Doppelt beinamputierter Chinese will auf den Everest
Die Entscheidung des Obersten Gerichts Nepals, die neuen Everest-Regeln der Regierung zu kippen, hat den Weg für ihn frei gemacht: Der doppelt beinamputierte Chinese Xia Boyu wird sich in diesem Frühjahr auf der nepalesischen Südseite des höchsten Bergs der Erde versuchen. „Wir haben für ihn ein Permit erhalten“, schreibt mir Mingma Gyalje Sherpa, Chef und Expeditionsleiter des nepalischen Veranstalters „Imagine Trek and Expedition“. Der Supreme Court in Kathmandu hatte, wie berichtet, Anfang März die von der Regierung geplante Neuerung, künftig keine Permits mehr für doppelt beinamputierte und blinde Bergsteiger zu gewähren, als diskriminierend zurückgewiesen. Auch Mingma Gyalje hatte für die Entscheidung der Regierung nur ein Kopfschütteln übrig: „Es gibt viele behinderte Bergsteiger, die leistungsfähiger sind als Nicht-Behinderte.“
Schlafsack an Teamkollegen abgegeben
Für den 69 Jahre alten Xia Boyu ist es bereits der fünfte Versuch am Everest. Bei seinem ersten Anlauf 1975 war sein Team rund 250 Meter unterhalb des Gipfels in einen Wettersturz geraten. Zwei Tage und drei Nächte mussten die chinesischen Bergsteiger auf einer Höhe von 8600 Metern bei Temperaturen von minus 25 Grad Celsius verbringen. In der folgenden Nacht auf 7600 Meterm überließ Xia einem in Not geratenen Teamkollegen seinen Schlafsack. Seine Selbstlosigkeit bezahlte er mit schweren Erfrierungen, beide Beine mussten ihm amputiert werden.
2016 knapp gescheitert
Später erkrankte er auch an Lymphdrüsenkrebs. Doch Xia gab die Hoffnung, den Everest zu besteigen, nicht auf. Mit Prothesen begann er wieder zu klettern – und kehrte 2014 zum Everest zurück. Wegen des Lawinenunglücks im Khumbu-Eisbruch mit 16 Toten musste Xia damals unverrichteter Dinge heimkehren, genauso wie 2015 nach dem verheerenden Erdbeben in Nepal. Im Frühjahr 2016 scheiterte Xia wegen schlechten Wetters rund 100 Meter unterhalb des Gipfels. „Wenn ich alleine gewesen wäre und in Anbetracht meines Alters und der 40 Jahre, die ich für meinen Traum gekämpft hatte, wäre ich weiter aufgestiegen, ohne an die Konsequenzen zu denken“, sagte Xia Boyu in einem Interview von aponetv.cn. „Aber als ich zurückschaute, blickte ich in die Gesichter von fünf Sherpas. Sie haben Familien. Deshalb beschloss ich umzukehren.“
Hari Budha Magar erst 2019 zum Everest
Auch der doppelt beinamputierte Hari Budha Magar wollte ursprünglich in diesem Frühjahr den Everest besteigen. Der Nepalese verschob sein Vorhaben jedoch wegen der neuen Expeditionsregeln in seinem Heimatland um ein Jahr. Der 38-Jährige hatte als Soldat des britischen Gurkha-Regiments bei einer Bombenexplosion 2010 in Afghanistan beide Beine oberhalb der Knie verloren.