Rolwaling – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Die höchste Skischule der Welt https://blogs.dw.com/abenteuersport/die-hoechste-skischule-der-welt/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/die-hoechste-skischule-der-welt/#comments Thu, 25 Aug 2016 15:42:47 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=33541 Skikurs in Nepal

Skikurs in Nepal

Sie werden höchstwahrscheinlich nicht die elegantesten Skifahrer am Mera Peak sein, aber an Motivation und Begeisterung wird es ihnen ganz sicher nicht fehlen. Sechs nepalesische Bergführer haben sich vorgenommen, im September von dem 6476 Meter hohen „Trekkinggipfel“ in Nepal abzufahren. Begleitet werden sie von zwei Skilehrern aus Europa, dem Deutschen Julius Seidenader und dem Österreicher Michael Moik. Das Ungewöhnliche daran: Die Nepalesen standen im Februar zum ersten Mal auf Skiern. „Ich traue es ihnen zu, dass sie mit uns herunterfahren können“, sagt Julius.

Jugendlicher Leichtsinn

Ihre erste Erfahrung an einem Fast-Sechstausender haben diese nepalesischen Bergführer schon hinter sich. Nach dem dreiwöchigen Skitraining im Februar nahe dem Dorf Naa auf 4200 Metern im Rolwaling stiegen sie mit Tourenski auf den 5925 Meter hohen Ramdung Go und fuhren vom Gipfel ins Tal. „Die haben das super gemacht“, erzählt mir Julius, der gemeinsam mit nepalesischen Freunden den Skikurs auf die Beine gestellt hatte. „Es war sicher auch eine Portion jugendlicher Leichtsinn dabei. Nach drei Wochen Skifahren gleich den ersten Sechstausender zu machen, ist schon eine Ansage. Aber sie haben sich nichts gebrochen, und alle sind gut heruntergekommen.“

Total motiviert

Julius Seidenader

Julius Seidenader

Der 24-Jährige gehört zu den Gründungsmitgliedern der „Ski and Snowboarding Foundation Nepal“, die sich das Ziel gesetzt hat, jungen Nepalesen das Skifahren, Snowboarden und Skitourengehen beizubringen. „Ich bin kein verrückter Europäer, der den Nepalesen seine Ideen aufzwingt“, stellt Julius klar. „Es war eine nepalesische Idee, und sie soll auch dort umgesetzt werden. Die Jungs und Mädels sind total motiviert.“ Sein nepalesischer Freund Utsav Pathak, der in Kathmandu Tourismus studiert, sei mit der Idee an ihn herangetreten. „Wir wollten mit Jugendlichen zusammenarbeiten, auch Mädels auf die Ski und Snowboards bringen, das gab es noch nie in Nepal.“ Und so standen im Februar bei mäßigen Schneebedingungen im Rolwaling rund 30 junge Nepalesinnen und Nepalesen unter Anleitung von fünf Skilehrern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz erstmals auf den Brettern. „Die erste Skischule Nepals und die höchste der Welt“, jubelten die Macher des Projekts. Das Material dafür, 25 Paar gebrauchte Ski und vier Snowboards, stammten aus Spenden.

Nepalesen wollen als Skiguides arbeiten

Die jungen Leute träumen davon, einen neuen Tourismuszweig für Nepal zu erschließen. „Wir wollen keinen Ski-Alpinismus wie hier in Europa mit Skiliften und Skikanonen“, sagt Julius, der aus München stammt und jetzt in Wien studiert. „Wir streben einen sanften Tourismus an und setzen auf Skitouren.“ Fernziel sei es, Nepalesen zu Skilehrern auszubilden und auch den einheimischen Bergführern entsprechende Fähigkeiten zu vermitteln. „Die Nepalesen finden es cool, wenn sie langfristig als Skiguides arbeiten können“, berichtet Seidenader.

Schon jetzt gibt es Angebote von Skiexpeditionen in Nepal, etwa am Mera Peak. Doch die werden nicht von einheimischen, sondern ausländischen Bergführern mit Skierfahrung geleitet. Möglichkeiten für Skitouren gebe es viele in Nepal, etwa im Dolpo im Westen des Landes, doch dort fehle noch die nötige Infrastruktur, sagt Julius: „Wir brauchen ein wenig Sitzfleisch und Geduld“ – und Geld. Die „Ski and Snowboarding Foundation Nepal“ sammelt im Internet für ihr Projekt.

Bevor Julius im September erneut nach Nepal fliegt, wird er noch einen Zwischenstopp in Dubai einlegen. Der Leiter der dortigen Skihalle hat sich ihm gemeldet: „Er sagte, es gebe schon nepalesische Skilehrer: bei ihm in der Halle. Und die hätten auch Lust, ein paar Wochen im Jahr in einer Skischule in Nepal zu arbeiten. Für lau!“

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Mingma Sherpa: „Es war mein schlimmster Fehler“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/mingma-sherpa-es-war-mein-schlimmster-fehler/ Mon, 02 Nov 2015 15:10:08 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=31021 Mingma beim Anstieg auf den Chobutse

Mingma beim Anstieg auf den Chobutse

Keine Spur von Euphorie. Am Mittwoch vergangener Woche erreichte Mingma Gyalje Sherpa – wie hier berichtet – im Rolwaling-Tal in Nepal gegen 17 Uhr Ortszeit den 6685 Meter hohen Gipfel des Chobutse: erstmals über die Westwand und im Alleingang. Ein neuer Meilenstein in der Geschichte des Sherpa-Bergsteigens. Doch anstatt sich ausgelassen über seinen Coup zu freuen, ist der 29-Jährige einfach nur froh, seine Solo-Besteigung überlebt zu haben.

Mingma, du hast schon den Mount Everest, den K 2 und fünf andere Achttausender bestiegen. Wie groß war die Herausforderung bei deiner Solo-Besteigung des Chobutse?

Ich habe den Everest mit Flaschensauerstoff und die anderen sechs Achttausender ohne Atemmaske bestiegen. Dabei kletterte ich jeweils mit Teamgefährten und auf Routen, die mit Fixseilen gesichert waren. Bei einem Alleingang gibt es kein Fixseil und auch keinen Partner, der dich retten kann, wenn du einen Fehler machst. Ein Fehler bedeutet das Ende deines Lebens. Deshalb ist eine Solobesteigung an sich schon eine Herausforderung. Ich habe drei Jahre mit mir gerungen, ehe ich mich für den Solo-Aufstieg entschied. Jetzt habe ich ihn durchgezogen. Den Chobutse zu besteigen, war meine schlechteste Entscheidung und mein schlimmster Fehler. Ich hätte fast mein Leben verloren. Nach meinem Gipfelerfolg verbrachte ich zwei Nächte und Tage ohne Essen, Wasser und Zelt. Zwei bedrohliche Nächte und einen Tag lang verharrte ich im Whiteout an derselben Stelle in der Wand und wartete darauf, dass das Wetter endlich aufklarte. Das einzige, was mich zufrieden macht, ist, dass ich es bis auf den Gipfel geschafft habe, obwohl es die härteste Klettertour meines Lebens war.

Chobutse

Chobutse

Innerhalb eines Monats haben du und deine Sherpa-Freunde zwei ambitionierte Projekte vollendet: Erst eine Trilogie von Erstbesteigungen durch ein Team, das nur aus Sherpas bestand, und dann deine erste Solobesteigung durch einen nepalesischen Kletterer. Welche Botschaft wollt ihr damit in die Bergsteiger-Welt senden?

Erstens leidet Nepal seit dem Erdbeben an einer Wirtschaftskrise, und der Tourismus ist die Haupteinnahmequelle des Landes. Weniger Touristen heißt, dass wir leiden. Deshalb war es unser Hauptziel, die Nachricht zu verbreiten, dass Nepal wieder ein sicheres Land ist, um dort auf Trekkingtour oder bergsteigen zu gehen. Dies nur in den sozialen Netzwerken oder auf Internetseiten zu verbreiten, reicht nicht aus, weil es zu wenige Menschen glauben. Deshalb dachten wir, es wäre eine gute Idee, die Botschaft mit Aktion am Berg zu belegen. Wir planten die Projekte in der ersten Septemberwoche und setzten sie dann im Oktober um.
Zweitens wollten wir unter den Jugendlichen in Nepal das Interesse für das Bergsteigen wecken. Normalerweise arbeiten nepalesische Bergsteiger für ausländische Bergsteiger, aber das ändert sich gerade. Wir klettern auch für uns selbst. Man kann sagen, wir machen den Beruf zum Hobby.
Drittens stammen wir alle aus dem Rolwaling-Tal in Nepal. Das Rolwaling ist eine sehr entlegene Gegend ohne Strom, Verkehrswege, Schule und Krankenstation. Normalweise lebten dort mehr als 300 Menschen, jetzt sind es nur noch ungefähr 50. Wenn sich nichts ändert, wird das Tal in zehn Jahren menschenleer sein. Wegen der schwierigen Lebensverhältnisse wandert die Bevölkerung in die Haupstadt ab. Unser Anliegen ist es, das Rolwaling-Tal bekannter zu machen. Es gibt dort tolle Plätze zum Eis- und Felsklettern. Wenn das Tal bekannter wird, wollen es auch mehr Leute besuchen. Das bedeutet mehr Arbeitsmöglichkeiten. Wir hoffen, dass die Einheimischen dann auch wieder zurückkehren.

Empfindest du, dass viele westliche Bergsteiger einen falschen Eindruck von den Sherpas haben und dass sich ihr Verhalten den Sherpas gegenüber ändern müsste?

Zweifellos haben westliche Bergsteiger einen guten Eindruck von den Sherpas. Andernfalls würden sie keine Sherpas anheuern, um sicher zu klettern. Die Nachfrage steigt. Heute laden viele westliche Bergsteiger Sherpas aus Nepal ein, mit ihnen in den Alpen, in Pakistan oder sonstwo zu klettern.

Du leitest auch ein Unternehmen, das Expeditionen veranstaltet. Ist es schwierig für dich, das Geschäft und deine eigenen sportlichen Ziele als Bergsteiger unter einen Hut zu bringen?

Ich führe das Unternehmen Dreamers‘ Destination. Aber meistens bin ich in den Bergen unterwegs und leite Expeditionen. Meine Leute glauben an mich und daran, mit mir zu klettern, deshalb muss ich einfach in die Berge. Ich wähle meine Ziele und bedenke gleichzeitig das Geschäft. Und ich habe Angestellte, die sich um das Unternehmen kümmern, wenn ich unterwegs bin. Insofern habe ich keine Probleme.

Wie sehen deine nächsten Pläne aus?

Eigentlich wollte ich versuchen, den Nanga Parbat erstmals im Winter zu besteigen. Aber nach meiner Solobesteigung weigern sich meine Eltern, mich dorthin gehen zu lassen. Deshalb werde ich im April und Mai 2016 eine Expedition zum Kangchendzönga leiten. Ich habe ihn schon 2013 bestiegen. Deshalb haben mich ein paar Freunde gebeten, auch 2016 wieder eine Expedition dorthin zu leiten. Anschließend werde ich im Juni und Juli zum Nanga Parbat und Gasherbrum reisen, um weitere Achttausender zu besteigen, die noch in meiner Sammlung fehlen.

Gibt es einen aktuellen oder früheren Bergsteiger, den du als Vorbild siehst?

Ich bin ein großer Fans meines Cousins Lopsang Jangbu Sherpa, der bei der Everest-Expedition von Scott Fischer im Frühjahr 1996 Bergführer war. (Lopsang versuchte, den entkräfteten Fischer vom Südgipfel herunterzubringen, konnte ihn aber nicht dazu bewegen aufzustehen.) Er bestieg den Everest viermal, dreimal ohne Flaschensauerstoff. Er war damals sehr bekannt. Wenn er heute noch leben würde (Lopsang starb im September 1996 in einer Lawine am Everest), hielte er sicher viele Rekorde am Everest. Die Menschen reden immer noch über ihn und seine Leistungen in jener Zeit.

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Sherpa-Zeitenwende https://blogs.dw.com/abenteuersport/sherpa-zeitenwende/ Sat, 31 Oct 2015 19:16:59 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=30999 Mingma Sherpas geplante Route am Chobutse

Mingma Sherpas geplante Route am Chobutse

Der nächste Sherpa-Coup im Himalaya, wieder im Rolwaling-Tal. Nachdem Anfang des Monats Nima Tenji Sherpa, Tashi Sherpa und Dawa Gyalje Sherpa – wie berichtet – innerhalb von drei Tagen drei Sechstausender erstbestiegen hatten, gelang Mingma Gyalje Sherpa jetzt eine spektakuläre Solo-Besteigung. Der 29-Jährige erreichte nach eigenen Angaben im Alleingang den 6685 Meter hohen Gipfel des Chobutse (manchmal auch Tsoboje genannt) und kletterte dabei erstmals durch die Westwand. Dabei verbrachte er nach eigenen Angaben zwei kalte Biwaknächte in der Wand und zog sich Erfrierungen am Bein zu. Der Chobutse war im Frühjahr 1972 von den deutschen Bergsteigern Wolfgang Weinzierl, Peter Vogler, Gustav und Klaus Harder erstmals bestiegen worden, über den Nordostgrat. Mehrere Versuche in der Westwand waren gescheitert.

Auf sieben Achttausendern

Mingma Gyalje Sherpa

Mingma Gyalje Sherpa

Mingma Gyalje Sherpa ist im Rolwaling aufgewachsen. Er leitet in Kathmandu den nepalesischen Expeditionsveranstalter Dreamers‘ Destination und gehört zu den stärksten Bergsteigern Nepals. Die Liste seiner Gipfelerfolge ist lang. Viermal stand er auf dem Mount Everest, je zweimal erreichte er den Gipfel über die tibetische Nord- (2007, 2010) und die nepalesische Südseite (2011, 2012). Sechs weitere Achttausender hat Mingma bestiegen: gleich dreimal den Manaslu, dazu Lhotse, Cho Oyu, Kangchendzönga, K 2 und Annapurna. An den Sechstausendern Cheki-Go und Bamongo eröffnete er anspruchsvolle neue Routen.

Bergsteiger aus Leidenschaft

Den Solo-Aufstieg auf den Chobutse bezeichnete der 29-Jährige schon vorher als „bisher wichtigsten meines Lebens“. Es habe noch nie eine Solobesteigung durch einen nepalesischen Bergsteiger gegeben, schrieb Mingma: „Sherpas sind als harte Arbeiter im Himalaya bekannt. Die Zeiten ändern sich. Jetzt gibt es viele nepalesische Kletterer, die nur für sich selbst bergsteigen.“ Auch der Schweizer Topbergsteiger Ueli Steck hatte kürzlich von den starken jungen Sherpa-Kletterern geschwärmt. „Es ist schön zu sehen, wie eine ‚neue‘ Generation Sherpas heranwächst, die sich wirklich fürs Bergsteigen interessieren und nicht nur fürs Business“, sagte Ueli. „Ich denke, das ist genial!“ Finde ich auch.

P.S.: Ueli Steck ist inzwischen aus Nepal ins Berner Oberland zurückgekehrt – nach einem auf 6900 Metern abgebrochenen Versuch in der Nuptse-Südwand. „Die Winde waren zu stark. Auf 7000 Metern lag zudem sehr viel verwehter Schnee. Es war aussichtlos“, schreibt mir Ueli.

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Sherpa-Trio schafft Trilogie https://blogs.dw.com/abenteuersport/trio-schafft-trilogie/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/trio-schafft-trilogie/#comments Tue, 06 Oct 2015 14:40:27 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=30791 Der Cho-Rolpa-Gletschersee im Rolwaling

Der Cho-Rolpa-Gletschersee im Rolwaling

Wer schon einmal mit Sherpas auf Berge gestiegen ist, weiß: Unter ihnen gibt es viele leistungsstarke, richtig gute Bergsteiger, die manchen westlichen Kletterer alt aussehen lassen. Kein Wunder, dass bei sehr vielen Erstbesteigungen der höchsten Berge der Welt im Himalaya und Karakorum Sherpas zu den erfolgreichen Gipfelteams gehörten – wie Tenzing Norgay 1953 am Mount Everest, Pasang Dawa Lama 1954 am Cho Oyu oder Gyalzen Norbu 1956 am Manaslu.  Stets jedoch an der Seite ausländischer Bergsteiger. Das hat sich jetzt geändert.

Im Alpinstil

Dawa Gyalje Sherpa (l.) und Tashi Sherpa

Dawa Gyalje Sherpa (l.) und Tashi Sherpa

Nima Tenji Sherpa, Tashi Sherpa und Dawa Gyalje Sherpa erreichten innerhalb von nur drei Tagen im Rolwaling Himal gleich drei bisher unberührte Sechstausender- Gipfel. Am Sonntag gelang dem Sherpa-Team im Alpinstil die Erstbesteigung des Raungsiyar (6224 Meter), am Montag ließen die drei Sherpas jene des Langdak (6220 Meter) folgen, und heute komplettierte das Trio die Trilogie mit dem Thakar-Go East (6152 Meter). Eine bemerkenswerte Leistung – die jedoch bei einem Blick auf die Bergsteiger-Vitae der drei Sherpas kaum überrascht.

Tolle Aussicht

Nima Tenji

Nima Tenji

Zusammen bringt es das Sherpa-Trio nämlich auf 23 Besteigungen des Mount Everest und elf anderer Achtausender. Tashi erreichte neunmal den höchsten Punkt der Erde, Dawa Gyalje achtmal und Nima Tenji siebenmal. Alle drei leben im Rolwaling-Gebiet, die Erstbesteigungen gelangen ihnen also quasi vor der Haustür. Der Raungsiyar, der Langdak und der Thakar-Go East standen auf einer Liste von 104 Bergen, die die nepalesische Regierung im Frühjahr 2014 für Bergsteiger freigegeben hatte. Die von drei Sherpas erstbestiegenen Sechstausender dürften auch für kommerzielle Veranstalter interessant sein. Expeditionsleiter Nima Tenji bezeichnete den Langdak als „schönsten Aussichtspunkt“, den er je bestiegen habe. Vom Gipfel aus könne man gleich sechs Achttausender bestaunen: Everest, Lhotse, Makalu, Cho Oyu, Shishapangma und Kangchendzönga.

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Temba Tsheri Sherpa: „Die Menschen haben immer noch Angst“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/interview-temba-tsheri-sherpa-erdbeben/ Wed, 27 May 2015 11:22:43 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=29673 Temba Tsheri Sherpa

Temba Tsheri Sherpa

Als Temba Tsheri den Gipfel des Mount Everest erreichte, war er gerade einmal 16 Jahre und 14 Tage alt.  Der nepalesische Schüler aus dem Rolwaling-Tal hatte sich einem französischen Team angeschlossen, das von der tibetischen Nordseite auf den Gipfel des Everest kletterte. Damals, im Jahr 2001, war er der jüngste Bergsteiger aller Zeiten auf dem höchsten Berg der Erde. (Neun Jahre später wurde er vom 13-jährigen US-Amerikaner Jordan Romero abgelöst.) Bereits im Frühjahr 2000 hatte Temba versucht, den Everest von der Südseite aus zu besteigen. Kurz unterhalb des Gipfels hatte er umkehren müssen, weil ihn ein Stau am Hillary-Step zu viel Zeit gekostet hatte. Er bezahlte das Abenteuer mit dem Verlust von fünf Fingern, an denen er sich Erfrierungen zugezogen hatte.

Später studierte Temba Tsheri Sherpa an der Universität der chinesischen Stadt Wuhan, anschließend machte er sich selbstständig und organisierte Expeditionen. Als am 25. April das verheerende Erdbeben Nepal traf, war er Geschäftsleiter von „Dreamers Destination“, einem Veranstalter in Kathmandu, der gerade mit einer großen Expeditionsgruppe am Everest war. Die riesige Lawine, die durch die Erdstöße am Pumori ausgelöst wurde und das Everest-Basislager traf, kostete drei von Tembas ausländischen Kunden und zwei seiner nepalesischen Mitarbeiter das Leben. Ich habe den 30 Jahre alten Sherpa nach der Lage in seinem Heimatland einen Monat nach dem Erdbeben gefragt.

Temba, wie sieht deine persönliche Bilanz der Erdbebenkatastrophe aus?

Ich blicke zum ersten Mal in meinem Leben einer solchen Katastrophe ins Auge. Ich habe es mir niemals vorstellen können. Wir haben zwei Häuser verloren, eines im Dorf Tashinam-Gauri Shankar, in dem ich geboren wurde, und eines in Jagat, wo meine Eltern ein kleines Gasthaus für Trekkingtouristen betrieben. Zusätzlich habe ich mein Geschäft verloren, meine Freunde und Kunden im Everest-Basislager. Ich habe die komplette Ausrüstung verloren, für die wir fünf Jahre lang hart gearbeitet hatten.

Das Basislager nach der Lawine vom Pumori

Das Basislager nach der Lawine vom Pumori

Was bedeutet das für deine Zukunft und für jene deines Unternehmens „Dreamers Destination”?

Ich habe ein wenig Sorgen, dass Trekkingtouristen und andere Reisende befürchten könnten, dass Nepal kein sicheres Reiseziel mehr ist. Aber ich bin sicher, dass sich alles wieder zum Guten wendet. Wir haben immer noch viele Dinge anzubieten, die Touristen genießen können.  Jetzt ist unser kleines Land noch bekannter geworden, die Menschen wissen nach der Katastrophe mehr über Nepal. Deshalb bin ich mir sicher, dass noch mehr Leute hierher kommen wollen. Aber für „Dreamers Destination” arbeite ich nicht mehr. Aus persönlichen Gründen.

Du lebst in Kathmandu, aber du kommst aus dem Rolwaling-Tal und hast Kontakt zu Menschen überall im Land. Wie ist die Lage einen Monat nach dem verheerenden Erdbeben?

Die Menschen haben immer noch Angst, deshalb leben sie draußen in Zelten. Tag für Tag spüren wir die Erdstöße, weiterhin fallen Gebäude in sich zusammen, immer noch sterben Menschen. Die Straßen sind blockiert. Meine Familienmitglieder, die im Dorf leben, haben bisher keine ausreichende Hilfe erhalten. Bald geht ihnen das Essen aus. Sie sind wirklich besorgt, weil der Monsun vor der Tür steht.

Zerstörtes Haus in Sangachok

Zerstörtes Haus in Sangachok

Kommt die Hilfe dort an, wo sie am meisten gebraucht wird? Und wenn nicht, warum?

Ehrlich gesagt, habe ich keine Zeit gehabt, mich intensiv mit den Hilfsaktionen zu beschäftigen, weil ich zu viel mit dem Everest zu tun hatte. Ich musste mich um die Verletzten kümmern, die ganze Angelegenheit regeln, damit bin ich immer noch beschäftigt. Aber natürlich höre ich einiges über die Hilfsaktionen. Ich weiß, dass es viele INGOs (Internationale Nicht-Regierungsorganisationen) und NGOs (Nicht-Regierungsorganisationen) gibt, die helfen wollen. Aber das können sie nur dort, wo ihnen Fahrzeuge zur Verfügung stehen, um die vom Beben betroffenen Orte zu erreichen und ihre Hilfsgüter zu transportieren. Einige Leute verschaffen sich einen Vorteil: Sie horten Geld und Hilfsgüter und verteilen sie an ihre Familien.

Im vergangenen Jahr endete die Bergsteiger-Saison am Everest, nachdem bei einer Lawine im Khumbu-Eisbruch 16 Nepalesen ums Leben gekommen waren. In diesem Jahr war vorzeitig Schluss, weil eine durch das Beben ausgelöste Lawine das Basislager traf und 19 Menschen tötete. Kein Bergsteigen, das bedeutet auch kein Einkommen für viele Familien. Wie ist die Stimmung unter den Sherpas?

In der derzeitigen Lage machen sie sich mehr Sorgen um das Erdbeben, weil sie jetzt ihr Obdach verloren haben.

Zwei Katastrophen in zwei aufeinander folgenden Jahren, wie geht es mit dem Everest-Bergsteigen auf der nepalesischen Seite weiter?

Ich glaube nicht, dass es einen negativen Effekt geben wird. Die Menschen mögen das Bergsteigen immer noch und werden es auch weiterhin tun, weil jeder weiß, das Klettern gefährlich ist und möglicherweise auch Leben kosten kann. Alljährlich sterben Menschen in den Bergen, es mag sein, dass es im vergangenen und in diesem Jahr einige mehr als sonst waren. Aber Jahr für Jahr sterben Menschen in Lawinen.

Der neue nepalesische Tourismusminister (Kripa Sur Sherpa wurde am vergangenen Freitag ernannt.) ist wie du ein Sherpa. Was erwartest du von ihm?

Ich hoffe, dass er für die Sherpa-Bergsteiger kämpft. Sherpas klettern seit Generationen. Sie riskieren ihr Leben und andere streichen den Profit ein. Und dabei werden Sherpas nur als Träger wahrgenommen, was falsch ist. Sie haben ihr Leben verloren, und niemand kümmert sich um ihre Familien und Kinder. Ich erwarte von der Regierung, dass sie ihnen angemessene Unterkünfte verschafft und für die Erziehung der Kinder sorgt.

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