Dan Mazur – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Eine rettende Drohne und weitere Gipfelerfolge im Karakorum https://blogs.dw.com/abenteuersport/eine-rettende-drohne-und-weitere-gipfelerfolge-im-karakorum/ Tue, 17 Jul 2018 12:17:09 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=41401

Broad Peak

Drohne kommt für mich gleich nach Laubbläser. Das Geräusch, das die immer beliebter werdenden Fluggeräte erzeugen, nervt mich extrem. Drohnen klingen in meinen Ohren wie genmutierte Riesenhummeln. Gehörfolter. Aber selbst ich muss einräumen: Am Achttausender Broad Peak im Karakorum in Pakistan haben eine Drohne und derjenige, der sie gesteuert hat, Großartiges geleistet. Vor acht Tagen, am 9. Juli, startete der 64 Jahre alte Brite Rick Allen alleine zu einem Gipfelversuch. Seine Teamgefährten blieben in Lager drei auf 7000 Metern. Als Rick nicht zurückkehrte, schlugen sie Alarm, weil sie fürchteten, Allen könnte verletzt worden oder sogar ums Leben gekommen sein. Sandy Allan, der wegen des starken Winds im Gipfelbereichs zuvor schon ins Basislager abgestiegen war, nahm Kontakt zu den polnischen Bargiel-Brüdern im nicht weit entfernten K 2-Basislager auf. Andrzej Bargiel hat sich vorgenommen, in diesem Sommer den zweithöchsten Berg der Erde erstmals vom Gipfel bis ins Basislager mit Skiern abzufahren, sein Bruder Bartek dokumentiert das Projekt – unter anderem mit einer Drohne.

Dank an Dan Mazur und Co.

Sandy Allen (l.) und Rick Allan 2012 am Nanga Parbat

Die ließ Bartek nun aufsteigen. Mit Hilfe der auf der Drohne montierten Kamera konnten Sandy, Andrzej und Bartek am 10. Juli die genaue Position Rick Allens ermitteln und nach Lager 3 funken. Ein siebenköpfiges Rettungsteam, bestehend  aus Bergsteigern des Expeditionsveranstalters „Summit Climb“, gelang es aufgrund der exakten Informationen, zu Rick aufzusteigen und ihn im Dunkeln nach Lager 3 zurückzubringen. „Dank Dan Mazur (Summit-Climb-Expeditionsleiter) und seiner Sherpas kehrte Rick am 12. Juli sicher ins Basislager zurück“, hieß es im Blog von Allens Expedition. „Nachdem ihn ein Arzt im Basislager untersucht hat, geht es Rick den Umständen entsprechend gut. Er hat ein paar oberflächliche Schnittwunden und eine Frostbeule.“

Die beiden Briten Sandy Allan und Rick Allen hatten im Sommer 2012 für einen Paukenschlag im Karakorum gesorgt.  Damals hatten sie als Erste den Gipfel des Nanga Parbat über den rund zehn Kilometer langen Mazeno-Grat erreicht. 18 Tage lang hatten sich Allan und Allen damals in sehr großer Höhe aufgehalten. Für ihren Coup waren sie 2013 mit dem Piolet d’Or geehrt worden, dem „Oscar  der Bergsteiger“.

Bielecki und Berg auf dem G II

Lager 3 am Gasherbrum II

Derweil werden weitere Gipfelerfolge aus dem Karakorum gemeldet: So erreichten nach polnischen Medienberichten am Montag der 35-jährige Pole Adam Bielecki und der 37 Jahre alte Deutsche Felix Berg den 8034 Meter hohen Gipfel des Gasherbrum II. „Es gelang uns, den Gipfel  zu überschreiten – wir erreichten ihn über die brüchige und erstaunlich schwierige Westwand und stiegen über die Normalroute (über den Südwestgrat) ab“, schrieb Adam auf Facebook. Ihre Teamgefährten Jacek Czech, ebenfalls aus Polen, und Boris Dedeshko aus Kasachstan hätten über die Normalroute aufsteigen wollen, seien aber auf 7500 bzw. 7800 Metern umgekehrt. Für Adam Bielecki war es der fünfte Achttausender, für Felix Berg nach Mount Everest (2004), Broad Peak (2014) und Cho Oyu (Frühjahr 2018) der vierte Erfolg an einem der 14 höchsten Berge der Welt.

Auch erster Saisonerfolg am Broad Peak

Am Broad Peak erreichte gestern ein zehnköpfiges Team des österreichischen Expeditionsveranstalters „Furtenbach Adventures“ nach eigenen Angaben den Gipfel auf 8051 Metern. Die Gruppe hatte in der vergangenen Woche einen ersten Versuch abgebrochen, weil zu dieser Zeit die Lawinengefahr noch zu groß gewesen war. Auch am K 2 haben inzwischen die ersten Gipfelversuche der Sommer-Saison begonnen.

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Biogas aus Fäkalien vom Everest https://blogs.dw.com/abenteuersport/biogas-aus-faekalien-vom-everest/ Sat, 28 Oct 2017 13:59:49 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=38307

Hier soll die Biogas-Anlage entstehen

Es gibt Dinge, die stinken zum Himmel – und das im wörtlichen Sinne. Etwa wenn sich in einer Frühjahrssaison im Basislager auf der nepalesischen Südseite des Mount Everest bis zu 1000 Bergsteiger, Hochträger, Köche, Küchenhelfer und anderes Personal zwei Monate lang erleichtern. Die seit Jahren kursierende Zahl von 12.000 Kilogramm Fäkalien, die dabei angeblich anfallen, erscheint mir eher niedrig gegriffen. Der Abtransport des menschlichen Abfalls aus dem Everest-Basislager ist – im Gegensatz zum Fäkalien-Problem in den Hochlagern – seit langem geregelt: Die Exkremente aus den Toilettenzelten der Expeditionen werden in Tonnen gesammelt und von so genannten „Shit portern“ talwärts getragen: bis 2014 ausschließlich nach Gorak Shep, der nächsten kleinen Siedlung, rund fünf Kilometer vom Basislager entfernt, inzwischen auch weiter nach unten. Dort werden die Fäkalien in Gruben gekippt und damit zu einer Gefahr für das Trinkwasser. Der Weltverband der Kletterer und Bergsteiger (UIAA) hat jetzt ein Umweltschutzprojekt ausgezeichnet, das einen wichtigen Beitrag leisten könnte, um das Problem in den Griff zu bekommen.

Geplanter Spatenstich im Frühjahr 2018

Projektleiter Garry Porter

Der „Mountain Protection Award 2017“ der UIAA geht an das “Mount Everest Biogas-Projekt”. Zwei US-Amerikaner, der Expeditionsleiter Dan Mazur und Garry Porter, ein früherer Ingenieur des Luftfahrtkonzerns Boeing, hatten das Projekt 2010 gegründet. In Gorak Shep sollen die Fäkalien in dichten Behältern gesammelt und für eine Biogas-Anlage genutzt werden. Die technische Herausforderung liegt darin, bei der teilweise extremen Kälte auf 5200 Meter Höhe die für den Faulbehälter nötige Temperatur aufrechtzuerhalten. Dieses Problem konnte offenbar gelöst werden. „Aus Ingenieurs- und Architektensicht ist unsere Konstruktion inzwischen ausgereift, und wir sind sehr zuversichtlich, dass die Anlage funktioniert,“ sagt Projektleiter Garry Porter. „Es wird höchste Zeit, die Theorie praktisch umzusetzen.“ Der Spatenstich ist für nächstes Frühjahr geplant – wenn bis dahin genug Geld zusammenkommt. Voraussichtlich im Winter 2018/19 wäre die Anlage in Gorak Shep dann einsatzbereit, und die Lodges könnten mit Biogas kochen statt wie bisher mit Holz oder Yak-Dung.

Fäkalienproblem nicht nur am Everest

Weitere Abnehmer der Technologie sollten sich auch in anderen Gebieten des Himalaya und Karakorum finden lassen. So hatte das Basislager zu Füßen des Achttausender Manaslu in dieser Herbstsaison Everest-Ausmaße. Auch dort dürften die Fäkalien-Tonnen voll gewesen sein – wenn denn der menschliche Abfall überhaupt abtransportiert worden ist.

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Dujmovits: „Geht auf die Everest-Nordseite!“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/dujmovits-geht-auf-die-everest-nordseite/ Fri, 06 May 2016 16:22:07 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=32569 Ralf Dujmovits

Ralf Dujmovits

Noch hat sich das Schönwetterfenster am Mount Everest nicht geöffnet. „Im Augenblick heftiger Schneefall im Basislager“, twitterte heute der US-Amerikaner Dan Mazur, Expeditionsleiter des Veranstalters Summit Climb von der nepalesischen Südseite des Bergs. „Hoch oben am Berg arbeiten unsere Sherpas. Sie tragen Flaschensauerstoff, Seile, Zelte, Lebensmittel.“ Auf der Nordseite stiegen die beiden US-Amerikaner Adrian Ballinger und Cory Richards heute bis auf eine Höhe von rund 7600 Metern auf. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass Cory und ich heute höher waren als alle anderen Menschen auf diesem Planeten“, schrieb Adrian auf Instagram. „Bedeutet das irgendetwas? Natürlich nicht. Aber es war ein besonderes Gefühl.“ Die beiden, die in diesem Frühjahr den Everest ohne Flaschensauerstoff besteigen wollen, kehrten zum Nordsattel zurück, „als es am Nachmittag so aussah, als ob die Wolken von Nepal nach Tibet ziehen“. Die Wetterfrösche erwarten für die nächsten Tagen weitere Schneefälle am Everest. Vielleicht greift ja der eine oder andere Bergsteiger in den Basislagern im Norden und Süden noch einmal zu Jon Krakauers Bestseller „In eisige Höhen“. Das dort beschriebene Unglück am Everest im Frühjahr 1996 jährt sich am kommenden Dienstag zum 20. Mal.

Ich habe über den Everest damals und heute mit Ralf Dujmovits gesprochen. Der 54-Jährige ist der erste und bisher auch einzige Deutsche, der auf allen 14 Achttausendern gestanden hat.

Ralf, du hast in diesem Jahr ein Everest-Sabbatjahr eingelegt. Wolltest du – wie viele andere auch – gucken, wie sich die ganze Situation rund um den Everest entwickelt?

Ich wollte nicht abwarten oder zuschauen. Ich musste einfach mal ein Jahr Pause machen, sonst wird das Ganze zur Arbeit. Ich war jetzt siebenmal am Everest. Sechsmal habe ich versucht, die Scharte von 1992 auszuwetzen, mit Flaschensauerstoff oben gewesen zu sein. Da muss man auch mal eine Pause einlegen und etwas anderes sehen. Ich freue mich jetzt auf den Sommer in Pakistan. (Ralf will sich mit seiner Partnerin, der Kanadierin Nancy Hansen, an einem noch unbestiegenen Siebentausender versuchen.)

Gefährlicher Khumbu-Eisbruch

Gefährlicher Khumbu-Eisbruch

Im Süden zwei Jahre ohne Gipfelerfolge, dazu die beiden Lawinenunglücke mit insgesamt 35 Toten – könnte die aktuelle Frühjahrssaison entscheidend dafür sein, wie es überhaupt am höchsten Berg der Erde weitergeht?

Ich glaube, es ist nicht unbedingt repräsentativ, was in diesem Frühjahr am Everest passiert. Trotz allem sehe ich den Vorteil, dass es diejenigen, die jetzt auf der Südseite unterwegs sind, mit deutlich weniger Bergsteigern zu tun haben. Damit ist die Gefahr geringer, dass man irgendwo im Stau steht. Ansonsten glaube ich, dass einige Veranstalter begriffen haben, dass die Südseite sehr gefährlich ist. Das wird sich auch mit dem Umlegen der Route durch den Khumbu-Eisbruch nicht ändern. Ich sollte natürlich als „Goodwill-Ambassador“ Werbung für Nepal machen. Ich mache das eigentlich auch sehr gerne. Aber beim Everest sage ich den Leuten ganz klar: Geht auf die tibetische Nordseite!

Glaubst du, dass dies die einzige Trendwende im Everest-Bergsteigen sein wird?

Ich denke, dass die Schere im Augenblick sehr weit aufgeht, preislich, organisatorisch und auch sicherheitstechnisch. Auf der einen Seite sehr günstige Angebote der nepalesischen Veranstalter, die inzwischen ein großes Potential von Kunden abschöpfen und teilweise auch Dumpingpreise anbieten. Auf der anderen Seite weiterhin die etablierten Veranstalter, die sehr hohe Sicherheitsstandards haben und auch entsprechende Preise verlangen. Ich glaube, dass sich Kunden künftig ihren Bedürfnissen entsprechend ein Programm zurecht stricken lassen. In diesem Bereich sind die nepalesischen Veranstalter eindeutig aktiver. Sie bieten ihren Kunden an: Wenn du willst, kannst du nur diesen oder jenen Service buchen, z.B. nur Basislagerverpflegung. Da müssen die westlichen Veranstalter noch dazulernen und sagen: Wir wollen weiterhin unsere hohen Sicherheitsstandards haben, werden aber trotzdem auf die Kunden zugehen und ihnen auch ermöglichen, in anderer Form am Berg unterwegs zu sein als nur komplett geführt, mit dem vollen Programm.

Windfahne vom Gipfel des Everest

Windfahne vom Gipfel des Everest

Stichwort Sicherheit. Am nächsten Dienstag jährt sich zum 20. Mal der Tag des Unglücks am Everest 1996, bei dem innerhalb von 24 Stunden während eines Sturms im Gipfelbereich acht Bergsteiger ums Leben kamen. Kann man die Zeit damals mit der heutigen überhaupt vergleichen?

Es hat sich unglaublich viel verändert. Der führende Veranstalter damals war Rob Hall mit Adventure Consultants. (Der Neuseeländer gehörte zu den Opfern des Unglücks.) Der Standard war für diese Zeit 1996 schon relativ hoch. Aber es fehlten damals noch sehr zuverlässige Wettervorhersagen. Dass man halb unwissentlich in schlechtes Wetter hineinläuft, sollte es eigentlich mit den doch inzwischen recht zuverlässigen Wetterberichten in diesem Ausmaß nicht mehr geben. Es haben sich jedoch andere Probleme ergeben, weil seit 1996 fast eine Vermassung stattgefunden hat. Damals waren pro Saison vielleicht, drei, vier, fünf Expeditionen unterwegs, heute sind es Dutzende. Das hat sich eher zum Nachteil verändert und kann zum Schaden der Gäste sein.

Neue Unglücke am Everest sind also nicht ausgeschlossen?

Es wird weiterhin Unglücke geben. Auch weil die globale Erwärmung nicht vor dem Everest halt macht. Es ist damit zu rechnen, dass die großen Eislawinen, die von links von der Everest-Westschulter oder von rechts vom Nutpse herunterkommen, weiterhin in den Khumbu-Eisbruch reindonnern. Damit bleibt der Eisfall gefährlich. Früher ging die Gefahr dort vor allem von der großen Bewegung des Eises aus. Seracs brachen zusammen. Spalten taten sich auf. Bergsteiger stürzten in die Tiefe, weil Leitern auseinandergerissen wurden. Diese Gefahr ist auf gleichem Niveau geblieben, aber die stark zunehmende Erwärmung wird für zusätzliches Gefahrenpotential sorgen.

Auch auf der Nordseite?

Das Eisschlagrisiko ist dort bei weitem nicht so hoch wie auf der Südseite.    

Noch einmal zurück zu deinen Everest-Plänen. Dass du in diesem Jahr nicht zum höchsten aller Berge reist, bedeutet aber nicht, dass du dieses Kapitel abgeschlossen hast, oder?

Ich werde jetzt erst einmal in diesem Sommer mit Nancy in Pakistan unterwegs sein. 2017 aber planen wir fest, noch einmal an den Everest zurückzukehren, auf die tibetische Seite. Wir werden aller Voraussicht nach versuchen, über die Messner-Traverse (Solo-Begehung 1980) ins Norton-Couloir hereinzukommen.

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15 Bergsteiger auf dem Gipfel des Manaslu https://blogs.dw.com/abenteuersport/15-bergsteiger-auf-dem-gipfel-des-manaslu/ Wed, 30 Sep 2015 18:09:40 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=30735 Manaslu (l.) und Pinnacle East (r.)

Manaslu (l.) und Pinnacle East (r.)

Die ersten Gipfelerfolge des Jahres am Manaslu werden vermeldet: Chhang Dawa Sherpa, Chef des nepalesischen Expeditionsveranstalters Seven Summit Treks, teilte mit, neun ausländische Bergsteiger und sechs Climbing Sherpas hätten heute Morgen den achthöchsten Berg der Erde bestiegen. Weitere Teams sind unterwegs nach oben und planen, den höchsten Punkt auf 8156 Metern am Donnerstag oder Freitag zu erreichen. Dan Mazur, Leiter des Teams von Summit Climb, meldete sich per Twitter aus Lager 4 auf 7450 Metern und verkündete, dass er diese Nacht Richtung Gipfel starten wolle. In Lager 4 hält sich auch Rainer Pircher von Amical Alpin auf. Amical-Chef Dominik Müller verbringt derweil die Nacht mit seinen Teammitgliedern in Lager 3 auf 6800 Metern und will am Donnerstag nach Lager 4 aufsteigen.

Einige Teams fanden: Zu riskant

Andere Teams wie jene von Himalayan Experience und Altitude Junkies hatten in den letzten Tagen ihre Expeditionen am Manaslu abgebrochen – unter Hinweis auf große Lawinengefahr in den oberen Bereichen der Route und auf eine problematische große Gletscherspalte unterhalb von Lager 4. Am Dienstag war es einer Gruppe von Sherpas gelungen, jene Spalte zu überwinden und Fixseile zu legen. Drückt allen, die noch am Berg sind, die Daumen!
Mehr als 100 Bergsteiger hatten in diesem Herbst Besteigungsgenehmigungen für den Manaslu beantragt. Damit war es wahrscheinlich der einzige Berg Nepals, an dem es nach dem verheerenden Erdbeben vom 25. April mit fast 9000 Toten halbwegs normal zuging.

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Erdbeben verwüstet Nepal, Lawine am Everest https://blogs.dw.com/abenteuersport/erdbeben-nepal-everest/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/erdbeben-nepal-everest/#comments Sat, 25 Apr 2015 16:10:31 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=29093 Everest-Südseite

Everest-Südseite

Die Zahl der Opfer des verheerenden Erdbebens in Nepal steigt stündlich – inzwischen über 1100. In der Hauptstadt Kathmandu, aber auch in den nahe gelegenen Städten Patan und Bhaktapur, stürzten viele Häuser und Gebäude ein, darunter auch jahrhundertealte Tempelanlagen. Die Erdstöße erreichten eine Stärke von 7,8 auf der Richterskala, das Zentrum des Bebens lag 80 Kilometer nordwestlich von Kathmandu. Mindestens zehn Bergsteiger kamen im Basislager zu Füßen des Mount Everest ums Leben, nachdem die Erdstöße eine gewaltige Lawine vom Pumori ausgelöst hat. Der Siebentausender liegt vis-a-vis dem höchsten Berg der Erde. Die Lage ist dramatisch.

Route durch den Eisbruch zerstört

„Ein riesiges Unglück”, twitterte der rumänische Bergsteiger Alex Gavan. „Ich habe dabei geholfen, Opfer in dem riesigen Lawinenkegel zu suchen und zu bergen. Viele Tote. Noch mehr schwer Verletzte. Weitere werden sterben, wenn nicht so schnell wie möglich Hubschrauber kommen.“ Das Ärzteteam im Basislager hat nach eigenen Worten alle Hände voll zu tun: „Viele unserer Freunde im Basislager sind schwer verletzt worden oder ums Leben bekommen.“ In Lager 1 und 2 auf über 6000 Metern sitzen zahlreiche Bergsteiger fest. Die Route durch den Khumbu-Eisbruch sei zerstört, twitterte Dan Mazur, ein Expeditionsleiter aus den USA.

Bergsteiger in Tibet wohlauf

Auf der tibetischen Nordseite des Everest scheinen die Erdstöße weitgehend folgenlos geblieben zu sein. „Das Beben war im Basislager deutlich spürbar, es ereigneten sich kleinere Bergstürze und Gerölllawinen“, schreibt der deutsche Bergsteiger Luis Stitzinger. „Zu Schaden kam niemand. Uns geht es gut und im Basislager sind alle wohlauf!“ Entwarnung gab auch der deutsche Expeditionsleiter Thomas Lämmle vom ebenfalls in Tibet gelegenen Achttausender Cho Oyu: „Wir waren auf dem Weg nach Lager 1 in der Mitte des Tals, als wir von dem Erdbeben durchgeschüttelt wurden. Lawinen wurden ausgelöst, aber niemand verletzt. Das vorgeschobene Basislager wurde nicht von Lawinen getroffen. Am Cho Oyu sind alle Expedition unversehrt geblieben. “ – Hier ein Bericht des indischen Bergsteigers Arjun Vajpai aus dem Basislager am Makalu:

Auf der Nahtstelle

Das Erdbeben in Nepal war das schwerste seit dem 15. Januar 1934, als im Kathmandu-Tal nach Erdstößen der Stärke 8,4 auf der Richterskala etwa 8500 Menschen ums Leben gekommen waren. Damals zählte die Stadt jedoch nur rund 300.000 Einwohner, die meisten lebten in flachen Lehmziegel-Hütten. Heute beherbergt die Hauptstadt etwa drei Millionen Menschen. Die meisten wohnen in Betonhäusern, die von westlichen Baustandards Welten entfernt sind. Kathmandu, rund 250 Kilometer südwestlich des Mount Everest, liegt ziemlich genau an der Nahtstelle der indischen und der eurasischen Platte. Statistisch wird Nepal alle 70 bis 80 Jahre von einem heftigen Erdbeben erschüttert.

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Everest-Shitstorm https://blogs.dw.com/abenteuersport/everest-shitstorm/ Tue, 03 Mar 2015 19:05:23 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=28621 Zeltdorf am Südsattel

Zeltdorf am Südsattel

Der „Herr der Düfte“. So hieß ein Artikel, den ich vor mehr als 20 Jahren einer Zeitschrift anbot, die sich an (werdende und schon) Eltern richtete. Zu jener Zeit wickelten meine Frau und ich gleich drei Kinder. Die Müllmänner drohten einmal sogar damit, unsere mit Windeln prall gefüllte Tonne stehen zu lassen, weil sie nicht nur stank, sondern auch noch sauschwer war. Unter dem Eindruck mehrerer übelriechender Windelladungen schrieb ich eines Tages besagten launigen Artikel über die Leiden eines wickelnden Vaters. Er wurde niemals veröffentlicht. „Lustig, aber zu anrüchig“, antwortete mir der Chefredakteur der Zeitschrift. Mittlerweile scheint die Öffentlichkeit weniger zart benast zu sein. Eine Äußerung von Ang Tshering Sherpa, dem Präsidenten des Nepalesischen Bergsteigerverbands, über das Fäkalien-Problem in den Hochlagern am Mount Everest sorgt jedenfalls derzeit im Internet für einen regelrechten „Shitstorm“.

Die Masse macht‘s

„Gewöhnlich graben die Bergsteiger einfach Löcher in den Schnee, um sich zu erleichtern, und dann lassen sie ihre Fäkalien dort“, sagte Ang Tshering vor Reportern in Kathmandu. Das wäre an sich noch kein Riesenproblem, doch im konkreten Fall Everest wird es durch die Masse zu einem. Schließlich erleichtern sich in einer Frühjahrssaison in den Hochlagern am höchsten Berg der Erde etwa 700 Bergsteiger. Schon auf der Jahrestagung der asiatischen Bergsteigerverbände im November 2014 in Hiroshima hatte Ang Tshering die ungelöste Fäkalienfrage als „eines der größten Probleme an den beliebtesten Bergen“ bezeichnet.

Verschließbare Beutel und Astronauten-Kost

Toilettenzelt (nicht am Everest, sondern am Kokodak Dome)

Toilettenzelt (nicht am Everest, sondern am Kokodak Dome)

„Es ist eine Gefahr für die Gesundheit, das Problem muss angegangen werden“, sagt auch Dawa Steven Sherpa, der Sohn Ang Tsherings. Seit 2008 leitet Dawa Steven die so genannten Eco-Everest-Expeditionen, die sich nicht nur Gipfelerfolge, sondern auch Umweltschutz auf die Fahne geschrieben haben. Dawa legt seinen Kunden nahe, in den Hochlagern umweltfreundliche, verschließbare Fäkalienbeutel zu nutzen, und diese dann wieder mit zurück ins Basislager zu bringen. Hilfreich könnte auch sein, sich am Berg von einer Art flüssiger Astronauten-Kost zu ernähren, die sehr kalorienreich ist, jedoch für wenig Stuhlgang sorgt. Solche speziell für Expeditionen entwickelte Produkte – z.B. Peronin (mit dem ich selbst am Kokodak Dome gute Erfahrungen machte) – sind bereits auf dem Markt.

Biogas aus Basislager-Fäkalien?

Gorak Shep

Gorak Shep

Im Basislager auf der Südseite des Mount Everest ist die Entsorgung seit vielen Jahren zumindest geregelt. Die Fäkalien aus den Toilettenzelten – pro Saison kommen etwa 12.000 Kilogramm zusammen – werden in Tonnen gesammelt und von so genannten „Shit portern“ talwärts getragen, etwa nach Gorak Shep, der etwa fünf Kilometer entfernten, nächsten kleinen Siedlung. Dort werden die Exkremente in Gruben gekippt – eine Gefahr für das Trinkwasser. Zwei US-Amerikaner, der Expeditionsleiter Dan Mazur und der Ingenieur Garry Porter, wollen dieses Problem lösen. In dichten Behältern sollen die Fäkalien gesammelt und für eine Biogas-Anlage genutzt werden. Das 2010 gegründete Projekt steht vor der Testphase.

P.S.: Das Fäkalien-Problem ist natürlich nicht nur auf die Südseite des Mount Everest beschränkt. Ralf Dujmovits erzählte mir einmal, dass er auf der tibetischen Seite in Lager 1 am Nordsattel wegen des überall herumliegenden Kots Mühe hatte, einen sauberen Platz für sein Zelt zu finden.

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Viele Fragezeichen vor Frühjahrssaison am Everest https://blogs.dw.com/abenteuersport/viele-fragezeichen-vor-der-fruehjahrssaison-am-everest/ Fri, 09 Jan 2015 12:33:34 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=28025 Südseite des Mount Everest

Südseite des Mount Everest

The same Everest procedure as every year? Wohl kaum, doch eine belastbare Prognose fällt schwer. „Es scheint, als ob weniger Leute auf Expedition oder Trekking nach Nepal gehen“, antwortet mir der Neuseeländer Russell Brice auf meine Frage, ob das Lawinenunglück am Karfreitag 2014 und der spätere Abbruch aller großen Expeditionen auf der Südseite des Mount Everest Auswirkungen auf die diesjährige Frühlingssaison am höchsten Berg der Erde hat. „Offenbar wollen mehr Bergsteiger auf die Nord- als auf die Südseite“, ergänzt der Chef des Expeditionsveranstalters Himalayan Experience. Dennoch hat Brice sein eigenes Angebot einer Everest-Expedition in Tibet zurückgezogen und will auch in diesem Jahr seine Kunden von Nepal aus aufsteigen lassen.

Weniger los auf der Südseite?

Der Veranstalter SummitClimb bietet Expeditionen auf der Nord- und der Südseite des Bergs an. „Es sieht aus, als ob sich 2015 mehr unserer Kunden für einen Aufstieg über die tibetische Seite des Everest interessieren als für den über die nepalesische“, schreibt mir der US-Amerikaner Dan Mazur, der SummitClimb 1987 gründete und beinahe jährlich kommerzielle Everest-Expeditionen leitet. „Das Ergebnis könnte sein, dass die Leute, die sich für die nepalesische Seite entscheiden, von dieser Entwicklung profitieren, weil es unter Umständen dort weniger überfüllt sein wird als in früheren Jahren.“ Auffällig sei auch das größere Interesse an einer von SummitClimb angebotenen Everest-Expedition im Herbst, nach dem Monsun.

Leichte Verunsicherung spürbar

Der britische Everest-Anbieter Tim Mosedale ist sich nicht sicher, ob er im nächsten Frühling ohne die Ereignisse des Vorjahrs am Everest wirklich mehr Kunden hätte, räumt aber ein, dass es „eine leichte Verunsicherung“ gebe: „Die Leute wollen hören, dass es gar nicht so schlimm ist.“ Simone Lowe, Chef des britischen Expeditionsveranstalters Jagged Globe, sieht „keinen nennenswerten Unterschied“ zum Vorjahr, was das Interesse seiner Kunden am Everest betrifft. „Es kann schon sein, dass die Leute besorgt sind, aber eher in der Weise, dass sie eine neuerliche Tragödie fürchten – egal wo am Berg.“

Preis entscheidet

Nordseite des Mount Everest

Die tibetische Nordseite

Dominik Müller, Chef des deutschen Veranstalters Amical alpin, leitet in diesem Frühjahr eine Everest-Expedition auf der tibetischen Seite des Bergs. „Wir haben nicht weniger oder mehr Anfragen für den Everest als die Jahre zuvor“, sagt Dominik. „Sicherlich werden einige sich überlegt haben, an die Nordseite zu gehen – ich denke aber, ganz unabhängig von den Geschehnissen 2014. Letzten Endes spielen die Bedingungen am Berg die ausschlaggebende Rolle.“ Dominik erwartet, dass sich ein Trend erst in den nächsten Jahren herauskristallisieren wird. Letztendlich werde der Preis entscheiden: „Wenn China seine Preispolitik weiter verfolgt und jedes Jahr deutlich teurer wird, werden sich einige Veranstalter überlegen, wieder auf die Südseite zu wechseln oder eben dort zu bleiben und nicht auf die Nordseite zu wechseln.“ Der DAV Summit Club blies nach Angaben von Produktmanager Christoph Schnurr seine für dieses Frühjahr angesetzte Everest-Expedition in Tibet ab. Der Grund: Zu wenige Teilnehmer.

„Launisches Getue“

Der US-Anbieter Peakfreaks hat aus anderen Gründen für dieses Jahr die Reißleine gezogen und seine ursprünglich geplante Everest-Expedition in Nepal abgesagt. Der Veranstalter verweist unter anderem auf das „launische Getue der lokalen Regierung und schwammige Aussagen über mögliche Änderungen der Regeln für Bergsteiger-Permits“. Ein unhaltbarer Zustand, findet auch Ang Tshering Sherpa, Präsident des Nepalesischen Bergsteigersverbands (NMA): „Weniger als 90 Tage bleiben noch bis zum Beginn der Klettersaison, und es liegt in der Verantwortung der Regierung, so schnell wie möglich alle Unklarheiten zu beseitigen.“

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