Himalaya – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Vor 40 Jahren: Geheimsache Cho-Oyu-Südostwand https://blogs.dw.com/abenteuersport/vor-40-jahren-geheimsache-cho-oyu-suedostwand/ Sun, 30 Dec 2018 12:04:06 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=43151

Edi Koblmüller 1978 auf dem Gipfel des Cho Oyu

Nur die Ehepartner wussten Bescheid. Die drei Österreicher Edi Koblmüller, Alois Furtner und Gerhard Haberl sowie die beiden Deutschen Herbert Spousta und Peter von Gizycki hatten strengste Geheimhaltung vereinbart. Schließlich war der Achttausender Cho Oyu 1978 in Nepal nicht für Bergsteiger freigegeben. Also tarnten sich die fünf Bergsteiger als Trekkingtouristen und wanderten nach Gokyo. Ihr eigentliches Ziel lag einige Kilometer dahinter: die rund 3000 Meter hohe Südostwand des 8188 Meter hohen Cho Oyu. „Ich war besessen von dieser Idee“, schreibt mir Alois Furtner, der mit Koblmüller am 27. Oktober 1978 den Gipfel erreichte. Die anderen waren rund 200 Meter unterhalb des Gipfels umgekehrt. „Freunde von uns nannten es später ein ‚Jahrhundertabenteuer‘. Heute weiß ich, dass es ein sehr mutiges Unterfangen war“, erinnert sich der inzwischen 70-jährige Furtner. „Ich war damals so entschlossen und fokussiert, dass es geschehen musste. So wie eine schwangere Frau ihr Kind zur Welt bringen muss, so ähnlich musste ich dieses Vorhaben verwirklichen und ausleben. Und es ist mir gelungen.“

In Schneehöhlen übernachten

In der Südostwand

Ein Bild des oberen Wandabschnitts in einem Buch Reinhold Messners hatte das Quintett inspiriert. Mehr Informationen hatten die Bergsteiger nicht. Zunächst schleppten sie rund 250 Kilogramm Ausrüstung von Gokyo aus zum Basislager auf 5100 Metern. Koblmüller, Furtner und von Gizycki machten einen Vorstoß bis auf eine Höhe von 6700 Metern am Fuße der Gipfelwand. Dort deponierten sie ein Zelt mit Ausrüstung und stiegen wieder ab. Am 22. Oktober starteten die fünf Bergsteiger zu ihrem Gipfelversuch. Sie seien im „lupenreinen Alpinstil“ unterwegs gewesen, erzählt Furtner. „Wir hatten keine Sherpas am Berg, keinen Nachschub, keine Sauerstoffgeräte, keine Kommunikation mit der Außenwelt, wir waren völlig auf uns allein gestellt. Es war auch kein Arzt dabei. Wir durften keine Fehler machen“, sagt Alois. „Verpflegung, Benzin, Fixseile waren auf das Minimum reduziert. Zelte haben wir nur im unteren Wandteil verwendet. In der Gipfelwand haben wir uns Schneehöhlen ausgegraben, um Gewicht zu sparen.“

Wie Brockengespenster

Die Gipfelwand forderte den Bergsteigern alles ab. Ihre Route führte über einen teilweise bis zu 70 Grad steilen Eispfeiler in der Mitte der Wand. Am Morgen des Gipfeltags zeigte das Thermometer minus 40 Grad Celsius. Haberl zog sich Erfrierungen an den Fingerspitzen zu, die ihn letztlich den Gipfel kosteten. Furtner und Koblmüller erreichten kurz vor Sonnenuntergang den höchsten Punkt. „Wir wussten beide, dass wir etwas Großartiges geschafft haben“, erinnert sich Alois. „Ich trug vier Türkissteine am Hals. Einen davon habe ich der ‚Göttin des Türkis‘ (das ist die Übersetzung von Cho Oyu) am Gipfel in den Schnee gedrückt als Dank für das gute Gelingen. An eines kann ich mich noch erinnern – es war mythisch: Die untergehende Sonne hat unsere Schatten vergrößert an die Nebelwand in Richtung Everest geworfen, es war wie Brockengespenster.“

Fünf Jahre Einreiseverbot

Nepalesische Seite des Cho Oyu (rechts die Südostwand)

Der Abstieg geriet zu einem Wettlauf gegen die Zeit. Auf 6600 Metern wurden die fünf Bergsteiger eingeschneit. Zwei Nächte und einen kompletten Tag drängten sie sich in einem Zelt zusammen, die Lebensmittel wurden knapp. Durch teilweise brusthohen Schnee wühlte sich das Quintett talwärts und erreichte schließlich am 1. November, zehn Tage nach dem Aufbruch zum Gipfelvorstoß, das Basislager. Einen Tag später waren sie wieder zurück in Gokyo. Weil sie den Cho Oyu ohne Permit bestiegen hatten, bestraften die nepalesischen Behörden die Bergsteiger mit einem fünfjährigen Einreiseverbot. „Damals ist unsere Besteigung völlig untergegangen“, berichtet Furtner. „Im selben Jahr haben Messner und Habeler den Everest ohne Sauerstoffgeräte bestiegen – das war die Weltsensation.“

„Abenteuer meines Lebens“

Alois Furtner

Bis heute wurde die Route durch die Südostwand des Cho Oyu, die Furtner und Koblmüller (der 2015 in Georgien in einem Schneesturm erfror) bis zum höchsten Punkt vollendet hatten, nicht wiederholt. Das sagt eigentlich alles über ihren Schwierigkeitsgrad. „Rückblickend bin ich noch immer tief bewegt, wie wir damals die Wand durchstiegen haben. Es gab auf dem Weg zum Gipfel so viele Hindernisse und auch auf dem Weg zurück. Und doch sind wir alle relativ unbeschadet im Basislager angekommen“, sagt Alois Furtner. „Es war das Abenteuer meines Lebens, und das Gipfelfoto war das Foto meines Lebens.“

Was heute aus dem Himalaya-Bergsteigen geworden ist, sieht der Cho-Oyu-Pionier kritisch. „Aus Gokyo wird ein Zermatt im Himalaya, die Gipfel werden in Hundertschaften bestiegen und live übertragen. Ich lehne mich gelassen zurück und denke mit einem Wohlgefühl an unsere glückliche Besteigung“, sagt Alois. „Auch freut es mich sehr, dass Reinhold Messner in seinem Cho-Oyu-Buch unsere Besteigung als ‚Meilenstein in der Durchsteigung großer Himalaya-Wände‘ einstuft. Dieses Kompliment nehme ich dankend an.“

P.S.: Ja, ja, ich weiß, der Jahrestag liegt schon zwei Monate zurück – aber vor 40 Jahren stimmt immer noch. 😉

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Elizabeth Hawley ist tot https://blogs.dw.com/abenteuersport/elisabeth-hawley-ist-tot/ Fri, 26 Jan 2018 08:42:51 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=39433

Miss Hawley in ihrem Haus in Kathmandu (2016)

Die legendäre Chronistin des Himalaya-Bergsteigens ist nicht mehr unter uns. „Ich bin traurig, mitteilen zu müssen, dass Elizabeth Hawley uns, nach kurzem Kampf im Krankenhaus, verlassen hat“, ließ die deutsche Journalistin und Bergsteigerin Billi Bierling wissen. „Persönlich kann ich es gar nicht in Worte fassen, was diese großartige Frau mir bedeutet hat, wie viel sie mich gelehrt hat und wie sehr ich sie in meinem Leben vermissen werde.“ Elizabeth Hawley wurde 94 Jahre alt. Vor zwei Jahren hatte sie die Leitung der Datenbank „Himalayan Datenbase“ in die Hände Billis gegeben.  

Nie selbst auf einem hohen Berg

Seit 1960 lebte Miss Hawley in Kathmandu. Anfangs arbeitete die US-Amerikanerin für die Nachrichtenagentur Reuters. „Damals wurde Bergsteigen ein wichtiger Bestandteil der Arbeit ausländischer Korrespondenten in Nepal“, erinnerte sich Hawley, als ich sie 2016 in ihrem Haus in der nepalesischen Hauptstadt besuchte. Von den Everest-Erstbesteigern Edmund Hillary und Tenzing Norgay, über Reinhold Messner bis zu den Kunden der kommerziellen Expeditionen dieser Tage – die Chronistin hat sie alle getroffen. Der höchste Berg, den sie selbst je bestiegen habe, sei nur rund 1000 Meter hoch gewesen, erzählte mir Miss Hawley. „In Vermont in New England. Aber ein Berg? Nein, eigentlich war es eher ein Hügel wie die hier rund um Kathmandu.“ Trotzdem gelang es der US-Amerikanerin immer wieder, Bergsteiger, die vorgaben, Achttausender oder andere hohe Gipfel in Nepal bestiegen zu haben, als Lügner zu ertappen.

„Einfach nur eine Chronistin“

R.I.P.

Das trug ihr Spitznamen wie „Miss Marple von Kathmandu“ und „Sherlock Holmes der Berge“ ein. „Ganz ehrlich, diese Bezeichnungen habe ich noch nie gehört. Die kannst du behalten,“ sagte mir Miss Hawley. „In einem Buch und einem Dokumentarfilm wurde ich auch schon als ‚Wächterin der Berge‘ bezeichnet. Ich bewache sie doch nicht. Ich bin einfach nur eine Chronistin.“

 

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Der „dritte Mann“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/der-dritte-mann/ Sat, 16 Dec 2017 14:54:02 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=38879

Nach der Begegnung mit dem „Dritten Mann“ am Putha Hiunchuli (2011)

Ich habe es selbst erlebt. Es geschah im Herbst 2011 bei meinem gescheiterten Gipfelversuch am 7246 Meter hohen Putha Hiunchuli im Westen Nepals, auf gut 7000 Metern. Meine Teamgefährten waren außer Reichweite vorneweg, ich kämpfte mich alleine weiter nach oben, körperlich und geistig am Limit. „Please!“, hörte ich plötzlich hinter mir Pemba Nuru sagen, einen unserer beiden Climbing Sherpas. „Bitte was?“, fragte ich und drehte mich um. Aber dort war niemand. Seltsam. Wissenschaftler sprechen vom Phänomen des „Dritten Manns“. Schilderungen derartiger Halluzinationen gibt es zuhauf in Expeditionsberichten von den höchsten Bergen der Welt. Psychiater der Medizinischen Universität Innsbruck und Notfallmediziner des privaten Forschungszentrums Eurac Research in Bozen haben jetzt rund 80 derartige Beschreibungen aus der Alpinliteratur untersucht und nach eigenen Angaben eine neue Krankheit entdeckt: die „isolierte höhenbedingte Psychose“.

Sieben von acht

Bisher waren Höhenmediziner davon ausgegangen, dass organische Ursachen dafür verantwortlich sind, wenn Höhenbergsteiger plötzlich Personen sehen und hören oder Gerüche wahrnehmen, die eigentlich gar nicht da sind. Die Forscher aus Österreich und Südtirol fanden jedoch heraus, „dass es eine Gruppe von Symptomen gibt, die rein psychotisch sind, das heißt, dass sie zwar mit der Höhe zusammenhängen, jedoch weder auf ein Höhenhirnödem noch auf andere organischen Faktoren wie Flüssigkeitsverlust, Infektionen oder organische Erkrankungen zurückzuführen sind“, erklärt Hermann Brugger, Leiter des Instituts für Alpine Notfallmedizin in Bozen. Brugger hatte in einer früheren Studie festgestellt, dass sieben von acht Weltklasse-Bergsteigern, die oberhalb von 8500 Metern ohne Flaschensauerstoff unterwegs waren, schon einmal halluziniert hatten.

Beinahe gesprungen

Dhaulagiri

Die gute Nachricht der neuen Studie: Die „nackten“ Psychosen in der Höhe sind nur vorübergehend und hinterlassen keine Folgeschäden. Die schlechte: Am Berg können sie die Alpinisten in ernsthafte Gefahr bringen. So beschreibt der Slowene Iztok Tomazin, einer der Autoren der Studie, eine Halluzination, die er selbst während eines Gipfelversuchs am Achttausender Dhaulagiri im Dezember 1987 hatte. Mehrere Bergführer(-Geister) hätten ihm geraten, die Ostwand hinunterzuspringen. Innerhalb von wenigen Sekunden würde er einen flachen und sicheren Platz 2000 Meter tiefer erreichen und wäre alle Probleme los. „Ich wäre beinahe gesprungen, und das hätte hundertprozentig meinen Tod bedeutet“, schreibt Tomazin. Doch dann besann er sich und machte einen Test: Er sprang nur zwei Meter tief und stieß sich prompt an einem Felsband. Der Schmerz öffnete ihm die Augen, dass es vielleicht doch keine so gute Idee wäre, die ganze Wand hinunterzuspringen.

Weitere Forschungen in Nepal

„Vermutlich gibt es eine Dunkelziffer von Unfällen und Todesfällen infolge von Psychosen“, sagt Notfallmediziner Brugger. Deshalb sei es wichtig, Extrembergsteiger über die möglicherweise auftretenden Halluzinationen zu informieren. Außerdem sollten ihnen Strategien an die Hand gegeben werden, wie sie mit dem „Dritten Mann“ umgehen könnten, ohne in Gefahr zu geraten, ergänzt Katharina Hüfner, Psychiaterin an der Medizinischen Universität Innsbruck. Im nächsten Frühjahr wollen die Wissenschaftler zusammen mit nepalesischen Ärzten im Himalaya weiterforschen. So wollen sie unter anderem herausfinden, wie häufig diese Psychosen in großer Höhe auftreten. „Die höchsten Berge der Welt sind wahnsinnig schön“, sagt  Hermann Burger. „Wir wussten nur nicht, dass sie uns auch in den Wahnsinn treiben können.“

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Mick Fowler: „Nein, ich sterbe nicht“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/mick-fowler-nein-ich-sterbe-nicht/ Tue, 12 Dec 2017 15:30:41 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=38797

Mick Fowler

Ich musste erst einmal schlucken. Er hat Krebs? Das darf noch nicht wahr sein. „Für uns im ‚Club der Halbhunderter‘ wirken Leute wie Mick Fowler wie ein Antidepressivum“, habe ich einmal über den britischen Extrembergsteiger geschrieben. Wie kaum ein Zweiter steht der inzwischen 61-Jährige in meinen Augen dafür, dass wahres Abenteuer keine Altersgrenzen kennt. Alljährlich macht sich Mick immer noch in abgelegene Regionen des Himalaya auf, um Kletter-Neuland zu betreten. Und das mit großem Erfolg: Schon dreimal wurde Mick mit dem Piolet d’Or, dem „Oscar der Bergsteiger“, ausgezeichnet. Auch in diesem Jahr plante er wieder eine Erstbegehung im indischen Himalaya, wie schon 2016 mit seinem Landsmann Victor Saunders, einem anderen „Oldie, but Goldie“, 67 Jahre alt. Doch dann erhielt Fowler vor einigen Monaten die niederschmetternde Diagnose: „‘Du hast Krebs‘ war gleichzeitig ein Schock und eine Erleichterung“, schreibt Mick zurückblickend. „Die Unsicherheit war vorbei. Kein Zaudern mehr. Die Reise musste abgesagt werden. Aber was würde vor mir liegen?“

Alles fühlte sich merkwürdig an

Mick während der Chemo

Begonnen hatte es damit, dass Mick zweimal Blut im Stuhl und einen geringen Gewichtsverlust registriert hatte. Doch der Bergsteiger fühlte sich damals eigentlich fitter und gesünder als teilweise in früheren Zeiten. Zudem galt es, die Expedition zu organisieren. „Ich hatte mich in einer ‚Situation beobachten‘-Mentalität gemütlich eingerichtet“, schreibt Mick. Seine Frau Nicki war es, die ihn dazu drängte, die Sache nicht auf die leichte Schulter zu nehmen und zum Arzt zu gehen. Eine Darmspiegelung mit Gewebeentnahme brachte es an den Tag: Fowler litt an Darmkrebs. „Ich fühlte mich gut, aber die Ärzte sagten mir, ich sei sehr krank“, erinnert sich Mick. „Aber sie sagten mir auch, dass ich, wenn alles glatt liefe (alle Krebszellen vernichtet), in sechs Wochen wieder auf dem Damm sein könnte. Aber ich würde mich schlecht fühlen (nach Strahlen- und Chemotherapie). Das alles fühlte sich merkwürdig an.“

Positive Prognose

Fowler (r.) und Saunders auf dem Gipfel des 6000ers Sersank (2016)

Inzwischen liegt die Behandlung in einem Krankenhaus in Sheffield hinter Fowler. „All jenen, die fragen, ob ich dabei bin zu sterben, möchte ich versichern, dass es nicht so ist“, schreibt Mick. „Die Prognose ist positiv. Und Victor und ich stellen gerade unsere geplante Himalaya-Reise für 2018 neu auf die Beine.“ Fowler hat wieder mit leichtem Lauf- und Klettertraining begonnen. Mick rät allen, sorgfältig auf den eigenen Körper zu achten. „Und gehe direkt zum Arzt, wenn du irgendetwas Ungewöhnliches wahrnimmst. Nichts (nicht einmal eine Reise in den Himalaya) ist wichtiger.“ Darüber hinaus gibt es ja auch regelmäßige Krebs-Vorsorgeuntersuchungen, die jeder in Anspruch nehmen kann und auch unbedingt sollte. Bergsteiger haben schließlich kein Anti-Krebs-Gen, es kann jeden erwischen. Alles Gute, Mick! Ich drücke die Daumen.

P.S. An dieser Stelle möchte ich noch einmal auf die von der deutschen Journalistin und Bergsteigerin Petra Thaller gegründete Initiative „Outdoor against Cancer“ (OAC) hinweisen. Sie bietet Outdoor-Aktivitäten für Krebspatienten an. „Ich habe einfach gemerkt, dass die sportliche Aktivität meiner Psyche sehr gut getan hat“, erzählte mir Petra auf der Messe ISPO im vergangenen Februar. Bei ihr war nach einer Expedition zur Carstensz-Pyramide in Papua-Neuguinea Ende 2014 Brustkrebs diagnostiziert worden.

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Der Yeti ist tot, es lebe der Yeti! https://blogs.dw.com/abenteuersport/der-yeti-ist-tot-es-lebe-der-yeti/ Fri, 01 Dec 2017 11:21:04 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=38707

Yeti-Schädel im Kloster Khumjung

Als Kind hat wahrscheinlich jeder diese Phase erlebt. Eigentlich weißt du, dass es den Weihnachtsmann nicht gibt und dass es deine Eltern sind, die die Geschenke unter den Baum legen. Und doch verdrängst du diese Tatsache – einfach, weil der Weihnachtsmann zum Fest dazugehört. So ähnlich ergeht es mir mit dem Yeti. Eigentlich glaube ich nicht daran, dass es dieses riesenhafte Bergungeheuer auf zwei Beinen gibt, und doch gehören der Mythos und die zahllosen Legenden über den Yeti für mich einfach zum Himalaya dazu. Deshalb finde ich es – ehrlich gesagt – ziemlich doof, dass sich US-Wissenschaftler von der Universität Buffalo nun hinstellen und sagen: Der Yeti ist eigentlich ein Bär.

Bärenhaare und Hundezahn

Himalaya-Braunbär

Sie untersuchten 24 Proben, die Yetis zugeschrieben wurden und in diversen Klöstern und Museen lagerten oder bei Reisen nach Pakistan gesammelt worden waren – u. a. Knochen, Haare, Kotreste – und verglichen sie mit der DNA bekannter Tierarten. Das Ergebnis: Fast alle konnten Bären zugeordnet werden: Himalaya-Braunbären, Tibetischen Braunbären, Eurasischen Braunbären oder Asiatischen Schwarzbären. Lediglich ein vermeintlicher Yeti-Zahn aus einem der Messner-Bergmuseen entpuppte sich als Beißwerkzeug eines Hundes. Reinhold Messner fühlt sich bestätigt – allerdings nicht wegen des Hundezahns, sondern wegen der Bärenreste. Er selbst hatte schließlich bereits vor fast 20 Jahren ein Yeti-Buch geschrieben (und daran nicht schlecht verdient), in dem er das Bergungeheuer als Braunbären enttarnt hatte.

Drei tote Yaks

Der Machhermo Peak

Ob in Tibet, Nepal oder Bhutan, im ganzen Himalaya wurden über Jahrhunderte Geschichten über Yetis überliefert, die Yak-Herden und Hirten überfielen oder auch Menschen entführten. Angeblich gab es sogar 1974 im Everest-Gebiet noch einen Zwischenfall: Lhakpa Doma Sherpa behauptete, sie sei von einem knapp 1,50 großen (oder eher kleinen) Yeti angegriffen worden, als sie ihm Gokyo-Tal ihre Yak-Herde hütete. Der Yeti habe ihr die Zöpfe ausgerissen und das Kleid zerfetzt, erzählte die damals 19-Jährige Sherpani. Nur weil sie sich tot gestellt habe, habe sie überlebt. Der Yeti habe drei Yaks getötet.

Lachen mit aufgestellten Nackenhaaren

Yeti-Spuren? (fotografiert 1937 vom britischen Bergsteiger Frank Smythe)

Der Zwischenfall ist sogar auf meiner Trekking-Karte von National Geographic aus dem Jahr 2000 vermerkt, die ich noch im letzten Jahr benutzte, als wir durch das Gokyo-Tal wanderten. Als wir an der Stelle des vermeintlichen oder tatsächlichen Yeti-Überfalls nahe der 4470 Meter hohen Siedlung Machhermo vorbeikamen, machte ich meinen Sohn und unseren Guide auf die mögliche Gefahr aufmerksam. Wir lachten – und doch war eben da diese kleine Spur Ungewissheit dabei, die dafür sorgen kann, dass sich deine Nackenhaare kurzzeitig aufstellen: Hat es sich vielleicht doch so zugetragen?

Der Yeti lebt!

Yeti-Bären-Knochen aus einer Höhle in Tibet

Wenn man genau liest, lassen sich ja auch die US-Wissenschaftler ein kleines Hintertürchen offen, wenn sie bilanzieren: „Es deutet stark darauf hin, dass die biologische Grundlage der Yeti-Legende lokale Braun- und Schwarzbären sind.“ Der Hauch eines Zweifels bleibt. Vielleicht haben die Leute ja auch einfach nur Bärenhaare oder -knochen als Yeti-Relikt ausgegeben, weil die richtigen Schneemenschen zu stark und clever waren, sie sich abluchsen zu lassen. Der Yeti lebt – wie der Weihnachtsmann!

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Oswald Oelz: „Bergsteiger sind nicht belehrbar“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/oswald-oelz-bergsteiger-sind-nicht-belehrbar/ Fri, 04 Nov 2016 13:22:12 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=34157 Oswald Oelz

Oswald Oelz

„Ich werde bergsteigen, bis ich tot bin“, sagt Oswald Oelz, als wir uns kürzlich beim International Mountain Summit in Brixen gegenüber sitzen. Der 73 Jahre alte gebürtige Österreicher lebt als Ruheständler in einem alten Bauerhaus im Zürcher Oberland in der Schweiz. „Ich habe eine Farm mit Schafen, Papageien, Enten, Gänsen, Hühnern. Ich schreibe, lese viel, gehe bergsteigen. Und ich reise in der Welt herum.“ Oswald, genannt „Bulle“ Oelz, bestieg 1978 den Mount Everest, mit derselben Expedition, bei der Reinhold Messner und Peter Habeler den höchsten Berg der Erde erstmals ohne Flaschensauerstoff bestiegen. Oelz gelangen Erstbegehungen in den Alpen, in Alaska, Jordanien und im Oman. Bis 2006 arbeitete er als Chefarzt am Triemlispital in Zürich. Der Professor forschte auch im Bereich Höhenmedizin.

Oswald Oelz, Sie sind Bergsteiger und Arzt, Sie haben beide Welten kennengelernt. Es gibt immer wieder Todesfälle in den hohen Bergen wegen Höhenhirn- oder -lungenödemen. Hat die Bergsteigerwelt nichts gelernt in den vergangenen Jahrzehnten?

Die Bergsteigerwelt hat insofern nichts gelernt, dass sie immer noch dort hinaufsteigt, wo der Mensch eigentlich nicht hingehört. Oberhalb einer Höhe von 5300 Metern ist der Mensch auf die Dauer nicht überlebensfähig. Trotzdem geht er dort hinauf. Das ist ein Reiz, ein Kitzel. Wenn er sich ausreichend akklimatisiert, kann er auch kürzere oder längere Zeit dort oben bleiben. Das Problem ist, dass einerseits auch wenig höhentaugliche Leute dort hinaufsteigen wollen und dass sie andererseits zu schnell zu hoch steigen. Das typische Beispiel ist der Kilimandscharo, wo man in fünf Tagen oder noch weniger auf fast 6000 Meter hinaufsteigt. Dort gibt es eine ganz hohe Todesrate. Es sterben pro Jahr – das wird von der Regierung strikt unter Verschluss gehalten – ca. zwanzig so genannte Bergsteiger.

Oelz auf dem Gipfel des Mount Everest

Oelz auf dem Gipfel des Mount Everest

Am Everest haben angeblich zwei Drittel der Gipfelaspiranten leistungssteigernde Mittel im Gepäck, die ihnen verschrieben wurden. Wer trägt die Hauptverantwortung für das Doping, die Bergsteiger selbst oder eher die Ärzte, die ihnen diese Medikamente mitgeben?

Ich habe keine Ahnung, wie viel am Everest gedopt wird. Aber ich habe keine Zweifel, dass dort ganz viel „Three D“ verwendet wird. Die Amerikaner haben diesen Ausdruck geprägt für Diamox, Dexamethason und Dexedrine. Die Bergsteiger nehmen Diamox lange Zeit, dann Dexamethason, ein Kortisonpräparat, wenn es in die Höhe geht, und schließlich, um die letzten Kräfte zu mobilisieren, Amphetamin – also jenes Gift, das schon im zweiten Weltkrieg den Stuka-Piloten gegeben wurde, um sie richtig aggressiv zu machen. In der Geschichte des Alpinismus sind viele Bergsteiger an den Folgen dieser Amphetamine gestorben, am Nanga Parbat und anderen Bergen, weil sie sich über ihre Limits gepusht haben. Das wird offenbar von Ärzten verschrieben. Andererseits ist das natürlich auch auf krummen Wegen erhältlich. Heute kann man alles bekommen, was man will, wenn man nur dafür bezahlt.

Diamox und Dexamethason sind doch eigentlich Notfallpräparate.

Das ist sicherlich auch eine Ursache des Übels. Diamox halte ich noch für das harmloseste. Wenn jemand diesen brutalen Anstieg auf den Kilimandscharo in fünf Tagen herauf und herunter macht, dann ist er ein ziemlich sicherer Kandidat für Höhenkrankheit. Das kann man zu einem guten Teil vermeiden, wenn man Diamox nimmt. Es hat wenige Nebenwirkungen. Das Bier schmeckt grausig, das ist die schlimmste Nebenwirkung. Man muss ein bisschen mehr Wasser trinken, weil es wasserausscheidend wirkt. Aber sonst empfehle ich persönlich Diamox, wenn mich jemand fragt, der auf den Kilimandscharo will und die Höhe nicht so gut verträgt.

Beim Klettern in Jordanien

Beim Klettern in Jordanien

Sie waren 1978 auf dem Mount Everest, zusammen mit Reinhard Karl (Karl war der erste Deutsche auf dem Everest, 1982 starb er in einer Eislawine am Cho Oyu). Vier Jahre später haben Sie am Cho Oyu ein Höhenhirnödem gehabt, das Ihnen fast das Leben gekostet hätte. Wie ist so etwas zu erklären? Sie mussten doch eigentlich davon ausgehen, dass Sie die Höhe gut vertragen.

So gut wie zum Beispiel Reinhold Messner habe ich die Höhe nicht vertragen, aber doch recht ordentlich, wenn ich mich akklimatisiert habe. Aber ich hatte immer diesen Zeitdruck. Ich war ja im Spital tätig. Ich wollte dann in der wenigen Zeit, die ich fürs Bergsteigen übrig hatte, so schnell wie möglich so hoch wie möglich hinaufsteigen. 1982 hatte ich ein schweres Hirnödem. 1985 am Makalu sind wir innerhalb von neun Tagen von Zürich bis in eine Höhe von 7000 Metern am Berg vorgedrungen. Da hatte ich ein lebensbedrohliches Höhenlungenödem. Ich wäre gestorben, wenn ich nicht dort zum ersten Mal eine Therapie ausprobiert hätte, die dann auch gewirkt hat. Ich nahm das Herzmedikament Nifedipin, das den erhöhten Blutdruck im Lungenkreislauf senkt, der besonders beim Höhenlungenödem entscheidend ist. Das hat mir das Leben gerettet. Ich habe anschließend die entsprechenden Studien gemacht, und wir haben zeigen können, dass man mit diesem Medikament einerseits bei Leuten, die für Höhenlungenödeme prädisponiert sind, eine Prophylaxe betreiben kann. Das ist in meinen Augen kein Doping. Und dass es andererseits, wenn jemand schon ein Höhenlungenödem hat, die Situation ganz drastisch verbessert. Inzwischen hat man herausgefunden, dass man den gleichen Effekt mit Viagra erzielen kann. Das macht in der Lunge die Gefäße auf, nicht nur weiter unten. So sinkt der erhöhte Druck im Lungenkreislauf, und den Leuten geht es besser. Das ist natürlich lustiger, als ein Herzmedikament zu nehmen.

Sie sprechen von Prophylaxe. Wird sie wirklich praktiziert?

Ich kenne solche Leute. Wir haben 1989 im „New England Journal of Medicine“, dem führenden Journal in der Medizinszene, eine Arbeit publiziert, in der wir gezeigt haben, dass Leute mit Neigung, also einer Prädisposition zum Höhenlungenödem durch eine Prophylaxe mit diesem Herzmedikament bis zu einem gewissen Grad geschützt sind. Solchen Leuten, die z.B. schon in den Alpen auf einer Höhe von 3000, 3500 Metern ein Höhenlungenödem erlitten hatten, kann man das als Prophylaxe empfehlen. Es wäre natürlich gescheiter, ihnen zu sagen: Lasst dieses blöde Bergsteigen und geht schwimmen oder langlaufen oder was auch immer! Aber die Leute sind ja nicht belehrbar. Die wollen dann irgendein Medikament.

Peinliches Schauspiel

„Peinliches Schauspiel“

Sie hatten das Privileg, zu einer Zeit im Himalaya unterwegs zu sein, als es noch eine verlassene Bergregion war, in der es keinen Tourismus gab. Wie denken Sie darüber, was heute dort los ist?

Ich verfolge das, was heute im Himalaya passiert, mit Faszination. Es ist unglaublich, was die jungen, wirklich guten Kletterer an den schwierigen Wänden der Siebentausender machen. Was ich mit größter Trauer verfolge, ist, was am Everest und an den kaufbaren Achttausendern stattfindet. Diese unendlichen Schlangen von Kunden, die von den Sherpas da hochgezogen werden, das finde ich ein peinliches Schauspiel.

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Nives Meroi: „Die Arroganz des kommerziellen Bergsteigens“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/nives-meroi-die-arroganz-des-kommerziellen-bergsteigens/ Mon, 04 Jul 2016 20:55:00 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=33095 Auf dem Weg zum Makalu

Auf dem Weg zum Makalu

Ein Achttausender fehlt noch. Dann wären Nives Meroi und Romano Benet das erste Ehepaar, das alle 14 höchsten Berge der Welt gemeinsam bestiegen hat – und das ohne Flaschensauerstoff und Sherpa-Unterstützung. Am 12. Mai standen die beiden 54-Jährigen aus Italien auf dem Gipfel ihres Achttausenders Nr. 13, dem 8485 Meter hohen Makalu in Nepal.
Nives war 19 Jahre alt, als sie Romano kennenlernte. Erst wurde er ihr Seilpartner, dann auch ihr Lebenspartner. Seit 27 Jahren sind die beiden verheiratet. 1998 bestiegen sie mit dem Nanga Parbat ihren ersten Achttausender. 2003 gelang ihnen im Karakorum die Trilogie aus Gasherbrum I, II und Broad Peak innerhalb von nur 20 Tagen. 2007 war Meroi die erste Italienerin, die den Mount Everest ohne Atemmaske bestieg.

Lebensbedrohliche Krankheit

Doch es gab auch Rückschläge. 2009 hatte Nives noch gute Chancen, die erste Frau auf allen Achttausendern zu werden. Am Kangchendzönga verließen Romano plötzlich auf 7500 Metern die Kräfte. Er versuchte, Nives zu überreden, alleine weiterzuklettern. Sie weigerte sich, stieg stattdessen mit ihm ab. Der Grund für Benets Schwäche war ein Schlag ins Kontor: Aplastische Anämie, eine Sonderform der Blutarmut. Zwei Knochenmark-Transplantationen waren nötig, um Romanos Leben zu retten. Sie kehrten in den Himalaya zurück. 2014 bestiegen sie den Kangchendzönga. Und jetzt den Makalu. Fünf Fragen an und fünf Antworten von Nives Meroi:

Nives, ihr habt es geschafft, den Makalu zu besteigen, euren 13. Achttausender. Wenn du ihn mit den anderen zwölf vergleichst, war es eher eine der leichteren oder der schwierigeren Besteigungen?

Technisch gesehen, war es, abgesehen von den letzten 500 bis 600 Metern hinauf zum Makalu La  (7400 Meter hoher Sattel auf dem Normalweg zum Gipfel), nicht sehr schwierig. In diesem Frühjahr waren auch die Bedingungen in der Wand gut. Das Hauptproblem war der Wind, der uns lange Zeit im Basislager hat warten lassen, und die Kälte, durch die ich mir leichte Erfrierungen an den Zehen zugezogen habe.

Nach der Besteigung des Everest 2007

Nach der Besteigung des Everest 2007

Es war euer dritter Versuch am Makalu nach einem im Herbst 2007 und einem weiteren im Winter 2007/2008. Nun habt ihr es im Frühjahr versucht und wart erfolgreich. War es das Erfolgsgeheimnis, sich für diese Jahreszeit zu entscheiden?

Im Herbst 2007 waren Romano und ich die einzige Expedition am Makalu. Bei unserer Ankunft hatte eine Wetterstörung zwei Meter Schnee auf das Basislager abgeladen. Wir spurten immer wieder aufs Neue und erreichten schließlich den Makalu-La, aber es war zu spät. Als wir versuchten, den Gipfel zu erreichen, kam der Jetstream an und zwang uns abzusteigen.
Im Winter 2007/2008 dagegen hatten wir blauen Himmel und die Bedingungen in der Wand waren außergewöhnlich gut. Doch Windböen von bis zu 100 Stundenkilometern im Basislager hielten uns davon ab aufzusteigen. Während eines Monats gab es nur zwei windstille Tage und es gelang uns, fast bis zum Makalu-La aufzusteigen. Doch am 9. Februar zerstörte eine starke Windböe unser Basislager und nahm uns alles. Ich wurde vom Boden gerissen und brach mir meinen Knöchel. Meine beiden Gefährten, Romano und Luca
(Vuerich; er starb 2010), trugen mich zwei Tage lang über den Gletscher zum Hillary-Camp, von wo aus wir per Hubschrauber gerettet wurden.
Wenn du einen Achttausender besteigen willst, brauchst du auch Wetterglück!

Makalu-Basislager

Makalu-Basislager

In diesem Frühjahr waren auch kommerzielle Expeditionen am Berg. Romano und du, ihr klettert immer ohne Flaschensauerstoff und ohne Unterstützung von Sherpas. War es schwierig, euch mit diesen Teams zu arrangieren?

Ja. Von Jahr zu Jahr müssen wir mehr Energie im Basislager darauf verschwenden, uns vor dem anmaßenden Verhalten und der Arroganz des kommerziellen Bergsteigens zu schützen.

In deinem Buch “Ich werde dich nicht warten lassen”, das kürzlich auf Deutsch erschienen ist, beschreibst du Romanos Krankheit, Aplastische Anämie, als den „15 Achttausender“, den ihr bestiegen habt. Wie hat diese Erfahrung deine und Romanos Einstellung verändert?

Nach einer ersten Zeit, in der Romano sich darüber ereifert hat, dass die Krankheit ihm Jahre gestohlen hat, sieht er das Ganze nun leidenschaftsloser. Ich bin vielleicht ängstlicher geworden, die Erinnerung an die Krankheit macht mir immer noch Angst.

Nives und Romano 2009 am Kangchendzönga)

Nives und Romano 2009 am Kangchendzönga

Jetzt fehlt nur noch die Annapurna in eurer Achttausender-Sammlung. Legt man die Todesrate zu Grunde, ist es der gefährlichste Achttauender. Wie beurteilst du die Schwierigkeit dieser Besteigung, und wann wollt ihr sie versuchen?

Wir machen lieber keine Pläne. Wir werden sehen, ob wir eine Chance dazu erhalten, physisch und auch wirtschaftlich. Es wäre dann unser dritter Anlauf. Beim ersten Mal, 2006, versuchten wir es von Norden aus, beim zweiten Mal, 2009, von Süden aus. Beide Male brachen wir die Aufstiege ab, weil die Bedingungen zu gefährlich waren. Romano und ich sind Experten in der „Kunst der Flucht ohne Scham“. Und sollten wir wieder dorthin zurückkehren, werden wir es erneut auf diese Weise angehen.

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Höhenhirnödem: Die versteckte Gefahr https://blogs.dw.com/abenteuersport/hoehenhirnoedem-die-versteckte-gefahr/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/hoehenhirnoedem-die-versteckte-gefahr/#comments Thu, 07 Apr 2016 15:23:44 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=32317 Dr. Tobias Merz (l.) und Co-Expeditionsleiter Urs Hefti auf dem Gipfel des Himlung Himal

Dr. Tobias Merz (l.) und Co-Expeditionsleiter Dr. Urs Hefti auf dem Gipfel des Himlung Himal (© T. Merz)

20 Ärzte, knapp doppelt so viele Versuchspersonen. Die Schweizer Forschungsexpedition zum Siebentausender Himlung Himal im Herbst 2013 hatte sich zum Ziel gesetzt, die Auswirkungen großer Höhe auf den menschlichen Körper zu untersuchen. Mehr als zwei Jahre später liegen die ersten Ergebnisse auf dem Tisch. Ich habe darüber mit Dr. Tobias Merz gesprochen. Der 46-Jährige ist leitender Arzt an der Universitätsklinik für Intensivmedizin in Bern. Seit seiner Jugend ist Merz Bergsportler. Dass er sich auch der Höhenmedizin verschrieben hat, ist kein Zufall. „Im intensivmedizinischen Bereich ist es eine Krankheit, die Organsysteme in den Grenzbereich des Möglichen bringt, in der Höhenmedizin sind es die äußeren Umstände“, sagt Merz. Als Bergsteiger hatte er schon vor der Expedition zum Himlung Himal eigene Erfahrungen mit großer Höhe in den Anden und im Himalaya gemacht. Am Achttausender Shishapangma erreichte Merz eine Höhe von etwa 7600 Metern. Auf den Gipfel musste er damals verzichten, weil er für eine Rettungsaktion gebraucht wurde. Am Himlung Himal stand er auf dem höchsten Punkt.

Dr. Merz, Sie haben 2013 den 7126 Meter hohen Gipfel des Himlung Himal erreicht. Wird Ihnen angesichts Ihrer nun vorliegenden ersten Forschungsergebnisse im Nachhinein noch mulmig?

Ich wusste schon vorher, dass Höhenbergsteigen eine Risikosportart ist, und dass man sich im Grenzbereich des Physiologischen und auch des Vernünftigen bewegt. Für mich waren die Ergebnisse mehr eine Bestätigung dessen, was ich geahnt habe und weniger eine Riesenüberraschung.

Aber Sie haben etwas Beunruhigendes für Höhenbergsteiger zutage gefördert.

Wir hatten eigentlich zwei wesentliche Resultate. Eines ist sehr beruhigend, eines sehr beunruhigend.

Im Aufstieg

Im Aufstieg (© T. Merz)

Fangen wir mit der schlechten Nachricht an.

Es waren 38 Versuchspersonen, die an diesem Berg unterwegs waren. 15 von ihnen sind auf eine Höhe von über 7000 Metern gelangt. Bei drei dieser Personen haben wir Hinweise gefunden, dass sie bei der Besteigung ein Hirnödem erlitten, also dass aus den Blutgefäßen Flüssigkeit ins Hirngewebe ausgetreten war. Das Hirn schwillt dann an, das Ganze kann zu einer lebensbedrohlichen Situation führen. Beunruhigend war, dass wir als Ärzte und auch die Probanden von diesen Hirnödemen nichts gemerkt haben. Eigentlich ist die klassische Lehrmeinung, dass parallel zur Entwicklung eines Hirnödems klinische Symptome auftreten wie Kopfschmerzen, Übelkeit, allgemeines Missbefinden und dass man noch Zeit hat, Maßnahmen zu treffen, sprich in erster Linie schnell abzusteigen, um eine lebensbedrohliche Komplikation zu vermeiden. Aber offensichtlich ist es nicht so. Wir denken, dass diese Hirnödeme auch ohne Warnzeichen auftreten können. Das macht die Situation natürlich deutlich kritischer, wenn wie aus dem Nichts innerhalb von Minuten in eine klinische Katastrophe eintreten kann.

Aber es handelte sich doch um Mikroblutungen, die von den Bergsteigern gar nicht wahrgenommen wurden.

Richtig. Diese Leute fühlten sich oben genauso wie jene, die keine Mikroblutungen hatten. Aber diese Mikroblutungen, die wir hinterher bei den Probanden nachweisen konnten, sind ein Beweis für ein erhebliches Hirnödem in großer Höhe. Die gute Nachricht ist, dass diese Mikroblutungen nicht mit einem Hirnschaden gleichzusetzen sind. Diese Bergsteiger sind zurückgekommen und haben jetzt ein völlig normales Hirn. Man sieht zwar noch ein paar ausgetretene Blutzellen, aber das Hirngewebe ist unverletzt. Die Bergsteiger sind also noch mal davongekommen. Sie waren kurz davor, ein schweres Hirnödem zu entwickeln. Es braucht dann nur wenig Volumenzunahme, um von einer normalen Bewusstseinslage in ein Koma zu fallen.

Blutentnahme im Basislager

Blutentnahme im Basislager (© T. Merz)

Es gibt also keine Vorboten. Kann man denn wenigstens sagen, ab welcher Höhe das Risiko für ein Hirnödem extrem ansteigt?

Wir können das aufgrund unseres Studiendesigns nicht beweisen. Wir haben die MRIs (Untersuchungen per Magnetresonanztomographie) vor und nach der Expedition gemacht. Die Mikroblutungen sind irgendwann dazwischen aufgetreten. Aber wir haben sie nur bei Probanden gefunden, die über 7000 Metern waren. Das ist kein Beweis, aber immerhin ein Hinweis. Es handelte sich zudem um die Versuchspersonen, die die tiefsten Sauerstoff-Messwerte von allen hatten. Wir haben während der Expedition bei den Teilnehmern zweimal am Tag die Sauerstoffsättigung im arteriellen Blut überprüft.

Gibt es vielleicht eine Veranlagung für Höhenhirnödeme? Und könnte man diese Anfälligkeit im Vorfeld untersuchen und einschätzen lassen?

Nein, solche Tests gibt es nicht. Man könnte allenfalls ganz pragmatisch sagen: Jemand, der schon einmal auf 4000 Metern ein Hirnödem entwickelt hat, ist wahrscheinlich in größerer Höhe anfälliger dafür, dass es wieder passiert, als jemand, der noch nie ein Hirnödem hatte. Aber dazu gibt es keine Untersuchungen.

Wahrscheinlich sind aber jüngere Leute anfälliger als ältere. Das hat eher mechanische Gründe. Das Hirnvolumen nimmt im Alter ab, das heißt ein 65-Jähriger hat deutlich weniger Hirnsubstanz im Schädel als ein junger Mensch. Wenn das schon etwas geschrumpfte Hirn beginnt anzuschwellen, hat es einfach mehr Platz als bei einem 20-Jährigen, bei dem das Innere des Schädels wirklich größtenteils mit Hirnmasse ausgefüllt ist.

Würden Sie vor dem Hintergrund Ihrer Studie sagen, dass Höhenbergsteigen ab einer bestimmten Höhe aus medizinischer Sicht unverantwortlich ist?

Ich würde eher sagen, dass sich jeder Bergsteiger selbst überlegen muss, welches Risiko er eingehen will. Man muss sich der Gefahr bewusst sein, dass bei einem gewissen Prozentsatz ein Hirnödem entstehen kann. Das ist dann – wie bei allen Risikosportarten – eine individuelle Entscheidung, ob man diese Gefahr in Kauf nimmt.

Eine Expedition zu dem Berg, den wir bestiegen haben, kann man im Katalog für 12.000 bis 14.000 Euro buchen. Wir als Konsumenten gehen davon aus, dass ein Produkt, das wir kaufen, sicher ist. Und wir delegieren auch gerne die Verantwortung für unser Wohlbefinden an den Veranstalter, den Expeditionsleiter oder den Bergführer. Aber so funktioniert es nicht. Eigentlich muss sich jeder Höhenbergsteiger bewusst sein, dass er persönlich dieses Risiko eingeht und ihm niemand diese Verantwortung abnehmen kann. Dieses Bewusstsein fehlt ein bisschen im kommerziellen Höhenbergsteigen.

Lager 2 am Himlung Himal

Lager 2 am Himlung Himal (© T. Merz)

Und auch ein Expeditionsarzt, so es einen gibt, kann wenig ausrichten.

Die Chance, dass er krank wird, ist genauso groß wie bei allen anderen. Und er kann medizinisch gegen ein Höhenhirnödem wenig machen. Schon der Abtransport eines Bergsteigers aus 7000 Metern ist schwierig. Dann muss es auch noch schnell gehen. Das bringt eine Expedition sehr schnell an den Rand der logistischen Möglichkeiten.

Zum Abschluss noch einmal die gute Nachricht: Die Aussage, dass Höhenbergsteigen dumm macht, gehört nach ihrer Studie also endgültig ins Lexikon der populären Irrtümer.

Ja. Wir hatten aus methodischen Gründen Zweifel an Ergebnissen früheren Studien, dass Bergsteigen in größeren Höhen, beginnend schon in Mont-Blanc-Höhe, zu Hirnschäden führt. Meistens wurden hier jedoch nur Bergsteiger mit Nicht-Bergsteigern verglichen. Wenn ich 45-jährige Bergsteiger mit 20-jährigen Medizinstudenten vergleiche, werde ich aber immer einen relevanten Unterschied finden. Deshalb haben wir diese Studie durchgeführt, in der wir jeden Bergsteiger vorher und nachher per MRI untersuchten. Wir konnten nicht nachweisen, dass es zu Verlust von Hirnsubstanz kommt und auch nicht, dass Mikroinfarkte auftreten, wie in früheren Studien beschrieben. Selbst die drei Bergsteiger in unserer Gruppe, die Mikroblutungen hatten, erlitten keinen bleibenden Hirnschaden. Die Hirnödeme sind wieder weg.

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Dalai Lama: Klimawandel bedroht Dach der Welt https://blogs.dw.com/abenteuersport/dalai-lama-klimawandel-bedroht-dach-der-welt/ Wed, 21 Oct 2015 11:55:34 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=30913 Da schmilzt er dahin

Da schmilzt er dahin

200 Meter Luftlinie von meinem Schreibtisch entfernt wird über nicht weniger verhandelt als die Zukunft des Planeten. Im Bonner World Conference Center beraten noch bis Freitag Vertreter aus aller Welt über ein neues Klimaabkommen. Es soll beim Weltklimagipfel in Paris verabschiedet werden, der Ende November beginnt. Wie so häufig, wenn es um das Klima geht, gestalten sich die Verhandlungen zäh. Die Solidarität mit den Staaten, die schon jetzt die Auswirkungen des Klimawandels spüren, hält sich in Grenzen. Meist gilt: Ökonomie schlägt Ökologie. Dass die Uhr tickt, zeigen uns die Gletscher, die mit wenigen Ausnahmen weltweit abschmelzen. Die vom US-Bergsteiger David Breashears gegründete Organisation Glacier Works hat eindrucksvoll dokumentiert, wie weit sich etwa die Gletscher rund um den Mount Everest in den vergangenen Jahrzehnten zurückgezogen haben. Jetzt hat auch der Dalai Lama auf die Folgen des Klimawandels für seine tibetische Heimat hingewiesen.

Der dritte Pol

„Dieser blaue Planet ist unser einziges Zuhause und Tibet sein Dach. Es ist so wichtig wie die Arktis und die Antarktis, es ist der dritte Pol“, sagt das geistliche Oberhaupt der tibetischen Buddhisten in einer Videobotschaft (s.u.) aus dem Exil in Indien. „Das tibetische Hochplateau muss geschützt werden, nicht nur für die Tibeter, sondern für eine gesunde Umwelt und Nachhaltigkeit der gesamten Welt.“

Der 80-Jährige weist ausdrücklich darauf hin, dass er seine Worte nicht als politische Botschaft, sondern als eine humanitäre verstanden wissen will.

Trinkwasser für über eine Milliarde Menschen

Auch chinesische Wissenschaftler weisen seit langem auf die Folgen des Klimawandels für die Gletscher in Tibet. Die Durchschnittstemperatur auf dem über 4000 Meter hohen Plateau ist in den letzten fünf Jahrzehnten um 1,3 Grad Celsius gestiegen und damit deutlich stärker als im weltweiten Durchschnitt. Die Gletscher Tibets gelten als Trinkwasser-Reservoir für rund 1,3 Milliarden Menschen in Asien. Vor diesem Hintergrund appelliert der Dalai Lama an die junge Generation des 21. Jahrhunderts, sich stärker für den Schutz des Planeten zu engagieren – und damit auch für den Umweltschutz im Himalaya, speziell in Tibet. Ob sein Ruf die Verhandlungsführer hier in Bonn und später dann in Paris erreicht? Schlecht wäre das nicht.

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Viele Fragezeichen nach dem Erdbeben https://blogs.dw.com/abenteuersport/viele-fragezeichen-nach-dem-erdbeben/ Mon, 27 Apr 2015 16:51:53 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=29221 Rettungsflüge am Everest

Rettungsflüge am Everest

Tag drei nach dem verheerenden Beben in Nepal. Die Zahl der Toten in dem Land liegt mittlerweile bei fast 4000, und sie steigt unaufhörlich. Ein Ende der Hiobsbotschaften ist nicht in Sicht. Noch immer konzentrieren sich die Meldungen auf die besonders stark getroffene Hauptstadt Kathmandu und die Region um den Mount Everest. Aus den übrigen Regionen des Landes tröpfeln nur einzelne Nachrichten ein. Trekkingtouristen berichten, dass am Samstag nach dem Beben auch auf der Annapurna-Runde Gerölllawinen niedergegangen seien. Auf dem Trekkingpfad um den Achttausender Manaslu warten offenbar zahlreiche Wanderer darauf, mit dem Hubschrauber evakuiert zu werden. Das Basislager zu Füßen der Annapurna wurde nach den Erdstößen am Samstag von einer Lawine getroffen. „Sie begrub uns in den Zelten. Wir schnitten uns mit unseren Messern den Weg nach draußen frei. Danach mussten zwei Sherpas und ich einen Teamkameraden befreien“, berichtete der kanadische Bergsteiger Al Hancock.

Hubschrauber-Luftbrücke ins Hochlager

Am Mount Everest nähert sich die Rettungsaktion für die in Lager 1 auf über 6000 Metern festsitzenden Bergsteiger dem Ende. Nur noch 15 Kletterer warten darauf, mit dem Hubschrauber ins Tal geflogen zu werden. Den ganzen Montag hatte es eine regelrechte Luftbrücke nach Lager 1 gegeben, wo ursprünglich rund 150 Bergsteiger gestrandet waren. Pausenlos waren die Hubschrauberpiloten im Einsatz. Die „Icefall Doctors“ haben ihre Arbeiten an der Route durch den Khumbu-Eisbruch aus Angst vor Nachbeben gestoppt. Angeblich kamen bei einem Nachbeben am Sonntag in dem Eislabyrinth drei Sherpas ums Leben. Wie viele Bergsteiger die riesige Lawine getötet hat, die am Samstag als Folge des Erdbebens vom Siebentausender Pumori abgegangen war und das Everest-Basislager getroffen hatte, ist immer noch unklar. Die Angaben schwanken derzeit zwischen 16 und 19. Zu den Überlebenden zählte der deutsche Bergsteiger Jost Kobusch. Der 22-Jährige drehte ein Video, das einem schon beim Anschauen buchstäblich den Atem nimmt:

Stopp auf der tibetischen Everest-Nordseite?

Die Nordseite des Mount Everest

Die Nordseite des Mount Everest

Unklar ist die Lage auf der tibetische Nordseite des Mount Everest. Die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua meldet, dass China alle Expeditionen in diesem Frühjahr abgeblasen hat. Die Agentur beruft sich auf einen hochrangigen Beamten, der die Entscheidung damit begründet habe, dass im Mai weitere Nachbeben drohten. Im „Chinese Basecamp“ diskutierten heute Regierungsvertreter mit den Expeditionsleitern. Nach meinen Informationen soll es am Dienstagmorgen ein weiteres Treffen geben. Das deutsche Bergsteiger-Ehepaar Alix von Melle und Luis Stitzinger hat aus eigenen Stücken seine Everest-Expedition auf der Nordseite abgebrochen. „Wir können und wollen unsere Augen vor dem Leid, das sich (in Nepal) zugetragen hat, nicht verschließen“, schreiben Alix und Luis auf ihrer Homepage. „Darüber hinaus möchten wir nicht der Grund dafür sein, weshalb nepalische Helfer, Köche und Climbing Sherpas weiterhin vor Ort gehalten werden und nicht zu ihren Familien nach Hause können, um dort nach dem Rechten zu sehen.“

P.S.: Der deutsche Arzt und Bergsteiger Matthias Baumann ist nach Nepal gereist, um dort als Unfallchirurg den Erdbebenopfern zu helfen. Er hat auch eine Spendenaktion gestartet: Himalayan Project e.V., Kreissparkasse Biberach, IBAN DE45 6545 0070 0007 0581 89, BIC: SBCRDE66, Kennwort: „Erdbeben Opfer“

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Gesucht: Neue Berghütte im Himalaya https://blogs.dw.com/abenteuersport/gesucht-neue-berghuette-im-himalaya/ Thu, 29 Jan 2015 14:06:19 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=28229 Wettbewerbsplakat für die Himalaya-Berghütte

Wettbewerbsplakat für die Himalaya-Berghütte

Wie in den Alpen sollen Bergsteiger bald auch im Himalaya in Schutzhütten Unterschlupf finden. Nicht in einfachen Blech- oder Holzverschlägen. Zweckmäßig, pflegeleicht, nicht zu teuer, aber bitte auch schön und bequem sollen die neuen Hütten sein. Der Nepalesische Bergsteigerverband (NMA) hat dafür zusammen mit dem nepalesischen Entwicklungsprogramm Samarth einen Architekten- und Designerwettbewerb ausgeschrieben. Gesucht wird „eine neuartige Unterkunft für große Höhen, die erste ihrer Art in Nepal“.

Umweltverträglich

Sie muss Hitze, Kälte, Regen, Schnee und Wind standhalten. Die Hütte soll zehn bis 20 Personen bei miesem Wetter mehrere Tage lang einen „bequemen Zufluchtsort“ bieten, ausreichend Stauraum für Kletterausrüstung wie Seile oder Klettergurte und auch eine umweltverträgliche Strom- und Wasserversorgung. Die Ausschreibung sieht vor, dass der Prototyp als Serbst-Versorger-Hütte geeignet ist, aber auch als bewirtschaftete Hütte mit Küche und kleinem Laden. Bis zum 1. April können sich Bewerber anmelden, spätestens am 10. April müssen die Vorschläge vorliegen. Am 30. April soll dann der Gewinner des Wettbewerbs verkündet werden und einen Siegerscheck über 5000 US-Dollar erhalten. In der 13-köpfigen Jury sitzen Architekten unter anderem aus den USA, Großbritannien, Frankreich, Hongkong und Singapur, seltsamerweise aber kein Nepalese.

Ein Modell, viele Ausführungen

Auf der Annapurna-Runde

Auf der Annapurna-Runde

Die erste Hütte soll am 5896 Meter hohen Paldor Peak entstehen, einem beliebten Aussichtsberg im Massiv des Ganesh Himal, nordwestlich der nepalesischen Hauptstadt Kathmandu. Fernziel ist laut Ausschreibung, nach der Schablone des Siegermodells „in allen Landesteilen entlang dem Himalaya“ Hütten zu bauen. Mit dieser Initiative reagiert der Nepalesische Bergsteigerverband wohl auch auf die Vorwürfe nach den schweren Unwettern Mitte Oktober, bei denen im Gebiet rund um den Achttausender Annapurna rund 30 Menschen ums Leben gekommen waren, darunter viele Trekkingtouristen. Damals hatten Kritiker unter anderem bemängelt, dass in den betroffenen Gebieten auf der beliebten Annapurna-Runde Notunterkünfte fehlten, in denen die Wanderer Schutz vor den Schneestürmen hätten finden können.

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Micks Tipps https://blogs.dw.com/abenteuersport/mick-fowler-tipps/ Tue, 09 Dec 2014 16:28:55 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=27903 Mick Fowler

Mick Fowler

Für uns im „Club der Halbhunderter“ wirken Leute wie Mick Fowler wie ein Antidepressivum. Der 1956 (!) geborene britische Extrembergsteiger beweist alljährlich, dass einem auch noch jenseits der 50 großartige sportliche Projekte gelingen können. Der Zenit der körperlichen Leistungsfähigkeit mag überschritten sein. Gott mag uns auch – wie Bruce Willis einst treffend bemerkte – die Haare vom Kopf genommen und in die Ohren gesteckt haben. Aber uns bleibt immer noch die Erfahrung als Pfund, mit dem wir wuchern können. An seinem reichen Erfahrungsschatz lässt Fowler nun alle teilhaben. Der 58-Jährige hat zehn Tipps für erfolgreiche Expeditionen zu den höchsten Bergen der Welt zusammengetragen.

Richtiger Partner, richtiges Ziel

Mick (r.) und Paul Ramsden

Mick (r.) und Paul Ramsden

„Du brauchst jemand, der dieselbe Einstellung zu Risiko und Wagnis hat wie du selbst“, sagt Mick. (Tipp 1) Er hat den idealen Seilpartner in seinem Landsmann Paul Ramsden gefunden, mit dem er regelmäßig wilde Touren zu Sechstausendern im Himalaya unternimmt. Zweimal (2002 und 2013) wurden Mick und Paul dafür bereits mit dem  Piolet d’Or ausgezeichnet, dem Oscar der Bergsteiger. “Suche dir ein Ziel aus, an dem du eine realistische Erfolgschance hast”, rät Mick. (2) Dabei gelte es, einige Faktoren zu berücksichtigen, etwa die verfügbare Zeit, die Höhe und die Entfernung vom Basislager bis zum Einstieg der Route. „Und beurteile, soweit möglich, schon im Vorfeld die wahrscheinlich auftretenden objektiven Gefahren.“ Wichtig sei ferner, was eigentlich auf der Hand liege: eine vernünftige Akklimatisierung. (3) Die Versuchung sei groß, an der Zeit zu sparen, sagt Fowler. Er selbst verbringe vor dem Gipfelversuch mindestens drei Nächte in der Zone tausend Meter unterhalb des höchsten Punkts und lege dann einen Ruhetag im Basislager ein, bevor er Richtung Gipfel aufbreche. „Dann habe ich eine gute Erfolgschance – sofern ich nicht zu schnell vorankomme und mich noch auf der Route weiter akklimatisieren kann.“

In der Ruhe liegt die Kraft

Apropos Geschwindigkeit: Mick rät dazu, früh aufzubrechen und nicht zu lange unterwegs zu sein. (4) „Früh aufzuhören, ist kein Verbrechen. Beeile dich nicht! Genieße es, in den Bergen zu sein! Genau dafür bist du doch dort!“ Ruhe und Geduld seien unabdingbar für anspruchsvolle Touren im Himalaya, schließlich seien Wetterumschwünge jederzeit möglich. „Denke nicht gleich an den Abstieg, wenn erste Vorboten schlechten Wetters auftauchen, sondern sei darauf vorbereitet, es auszusitzen!“, empfiehlt der Brite. „Nimm eine zusätzliche Gaskartusche mit und ein Buch, um die Zeit totzuschlagen!“ (5) Am Gipfeltag sollten Bergsteiger nach Meinung Fowlers der Versuchung widerstehen, den Großteil der Ausrüstung im letzten Lager zurückzulassen, um mit möglichst wenig Gewicht aufzusteigen (6): „Allzu oft ist der Weg zum Gipfel weiter als erwartet, und du musst ein unplanmäßiges Biwak ohne Ausrüstung einlegen. Und das führt allzu oft zu einem Rückzug und einem Team, das zu müde ist, um es am nächsten Tag noch einmal zu versuchen. Aus diesem Grund habe ich meine gesamte Ausrüstung immer dabei.“

Tröstende Worte

Ausrüstung ist das halbe (Über-) Leben

Ausrüstung ist das halbe (Über-) Leben

Und hier sind Micks übrige vier Tipps in Kürze:

(7) Denke auch an die mögliche Hitze im Himalaya!
(8) Trinke viel und nimm etwas zum Essen mit, das du nicht aufwärmen musst!
(9) Packe nicht nur einen Biwaksack ein, sondern zumindest ein leichtes Zelt!
(10) Spare nicht an der Ausrüstung!

Für alle, die sich jetzt an zahlreiche Fehler im Hochgebirge erinnern und sich für die großen Bergtrottel halten, hat Fowler noch ein paar tröstliche Worte parat: „Über die Jahre habe ich alle erwähnten Fehler selbst gemacht. Ich hoffe, dass euch meine Tipps dabei helfen, einige zu vermeiden und dass ihr die Freude erlebt, Erfolge im Himalaya zu feiern.“ Wie Mick, unser Ü50-Antidepressivum.

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Gipfelerfolge an Kantsch und Co. https://blogs.dw.com/abenteuersport/gipfelerfolge-an-kantsch-und-co/ Mon, 19 May 2014 16:08:42 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=26143 Denis Urubko am Kangchendzönga

Denis Urubko am Kangchendzönga

Der Mount Everest harrt noch der ersten Besteigung in diesem Frühjahr. Von anderen Achttausendern laufen dagegen Erfolgsmeldungen ein. So verkündete der russische Bergsteiger Denis Urubko, dass er heute morgen um 9.40 Uhr Ortszeit alleine von Norden her den 8586 Meter hohen Gipfel des Kangchendzönga, des dritthöchsten Bergs der Erde, erreicht habe. Seine Mitstreiter, der Pole Adam Bielecki, der Spanier Alex Txikon und die Russen Artjom Braun und Dmitri Sinev, sollen inzwischen wie Urubko den Abstieg angetreten haben. Bielecki, Txikon und Sinev waren zuvor auf 8350 Metern umgekehrt. Ursprünglich hatten Urubko und Co. angekündigt, eine neue Route durch die Nordwand eröffnen zu wollen. Offenkundig wurde daraus eher eine Variante der britischen Nordgrat-Route, die 1979 Doug Scott, Peter Boardman und Joe Tasker gewählt hatten.

Altersrekordler hat wieder zugeschlagen

Carlos Soria am Gipfel

Carlos Soria am Gipfel

Von der Normalroute auf der Südseite des Kangchendzönga wurden mehrere Gipfelerfolge vermeldet. Bemerkenswert war der Aufstieg des schon recht betagten, aber immer noch topfitten Spaniers Carlos Soria. Mit 75 Jahren ist er nun der älteste Bergsteiger, der jemals den Gipfel des „Kantsch“ erreicht hat. Soria hält bereits die Altersrekorde an den Achttausendern K 2 (65 Jahre), Broad Peak (68), Makalu (69), Gasherbrum I (70) und Manaslu (71). Und er will die 14 Achttausender voll machen. Dazu fehlen ihm jetzt nur noch Shishapangma, Annapurna und Dhaulagiri. Ebenfalls ganz oben auf dem  Kangchendzönga standen der Finne Samuli Mansikka und der Italiener Marco Camandona, beide offenbar ohne Flaschensauerstoff. Für Mansikka war es der achte, für Camandona der sechste Achttausender.

Zu spät dran

Alix (r.) und Luis am Makalu

Alix (r.) und Luis am Makalu

Am Makalu kehrte das deutsche Bergsteiger-Ehepaar Alix von Melle und Luis Stitzinger am Samstag auf 8250 Metern um. „Wie wir das Blatt auch drehten und wendeten, die Zeit erschien uns einfach zu knapp, um noch bei Helligkeit auf den Gipfel zu gelangen“, schreiben Alix und Luis in ihrem Expeditionstagebuch. Wenn alles passt, wollen sie um den 24. Mai herum einen zweiten Versuch wagen. Bereits im ersten Anlauf hat es ihr Begleiter Florian Hübschenberger geschafft. Der 27-Jährige erreichte am Samstag mit dem Schweizer Mike Horn den höchsten Punkt auf 8485 Metern.

Gipfelerfolge gab es am Wochenende auch am Cho Oyu und Dhaulagiri. Bereits am vergangenen Mittwoch erreichten vier Kletterer einer französischer Militärexpedition den Gipfel der Shishapangma, nachdem sie die Südwand durchklettert hatten.

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Überlebt, verarbeitet: Ein Jahr nach der Manaslu-Lawine https://blogs.dw.com/abenteuersport/ueberlebt-verarbeitet-ein-jahr-nach-der-manaslu-lawine/ Tue, 29 Oct 2013 13:47:52 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=24005

Manaslu, der „Berg der Seele“

Am Jahrestag des Lawinenunglücks am Manaslu hatte Sebastian Haag „einen schweren Kater“. Er habe schlicht beim Wiesn-Anstich zum Auftakt des Münchner Oktoberfestes zu tief ins Glas geschaut, erzählt mir Sebastian beim IMS in Brixen. Mit den Ereignissen im Herbst 2012 am Manaslu habe das nichts zu tun gehabt. „Wir haben dort keine Freunde verloren. Ich habe andere Traumata erlebt, wo ich Menschen verloren habe, die ich sehr geliebt habe“, sagt der 34-Jährige. Zum Beispiel seinen Bruder. Der stürzte beim Bergsteigen in den Tod, als eine Wächte brach. „Die Erfahrung am Manaslu war dagegen – in Anführungszeichen – nur intensiv.“

 Instinktiv funktioniert

22. September 2012: Am achthöchsten Berg der Erde erwischt am frühen Morgen eine riesige Lawine gleich zwei Hochlager auf über 6000 Metern. Sebastian Haag und Benedikt Böhm entkommen der Katastrophe, weil sie ein ungutes Gefühl hatten und ihr Zelt weit abseits der anderen aufgebaut haben. Elf Bergsteiger kommen ums Leben. Dass nicht mehr Opfer zu beklagen sind, ist auch den beiden Deutschen zu verdanken. Sebastian und Benedikt graben Verschüttete aus und leisten erste Hilfe. „Wir haben einfach das gemacht, was wir für richtig gehalten haben, wir haben instinktiv funktioniert“, erinnert sich Benedikt. „Das ist eine Mischung aus Wissen, Erfahrung und unmittelbarer Wahrnehmung.“

Nicht den Schwanz einziehen

Drei Teammitglieder kehren nach dem Lawinenunglück heim, drei bleiben, darunter Böhm und Haag. „Für mich hätte ein Abschied bedeutet, dass ich den Schwanz einziehe und vor der Katastrophe weglaufe“, sagt Sebastian. „Ich blieb nicht, weil ich unbedingt den Berg noch machen wollte, sondern weil ich das Gefühl hatte, ich muss an dem Berg sitzen, ihn anschauen, mit den Leuten reden und erst einmal wahrnehmen, was da passiert ist.“ Dann brechen beide auf, um doch noch ihr Expeditionsziel zu erreichen: Nonstop vom Basislager bis zum Gipfel, von dort mit Skiern zurück ins Basislager, das Ganze innerhalb von 24 Stunden.  Die beiden haben sich bereits zuvor einen Namen als äußerst schnelle Skibergsteiger gemacht. Am Achttausender Gasherbrum II und am Siebentausender Mustagh Ata stellten sie Geschwindigkeitsrekorde für Aufstieg mit anschließender Skiabfahrt auf.

Sebastian Haag: Ich wollte nicht einfach weglaufen

Unglück ausgeblendet

Sebastian Haag (l.) und Benedikt Böhm

Diesmal erkennt Sebastian auf etwa 8000 Metern Höhe, dass nicht alles zusammenpasst, es einfach nicht sein Tag ist. Er kehrt um. „Ich wäre auf jeden Fall hochgekommen, aber ich weiß nicht, ob ich auch heruntergekommen wäre“, erzählt Haag. „In meinen jüngeren Jahren hätte ich es vielleicht versucht und mich wahrscheinlich abgeschossen, aber vielleicht hätte ich es auch geschafft.“ Benedikt erreicht den Gipfel ohne seinen Freund. Nach 23,5 Stunden ist er wieder zurück im Basislager. Rekord. Ziel erreicht. Den Gipfelerfolg widmet der 36-Jährige den Opfern der Lawine. Während des Aufstiegs habe er das Unglück jedoch „vollkommen ausgeblendet“, sagt Benedikt. „Man braucht einen hundertprozentig freien Kopf, um das Risiko richtig einschätzen zu können und die richtigen Entscheidungen zu treffen.“  

Benedikt Böhm: Katastrophe bei Gipfelgang ausgeblendet

Sehnsucht nach intensivem Leben

2014 planen die beiden Münchner wieder eine schnelle Skibesteigung eines Achttausenders. Shishapangma, Cho Oyu, Makalu und Dhaulagiri sind als Ziele in der engeren Wahl. Böhm hat ein Jahr ohne Expedition hinter sich. Er konzentrierte sich auf seine Aufgabe als Geschäftsführer eines Skitouren-Ausrüsters – und genoss viel Zeit mit seiner Frau und seinem kleinen Sohn. Allerdings, räumt Benedikt selbstkritisch ein, falle es ihm „wahnsinnig schwer, einen Strandurlaub zu machen. Es ist einfach dieses intensive Leben, im Beruf, aber natürlich auch im Bergsteigen, das mir fehlt, sobald ich es nicht mehr habe.“

Benedikt Boehm: Strandurlaub fällt mir schwer

250 Kilometer durch den Dschungel

Sebastian Haag hat in diesem Jahr an vielen Trailrunning-Wettbewerben teilgenommen und auch Erfolge gefeiert. So wurde er kürzlich in Brasilien bei einem Dschungellauf über 250 Kilometer Dritter. „Beim Start war mir total egal, welche Insekten oder Schlangen da lauern, völlig wurscht. Es gibt Momente,  wo man das Gehirn ausschalten muss, und solche, wo man es anlassen muss“, sagt Sebastian.  Das Lawinenunglück am Manaslu habe ihn nicht vorsichtiger gemacht. „Natürlich kann uns, wie allen anderen auch, etwas passieren. Davor ist niemand gefeit, auch wenn du noch so vorsichtig bist. Und wenn du zu vorsichtig bist, musst du eben zu Hause bleiben, auf die Zugspitze steigen oder beim Münchner Stadtmarathon mitmachen.“

Sebastian Haag: Gehirn aus- und einschalten, je nachdem

P.S. Im Herbst 2012 waren rund 200 Bergsteiger am Manaslu, so viel wie nie zuvor. Der Grund: China hatte keine Genehmigungen für die Achttausender Shishapangma und Cho Oyu ausgestellt hatten. Auch deshalb gab es so viele Opfer. Eher ungewöhnlich war auch der Standort von Lager zwei auf 6300 Metern, wo viele Bergsteiger von der Lawine überrascht wurden. 2007 hatte unser Expeditionsleiter Ralf Dujmovits auf ein Zwischenlager in dieser Höhe verzichtet – wegen der Lawinengefahr.

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Noch keine Entscheidung über „neue” Achttausender https://blogs.dw.com/abenteuersport/noch-keine-entscheidung-uber-neue-achttausender/ Sun, 13 Oct 2013 16:11:58 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=23727

Bald drei Lhotse-Achttausender?

Nepal muss sich noch mindestens ein weiteres Jahr lang gedulden. Der Weltverband der Bergsteiger und Kletterer (UIAA) hat bei seiner Generalversammlung in Pontresina in der Schweiz die Entscheidung darüber vertagt, ob er zusätzliche Achttausender anerkennt oder nicht. Nach Informationen des Nepalesischen Bergsteigerverbands (NMA) hatte eine Kommission der UIAA vorgeschlagen, sechs Nebengipfel zu eigenständigen Achttausendern zu erklären: den Kangchendzönga-Westgipfel (alias Yalung Kang, 8505 m), Mittel-  (8473 m) und Südgipfel (8476 m), den Lhotse-Mittelgipfel (8410 m) und den Lhotse Shar (8382 m) sowie den Broad Peak-Mittelgipfel (8011 m). „Die Delegierten des nepalesischen und des chinesischen Bergsteigerverband begrüßen und unterstützen den Vorstoß der UIAA“, schreibt mir der Nepalese Ang Tshering Sherpa, Ehrenmitglied der UIAA, nach seiner Rückkehr aus der Schweiz. „Auch die Gesandten des pakistanischen und indischen Verbands standen der Initiative sehr positiv gegenüber, benötigen aber mehr Zeit, um die Zustimmung ihrer Verbände bei ihren anstehenden Mitgliederversammlungen im Dezember 2013 bzw. Januar 2014 einzuholen.“

Nepal hofft auf mehr Expeditionen

Laut Ang Tshering soll die Frage neuer Achttausender bei der nächsten Sitzung des UIAA Management-Komitees im Mai 2014 in Istanbul in der Türkei und dann bei der UIAA- Generalversammlung in Flagstaff in den USA weiter diskutiert werden. In Pontresina hatte sich Ang Tshering für die Anerkennung zusätzlicher Achttausender stark gemacht. „Es ist unsere Pflicht, das Bergsteigen auch für die nächste Generation aufregend zu gestalten und sie spüren zu lassen, dass auch sie in der Lage ist, neue Erfolge zu erreichen“, sagte der 59 Jahre alte Nepalese zu den Delegierten. „Neue Gipfel anzuerkennen bedeutet außerdem, dass eine größere Zahl von Expeditionen unsere Berge besuchen wird, um sie zu besteigen.“

Schlägerei am Everest ein einmaliger Zwischenfall”

In einer weiteren Rede vor der UIAA-Generalversammlung ging Ang Tshering auch auf die aktuellen Diskussionen über den Mount Everest ein. Der Sherpa-Angriff gegen Ueli Steck, Simone Moro und Jonathan Griffith Ende April sei ein „unglückliches Ereignis” gewesen, sagte er: „Wir hoffen, dass dieser einmalige Zwischenfall nicht das Image unseres Landes ruiniert oder befleckt sowie den jahrzehntelangen Ruf aller Sherpas, dass sie hart arbeiten, sich engagieren, dass sie ehrlich und mutig sind und alles tun, um so viele Bergsteiger wie möglich auf den Gipfel des Mount Everest und anderer Himalaya-Berge zu bringen.“

Leiter am Hillary Step nur einer von vielen Vorschlägen

Ang Tshering Sherpa

Ang Tshering verwies auch darauf, dass Nepal einige Fortschritte erreicht habe, um die große Zahl von Bergsteigern am Everest im Frühjahr 2013 besser zu managen, etwa indem Sherpas an den Engpässen zwei Fixseile gelegt hätten. Diese Maßnahmen hätten „zu einer sichereren Klettersaison geführt, ohne Berichte über Staus an den Schlüsselstellen“, sagte er. Ang Tshering bestritt, dass Nepal beschlossen habe, dauerhaft eine Leiter am Hillary Step anzubringen. Die Delegierten seines Landes seien „sehr verärgert“ darüber gewesen, dass während der Konferenz in Pontresina Gerüchte kursierten und Kritik geäußert wurde, ohne den Nepalesen Gelegenheit zu geben, ihre Sicht der Dinge darzulegen. Nach seinen Worten war die Leiter nur einer von vielen Vorschlägen und Ideen, die die nepalesischen Behörden erreicht hätten: „Wir haben die Absicht, unsere Berge zu schützen und das bedeutet, dass wir auf neue Ideen hören, über deren Folgen beraten und auf der Grundlage von Informationen demokratische Entscheidungen treffen.“

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