grenzt an ein Wunder. Eigentlich war er schon so gut wie tot, seine Gefährten hielten ihn jedenfalls dafür. Nach einer Nacht im Whiteout ließen sie Beck ^im Schnee liegen, auf rund 8000 Metern, unweit des Südsattels. Beck erwachte aus seiner Bewusstlosigkeit und schleppte sich trotz schwerster Erfrierungen aus eigener Kraft ins Lager 4. Von dort brachte ihn ein Rettungsteam hinunter nach Lager 2 auf 6400 Metern. Von dort wurde Beck mit einem spektakulären Hubschrauber-Flug in Sicherheit gebracht. Weathers‘ rechter Arm musste bis knapp unterhalb des Ellenbogens amputiert werden. Beck verlor außerdem sämtliche Finger der linken Hand. Seine erfrorene Nase musste in zahlreichen Operationen rekonstruiert werden.

Ich habe anlässlich des 20. Jahrestags des Everest-Unglücks 1996 Kontakt zu Beck Weathers aufgenommen. Weil er auf Reisen war, konnte mir der 69-Jährige seine Antworten auf meine Fragen erst wenige Tage nach dem Jubiläum schicken.

Beck, das Unglück 1996 am Everest war für dich sicher eine der einschneidendsten Erfahrungen überhaupt. In welcher Weise hat es dein Leben verändert?

Es war ein Schlag ins Gesicht, der mich zwang, die Prioritäten in meiner Lebensweise zu ändern. Ich bin stolz darauf. Vorher definierte ich mich über Leistung, über Außenwirkung. Und ich fühlte mich nie wirklich wohl in meiner Haut. Dann musste ich mich ändern. Ich habe jetzt ein gewisses Maß Frieden in meinem Leben erreicht, ich fühle mich wohler, so wie ich bin. Und ich lebe bewusster von Tag zu Tag, mehr als jemals zuvor. Eigentlich hat das Unglück mein ganzes Leben friedlicher und lohnender gemacht.

Beck Weathers: It made my life more peaceful and rewarding

Mount Everest (l.) im ersten Tageslicht

Mount Everest (l.) im ersten Tageslicht

Ich nehme an, du hast dich selbst oft gefragt, wie du es geschafft hast, die Situation zu überleben, die du in deinem Buch als „Für tot erklärt“ bezeichnet hast. Wie erklärst du dir das eigentlich Unmögliche, 20 Jahre später?

Nun, ich habe mir sehr viele Gedanken darüber gemacht. Ich kann diese Frage nicht wirklich beantworten. Ich bin die Frage sowohl von der rein geistigen, als auch der rein physischen Seite angegangen, denn ich bin, soweit ich weiß, der einzige Mensch in der Geschichte des Alpinismus, der in den hohen Bergen wegen Unterkühlung ins Koma gefallen und wieder aus ihm erwacht ist. Ich denke, das Geistige spricht für sich. Und das Physische: Die Sonne ist auf so einem sehr hohen Berg selbst im Sturm, wenn sie sich den ganzen Tag verbirgt, unglaublich stark. Die Kleidung, die du trägst, ist darauf ausgelegt, Wärme zu speichern. Und letztlich reicht schon ein geringer Anstieg der Körpertemperatur, um wieder das Bewusstsein zu erlangen und die Augen zu öffnen. An diesem Punkt liegt dann die Entscheidung, ob du aufstehst und dich bewegst oder dich aufgibst, ganz allein bei dir.

Beck Weathers: Moving versus surrender

Nach dem Unglück wurde der Schwarze Peter hin und her geschoben. Wie beurteilst du das heute?

Damals gab es wirklich harte und schwere Schuldzuweisungen. Ich habe mich ganz bewusst entschieden, dabei nicht mitzumachen, vor allem, weil ich dachte, es wäre selbstzerstörerisch, darüber nachzudenken, wer daran Schuld sei. Das würde mich nur wütend machen und meine Emotionen und meine Aufmerksamkeit auf Bereiche lenken, die für mich sehr ungesund wären. Es war meine Entscheidung, dort zu sein, meine Beine haben mich dorthin getragen. Und letztlich war ich selbst in der Lage, zurück ins Hochlager zu gehen. Ganz ehrlich, wenn man jemand die Schuld dafür geben kann, was mir passiert ist, dann mir selbst. Ich werde nicht fragen: Warum hast du mir nicht aus der Patsche geholfen, warum hast du nicht meinen Allerwertesten gerettet? Ich halte das für einen schrecklich destruktiven Ansatz. Du musst selbst die Verantwortung für dein Handeln übernehmen.

Beck Weathers: Take responsibility for your own actions

Becks linke Hand

Becks linke Hand

Wenn du die Zeit zurückdrehen könntest und die Gelegenheit hättest, deinen Entschluss, im Frühjahr 1996 zum Everest zu gehen, zurücknehmen könntest, würde du es trotzdem wieder tun?

Auch wenn ich, um ehrlich zu sein, damals nicht darüber nachgedacht haben – ja, ich würde es noch einmal tun, weil ich so viel mehr gewonnen als aufgegeben habe. Indem mich das Unglück zwang, meine Lebensweise zu überprüfen, hat es letztlich meine Ehe gerettet und auch meine Beziehung zu meinen Kindern. Und es hat mir 20 Jahre geschenkt, die die absolute interessantesten und besten Jahre meines Lebens gewesen sind. Ich gab also ein paar Körperteile, aber ich gewann so viel mehr. Also, ich würde es wieder tun, ohne eine Sekunde zu zögern.

Beck Weathers: I would do it again in a heart beat

Verfolgst du immer noch, was am Mount Everest passiert – und wenn ja, mit welchen Gefühlen?

Wenn wirklich etwas passiert und es von Interesse ist, schaue ich wie der Rest der Welt hin, wie im Fall der Lawine, die im Jahr 2014 im Khumbu-Eisbruch 16 Sherpas tötete, oder der Lawine im vergangenen Jahr vom Pumori auf das Basislager. Diese Dinge zwingen mich, noch einmal über den Everest nachzudenken: was dort passiert, auch darüber, was sich über die Jahre geändert hat. Ich habe niemals Traurigkeit empfunden, wenn ich an den Everest zurückdachte. Ich hatte niemals Alpträume, nichts hat mich gequält. Es gehört einfach zu den Dingen, die passiert sind, es ist ein Teil meines Lebens, ich nehme es an. Ich blicke ohne jedes Gefühl des Bedauerns zurück. Ich akzeptiere einfach, was das Leben für mich bereitgehalten hat. Und ich habe es hoffentlich geschafft, ein besserer Mensch zu werden, für die Herausforderung, vor die mich das Leben gestellt hat.

Beck Weathers: No feelings of regret

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Hollywood goes Everest https://blogs.dw.com/abenteuersport/hollywood-goes-everest/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/hollywood-goes-everest/#comments Mon, 13 Jan 2014 16:59:23 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=25061 Jake Gyllenhaal (l.) und Josh Brolin

Jake Gyllenhaal (l.) und Josh Brolin

Eine Winterexpedition zum Mount Everest? Die beiden Hollywood-Stars Jake Gyllenhaal und Josh Brolin haben jetzt in einem Fünf-Sterne-Hotel in Kathmandu eingecheckt. Ein Mitarbeiter der Regierung bestätigte, dass ein Filmteam des isländischen Regisseurs Baltasar Kormakur eine zweiwöchige Drehgenehmigung für Nepal erhalten habe. Gyllenhaal und Brolin, beide bereits je einmal für einen Oscar nominiert, spielen die Hauptrollen in einem Film über die Tragödie am Mount Everest im Jahr 1996. Nach einem Wettersturz hatten damals acht Bergsteiger im Gipfelbereich des höchsten Bergs der Erde ihr Leben verloren. Der 33 Jahre alte Gyllenhaal wird den US-Bergführer Scott Fisher spielen, der zu den Opfern gehörte. Der 45-jährige Brolin schlüpft in die Rolle von Beck Weathers, der für tot gehalten worden war, wie durch ein Wunder aber trotz schwerster Erfrierungen überlebte.

Sturm am Gipfel

Mount Everest

Mount Everest

Jon Krakauers Buch „In eisige Höhen“ über die Geschehnisse am 10. und 11. Mai 1996 war ein Weltbestseller und hatte eine Diskussion über das kommerzielle Bergsteigen am Everest ausgelöst. Der nepalesische Regierungsvertreter ließ offen, ob das Filmteam wirklich am höchsten Berge der Erde dreht. In dem Fall müssten Gyllenhaal und Brolin beweisen, dass ihre Nehmerqualitäten über die Erfordernisse eines Fünf-Sterne-Hotels in Kathmandu hinausgehen. Am 8850 Meter hohen Gipfel stürmt es in dieser Woche mit Spitzengeschwindigkeiten von rund 200 Stundenkilometern, das Thermometer soll auf unter minus 40 Grad Celsius fallen. Selbst im Basislager dürfte es derzeit ungemütlich kalt sein, auch wenn in dieser Woche kein Neuschnee erwartet wird.

Fünf-Sterne-Risiko

Erst 15 Bergsteiger haben übrigens den Mount Everest im (meteorologischen oder kalendarischen) Winter bestiegen. Die beiden Polen Leszek Cichy und Krzysztof Wielicki waren am 17. Februar 1980 die ersten. Lediglich Ang Rita Sherpa gelang 1987 ein Aufstieg ohne Flaschensauerstoff. Möglich war es wahrscheinlich nur, weil das Wetter an diesem 22. Dezember außergewöhnlich gut war. Die große Kälte im Winter sorgt normalerweise dafür, dass der Luftdruck im Gipfelbereich noch weiter absinkt. Ein Aufstieg ohne Atemmaske liegt dann im absoluten Grenzbereich des Möglichen. Fünf-Sterne-Risiko.

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