Avalanche – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Dawa Steven Sherpa: „Ke garne! Wir machen weiter! “ https://blogs.dw.com/abenteuersport/dawa-steven-sherpa-ke-garni-wir-machen-weiter/ Wed, 09 Sep 2015 15:32:55 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=30537 Dawa Steven Sherpa

Dawa Steven Sherpa

Es ist wie verhext. Zwei Frühjahrssaisons am Mount Everest hintereinander blieben ohne Gipfelerfolge (Ich ignoriere dabei die Besteigung durch das Team der Chinesin Wang Jing 2014, bei der sich die Bergsteiger mit dem Hubschrauber ins Hochlager fliegen ließen). 2014 wurden alle kommerziellen Expeditionen vorzeitig abgebrochen, nachdem bei einer Lawine im Khumbu-Eisbruch 16 nepalesische Bergsteiger ums Leben gekommen waren. In diesem Jahr löste das verheerende Erdbeben in Nepal am Siebentausender Pumori eine Lawine aus, die das Everest-Basislager traf und 19 Bergsteiger und Expeditionshelfer tötete. Einmal mehr endete die Frühjahrssaison, bevor sie richtig begonnen hatte. Was bedeutet das für die Sherpas?

Ich habe Dawa Steven Sherpa angerufen. Zusammen mit seinem Vater Ang Tshering Sherpa, dem Präsidenten des Nepalesischen Bergsteigerverbands (NMA)  führt der 31-Jährige in Kathmandu „Asian Trekking“, einen führenden Veranstalter von Expeditionen und Trekkingreisen im Himalaya. Dawa Steven bestieg zweimal den Everest (2007 und 2008) und auch die Achttausender Cho Oyu (2006) und Lhotse (2009). Unter seiner Expeditionsleitung erreichten mehr als 150 Bergsteiger den Gipfel des Everest. Aber Dawa Steven ist auch ein unermüdlicher Kämpfer für Umwelt- und Klimaschutz im Himalaya. Außerdem leitet er „Resilient Homes“, ein Projekt der „Himalayan Climate Initiative“, mit dem Dorfbewohnern im Erdbebengebiet dabei geholfen wird, ihre Häuser und andere Gebäude wieder aufzubauen – ein Grund mehr, um mit ihm über die aktuelle Lage in Nepal zu sprechen.

Südseite des Mount Everest

Südseite des Mount Everest

Dawa Steven, habt ihr in eurem Unternehmen auch eine schwache Nachfrage nach Trekkingreisen und Expeditionen in diesem Herbst registriert?

Ja, wir hatten definitiv eine geringere Nachfrage. Wir hatten zwar keine Stornierungen von Leuten, die schon vor dem Erdbeben gebucht hatten. Aber wir stellten fest, dass es alles in allem weniger Buchungen waren. Ich glaube zum ersten Mal überhaupt haben wir im Herbst keine einzige Expedition. Wir mussten unsere beiden Expeditionen in Tibet absagen, weil die Chinesen für den Herbst keine Permits (Besteigungsgenehmigungen) ausgestellt haben. Wir versuchten, unsere Expeditionen vom Cho Oyu und der Shishapangma zum Manaslu zu verlegen, doch unsere Kunden zeigten kein Interesse daran.

Was bedeutete das für die Sherpa-Berführer, Köche, Küchenhilfen, Träger und auch für die Besitzer der Lodges?

Natürlich sind das keine guten Nachrichten. Wir beschäftigen 62 Sherpas, die von dieser Arbeit abhängig sind. Wenn möglich, geben wir ihnen die Gelegenheit, Trekkingtouren im Everest- oder Annapurna-Gebiet zu führen. Aber damit kann man natürlich nicht genauso viel Geld verdienen wie bei einer Expedition. Das ist für niemanden eine gute Situation.

Rettungsaktion im Everest-Basislager

Rettungsaktion im Everest-Basislager

Wie ist die Stimmung unter den Sherpas nach zwei Everest-Frühlingssaisons mit tödlichen Lawinen, Erdbeben und abgebrochenen Expeditionen?

Nicht gut, wie du dir vorstellen kannst. Die meisten unserer Sherpas sind auch weiterhin bereit, klettern zu gehen. Wir hatten Glück, dass weder im letzten noch in diesem Jahr Sherpas oder Teilnehmer unserer Expeditionen von den Lawinen getroffen wurden. Gott sei Dank gab es keine Toten oder Verletzten in meinem Team. Aber natürlich bekamen unsere Sherpas mit, wie andere Sherpas und Bergsteiger verletzt oder getötet wurden. Viele sind jetzt ein wenig nervös. Die meisten meiner Sherpas sind sehr erfahren. Die Älteren sind emotional stark. Das wirkt positiv auf die jüngeren Sherpas, die erst zum ersten oder zweiten Mal auf Expedition waren. Sie sind deutlich nervöser, wieder in die Berge aufzubrechen, weil sie nur schlimme Erfahrungen gemacht haben. Kein Sherpa kommt zu mir und sagt: „Ich möchte nicht mehr bergsteigen.” Aber ich weiß definitiv, dass einige Sherpas in ihren Familien Druck bekommen, von ihren Frauen, Müttern und Vätern, die sagen: „Hör‘ auf mit dem Bergsteigen, führe doch nur noch Trekkinggruppen!“

Wie ist die finanzielle Lage der Sherpa-Familien nach diesen beiden schlimmen Frühjahren am Everest?

Viele Sherpas wurden sehr hart getroffen, nicht nur weil sie einen Großteil ihres Einkommens eingebüßt haben. Sie müssen auch viel Geld ausgeben, um ihre Häuser nach dem Erdbeben wieder aufzubauen. Glücklicherweise gibt es unter den Sherpas so etwas wie eine starke Kultur des Sparens. Viele von ihnen haben für Zeiten wie diese Geld auf die Seite gelegt. Aus finanzieller Sicht geht es den Sherpas besser als dem Rest Nepals. Sie konnten ihr eigenes Geld nehmen oder sich welches leihen. Die Menschen vertrauen ihnen, weil sie genügend Einkommen haben, um das Geld später wieder zurückzuzahlen. Außerdem haben viele Sherpas direkte Hilfe von früheren Kunden aus dem Ausland erhalten. Insofern sind die Sherpas in einer vergleichsweise glücklichen Lage, weil sie so viel Unterstützung aus aller Welt erhalten.

Seit Mai hat Nepal einen Sherpa als Tourismus-Minister. Ist dadurch die Aufmerksamkeit der Regierung für die Anliegen der Bergbevölkerung größer geworden?

Natürlich ist die Stimmung im Tourismusgewerbe besser geworden, seitdem wir einen Sherpa-Minister haben. Aber er steht vor vielfältigen Herausforderungen, weil er Teil einer politischen Partei ist, die ihre eigenen Prioritäten setzt. Außerdem muss er mit dem bürokratischen Apparat zusammenarbeiten, der seit langem die Dinge auf seine eigene Art regelt. Der Minister hat in kurzer Zeit viele Dinge auf den Weg gebracht, er hat einen guten Blick für die Herausforderungen, vor der das Tourismusgewerbe steht. Einerseits sind wir also zufrieden, andererseits aber auch ein bisschen nervös, weil es Gerüchte über einen neuen Ministerpräsidenten und ein neues Kabinett gibt. Wenn der Posten des Tourismusministers neu besetzt wird, fangen wir wieder bei Null an.

Basislager zu Füßen des Mount Everest

Basislager zu Füßen des Mount Everest

Was ist vor allem nötig, um die Situation im Tourismus zu verbessern?

Zunächst einmal sollte sich die Regierung um die Bedürfnisse der Bergsteiger kümmern, besonders jener, die zum Everest kamen, um neues Vertrauen aufzubauen – dass Nepal nicht einfach nur ihr Geld einkassiert, wie die 11.000 US-Dollar für das Permit. Es sollte nicht der Eindruck an die Bergsteiger und den Rest der Welt vermittelt werden, dass sich Nepal nicht um die Touristen kümmert, die nach Nepal kommen. Nepal muss ganz schnell sagen: „Uns ist klar, es hat ein schweres Erdbeben gegeben, und du musstest deine Expedition abbrechen. Wir werden dein Permit für weitere drei oder fünf Jahre verlängern und keine zusätzlichen Gebühren verlangen.“ Das ist ein Weg, mit dem die Regierung auf einfache Art und Weise Vertrauen zurückgewinnen kann. Die Regierung Nepals hatte im letzten Jahr einen sehr, sehr schlechten Ruf, weil sie nach der Lawine die Situation nicht ernsthaft angegangen ist. Und sie läuft Gefahr, diesen Fehler in diesem Jahr wieder zu machen und noch mehr Image zu verlieren.

Fürchtest du, dass viele Bergsteiger auf die tibetische Nordseite des Everest wechseln?

Ich fürchte es nicht nur, ich weiß, dass viele dorthin wechseln. In diesem Jahr hatte ich zum Beispiel drei Bergsteiger, die auf die Nordseite gingen, nachdem sie im Jahr zuvor auf der Südseite waren. Andere Bergsteiger, die ihre Expeditionen 2014 abbrechen mussten und 2015 nach Nepal zurückkehrten, bitten mich jetzt, sie für nächstes Jahr auf die Tibet-Liste zu setzten. Und ich habe auch einige neue Kunden, die ganz klar zum Ausdruck gebracht haben, dass sie nicht auf die nepalesische, sondern auf die tibetische Seite gehen wollen.

Aber du hast auch immer noch Anfragen für die nepalesische Seite?

Ja, und ich sollte vielleicht sagen, dass ich mehr Anfragen für die nepalesische als die tibetische Seite habe. Aber es fragen heute deutlich mehr Leute nach der chinesischen Seite als früher.

Wie beurteilst du den Medienhype um die Herbst-Expedition des japanischen Bergsteigers Nobukazu Kuriki zum Everest?

Nobukazu wollte ursprünglich auf die tibetische Seite gehen, entschied sich aber für Nepal, weil Tibet geschlossen ist. Ich bin mir nicht sicher, ob er wirklich hergekommen ist, um den Tourismus und das Bergsteigen in Nepal anzukurbeln. Er wollte den Everest so oder so besteigen. Aber es ist schon ein symbolischer Schritt, in einer Zeit, in der die Menschen Angst haben, nach Nepal zu reisen. Ich finde es gut, dass er zurückgekommen ist, um hier bergzusteigen.

Nepal-nowWas würdest du jemand antworten, der dich fragt, ob Nepal jetzt oder im nächsten Frühjahr sicher ist?

Ich würde sagen: „Es ist sicher.” Weil ich selbst in den Bergen war und am 14. dieses Monats auch wieder aufsteigen werde. Meine Freunde sind dort, wir leisten Hilfe. Deshalb wissen wir: Es ist sicher. Ich habe keine Angst vor Gefahren. Dort wo es gefährlich ist, wird es deutlich angezeigt. Die Regierung lässt niemanden in gefährliche Gebiete, etwa im Langtang. Aber der größte Teil Nepals ist sicher.

Bist du optimistisch, dass Nepal wieder auf die Füße kommt?

Ja, früher oder später, weil die Menschen in Nepal eine andere Einstellung haben als die meisten Menschen auf der Welt. Sie haben niemals erwartet, dass ihnen die Regierung hilft. Sie bauten mit eigenen Händen die Häuser, die jetzt zerstört wurden, und sie werden sie auch wieder mit ihren eigenen Händen aufbauen. Möglicherweise greifen ihnen dabei die Regierung oder auch internationale Organisationen ein bisschen unter die Arme, aber die Mehrzahl der Häuser in ganz Nepal wird von den Leuten selbst wieder aufgebaut.

Die Menschen in Nepal sind wirklich pragmatisch. Sie lächeln immer, sie schauen auf die Sonnenseite jeder Situation. In westlichen Ländern ist immer alles durchgeplant und präzise, aber so laufen die Dinge in Nepal nicht. Dort zucken die Leute mit ihren Schultern und sagen: „Ke garne!“ So ist es halt, wo fangen wir an? Diese „Ke garne!“-Haltung ist nach dem Erdbeben ganz wichtig geworden. Die Leute sitzen nicht einfach nur da und klagen: „Alles, was ich gebaut habe, liegt jetzt am Boden, bla, bla, bla.“ Sie sagen einfach: „Wo fangen wir an? So ist halt das Leben. Wir machen weiter!

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Kaum ein Entrinnen https://blogs.dw.com/abenteuersport/everest-kaum-ein-entrinnen/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/everest-kaum-ein-entrinnen/#comments Sun, 26 Apr 2015 17:17:11 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=29153 Kaum ein Entrinnen: Die tödliche Lawine vom Pumori

Kaum ein Entrinnen: Die tödliche Lawine vom Pumori

Das eigentlich Unvorstellbare geschah. Eine riesige Lawine, die sich als Folge des Erdbebens am Pumori gelöst hatte, traf am Samstag das Basislager zu Füßen des Mount Everest mit voller Wucht. Der Siebentausender liegt genau gegenüber dem höchsten Berg der Welt. Aber dass von dort aus eine Lawine den Rand des Khumbu-Eisbruchs erreichen würde, hatte kaum jemand auf der Rechnung. „Ich rannte weg, und dann schmiss es mich hin. Ich versuchte aufzustehen und wurde wieder niedergestreckt. Ich konnte nicht atmen, ich dachte ich wäre tot“, berichtet George Foulsham, ein Bergsteiger, der in Singapur lebt. Der 38 Jahre alte Meeresbiologe hatte Glück und überlebte. Wie viele Bergsteiger genau im Basislager ihr Leben verloren, ist noch immer nicht ganz klar. Ein Vertreter des  nepalesischen Tourismusministerium teilte mit, bisher seien 22 Tote aus der Region um den höchsten Berg der Erde geborgen worden: 17 direkt aus dem Basislager, fünf weitere aus tiefer gelegenen Gebieten. Über 200 Menschen würden noch in dem Gebiet vermisst.

Wie Spielkarten zusammengeknickt

Auch weiter talwärts hat das schwere Erdbeben vom Samstag große Schäden angerichtet. „Kaum ein Haus, das noch bewohnbar ist“, schreibt der Südtiroler Journalist Walther Lücker aus dem 4371 Meter hoch gelegenen Ort Pheriche. „In den Trümmern gruben Menschen nach ihren verbliebenen Habseligkeiten. Wände eingestürzt, Dächer aus Wellblech zusammengeknickt wie Spielkarten, Einrichtungsgegenstände nicht mehr an ihrem Platz, Menschen die verschreckt zwischen den Mauern umherirrten. Und über ihren Köpfen die Hubschrauber, die immer neue Verletzte brachten.“ In Pheriche betreibt die Himalayan Rescue Association seit vielen Jahren eine Krankenstation. Dorthin und nach Lukla wurden die Verletzten aus dem Basislager zunächst gebracht.

Nachbeben auch auf der Nordseite spürbar

Pumori (l.), das Everest-Basislager liegt im Talkessel rechts davon

Pumori (l.), das Everest-Basislager liegt im Talkessel rechts davon

Am Montag werden die Hubschrauber-Rettungsflüge am Everest fortgesetzt. Dann werden auch weitere Bergsteiger aus den Lagern oberhalb des Eisbruchs nach unten geflogen. Heute sorgte ein schweres Nachbeben der Stärke 6,7 auf der Richterskala erneut für Schrecken – diesmal allerdings ohne nennenswerte Folgen. Zu spüren waren die Erdstöße auch auf der tibetischen Nordseite des Mount Everest. „Wir sind fast stärker durchgeschüttelt worden als beim Hauptbeben gestern“, berichtete mir Ralf Dujmovits per Satellitentelefon aus dem Zwischenlager auf 5700 Metern. „Passiert ist hier aber nichts. Die Sherpas erzählen, dass gestern nach dem Beben eine Lawine am Nordsattel abging, ohne dass jemand zu Schaden kam.“ Als ich Ralf die neuesten Opferzahlen aus Nepal weitergebe, sagt er nur: „Furchtbar!“ Der erfolgreichste deutsche Höhenbergsteiger will in diesem Jahr den Everest ohne Flaschensauerstoff besteigen. Die chinesischen Behörden baten die Bergsteiger, ins Basislager zurückzukehren, bis die Nachbeben aufhören. Auch am Achttausender Cho Oyu untersagten sie alle Aktivitäten am Berg.

Flughafen in Kathmandu wieder geöffnet

Aus anderen Regionen Nepals gibt es bisher kaum Informationen. In Pokhara, einer Stadt mit etwa 250.000 Einwohnern, sollen die Schäden deutlich geringer ausgefallen sein als in der Hauptstadt Kathmandu. Das Zentrum des Bebens der Stärke 7,8 am Samstag hatte zwischen beiden Städten gelegen. Auch aus dem nahegelegenen Gebiet um die Achttausender Annapurna, Dhaulagiri und Manaslu gibt es bisher kaum Meldungen. Die wenigen lassen aber hoffen, dass dort nicht allzu viel passiert ist. Ein Vertreter der Umweltschutzbehörde ACAP, die die Permits für die Annapurna-Region vergibt, sagte dem britischen Sender BBC, es gebe keine Berichte über Lawinen oder gestrandete Bergsteiger und Trekkingtouristen.

Der Flughafen von Kathmandu, der zeitweilig gesperrt war, wurde inzwischen wieder geöffnet. In ganz Nepal ist die Zahl der Toten auf über 2500 (Stand 19:00 MESZ) gestiegen. Noch immer geht es in dem Erdbebengebiet darum, Verschüttete zu bergen und möglichst viele Leben zu retten. Solange gehört sich die Frage einfach nicht, ob die Bergsteiger-Saison in Nepal wie schon 2014 vorzeitig endet.

P.S.: Nepal gehört zu den 20 ärmsten Ländern der Welt. Eine Katastrophe wie das Erdbeben vom Samstag ist damit doppelt verhängnisvoll. Für alle, die für die Menschen Nepals spenden wollen, hier zwei Möglichkeiten: 1) Aktion Deutschland Hilft und Bündnis Entwicklung Hilft (ADH & BEH Commerzbank, IBAN DE53 200 400 600 200 400 600, Stichwort ARD: “Erdbeben Nepal”, BIC: COBADEFFXXX 2) Sir Edmund Hillary Stiftung Deutschland (Kreissparkasse Miesbach-Tegernsee, IBAN DE 76 7115 2570 0620 6210 11, BIC: BYLADEM1MIB).

P.P.S.: Mich erreichen immer häufiger konkrete Anfragen nach Personen, die in Nepal zum Zeitpunkt des Bebens unterwegs waren. Ich kann da leider nicht weiterhelfen, so gerne ich es täte. Wendet euch bitte in solchen Fällen an das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (https://www.icrc.org/en)! Im Internet gibt es auch Suchaktionen, z.b. https://google.org/personfinder/2015-nepal-earthquake.

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https://blogs.dw.com/abenteuersport/everest-kaum-ein-entrinnen/feed/ 1
Dawa Gyaljen Sherpa: „Kalter Krieg“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/dawa-gyaljen-sherpa-kalter-krieg/ Wed, 25 Feb 2015 16:20:10 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=28551 Dawa Gyaljen Sherpa

Dawa Gyaljen Sherpa

Er war einer der Ersten vor Ort. Nach der tödlichen Lawine im Khumbu-Eisbruch am 18. April 2014 eilte Dawa Gyaljen Sherpa von Lager 2 nach unten, um den verschütteten Bergsteigern zu helfen. „Als wir an der Unglücksstelle eintrafen, fanden wir Leichen, überall war Blut. Mehrere Leichen hingen an einem Seil in einer Gletscherspalte“, schrieb mir der 28 Jahre alte Sherpa im vergangenen Jahr. „Als wir das Seil hochzogen, bargen wir einen Körper nach dem anderen. Einige Leichen steckten kopfüber im Schnee, wir sahen nur die Stiefel.“ 16 Nepalesen kamen bei dem schlimmsten Lawinenunglück in der Geschichte des Mount Everest ums Leben. Zwei Wochen später war das Basislager leer, die Saison beendet.

Dawa Gyaljen Sherpa hat den Everest viermal bestiegen – zum ersten Mal, als er 19 Jahre alt war. Später studierte er in Großbritannien, heute lebt er in Kathmandu. Ich habe Dawa per Email gefragt, was er über die kommende Frühjahrssaison am Everest denkt. Er antwortete sehr offen. Die Sicht eines Sherpas, ein interessanter Einblick.

Dawa, wirst du in diesem Frühjahr wieder zum Everest zurückkehren?

Ja, ich würde schon gerne, aber mein Kunde hat es bisher noch nicht bestätigt.

Was erwartest du von der neuen Saison?

Ich denke, in diesem Jahr wird alles wieder ganz normal sein, so wie in zahlreichen Jahren zuvor.

Everest-Basislager auf der Südseite

Everest-Basislager auf der Südseite

Gibt es in der Gemeinschaft der Sherpas Bedenken aufgrund der letztjährigen Ereignisse auf der nepalesischen Seite des Mount Everest?

Bisher gibt es kein Gerede darüber. Die meisten Sherpas sind für die kommende Saison gebucht. Und die guten und starken Sherpas sind sehr gefragt. Darüber hinaus erhalten die Familien der Lawinenopfer Hilfe und Geldspenden.

Es wird eine neue Routenführung durch den Khumbu-Eisbruch geben, etwas mehr zur Mitte hin. Wie findest du das?

Ich denke, der Weg durch die Mitte ist sicherer als jener auf der Seite, wenn man Eislawinen vom Lho La (Anm. Pass an der Grenze zu Tibet, die niedrigste Stelle des Everest-Westgrats) und der Nuptse-Wand aus dem Weg gehen will. Aber es hängt von der Struktur des Eisbruchs ab. Meiner Meinung nach können wir gar nichts garantieren, ehe wir nicht wirklich dort sind. Im vergangenen Jahr traf die Lawine den so genannten  „Fußballplatz“, das „ Popcorn-Feld“ (Anm.: Abschnitte im Khumbu-Eisbruch), von dem es vorher hieß, es sei ein so sicherer Ort, dass die Bergsteiger dort eine Tee-Pause machten. Ich glaube nicht, dass die Bergführer einen Bogen um den „Fußballplatz“ machen können, wenn sie die Route festlegen.

Denkst du, dass genug getan wurde, um Konflikte zwischen einigen Sherpas und westlichen Bergsteigern zu vermeiden, wie sie im letzten Jahr ausbrachen und zum vorzeitigen Ende der Saison führten?

Ich bin traurig über die Vorfälle 2013 und 2014, die unserer Sherpa-Gemeinschaft ein schlechtes Image in den Augen der westlichen Bergsteiger eingetragen haben. Die Ereignisse des letzten Jahres waren nicht vorhersehbar. Damit wir in diesem Jahr das Image wieder aufpolieren können, benötigen wir ein ruhiges Umfeld. Da sind die westlichen und die nepalesischen Bergführer gefragt. Wenn sie im Team zusammenarbeiten, wird es ein gutes Umfeld geben.

Dawa am Lobuche Peak

Dawa am Lobuche Peak

Was ist mit den Sherpas, die im vergangenen Jahr die Rädelsführer waren? Erwartest du, dass sie auch in diesem Jahr die Stimmung im Basislager anheizen?

Ich kann nicht vorhersagen, was passieren wird. Im vergangenen Jahr war es eine wirklich verkorkste Situation. Jemand musste die Führungsrolle übernehmen, damit sie unter Kontrolle blieb. Ich gebe den Anführern des vergangenen Jahres keine Schuld, weil sie es taten, um die Lage zu kontrollieren. Wären sie nicht da gewesen, hätte es zum Allerschlimmsten kommen können.

Es kann jedoch kein Argument für das geben, was letztes Jahr passiert ist. Mir tun die unschuldigen Bergsteiger leid, die eine riesige Summe Geld bezahlen, um ihr Ziel zu erreichen. Es gibt einen harten Wettbewerb im Geschäft rund um das Bergsteigen: zwischen westlichen und lokalen Unternehmen, zwischen westlichen und lokalen Bergführern. Da wird einfach ein Kalter Krieg geführt. Ich schreibe das, nachdem ich die Blogs in den Sozialen Medien gelesen habe.

Glaubst du, dass alle beteiligten Parteien am Everest bereit sind, ihre Haltung zu ändern?

Soweit ich das einschätzen kann, haben viele Sherpas begriffen, wie wichtig der Everest und der Tourismus für ihr Leben sind. Ich denke, in diesem Jahr wird viel über verantwortungsvollen Tourismus gesprochen werden. Was ich bereits zuvor mit meiner Äußerung zum Kalten Krieg ausdrücken wollte: So lange nicht verhandelt wird, ist es wahrscheinlich, dass es zu Konflikten kommt.

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