Billiganbieter – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Mingma Sherpa: „Wir brauchen keine Regeln für den Everest“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/mingma-sherpa-wir-brauchen-keine-regeln-fuer-den-everest/ Mon, 26 Mar 2018 07:19:01 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=40057

Mingma Sherpa

Keine Frage, Seven Summits Treks polarisiert. Auf der einen Seite stehen die Kritiker, die dem nepalesischen Expeditionsveranstalter vorwerfen, mit Dumpingpreisen Kunden anzulocken, auf Kosten der Sicherheit. Auf der anderen Seite gibt es offenbar sehr viele Bergsteiger, die,  allen kritischen Stimmen zum Trotz, bei Seven Summits Treks buchen. Egal, an welchem Achttausender, fast immer stellt die Agentur von Mingma Sherpa die teilnehmerstärkste Expedition. „Ich bin in meinem Beruf erfolgreich, weil meine Kunden an mich glauben“,  sagt mir der Chef des Unternehmens in Kathmandu. 2011 komplettierte Mingma als erster Nepalese seine Sammlung der 14 Achttausender. „Ich wollte zeigen, dass wir Sherpas nicht nur gute Träger und Bergführer sind, sondern auch richtige Bergsteiger.“ 2013 folgte sein jüngerer Bruder Chhang Dawa Sherpa dem Beispiel Mingmas. Die beiden sind das einzige Brüderpaar, das auf allen 14 Achttausendern stand. Chhang Dawa arbeitet als Expeditionsmanager ebenfalls bei Seven Summit Treks mit.

„Everest-Chance für alle“

Südseite des Mount Everest

Mingma verteidigt sich gegen den Vorwurf, er verderbe mit seinen Billigangeboten die Preise. „Ich träume nicht davon, das große Geschäft zu machen“, behauptet der 39-Jährige. „Ich verlange niedrigere Preise, weil ich auch Leuten mit einem kleineren Geldbeutel die Chance geben will, den Everest zu besteigen. Als ich selbst die Achttausender versuchte, hatte ich auch wenig Geld.“ Den Vorwurf, er spare an der Sicherheit, will der Sherpa ebenfalls nicht auf sich sitzen lassen: „Wenn jemand stirbt, liegt es entweder an den Bedingungen am Berg oder der körperlichen Verfassung der Bergsteiger. Da macht es doch keinen Unterschied, ob sie 20.000 oder 100.000 Dollar bezahlt haben.“

„Mehr Personal, mehr Sicherheit“

Auch die Tatsache, dass seine Expeditionsteams so groß seien, gehe nicht auf Kosten der Sicherheit, findet Mingma. „Wenn ich nur drei Kunden und drei Sherpas am Berg habe, kann ich im Notfall doch kaum eine Rettungsaktion durchführen“, sagt der Chef von Seven Summits Treks. „Ich  aber habe 100 Kunden und 100 Sherpas vor Ort. Wenn etwas passiert, habe ich genügend Personal, um Bergsteiger zu retten. Meine Kunden sind sicherer als die, die 100.000 Dollar hingeblättert haben.“

„Nicht jeder ist ein Moro oder Steck“

Mingma war der erste Nepalese auf allen vierzehn 8000ern

Inzwischen bietet seine Agentur jedoch selbst Everest-Expeditionen für 130.000 Dollar an. „Es gibt eben Leute, die nicht aufs Geld gucken müssen“, sagt Mingma. „Sie haben das Geld, wir bieten Service. Es gibt in jeder Hinsicht mehr.“  Ein bis zwei Kunden hätten sich in diesem Jahr für diese Luxus-Variante entschieden. In der Ausschreibung für die Expedition hatte Seven Summits Treks das Profil der Teilnehmer so beschrieben: „Sie sind wirtschaftlich stark, um Ihr hohes Alter, Ihren schwachen körperlichen Zustand oder Ihre Angst vor den Gefahr zu kompensieren.“  Mingma sieht darin nichts Verwerfliches: „Wir haben am Berg auf dem Weg über die Hochlager bis zum Südsattel noch ausreichend Zeit, uns die Gipfelkandidaten genau anzugucken. Und wenn wir das Gefühl haben, sie schaffen es nicht, raten wir ihnen, umzukehren und es lieber beim nächsten Mal zu versuchen.“

Ich wende ein, dass solche Leute aufgrund ihrer fehlenden bergsteigerischen Fähigkeiten am Everest eigentlich nichts zu suchen haben. „Nicht alle Kunden kommerzieller Expeditionen sind Alpinisten vom Schlage eines Simone Moro oder Ueli Steck“, entgegnet Mingma. „Sie müssen vorher keinen Siebentausender bestiegen haben. Für den Everest reicht es, wenn sie die Erfahrung von zwei oder drei Sechstausendern mitbringen. Am Berg haben wird dann noch bis hinauf nach Lager 4 ausreichend Zeit, ihnen mehr beizubringen.“

„1000 gleichzeitig, kein Problem“

Schlangestehen am Everest

Von Regeln für den höchsten Berg der Welt hält der Chef von Seven Summit Treks ohnehin nichts. „Jeder will doch hinauf auf den Everest“, sagt Mingma. „Wenn er genug Energie dafür hat, sollte er es auch dürfen. Ich bin dafür, die Berge für alle offen zu halten. Wir leben im 21. Jahrhundert, die Leute wissen, was sie tun.“ Es sei auch kein Problem, wenn hunderte von Bergsteigern gleichzeitig am Everest unterwegs seien, meint Mingma Sherpa. „Wir können eine unbegrenzte Zahl von Bergsteigern am Berg managen. Wenn es mehr als 1000 sind, legen wir eben mehrere Spuren mit Fixseilen. Dann ist es kein Problem, wenn sie gleichzeitig aufsteigen.“

]]>
Ang Tshering Sherpa: „Billiganbieter verderben die Branche“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/ang-tshering-sherpa-billiganbieter-verderben-die-branche/ Sat, 15 Oct 2016 21:00:14 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=33965 Ang Tshering Sherpa

Ang Tshering Sherpa

Die Zahlen machen Ang Tshering Sherpa Mut. „Wir hoffen, dass das Bergsteigen in Nepal sehr bald wieder richtig auflebt“, erzählt mir der Präsident des Nepalesischen Bergsteiger-Verbands NMA, als wir uns beim International Mountain Summit in Brixen treffen. Bei den von der Regierung verwalteten Bergen über 6500 Meter Höhe sei man in diesem Jahr, verglichen mit der Zeit vor dem verheerenden Erdbeben im April 2015, bereits wieder auf einem Niveau von 87 Prozent angelangt. Bei den Bergen unter 6500 Meter, die unter der Aufsicht der NMA stehen, habe sich der Markt sogar vollständig erholt. Im Trekkinggewerbe schwankten die Werte zwischen 40 und 50 Prozent, je nach Region, berichtet der NMA-Chef: „Wir müssen die Menschen in aller Welt wissen lassen, dass sie Nepal am meisten helfen, wenn sie unser Land besuchen. Jeder, der Zeit in Nepal verbringt, hilft dabei, die Wirtschaft wiederzubeleben und die Infrastruktur wieder aufzubauen.“

Weniger, dafür echte Verbindungsoffiziere

Mount Everest

Mount Everest

Beim Expeditionsbergsteigen gibt es einige Baustellen, die Ang Tshering als Präsident der NMA bearbeiten muss. So sorgte der Fall eines indischen Ehepaars weltweit für Schlagzeilen, das sich im vergangenen Frühjahr seine Everest-Urkunden erschlich, indem es Gipfelfotos anderer fälschte und als eigene ausgab. „Wir müssen solche Leute strenger und ernsthafter überwachen, weil sie dem Image der Bergsteiger wirklich schaden“, sagt der 62-Jährige. Die nepalesischen Verbindungsoffiziere sind dabei keine allzu große Hilfe. Meist kassieren sie von den Expeditionen ihr Geld, tauchen nicht in den Basislagern auf, bestätigen aber hinterher munter, dass Mitglieder der Teams den Gipfel erreicht haben. „Wir haben der Regierung vorgeschlagen, künftig nur noch einen Verbindungsoffizier pro Berg zu entsenden und nicht mehr 30 bis 40 wie bisher am Everest oder anderen Bergen“, verrät Ang Tshering.

Everest-Kandidaten sollten erfahrener sein

Ang Tshering (2.v.r.) mit Reinhold Messner (l.)

Ang Tshering (2.v.r.) mit Reinhold Messner (l.)

Doch es sei schwierig, solche Reformen durchzusetzen, „weil alle sechs bis acht Monate die Regierung wechselt. Du musst die neuen Verantwortlichen erst einmal überzeugen. Und wenn sie gerade dabei sind, es zu verstehen, werden sie wieder abgelöst.“ Deshalb ziehe sich auch die Diskussion über neue Bergsteiger-Regeln für den Mount Everest so in die Länge, sagt der NMA-Chef. Die Reform sei dringend nötig: „Der Everest ist der höchste Berg der Erde und nicht leicht zu besteigen. Egal, ob die Gipfelanwärter in den europäischen Alpen, sonstwo im Ausland oder auf den Bergen Nepals bergsteigen, sie sollten einfach mehr Erfahrung haben.“

Bergsteiger interessiert nur der Preis“

Wie viele andere, sieht auch Ang Tshering das Problem, dass vor allem neu auf den Markt drängende Expeditionsveranstalter aus Nepal die Kundschaft mit Dumpingpreisen anlocken. „Sie krallen sich auch Leute, die keine Ahnung vom Bergsteigen haben und nicht wissen, wie man mit der Ausrüstung umgeht. Diese Agenturen verderben die Tourismusbranche.“ Der Präsident der NMA leitet gleichzeitig Asian Trekking, einen der größten Expeditionsveranstalter des Landes. „Es darf nicht sein, dass die Sicherheitsmaßnahmen anderer nepalesischer Anbieter dadurch kompromittiert werden“, sagt Ang Tshering Sherpa. Es gebe durchaus erfahrene und gut organisierte Veranstalter in Nepal. „Aber die Bergsteiger schauen nur auf den Preis, nicht auf die Sicherheitsstandards. Das ist das Problem.“

]]>