Alpen – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Zugspitze zugespitzt https://blogs.dw.com/abenteuersport/zugspitze-zugespitzt/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/zugspitze-zugespitzt/#comments Mon, 17 Sep 2018 15:13:55 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=41973

Unterwegs im oberen Reintal

Tief über seine etwas kurz montierten Wanderstöcke gebeugt, steigt er uns entgegen, etwas wacklig, aber doch recht zügig. Als wir auf einer Höhe sind, hebt er den Kopf, um zu grüßen. Ich schätze ihn auf 80 Jahre, wenn nicht sogar älter. Er lebe auf einem Bauerhof oberhalb der Partnachklamm, erzählt mir der Senior, an seiner Seite läuft ein Schäferhund. „Mal sehen, vielleicht steigen wir noch ein bisschen höher. Der Hund muss bewegt werden.“ Wir begegnen uns auf rund 1000 Metern, nicht weit vom Eingang des Oberen Reintals im Zugspitzgebiet entfernt.

Letzte Sonnenstrahlen am Partnach-Lido

Die Reintalangerhütte

Zum dritten Mal besteige ich die Zugspitze, den höchsten Berg Deutschlands, über den langen, aber landschaftlich sehr reizvollen Weg durch das Reintal. Immer wieder bin ich beeindruckt von der beeindruckenden Felskulisse auf beiden Seiten des Tals. Wir übernachten auf der 1369 Meter hohen Reintalangerhütte, genießen vorher jedoch noch bei einem Radler die letzten zwei Sonnenstunden des Tages am „Partnach-Lido“, dem Bach-„Strand“ direkt vor der Hütte. Die wurde bereits 1912 errichtet und hat sich den Charme einer alten Alpenvereinshütte bewahrt: sehr einfach, aber auch gemütlich.

Beim Eisklettern tödlich verunglückt

Eine Tragödie liegt jedoch in diesem Jahr wie ein Schatten über der Reintalangerhütte. Der Hüttenwirt verunglückte Anfang Juni beim Eisklettern tödlich. Ein Schwarz-Weiß-Bild mit einer Kerze davor erinnert an den 51-Jährigen. Seine Frau und Kinder wollen die Hütte im Sinne des Verstorbenen weiterführen.

„Daumen drücken!“

Das Küchenteam hat jede Menge zu tun. Das schöne Herbstwetter hat viele Zugspitz-Gipfelanwärter ins Reintal gelockt. Am Nebentisch liest eine Frau laut die Routenbeschreibung vor. Offenkundig will sie mit ihrem Mann und zwei Senioren – ich vermute, dass es sich um ihre oder seine Eltern handelt – ebenfalls den höchsten Berg Deutschlands erklimmen. Bereits um 20 Uhr verabschiedet sich das Quartett Richtung Schlafräume. „Daumen drücken!“, verkündet die Seniorin mit etwas skeptischem Tonfall zum Abschied.

Wer schnarcht, hat gewonnen

Letzter Schutthügel vor dem Anstieg zum Gipfel

Wir fühlen uns noch nicht müde genug und gönnen uns ein weiteres Bier. Gegen 22.30 Uhr schleichen wir uns ins gut belegte Matratzenlager. Dort wird bereits um die Wette geschnarcht. Einschlafen unmöglich. Ich nehme mir vor, beim nächsten Mal noch ein Bier mehr zu bestellen. Irgendwann nicke ich dann aber doch ein – bis 5.30 Uhr. Der erste Handywecker klingelt. Auch ich bin jetzt eigentlich wach, döse aber noch eine Stunde vor mich hin. Nach dem Frühstück brechen wir um 7.45 Uhr auf.

Wie ein Käfer auf dem Rücken

Was für ein herrlicher Gipfeltag! Keine Wolke trübt den Himmel. Zwei Stunden später erreichen wir die Knorrhütte auf 2051 Metern. Kurz davor überholen wir das Frühschläfer-Quartett. Der Senior stolpert, es gelingt ihm nur mit äußerster Mühe, im Geröll wieder auf die Beine zu kommen. Der geschätzt über 70-Jährige strampelt mit den Füßen – wie ein Käfer, der auf dem Rücken liegt. Keine gute Idee, diese Senioren mit auf die Zugspitze zu nehmen, denke ich mir. Eine Wanderung im Tal wäre sicher angemessener gewesen.

Stau wie am Hillary-Step

Nicht nur am Everest …

Ob dieses Quartett den höchsten Punkt erreicht hat, weiß ich nicht. Wir treffen die Vierergruppe auf unserem weiteren Weg jedenfalls nicht mehr. Über einen Kräfte zehrenden Schutthügel und einen kleinen versicherten Felssteig erreichen wir schließlich zur Mittagszeit das Gipfelhaus. Dort empfängt uns eine Menschenmenge wie beim Sommerschlussverkauf. Mit unseren Rucksäcken kommen wir in dem Gedränge kaum noch vorwärts.  In unseren verstaubten Bergschuhen wirken wir wie Exoten unter all den Bergbahn-Touristen, die Turnschuhe oder Sandalen tragen. Die letzten paar Meter von der Besucherplattform hinauf zum Gipfelkreuz schenken wir uns. An der Leiter staut es sich wie einst am Hillary-Step – als es die Felsstufe am Mount Everest noch gab. Was wohl der 80-Jährige, dem wir knapp 2000 Meter tiefer begegneten, zu dem Massenauflauf hier oben sagen würde? Vielleicht: „Der Hund muss bewegt werden.“

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Impressionen aus dem Kaiserwinkl https://blogs.dw.com/abenteuersport/impressionen-aus-dem-kaiserwinkl/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/impressionen-aus-dem-kaiserwinkl/#comments Wed, 22 Aug 2018 16:18:38 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=41795 Ich werde den Kaiserwinkl einfach nicht satt. Zum x-ten Mal war ich in der Region in Nordtirol – am Zahmen und Wilden Kaiser gelegen –  unterwegs, um die Seele aktiv baumeln zu lassen und dabei Kraft zu sammeln. Nach zwei Wochen in den Bergen fiel es mir schwer, wieder ins Flachland zurückzukehren. Warum? Seht selbst!

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Impressionen aus dem Salzburger Land https://blogs.dw.com/abenteuersport/impressionen-aus-dem-salzburger-land/ Mon, 28 Aug 2017 09:39:15 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=37297 Ich melde mich gut erholt zurück. Drei Wochen lang habe ich im Salzburger Land die Seele baumeln lassen, immer an der frischen Luft. Hier ein paar Impressionen:

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Norbert Joos ist tot https://blogs.dw.com/abenteuersport/norbert-joos-ist-tot/ Mon, 11 Jul 2016 11:36:01 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=33175 Norbert Joos /1960-2016)

Norbert Joos (1960-2016)

Wieder ist einer der ganz Großen des Höhenbergsteigens aus dem Leben gerissen worden: Der 55 Jahre Schweizer Norbert Joos stürzte am 4049 Meter hohen Piz Bernina in Graubünden in den Tod. Nach Schweizer Medienberichten hatte Joos eine Gruppe auf den 4049 Meter hohen Gipfel geführt. Beim Abstieg stürzte die Dreierseilschaft, zu der Joos gehörte, 160 Meter tief ab. Joos konnte nur noch tot geborgen werden, die beiden anderen, eine Bergsteigerin und ein Bergsteiger aus Italien, überlebten schwer verletzt.

Hirnschlag am Kangchendzönga

Joos hatte 13 der 14 Achttausender bestiegen, allesamt ohne Flaschen-Sauerstoff. Lediglich der Mount Everest fehlte ihm noch. Nach seinem fünften gescheiterten Versuch am Everest sagte der Schweizer 2008 den Achttausendern endgültig Adieu. Zwei Jahre zuvor hatte er beim Abstieg vom Kangchendzönga einen Hirnschlag erlitten. Trotzdem versuchte er sich ein weiteres Mal am Everest. „Ich musste einfach noch mal hinfahren und spüren, was möglich war. Sonst hätte ich den Everest ständig im Kopf gehabt. So aber ist es okay für mich“, sagte Joos später in einem Interview. Das kommerzielle Bergsteigen am höchsten Berg der Erde sah er kritisch: „Als echter Bergsteiger sollte man den Everest meiden.“

„Das können nur junge Spinner“

Als das „Wichtigste, was ich als Bergsteiger erreicht habe“, bezeichnete Joos die Erstbegehung des Annapurna-Ostgrates mit der ersten Überschreitung des Achttausenders von Süden nach Norden im Herbst 1984, gemeinsam mit seinem Schweizer Landsmann Erhard Loretan (der 2011 tödlich abstürzte). „Klar waren wir damals sehr gute Bergsteiger, aber wir hatten auch Glück“, erinnerte sich Joos später. „Mit meiner heutigen Erfahrung würde ich das nicht mehr machen. Das können nur junge Spinner.“

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Ueli Steck holt sich Eiger-Rekord zurück https://blogs.dw.com/abenteuersport/ueli-steck-holt-sich-eiger-rekord-zurueck/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/ueli-steck-holt-sich-eiger-rekord-zurueck/#comments Sat, 21 Nov 2015 19:06:03 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=31289 Ueli auf dem Gipfel (die Zeit steht oben)

Ueli auf dem Gipfel (die Zeit steht oben)

Während ich mir die Fußsohlen beim „Power-Pilgern für Nepal“ wundgelaufen habe, ist Ueli Steck leichten Fußes durch die Eiger-Nordwand förmlich gerannt (s. Video unten). „Speedy Ueli“ kletterte im Alleingang die Heckmair-Route, also den Weg der Erstbegeher 1938, in nur zwei Stunden und 22 Minuten. Damit holte sich der 39 Jahre alte Topkletterer aus der Schweiz den Geschwindigkeitsrekord in der legendären 1800 Meter hohen Wand zurück, den ihm 2011 sein Landsmann Dani Arnold mit einer Zeit von 2:28 Stunden entrissen hatte. 2008 hatte Steck die Wand in 2:47 Stunden durchklettert. „Die Bedingungen waren gut, ich fühlte mich wohl, ich hatte einfach einen richtig guten Tag“, sagte Ueli nach seinem Parforceritt durch die Wand.

Bald unter zwei Stunden?

Hinterher blieb der Rekordhalter bescheiden. „Klettern ist kein Wettbewerb. Es gibt so viele Faktoren, die eine Rolle spielen: die Verhältnisse am Berg, die Temperatur, das Wetter“, sagte Ueli. „Da sind die sechs Minuten, die ich schneller als Dani war, nichts. Das war kein großer Schritt.“ Steck rechnet damit, dass die Eiger-Nordwand sehr bald in unter zwei Stunden geklettert wird: „Ich denke, das ist bei guten Bedingungen möglich. Aber der Sportler muss dafür eine Menge Risiko eingehen.“ Das klingt fast, als wäre er selbst nicht bereit, so viel zu riskieren. Doch bei Ueli weiß man nie.

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Sieben Tote bei Lawinenunglück am Dôme de Neige https://blogs.dw.com/abenteuersport/sieben-tote-bei-lawinenunglueck-am-dome-de-neige/ Tue, 15 Sep 2015 15:29:03 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=30569 Dôme de Neige (r.)

Dôme de Neige (r.)

Bei einem Lawinenunglück in den französischen Alpen sind heute sieben Bergsteiger ums Leben gekommen. Das Unglück ereignete sich am 4015 Meter hohen Dôme de Neige im Écrins-Massiv südöstlich von Grenoble. Nach Angaben der Behörden handelt es sich bei den Toten um vier Deutsche und drei Tschechen. Eine weitere Bergsteigerin aus Deutschland konnte verletzt geborgen werden. Es soll sich um drei Seilschaften gehandelt haben. Nach Angaben der Retter löste ein Schneebrett die rund 250 Meter lange Lawine aus. Am vergangenen Wochenende hatte es in dem Gebiet heftig geschneit. „Die Bedingungen sind derzeit winterlich“, sagte ein Polizist. In diesem Jahr sind in den französischen Alpen bereits mindestens 39 Menschen bei Lawinenunglücken ums Leben gekommen.

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Speedy Ueli https://blogs.dw.com/abenteuersport/speedy-ueli/ Wed, 12 Aug 2015 20:31:17 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=30293 Geschafft! Ueli Steck

Geschafft! Ueli Steck

Eigentlich mag Ueli Steck den Spitznamen „Swiss Machine“ nicht. Doch wieder einmal wurde er ihm gerecht. Wie ein Schweizer Uhrwerk spulte der 38-Jährige sein Programm ab – und das im Eiltempo: In nur 61 Tagen bestieg „Speedy Ueli“ alle 82 Viertausender der Alpen, 19 Tage schneller als vorher angestrebt. Die Strecke zwischen den Bergen legte Steck nur mit Muskelkraft zurück: auf dem Fahrrad oder zu Fuß.

Mit wechselnden Partnern

Den Abstieg von den Gipfeln verkürzte Ueli, indem er, wo es ging, mit dem Gleitschirm talwärts segelte. Dabei kam ihm recht schnell nach dem Start sein ursprünglicher Partner für das Projekt „82 Summits“ abhanden. 

Im Eiltempo

Im Eiltempo

Der deutsche Profibergsteiger Michi Wohlleben musste nach anderthalb Wochen aufgeben, nachdem er beim Gleitschirmflug vom Schreckhorn in der Schweiz auf dem Allerwertesten gelandet war. Ueli kletterte weiter, mal alleine, mal mit Bergpartnern: etwa seiner Ehefrau Nicole oder befreundeten Bergsteigern wie Andreas Steindl, David Göttler oder Jonathan Griffith.

Tragischer Zwischenfall

Überschattet wurde das Projekt von einem Todesfall. Der 32 Jahre alte Niederländer Martijn Seuren stürzte, als er Steck im Mont-Blanc-Massiv begleitete,  vom Rochefort-Grat in den Tod.

Und jetzt der Nuptse East?

Ueli entschloss sich weiterzumachen. Gestern schloss er das Projekt auf dem 4102 Meter hohen Gipfel des Barre des Écrins in Frankreich ab. „Ich bin immer noch super aufgedreht, ich könnte weiterlaufen“, schreibt der Schweizer auf Facebook. „Mal sehen, was als nächstes kommt!“ Ursprünglich hatte Ueli vor, im Herbst mit dem US-Amerikaner Colin Haley am 7804 Meter hohen Nuptse East (in der Nachbarschaft des Mount Everest) im Alpinstil die Route von Valeri Babanov und Yuri Kosholenko zu wiederholen. Aber das hatte er vor dem verheerenden Erdbeben in Nepal vom 25. April angekündigt. Hoffen wir, dass er an seinem Plan festhält!

 

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Matterhorn: „Zum Klettern okay, aber nicht sehr speziell“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/matterhorn-zum-klettern-okay-aber-nicht-sehr-speziell/ Mon, 13 Jul 2015 06:00:17 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=30025 Dani Arnold

Dani Arnold

Das Matterhorn war sein erster Viertausender. Dani Arnold war 18 Jahre alt, als er 2002 erstmals den Vorzeigeberg seines Heimatlands von der Hörnlihütte aus über die Normalroute bestieg. Heute gehört der 31-Jährige zu den besten Kletterer der Schweiz. Seitdem stand er „vielleicht acht Mal oben“ auf dem Matterhorn, schreibt mir Dani aus Pakistan, wo er mit den Huber-Brüdern und dem Österreicher Mario Walder derzeit versucht, erstmals die Nordwand des Siebentausenders Latok I zu durchsteigen. Für Furore sorgte Arnold bisher vor allem mit seinen Speedrekorden. Seit 2011 hält er den Rekord an der Eiger-Nordwand, die er über die Route der Erstbegeher in zwei Stunden und 28 Minuten durchstieg. Damit war Dani 20 Minuten schneller als der bisherige Rekordhalter Ueli Steck. Im April brach er auch Stecks Geschwindigkeitsrekord am Matterhorn: In einer Stunde und 46 Minuten kletterte Arnold durch die Nordwand, zehn Minuten schneller als Ueli im Jahr 2009. Das Matterhorn, 150 Jahre nach der Erstbesteigung, aus der Sicht eines Profi-Bergsteigers:

Dani, weltweit gilt das Matterhorn als Sinnbild für die Schweiz. Wie siehst du diesen Berg? Oder anders gefragt, was bedeutet er dir?

Es ist einer der schönsten Berge, von der Form her. Zum Klettern ist er okay, aber nicht sehr speziell. Der Fels ist auch nicht immer ganz fest.

Vor 150 Jahren wurde das Matterhorn erstmals durch die Seilschaft des Briten Edward Whymper bestiegen. Wie hoch war die sportliche Leistung, wenn man die damalige Ausrüstung berücksichtigt und bedenkt, dass die Gruppe ins Ungewisse stieg?

Es war natürlich eine beeindruckende Leistung! Respekt. 

Die Erstbesteigung endete tragisch: Vier Bergsteiger stürzten in den Tod. Hat dieses Unglück den Mythos Matterhorn mitbegründet?

Dani nach seinem Speedrekord auf dem Gipfel des Matterhorns

Dani nach seinem Speedrekord auf dem Gipfel

Ich denke schon. Meist sind Tragödien und Unglücke der Grund, dass die Berge diesen Mythos bekommen. Ist eigentlich übel, dass immer etwas passieren muss, bis die Öffentlichkeit Notiz nimmt.

Das Matterhorn ist ein kommerzieller Berg, rund 3000 Gipfelanwärter versuchen sich alljährlich an ihm. Teilt das Matterhorn das Schicksal anderer Prestigeberge wie Mont Blanc oder auch Mount Everest, an denen sich viele tummeln, die wegen mangelnder Fähigkeiten als Bergsteiger dort eigentlich nicht hingehören oder ist er dafür technisch zu schwierig?

Er gehört schon zu dieser Kategorie von bekannten Bergen, die viele Leute wegen des Namens anziehen. Dazu gehören schon auch viele Kletterer, die dort eigentlich nichts zu suchen haben.

Kein Jahr vergeht ohne tödliche Unfälle am Matterhorn. Würde es Sinn machen, die Zahl der Besteigungen zu beschränken?

Nein, das Wichtigste ist, dass das Bergsteigen frei bleibt. Das heißt, jeder kann dort klettern, wo er will. Dies ist ein Riesenprivileg. Jeder muss aber auch selber die Konsequenzen tragen.

Ist das Matterhorn, vor allem natürlich die Nordwand, nach wie vor ein Klassiker, der in der Vita eines Profibergsteigers nicht fehlen darf?

Jeder sollte die Wand geklettert haben. Jedoch muss man das schon relativieren. Die Nordwand ist eine klassische Tour, die viele Leute klettern können. Für uns (Profibergsteiger) ist sie aber eher einfach, verglichen mit jetzigen Projekten. Sonst hätte sich ja der Alpinismus seit der Erstdurchsteigung der Matterhorn-Nordwand nicht weiter entwickelt. 😉

Du hast im April einen neuen Speedrekord in der Nordwand aufgestellt, als du für die Route der Erstbegeher Franz und Toni Schmid (1931) nur eine Stunde und 46 Minuten gebraucht hast und damit zehn Minuten schneller warst als Ueli Steck. Warst du bei diesem Solo am Limit oder geht es noch schneller?

Die Schmid-Route durch die Matterhorn-Nordwand

Die Schmid-Route durch die Matterhorn-Nordwand

Es geht immer schneller. 🙂 Nein, es muss schon viel zusammenpassen. Ich muss fit genug sein. Die Verhältnisse müssen okay sein. Die Psyche muss stimmen, und ich muss motiviert sein. Meine Kletterzeit war zwar kurz, jedoch schon anstrengend. 😉

2010 und 2011 eröffnete der Italiener Herve Barmasse in der Südwand des Matterhorns noch zwei neue Routen. Doch solche Aktionen sind selten geworden. Ist das Matterhorn bergsteigerisch ausgereizt, sprich: Ist so gut wie alles gemacht, was machbar ist?

Das glaube ich nicht. Es ist schon so, dass die offensichtlichen Linien gemacht sind. Aber es gibt noch viel Platz. Viele denken, dass man nur noch im Himalaya etwas erleben kann. Und das stimmt nicht.

Wenn du dem Matterhorn etwas zum 150. Geburtstag der Erstbesteigung wünschen dürftest, was wäre das?

Ich habe eigentlich noch nie überlegt, was man einem Berg schenken kann. 🙂

P.S.: Damit endet meine kleine Serie zum 150-Jahr-Jubiläum der Matterhorn-Erstbesteigung.

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„Totenbergung ist immer traurig – nicht nur am Matterhorn“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/totenbergung-ist-immer-traurig-nicht-nur-am-matterhorn/ Sat, 11 Jul 2015 06:00:21 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=29915 Helmi Lerjen

Helmi Lerjen, Bergführer und Bergretter

Schon die Erstbesteigung des Matterhorns vor 150 Jahren endete in einer Tragödie. Vier Teammitglieder starben beim Abstieg vom Gipfel, als ein Seil riss. Seitdem sind am „Horu“, wie die Einheimischen das Matterhorn nennen, mehr als 500 Bergsteiger ums Leben gekommen – so viel wie an keinem anderen Berg der Schweiz. Bei jährlich 2500 bis 3000 Gipfelversuchen gibt es auch viel Arbeit für die Bergretter. Helmut, genannt „Helmi“ Lerjen entstammt einer echten Bergführer-Familie. Bereits in der vierten Generation führen die Lerjens Gäste auf Berge wie das Matterhorn. Helmi, der mit seiner Frau und Tochter, im kleinen Dorf Täsch nahe Zermatt lebt, hilft seit fast 15 Jahren auch in der Bergrettungsstation Zermatt mit. Das Matterhorn, 150 Jahre nach der Erstbesteigung, aus der Sicht eines Bergretters:

Helmi, weltweit gilt das Matterhorn als Sinnbild für die Schweiz. Wie siehst du diesen Berg oder anders gefragt, was bedeutet er dir?

Ich bestieg das Matterhorn bisher 187 Mal mit Gästen. Als technischer Leiter bin ich auch für den Unterhalt der Fixseile am Matterhorn zuständig. Bereits im 19. Jahrhundert führten mein Ururgroßvater Josef und Urgroßvater Alois Gäste aufs Horu. Mein Großvater Joseph Lerjen war 1930 an einem gescheiterten Versuch beteiligt, erstmals die Nordwand zu durchsteigen. (Ein Jahr später waren die deutschen Brüder Franz und Toni Schmid erfolgreich.) Zusammen mit seinem Führerkollegen Kaspar Mooser und ihrem Gast Emile Blanchet stieg mein Großvater mit festem Willen in die Nordwand ein. Ausgerüstet waren sie nur mit Holzpickel und Steigeisen ohne Frontzacken (!). Leider mussten sie wegen Steinschlags und schlechter Verhältnisse in der Wand den Rückzug antreten. Die Felsen waren mit einer dünnen Eisschicht überzogen. Sie kletterten mehrere Stunden. Es ist nicht bekannt, welche Höhe sie genau erreichten. Wäre einer der drei ausgerutscht, hätte es das Ende der ganzen Seilschaft bedeutet. Mehrfach gerieten die drei in Steinschlag. Mit viel Glück entrannen sie der Nordwand unverletzt. Mit diesen Geschichten meiner Vorfahren habe ich eine ganz persönliche Beziehung zum Matterhorn.

Matterhorn-II

Gleich die erste Besteigung des Matterhorns endete mit einem Unglück, das vier Bergsteigern das Leben kostete. Wird diese Tragödie unter Bergrettern immer noch als Beispiel dafür angeführt, was am Matterhorn passieren kann?

Jedes Unglück am Matterhorn oder an anderen Bergen ist tragisch. Als Rettungsspezialist ist es für uns immer am schönsten, wenn wir Bergsteiger lebend retten können. Hingegen sind die Einsätze mit Totenbergungen immer traurig. Hier kann man auch nicht mehr von Rettung sprechen, sondern es ist vielmehr eine Arbeit, die wir dann ausführen müssen.

Du bist als technischer Leiter des Bergführervereins für die Fixseile zuständig. Wie sicher ist die Route?

Am Hörnligrat ist die richtige Wegfindung sehr schwierig. Der untere Teil ist wie ein Labyrinth. Sobald man von der richtigen Route abkommt, befindet man sich sofort in losem Gestein, was dann sofort gefährlich werden kann.

Rettungseinsatz der Air Zermatt

Rettungseinsatz der Air Zermatt

Jedes Jahr werden etwa 80 Rettungseinsätze am Matterhorn geflogen, mehr als 500 Bergsteiger kamen schon ums Leben. Das macht das Matterhorn in absoluten Zahlen zum gefährlichsten Schweizer Berg. Welches sind die häufigsten Unglücksursachen?

Das Matterhorn selber ist nicht gefährlich. Gefährlich machen es die Bergsteiger, die sich z.B. am Morgen in der Dunkelheit völlig verlaufen und sich dann in losem Gestein befinden und andere nachkommende Seilschaften mit Steinschlägen gefährden. Durch die Verhauer in der Dunkelheit sind sie dann viel zu lange unterwegs und werden schnell müde. Die Konzentration lässt dann auch markant nach.

Könnte man viele Unfälle vermeiden, und wenn ja wie?

Der Hörnligrat ist die Normalroute auf das Matterhorn, eine der schwersten, die auf einen Viertausender führen. Daher ist es ratsam, sich einen Bergführer zu nehmen.

Das Matterhorn ist kein Wanderberg. Sind viele Matterhorn-Anwärter einfach zu sorglos?

Das glaube ich nicht. Es ist ja bekannt ist, dass der Hörnligrat zu den schwersten Normalrouten zählt.

Viele Bergsteiger auf einer Route, das erhöht fast unweigerlich das Risiko. Steine können losgetreten werden, Staus können sich bilden. Würde eine Beschränkung nicht Sinn machen?

Durch den Bau der neuen Hörnlihütte [Ausgangspunkt des Gipfelaufstiegs] wurde die Zahl der Schlafplätze von 170 auf 130 reduziert. Durch das Campingverbot fallen zusätzlich rund 30 Personen weg. Also werden am Tag insgesamt etwa 70 Personen weniger am Matterhorn unterwegs sein. Das sorgt für mehr Sicherheit.

Wenn du dem Matterhorn etwas zum 150. Geburtstag wünschen dürftest, was wäre das?

Am 14. Juli 2015, genau 150 Jahre nach der Erstbesteigung des Matterhorns, wird zu Ehren der Erstbesteiger niemand auf den Berg steigen. Ich wünsche mir von Herzen, dass sich alle Bergsteiger daran halten und das Horu seine Ruhe hat.

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„Dreimal durch Zermatt ist zu wenig fürs Matterhorn“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/dreimal-durch-zermatt-ist-zu-wenig-fuers-matterhorn/ Thu, 09 Jul 2015 06:00:10 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=29911 Aufstieg zum Matterhorn (Foto: © Christoph Frutiger)

Aufstieg zum Matterhorn (Foto: © Christoph Frutiger)

Richard Lehner würde den Gipfel wahrscheinlich auch mit verbundenen Augen finden. 650 Mal erreichte das Bergführer-Urgestein aus Zermatt den höchsten Punkt des Matterhorns auf 4478 Meter Höhe. Das ist zwar nicht der Rekord, den Titel „Mr. Matterhorn“ hätte er aber wohl trotzdem verdient. Seine Leidenschaft für die Berge hat der 76-Jährige weitervererbt. Zwei der Söhne sind ebenfalls Bergführer, einer Skilehrer. Richard Lehner ist einer von 87 aufgelisteten aktiven Bergführern des Zermatt Alpin Centers, des örtlichen Bergführervereins. Das Matterhorn, 150 Jahre nach der Erstbesteigung, aus der Sicht eines Bergführers:

Richard Lehner, weltweit gilt das Matterhorn als Sinnbild für die Schweiz. Wie sehen Sie persönlich diesen Berg oder anders gefragt, was bedeutet er Ihnen?

Ich war als Bergführer hauptsächlich am Matterhorn unterwegs. Ich habe den Berg 650 Mal bestiegen, das letzte Mal war ich vor fünf Jahren oben. Für mich war es immer ein schöner Berg. 

650 Aufstiege, wie oft sind Sie dabei in kritische Situationen gekommen?

Nicht oft, und es war nichts Schlimmes.

Welche Anforderungen stellt das Matterhorn an einen Bergsteiger?

Matterhorn-VEr muss schon ein bisschen trainiert sein. Er muss ein guter Läufer sein. Bergsteigertechnische Fähigkeiten sind nicht so wichtig. Hauptsache, die Kondition stimmt.

Gibt es viele, die den Berg unterschätzen?

Ja, sehr viele. Manche, die einsteigen, brauchen drei bis vier Tage. Die stellen ihr Zelt auf und gehen los. Und wenn dann das Wetter umschlägt, schreien sie um Hilfe. Dann steigt der Helikopter auf und bringt sie herunter.

Welche Probleme haben diese Bergsteiger?

Vor allem haben sie Schwierigkeiten, den richtigen Weg zu finden.

Jahr für Jahr versuchen sich 2500 bis 3000 Bergsteiger am Matterhorn. Verkraftet der Berg so viele Menschen?

Kein Problem.

Gibt es keine Staus am Berg?

Höchstens morgens beim Einstieg. Danach ist es nicht mehr schlimm.

Wer regelt denn den Verkehr? Machen das die Bergführer?

Das ist nicht nötig. Die Bergführer starten morgens als Erste. Wenn einer schneller ist, geht er eben vor oder überholt. Die ohne Bergführer unterwegs sind, haben kaum eine Chance nachzukommen, weil sie am Seil viel zu viel Arbeit verrichten müssen.

Es vergeht trotzdem kein Jahr ohne tödlichen Unfall am Matterhorn. Ist das die Kröte, die man an einem so beliebten Berg schlucken muss?

Gipfel des Matterhorns

Gipfel des Matterhorns

Früher war die Ausrüstung viel schlechter als heute. Da hatten wir zehn Unfälle im Jahr, heute vielleicht nur einen. An den häufigsten Absturzstellen von damals sind jetzt Fixseile installiert. Da kann man sich beim Heruntersteigen festhalten.

Dennoch geschehen immer noch Unfälle. Warum vor allem?

Hauptsächlich, weil Bergsteiger von der Route abkommen.

Eine Besteigung kostet derzeit etwa 1600 Schweizer Franken, das sind rund 1500 Euro. Das ist eine Menge Geld. Erwarten die Kunden dafür eine Gipfelgarantie?

Die kann man nicht geben. Es gibt Leute, die haben schon Probleme, zur Hörnlihütte zu kommen, und sagen dann: Der Berg ist mir viel zu hoch, ich gehe erst gar nicht los. Manchmal muss man auch wegen eines Wetterumschwungs umdrehen.

Sie haben über mehrere Jahrzehnte als Bergführer am Matterhorn gearbeitet. Hat sich der Typ der Gipfelanwärter verändert?

Ein bisschen schon. Die Menschen wollen einfach nicht mehr trainieren. Die meinen, wenn sie dreimal durch Zermatt hin und zurück laufen, sind sie für das Matterhorn bereit und können sich einen Bergführer suchen. Aber ohne Training geht es nicht, ein Gipfelerfolg lässt sich nicht erzwingen. Früher hat man zunächst zehn andere Touren gemacht, bevor man sich ans Matterhorn gewagt hat. Heute wollen die Leute nur diesen einen Berg machen. Kaum einer von denen kehrt später noch einmal zurück. Sie besteigen das Matterhorn und fertig.

Wenn Sie dem Matterhorn etwas zum 150. Geburtstag wünschen dürften, was wäre das?

Für uns als Bergführer wäre es natürlich besser, wenn die Matterhorn-Anwärter ein bisschen besser vorbereitet wären. Ich habe mal mit einem Kunden viereinhalb Stunden für den Aufstieg und dann für den Abstieg acht Stunden gebraucht. Sein Hosenboden war durch, und er hat geblutet. Da stimmt dann etwas nicht mehr. Aber es ist eben der markante Berg, und wir leben von ihm. Hier will jeder Gast ein Zimmer mit Blick aufs Matterhorn haben.

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Vor 150 Jahren: Triumph und Tragödie am Matterhorn https://blogs.dw.com/abenteuersport/vor-150-jahren-triumph-und-tragoedie-am-matterhorn/ Tue, 07 Jul 2015 06:00:38 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=30115 Die Normalroute über den Hörnligrat (© Photopress/Mammut/Robert Boesch)

Die Normalroute über den Hörnligrat (© Photopress/Mammut/Robert Boesch)

Die Uhr läuft ab. Noch eine Woche, dann springt die Countdown-Uhr auf dem Bahnhofplatz in Zermatt auf Null. Am 14. Juli vor genau 150 Jahren wurde das Matterhorn erstmals bestiegen. Kein anderer Berg der Schweiz verkörpert das Land so wie dieser formschöne Viertausender. Und das liegt nicht nur an einer weltweit vertriebenen Schokoladen-Marke, deren Riegel dem Matterhorn nachempfunden sind. Alljährlich versuchen 2500 bis 3000 Bergsteiger, den 4478 Meter hohen Gipfel zu erreichen – der überwiegende Teil von ihnen über den Hörnligrat, die Normalroute, auf der auch die Erstbesteiger um den Engländer Edward Whymper aufstiegen. Die Hörnlihütte auf 3260 Metern, von der aus die meisten starten, ist mit großem Aufwand umgebaut und modernisiert worden. Rechtzeitig zum Matterhorn-Jubiläum wurde sie fertig. Am Festtag selbst soll der Berg seine Ruhe haben. Das Matterhorn wird für Aufstiege gesperrt. Damit soll jener Menschen gedacht werden, die dort ums Leben kamen.

Im neunten Versuch

Edward Whymper (1910)

Edward Whymper (1910)

Mehr als 500 Bergsteiger bezahlten bisher das Abenteuer Matterhorn mit ihrem Leben. Darunter waren auch vier der sieben Erstbesteiger. Es war d i e Bergtragödie des 19. Jahrhunderts. Auf der Rangliste der Bergprojekte in den 1860er Jahren stand die Erstbesteigung des Matterhorns ganz oben, vergleichbar mit jener des Mount Everest im 20. Jahrhundert. Jedem Bergsteiger war klar: Wem es gelingen würde, den Prestigeberg als Erster zu besteigen, würde nicht nur Alpingeschichte schreiben, sondern Weltruhm ernten. Das Projekt entwickelte sich zu einem Wettlauf zwischen dem Briten Edward Whymper und dem Italiener Jean-Antoine Carrel. Beide scheiterten zunächst je achtmal bei Versuchen am Matterhorn, teilweise gemeinsam.

Schnellere Route

Triumph ...

Triumph …

In jener Juli-Woche 1865 stieg Carrel von Italien aus über den Liongrat auf. Diesen Weg hatte bis dahin auch stets Whymper gewählt. Als er erfuhr, dass sich Carrel zum möglicherweise entscheidenden Gipfelvorstoß aufgemacht hatte, ließ er sich auf den Vorschlag des Zermatter Bergführers Peter Taugwalder Senior ein, der den Hörnligrat für machbar hielt. Zur Seilschaft gehörten neben Whymper und Taugwalder  noch dessen Sohn Peter Junior, der französische Bergführer Michel Croz sowie die Briten Lord Francis Douglas, Charles Hudson und Robert Hadow. Taugwalders Route über den Hörnligrat erwies sich als schneller. Um 13.40 Uhr erreichte Whymper als Erster den begehrten Gipfel. Als Carrel rund 400 Meter tiefer die Seilschaft des Briten am höchsten Punkt sah, machte er enttäuscht kehrt.

Ein Opfer bis heute vermisst

... und Tragödie

… und Tragödie

Beim Abstieg der erfolgreichen Seilschaft dann die Tragödie: Hadow rutschte ab und zog Douglas, Hudson und Croz mit sich. Taugwalder Senior schlang geistesgegenwärtig das Seil um einen Felsen. Vergeblich. „Das Seil riss, als wäre es ein Stück Schnur, und die vier jungen Männer waren nicht mehr sichtbar. Es war alles so schnell wie ein Blitzleuchten“, schrieb Taugwalder Junior später. Die vier Unglücklichen stürzten die Nordwand hinab in den Tod. Drei Leichen wurden geborgen. Lord Francis blieb bis heute verschollen – und mit ihm das eine gerissene Seilende. Das andere kann heute im Matterhorn-Museum von Zermatt bestaunt werden. Im kommenden Herbst soll erneut am Fuße der Matterhorn-Nordwand nach Douglas gesucht werden.

Übel nachgetreten

Die drei Überlebenden – Whymper und die beiden Taugwalders – mussten sich heftiger Kritik erwehren. Whymper warf Vater Taugwalder später vor, mit Absicht das dünnere Seil zwischen sich und den anderen zum Sichern verwendet zu haben. Die Bergführer-Karriere Taugwalders verebbte daraufhin, weil er keine auswärtigen Kunden mehr fand. „Whymper hatte keinen Respekt vor den Bergführern“, sagte Bergsteiger-Legende Reinhold Messner der Neuen Zürcher Zeitung. „Kein einziges Mal hat er Taugwalder dafür gedankt, dass ihm dieser das Leben gerettet hatte, indem er im Moment des Sturzes das Seil um einen Felsen schlang und den Stand behielt.“

Carrels Tod am Matterhorn

Jean-Antoine Carrel gelang am 17. Juli, also nur drei Tage nach Whympers Gipfelerfolg, über den Liongrat die zweite Besteigung des Matterhorns. Der Wettlauf um die Erstbesteigung des Bergs entzweite Whymper und Carrel nicht. Beide gingen später sogar in Südamerika gemeinsam auf Expedition. Dabei gelang ihnen 1880 unter anderem die Erstbesteigung des 6267 Meter hohen Chimborazo in Ecuador. Carrels Leben endete 1890 am Matterhorn. Nach einem Wettersturz gelang es ihm noch, seine Gefährten durch tiefen Schnee in Sicherheit zu bringen, ehe er selbst an Erschöpfung starb.

P.S. Zum Matterhorn-Jubiläum könnt ihr hier im Blog in den nächsten Tagen drei Interviews lesen, bei denen jeweils die erste und letzte Frage identisch ist. Das Matterhorn aus drei Perspektiven: der eines Bergführers, eines Bergretters und eines Extrembergsteigers. Neugierig geworden? Dann schaut doch rein.

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Vor 150 Jahren: Erstbesteigung der Aiguille Verte https://blogs.dw.com/abenteuersport/vor-150-jahren-erstbesteigung-der-aiguille-verte/ Mon, 29 Jun 2015 12:53:13 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=30089 Aiguille Verte (Mitte) und Petit Dru (r.)

Aiguille Verte (Mitte) und Petit Dru (r.)

Wenn es wirklich so etwas wie ein „Goldenes Jahr“ des Bergsteigens in den Alpen gibt, dann war es 1865. Mehr als sechzig wichtige Erstbesteigungen gelangen an den höchsten Bergen Frankreichs, der Schweiz und Österreichs. Die spektakulärste war sicher jene des Matterhorns am 14. Juli. Doch auch die Jungfrau, das Wetterhorn, das Breithorn, der Ortler und der Piz Buin wurden 1865 erstmals bestiegen – und die Aiguille Verte, heute vor genau 150 Jahren. Am 29. Juni 1865 kurz nach zehn Uhr morgens erreichten der Brite Edward Whymper, der Grindelwalder Bergführer Christian Almer und sein Zermatter Kollege Franz Biner den 4122 Meter hohen Gipfel im Mont-Blanc-Gebiet. Die Erstbesteigung der „Grünen Nadel“ war eines der begehrtesten alpinistischen Ziele jener Tage.

Geheimtipp Südost

Aufstieg-Aiguille-Verte

Zeitgenössische Illustration der Erstbesteigung

„Wir kamen eine dreiviertel Stunde vor der Zeit an, die wir den Leuten im Tal angegeben hatten, zu der sie nach oben schauen sollten“, schrieb Whymper später. „Wahrscheinlich hat aber niemand hingesehen, weil sie nicht im Entferntesten daran glaubten, dass wir mehr Erfolg hätten als unsere Vorgänger. Aber das scherte uns nicht.“ Das Erfolgsgeheimnis des Trios lag darin, über die Chamonix abgewandte Südostflanke des Bergs aufzusteigen. „Es ist eigentlich überraschend, dass so gut wie niemand es bis dahin ernsthaft aus dieser Richtung versucht hatte“, wunderte sich Whymper.

Erstbesteigungen in Serie

Michel Croz, gezeichnet von Edward Whymper

Michel Croz, gezeichnet von Edward Whymper

Am 16. Juni, also knapp zwei Wochen zuvor, hatten die drei, zusammen mit dem französischen Bergführer Michel Croz aus Chamonix, bereits im Wallis den 3962 Meter hohen Grand Cornier erstbestiegen. Am 24. Juni erreichte die Viererseilschaft, ebenfalls erstmals, einen 4184 Meter hohen Nebengipfel (Pointe Whymper) der Grandes Jorasses im Mont-Blanc-Gebiet. Der um 24 Meter höhere Hauptgipfel (Pointe Walker) wurde erst drei Jahre später erstbestiegen.

Wüste Beschimpfungen

Der Einheimische Croz, von dem sich Whymper regelmäßig führen ließ, fehlte bei der Erstbesteigung der Aiguille Verte, weil er in Chamonix auf einen Kunden warten musste. Dass ein britischer Bergsteiger, geführt von zwei Schweizern, den Berg geschafft hatte, sorgte für einen Aufschrei unter den  Bergführern von Chamonix. Whymper und Co. sahen sich wüsten Beschimpfungen ausgesetzt. Die Einheimischen zweifelten den Gipfelerfolg an. Einer der Rädelsführer wurde sogar festgenommen.

Die Wogen glätteten sich ers wieder, als Michel Croz am 5. Juli 1865 die zweite Besteigung der Aiguille Verte gelang, über eine neue anspruchsvolle Route, den Moinegrat. Croz führte dabei unter anderen den Engländer Charles Hudson. Neun Tage danach gehörten beide auch zu den Erstbesteigern des Matterhorns, überlebten den Coup aber nicht. Doch dazu später.

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82 Viertausender in 80 Tagen https://blogs.dw.com/abenteuersport/82-viertausender-in-80-tagen/ Thu, 11 Jun 2015 11:36:52 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=29761 Michi Wohlleben (l.) und Ueli Steck

Michi Wohlleben (l.) und Ueli Steck

Sie sind unterwegs. Die beiden Topbergsteiger Ueli Steck aus der Schweiz und Michi Wohlleben aus Deutschland haben heute den ersten der 82 Viertausender der Alpen bestiegen, den 4048 Meter hohen Piz Bernina in Graubünden in der Schweiz. Um zehn Uhr erreichten sie den Gipfel, nachdem sie die Nacht auf der Tschiervahütte auf 2573 Metern Höhe verbracht hatten. Innerhalb von nur 80 Tagen wollen der 38 Jahre alte Ueli und der 24 Jahre alte Michi alle Alpen-Viertausender in der Schweiz, Italien und Frankreich besteigen, wenn möglich nicht auf den Normalwegen, sondern auf anspruchsvolleren Routen.

Schluss mit der Rekordjagd

Die geplante Route durch die Alpen

Rund 100.000 Höhenmeter kommen für die beiden Gipfelstürmer so in diesem Sommer zusammen. Den Abstieg verkürzen sie, wo es geht, indem sie mit dem Gleitschirm talwärts fliegen. Die Strecke zwischen den Bergen legen Steck und Wohlleben mit dem Fahrrad zurück. Es sei lediglich eine Reise durch den Sommer, so Steck. „Es geht mir um eine Botschaft, die ich auch an mich selber richte“, sagte der Schweizer der Neuen Zürcher Zeitung. „Die Botschaft, dass dem Rekordstreben Gefahren innewohnen. Wenn ich nämlich in diesem Film drinbleibe, immer schneller, höher und weiter, dann endet es irgendwann tödlich, das weiß ich.“

Im Herbst zum Nuptse

Im Herbst 2014 war Steck am Achttausender Shishapangma in Tibet knapp der Lawine entgangen, die den deutschen Bergsteiger Sebastian Haag und den Italiener Andrea Zambaldi das Leben gekostet hatte. 2013 bei seinem Solo-Trip durch die Annapurna-Südwand hätte Ueli nach eigenen Worten die Schraube fast überdreht. „Ich habe dort sogar akzeptiert, dass ich wahrscheinlich nicht lebend zurückkomme. Und das ist zuviel“, erzählte mir Ueli vor ein paar Monaten. So ganz sagt der Schweizer Topkletterer dem Extremen aber nicht adieu. Im Herbst will er mit dem US-Amerikaner Colin Haley am 7804 Meter hohen Nuptse East (in der Nachbarschaft des Mount Everest) im Alpinstil die Route von Valeri Babanov und Yuri Kosholenko wiederholen. Den beiden Russen war 2003 erstmals gelungen, den Gipfel des Nuptse East über den Südpfeiler zu besteigen. Bis auf eine Höhe von 6400 Meter legten sie Fixseile – was in der Kletterszene zu einer Kontroverse über ihren Stil führte. Die Route sei durch Haken und Fixseile „entweiht worden“, kritisierte der US-Kletterer Steve House, der 2002 im Alpinstil auf derselben Route eine Höhe von 7200 Metern erreicht hatte. Babanov konterte: „Der Berg wartet. Du brauchst einfach nur hinzugehen und zu klettern!“

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Neuer Speed-Rekord am Matterhorn https://blogs.dw.com/abenteuersport/neuer-speed-rekord-am-matterhorn/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/neuer-speed-rekord-am-matterhorn/#comments Thu, 30 Apr 2015 10:53:00 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=29291 Dani Arnold am 22. April in der Matterhorn Nordwand

Dani Arnold am 22. April in der Matterhorn Nordwand

Die Erdbebenkatastrophe in Nepal überschattet derzeit alles. Dennoch will ich euch eine bergsteigerische Topleistung nicht vorenthalten, die der Schweizer Daniel Arnold vor acht Tagen in der Matterhorn-Nordwand gebracht hat. Dani  durchstieg die Wand auf der so genannten „Schmid-Route“ (der Route der Erstbegeher Franz und Toni Schmid aus München im Sommer 1931) im Alleingang, ohne Sicherung, in nur einer Stunde und 46 Minuten. Der 31-Jährige war damit zehn Minuten schneller als der bisherige Rekordhalter, sein Landsmann Ueli Steck im Jahr 2009. „Zu Beginn fühlte ich mich gar nicht gut. Es wurde mir fast schlecht und ich überlegte aufzugeben“, sagt Dani. Dann aber habe er seinen Rhythmus gefunden. „Ich war nicht mega schnell, das einzige was zählt, ist der Rhythmus.“

Arnold: Es geht noch schneller

Schon 2011 hatte Arnold in der Eiger-Nordwand eine neue Bestzeit aufgestellt (zwei Stunden, 28 Minuten) und damit auch dort den damaligen Rekordhalter Steck um 20 Minuten unterboten. Fast auf den Tag vier Jahre später folgte jetzt sein nächster Husarenritt am Matterhorn. „Es zeigt mir, dass ich den letzten Jahren vieles richtig gemacht habe. Das ist für mich das Wchtigste an diesem Ereignis“, sagt Dani. Die Bedingungen in der Wand seien nicht perfekt gewesen, das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht: “Es würde wahrscheinlich noch schneller gehen.“ Am Matterhorn wird in diesem Jahr mit vielen Veranstaltungen der Erstbesteigung vor 150 Jahren gedacht.

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Vom Mont Blanc zu Tränen gerührt https://blogs.dw.com/abenteuersport/vom-mont-blanc-zu-traenen-geruehrt/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/vom-mont-blanc-zu-traenen-geruehrt/#comments Fri, 10 Apr 2015 15:05:36 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=28915  

Stefan mit Mont Blanc (r.)

Stefan mit Mont Blanc (r.)

Das war kein Ski-, sondern Softeisfahren. So ist das halt, wenn du im April bei Sonnenschein auf die Bretter steigst. Da sich das Programm in Chamonix zur Verleihung der Piolet d’Ors, der „Oscars der Bergsteiger“, auf die Abendstunden konzentriert, nutze ich die freie Zeit, um ein paar Schwünge zu machen und den Mont Blanc von der gegenüberliegenden Seite zu bestaunen. Ich fahre mit der Gondel hinauf auf den 2550 Meter hohen Brevent. Oben setze ich mich erst einmal auf die Sonnenterrasse und genieße das Panorama – wie Greg und Susan, zwei Kanadier, die Urlaub in Europa machen. Ihr Programm: Genf, Chamonix, Rom. 

Alles auf einem Fleck

Während Greg mich mit dem Mont Blanc im Hintergrund fotografiert, laufen Susan Tränen über die Wangen. „It’s so beautiful, amazing!“ Die 40-Jährige (geschätzt, Frauen fragt man nicht nach dem Alter) ist hin und weg, dass Chamonix direkt zu Füßen dieser wilden Bergwelt liegt. „Unsere Rockies sind ja auch wild, aber eben viel einsamer.“ Es stört sie überhaupt nicht, dass das ganze Tal zugebaut ist, im Gegenteil: „Hier ist alles auf einem Fleck. Nicht nur in Chamonix, sondern in ganz Europa. Ich finde das toll.“ Alles eine Frage der Perspektive.

Ich sage ihr noch voraus, dass sie auch in Rom Tränen vergießen wird. Dann stürze ich mich in die schwarze Abfahrt oder sagen wir eher: in die weiße Pampe. Für den Genussfaktor sorgt allein die Aussicht. Überzeugt euch selbst:

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