Frühjahrssaison – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Everest-Saison lief “reibungslos” https://blogs.dw.com/abenteuersport/everest-saison-lief-reibungslos/ Tue, 21 Jun 2016 10:22:46 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=32985 Everest-Nordseite im letzten Tageslicht

Everest-Nordseite im letzten Tageslicht

„Es war eine gute Saison“, schreibt mir Nishma Khadgi, die bei Asian Trekking, dem führenden Expeditionsveranstalter Nepals, für Marketing zuständig ist. „Die Dinge haben sich weitgehend normalisiert. Die Stimmung unter den Bergsteigern und Sherpas ist gut, das stimmt uns für die künftigen Saisons optimistisch.“ Nach Angaben des nepalesischen Tourismusministeriums bestiegen in diesem Frühjahr 456 Bergsteiger von der Südseite aus den Mount Everest, 199 davon kamen aus dem Ausland. Die offiziellen Zahlen von der Nordseite stehen noch aus.

Mit dem Nepalesen Mingma Gyalje Sherpa und dem Schweizer Kari Kobler haben zwei weitere Expeditionsleiter auf meine Bitte reagiert, mir ihre persönliche Everest-Saisonbilanz zu geben. Mingma war im Frühjahr auf der Südseite, Kari auf der Nordseite. Beide halten sich derzeit in Pakistan auf, wo sie Expeditionen zum K 2 anführen, dem zweithöchsten Berg der Erde. Und noch eine Gemeinsamkeit gibt es: Beide Expeditionsleiter bestiegen im Mai den Everest selbst.

Mingma Gyalje Sherpa: „Keine Staus“

Mingma Gyalje Sherpa

Mingma Gyalje Sherpa

Mingma Gyalje Sherpa ist Chef von Dreamers Destination, einem in Kathmandu ansässigen Veranstalter von Expeditionen und Trekkingreisen. Der 30-Jährige hat bereits sieben Achttausender bestiegen und sorgte im Herbst 2015 mit seinem Solo in der Westwand des 6685 Meter hohen Chobutse für Schlagzeilen. Das ist seine Bilanz der Everest-Frühjahrssaison:

„Dieses Jahr war es am Everest großartig. Ich stand zum fünften Mal auf dem Gipfel, und dies war meine leichteste Besteigung. Es hat am Anfang ziemlich viel geschneit, und dieser Schnee bedeckte Fels und Eis. Die bekanntesten Felspassagen wie das Gelbe Band oder der Genfer Sporn und auch die Gipfelwand oberhalb des Südsattels waren schneebedeckt und daher leicht zu begehen und  zu klettern. Das Sherpa-Team, das für die Fixseile zuständig war, beendet zu einem frühen Zeitpunkt seine Arbeit. In früheren Jahren wurde der Berg meist nach dem 15. Mai bestiegen, in diesem Jahr standen einige Teams schon vor diesem Datum oben. Daher gab es weniger Staus. Zudem war auch der große Fels am Hillary Step schneebedeckt. So war es vergleichsweise leicht, ihn zu überwinden, und auch dort gab es überhaupt keinen Stau.

Da die nepalesische Regierung die Permits von 2015 für 2016 und (!) 2017 verlängert hat, wirkte sich das nicht auf die Zahl der Bergsteiger an den Achttausendern aus. Ich hatte ein Team mit acht Mitgliedern, vier wollten auf den Everest, vier auf den Lhotse. Auf jeden ausländischen Bergsteiger kam ein Sherpa. Am Lhotse fehlte in dieser Saison das Glück, dort gab es überhaupt keine Gipfelerfolge. Drei meiner Kunden standen am 20. Mai mit ihren Sherpas auf dem Gipfel des Everest, an diesem Tag waren nur wenige oben. Die Teams wählten verschiedene Gipfeltage zwischen dem 13. und 22. Mai. Dank des Fixseil-Teams, das sehr früh die Route fertig präpariert hatte, lief das Ganze reibungslos ab.“

Kobler: „Alle wollten am gleichen Tag hoch, Horror!“

Kari Kobler (l.) mit seinem Team

Kari Kobler (l.) mit seinem Team

Für Kari Kobler war die Besteigung des Mount Everest in diesem Frühjahr bereits seine sechste. Mit dem 61 Jahre alten Chef des Veranstalters Kobler & Partner erreichten sechs seiner Sherpas sowie zwei Kunden den höchsten Punkt, darunter der Deutsche Stefan Sieveking (Jahrgang 1946), „der vermutlich älteste Deutsche auf dem Gipfel des Mount Everest“, wie Kari schreibt. Der Schweizer hat mich ermuntert, mich bei seinem Resümee auf der K&P-Homepage zu bedienen:

„Nachdem das Anbringen der Fixseile am 10. bis 13. Mai in die Hosen ging, gab Sumdjock (von der Tibet Himalaya Expedition Company, die das Fixseil-Team stellte) auf einmal bekannt, um den 19. Mai sei sehr gutes Gipfel-Wetter. Es wurde auf einmal hektisch im Basislager und ABC (vorgeschobenes Basislager)! Die Chinesen, Russen, Japaner und Inder wollten alle am gleichen Tag auf den Gipfel, Horror! Erfrierungen, Schneeblindheit und sonstige kleine Blessuren waren die Folge von meistens unvorsichtigem Verhalten. Doch es ging alles ohne größere Verletzungen über die Bühne. Es gab auf der Nordseite des Mount Everest keinen einzigen Todesfall in diesem Jahr!

Wir haben mit der Besteigung gewartet. Das war keine einfache Entscheidung. Doch die Erfahrung hat mich gelehrt, manchmal einfach ein wenig Geduld zu haben. Das Warten hat sich gelohnt, denn der 23. Mai war der beste Everest-Gipfeltag 2016. Der Aufstieg war einfach super. Es hat in der Nacht vorher ein wenig geschneit. Somit waren die Felsbänder, die es am Everest zu queren gilt und die manchmal ein wenig heikel sind, bestens verschneit. Ich durfte als Erster sogar eine neue Spur bis auf den Gipfel legen. Was mich natürlich gefreut hat. Auf dem Gipfel stand ich mit Pemba alleine und konnte die einfach geniale Aussicht genießen.“

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Normal, und das ist gut so https://blogs.dw.com/abenteuersport/normal-und-das-ist-gut-so/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/normal-und-das-ist-gut-so/#comments Wed, 04 May 2016 12:46:46 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=32553 Mount Everest (l.) im ersten Tageslicht

Südseite des Mount Everest (l.) im ersten Tageslicht

Schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten, lernt jeder angehende Journalist. Dabei ist es doch eigentlich eine gute Nachricht, wenn es keine schlechten gibt. Das gilt in diesem Frühjahr besonders für den Mount Everest, nach den Unglücken der vergangenen beiden Jahre. Im Frühjahr 2014 endete die Saison auf der nepalesischen Seite vorzeitig, nachdem eine Eislawine im Khumbu-Eisbruch 16 nepalesische Bergsteiger das Leben gekostet hatte. 2015 wurde wegen des verheerenden Erdbebens in Nepal sogar zu einem Jahr ohne Gipfelerfolge auf beiden Seiten des Bergs. Auf der Südseite kamen 19 Menschen ums Leben, als eine durch das Beben ausgelöste Lawine das Basislager traf. Danach reisten alle Bergsteiger ab. Auf der Nordseite sperrten die chinesischen Behörden nach dem Erdbeben im Nachbarland alle Achttausender. In diesem Jahr verläuft die Saison nach meinem Eindruck bisher weitgehend normal.

Fixseil-Team schon in dieser Woche auf dem Gipfel?

Everest-Nordseite im letzten Tageslicht

Everest-Nordseite im letzten Tageslicht

Auf der nepalesischen Seite des Everest haben Climbing Sherpas die Route bis knapp unterhalb des rund 7900 Meter hohen Südsattels vorbereitet. Wegen kleiner Lawinen in der Lhotse-Flanke mussten die Arbeiten vorübergehend unterbrochen werden. Die ersten kommerziellen Teams haben bereits in Lager 3 auf rund 7000 Metern übernachtet, um sich weiter zu akklimatisieren. Auf der tibetischen Nordseite ist das Fixseil-Team der China Tibet Mountaineering Association (CTMA) am Nordostgrat bis auf eine Höhe von gut 8200 Metern vorgedrungen. Das Team hoffe, bereits am Donnerstag den Gipfel zu erreichen, schrieb der US-Amerikaner Adrian Ballinger gestern auf Instagram. Auf der Südseite wird damit in der kommenden Woche gerechnet.

Nicht unüblich

Und sonst? 17 ausländische und zehn nepalesische Bergsteiger mussten nach Informationen der Zeitung „The Himalayan Times“ bisher wegen Symptomen von Höhenlungen- oder -hirnödemen aus dem Basislager ausgeflogen werden. Die Zahlen wirken auf den ersten Blick spektakulär, dürften aber in etwa im Durchschnitt einer normalen Everest-Saison liegen. Auf der Südseite gibt es vereinzelte Klagen über die Arbeit der Climbing Sherpas. Auch das kommt immer wieder einmal vor. Die mediale Aufregung über Hubschrauber-Touristenflüge über dem Khumbu-Eisbruch schließlich ist zwar nachvollziehbar und berechtigt. Dass dieses Thema überhaupt so viel Aufmerksamkeit erhält, ist aber auch ein Zeichen dafür, dass die eigentliche Bergsteiger-Saison am Everest bisher ohne größere Zwischenfälle verlaufen ist. Und das ist doch eine gute Nachricht, oder?

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Everest-Jobs der Zukunft sichern https://blogs.dw.com/abenteuersport/everest-jobs-der-zukunft-sichern/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/everest-jobs-der-zukunft-sichern/#comments Sat, 02 Apr 2016 07:00:34 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=32289 Dawa Gyaljen Sherpa

Dawa Gyaljen Sherpa

Er gehört zu den Sherpas, die in diesem Jahr einen Bogen um den Mount Everest machen. „Ich habe einfach keine Zeit”, sagt Dawa Gyaljen Sherpa, als ich ihn während meines Nepalbesuchs in einem Kaffee in Kathmandu treffe. Der 29-Jährige arbeitet für einen Veranstalter, der Trekkingreisen organisiert. „Vielleicht klappt es ja 2017 wieder. Ich bin gefragt worden, ob ich dann ein Everest-Team leite. Mal sehen, ob ich so viel Urlaub nehmen kann.“ Viermal stand der Sherpa, der im Khumbu-Gebiet in einem kleinen Dorf westlich von Namche Bazaar geboren wurde, bereits auf dem höchsten Punkt der Erde: 2005, 2007, 2008 und 2009. Die anstehende Frühjahrssaison könnte die Weichen für die Zukunft stellen, glaubt Dawa.

An Nachbeben gewöhnt

„Wenn es wieder Unglücke wie 2014 und 2015 geben sollte, dürften die Leute endgültig verschreckt sein“, erwartet Dawa. „Wenn die Expeditionen jedoch erfolgreich sind, wird die Zahl der Bergsteiger am Everest 2017 und auch 2018 bestimmt nach oben gehen.“ Er sei froh, dass inzwischen wieder viele Ausländer bereit seien, nach Nepal zu reisen, um die Wirtschaft des vom Erdbeben gebeutelten Landes anzukurbeln. Dawa denkt nach eigenen Worten kaum noch an das Beben vom 25. April 2015, nicht zuletzt wegen der mehr als 400 Nachbeben der Stärke 4 und höher: „Manchmal registriere ich die Erdstöße der Stärke 4,5 oder 5 gar nicht mehr, weil ich mich daran gewöhnt habe. Es ist für mich fast normal geworden. Wir haben eine sehr gefährliche Situation überlebt, jetzt fühle ich mich sicher. Doch es gibt immer noch Gerüchte, dass uns ein weiteres starkes Erdbeben bevorsteht.“

Unmöglich, unbefangen zu sein

Rettungshubschrauber über dem Khumbu-Eisbruch (2014)

Rettungshubschrauber über dem Khumbu-Eisbruch (2014)

Die Sherpas seien fest entschlossen, die diesjährige Everest-Saison erfolgreich zu gestalten. „Schließlich geht es auch darum, ihre Arbeitsplätze in der Zukunft zu sichern“, sagt Dawa Gyaljen. „Ich würde nicht von Druck sprechen, eher von einer speziellen Herausforderung. Sie werden sich richtig ins Zeug legen, um in diesem Jahr den Gipfel zu erreichen.“ Im Frühjahr 2014 gehörte der junge Sherpa zu den Ersten, die nach dem Lawinenabgang im Khumbu-Eisbruch die Unglücksstelle erreichten und mit der Bergung der Verletzten und Toten begannen. 16 nepalesische Bergsteiger kamen damals ums Leben, drei von ihnen blieben verschollen. Ich frage Dawa, ob er nach dieser Erfahrung wieder unbefangen durch den Eisbruch klettern könnte. „Ich denke, davon kann sich keiner frei machen. Wenn wir jetzt an der Unglücksstelle vorbeikommen, werden wir uns wohl fühlen, als ob da immer noch Blutspuren wären oder jemand in der Spalte hinge.“

Besser ausgebildet

Dawa am Lobuche Peak

Dawa am Lobuche Peak

Dawa Gyaljen findet, dass die Everest-Anwärter inzwischen im Vergleich zu früheren Jahren bessere Bergsteiger seien. „Es gibt nur noch ein paar wenige, die nicht wissen, wie man Steigeisen anlegt“, sagt der 29-Jährige. Zudem seien auch die Sherpas inzwischen viel besser ausgebildet, viele hätten die Praxiskurse durchlaufen, die der nepalesische Bergsteiger-Verband NMA zweimal im Jahr anbiete. Die Sherpas seien schließlich für ihre Kunden verantwortlich, meint Dawa: „Denn wenn etwas Schlimmes passiert, wirft man ihnen vor, nicht auf ihre Schützlinge aufgepasst zu haben. Ich höre immer wieder diese Geschichten von Sherpas, die ihre Kunden auf halbem Weg im Stich gelassen haben.“ Gut ausgebildete und erfahrene Sherpa-Bergführer täten dies nicht. „Wenn die Kunden aber entgegen dem Rat ihres Sherpas weiter aufsteigen und etwas passiert, dann sind sie selbst verantwortlich.“

P.S.: Der gestrige Artikel zur Everest-Castingshow war natürlich ein Aprilscherz, die beteiligten Personen frei erfunden. 🙂 Aber Scherz beiseite, erscheint euch so etwas wirklich unmöglich?

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Dawa Steven Sherpa: „Es gibt eine Menge Druck“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/dawa-steven-sherpa-es-gibt-eine-menge-druck/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/dawa-steven-sherpa-es-gibt-eine-menge-druck/#comments Wed, 30 Mar 2016 08:38:26 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=32225 Dawa Steven Sherpa

Dawa Steven Sherpa

Eine 15 Meter hohe Kletterwand mitten im wuseligen Touristenviertel Thamel in Kathmandu, wer hätte das gedacht? „Die Wand ist der Kindergarten des Klettersports in Nepal“, erzählt mir Dawa Steven Sherpa. „Alle jungen ambitionierten Sherpa-Kletterer haben hier trainiert.“ Ich treffe den 32-Jährigen im Büro von „Asian Trekking“. Zusammen mit seinem Vater Ang Tshering Sherpa leitet Dawa Steven den führenden Expeditionsveranstalter Nepals. Ich spreche mit ihm über die anstehende Frühjahrssaison am Mount Everest – nach dem Lawinenunglück 2014 im Khumbu-Eisbruch mit 16 Toten und dem Erdbeben 2015, das eine Lawine am Siebentausender Pumori auslöste, die das Everest-Basislager traf und 19 Menschen in den Tod riss.

Dawa Steven, Asian Trekking bietet auch in diesem Frühjahr eine Öko-Everest-Expedition an. Wird sie stattfinden?

Ja, wir werden am 6. April von Kathmandu aus starten. Bisher haben wir 14 ausländische Mitglieder und 21 Sherpas, aber diese Zahl wird sich bis Ende des Monats noch ändern.

Stellst du eine niedrigere Nachfrage in diesem Jahr fest?

Es gibt keine niedrigere Nachfrage nach dem Everest, aber es sind diesmal dieselben Leute wie 2015 und 2014, die jetzt zurückkehren. Die große Frage stellt sich nicht in diesem, sondern im nächsten Jahr: Wird es dann immer noch eine so große Expedition geben?

Die Everest.-Südwestwand

Die Everest-Südwestwand

Wir hatten zwei Jahre mit Lawinenunglücken und ohne Gipfelerfolge von der Südseite des Everest aus. Was erwartest du von dieser Frühjahrssaison?

Naturkatastrophen lassen sich nicht voraussagen. Aber was die Stimmung angeht, spüren alle, die Bergsteiger, die Sherpas und auch die Expeditionsveranstalter, dass es einfach ein gutes Jahr werden muss, egal wie wir es anstellen. Drei Jahre in Serie würden der Tourismusbranche und dem Ruf des Everest dauerhaft schaden und damit auch der lokalen und nationalen Wirtschaft. Deshalb spürt man eine große Entschlossenheit. Die Expeditionen müssen erfolgreich sein, egal wie. Alle stehen in diesem Jahr unter großem Druck.

Dawa Steven Sherpa: Viel Druck in diesem Jahr

In dem Sinne, dass diese Saison über die Zukunft des Everest-Bergsteigens auf der nepalesischen Seite entscheidet?

Ich denke, dass schon jetzt viele Kunden, die in den letzten beiden Jahren in Nepal waren, für sich entschieden haben, dass China für sie sicherer ist. Viele Leute denken, dass die Nordseite weniger Gefahren birgt als die Südseite. Aber das ist nur eine Meinung. Die chinesische Seite hat ihre eigenen Herausforderungen, beispielsweise dass die Bergsteiger länger der großen Höhe ausgesetzt sind.

Die nepalesische Regierung hat die Gültigkeit der Permits, also der Besteigungsgenehmigungen von 2015 um zwei Jahre verlängert. Die Entscheidung fiel ziemlich spät – wie gewohnt?

Wie gewohnt. Das hat uns nicht überrascht. 2014 waren wir noch wirklich besorgt und auch gestresst, weil sich die Regierung so viel Zeit für ihre Entscheidung zu den Everest-Permits nahm. In diesem Jahr hatten wir schon diese Erfahrung von 2014 gemacht. Ich sagte zu meinen Kunden: „Macht euch keine Sorgen, die nepalesische Regierung macht ihre Arbeit immer erst auf die letzte Minute.“ Das ist nicht wie in Europa oder Amerika. Dinge werden nicht zeitig geregelt, sondern erst, wenn sie unbedingt erledigt werden müssen.

Dawa-Steven-Sherpa-IIWie steht es mit den angekündigten neuen Regeln für das Everest-Bergsteigen wie Alterslimits, keine Permits mehr für schwerbehinderte Bergsteiger und so weiter? Werden diese Regeln kommen?

Sie werden nicht kommen, zumindest nicht jetzt. Ich denke, es ist wichtig, Kriterien zu haben, Auswahlprozesse, wer am Berg unterwegs sein soll, nicht nur für Bergsteiger, sondern auch für Veranstalter, Bergführer und Sherpas. Aber die Regeln, die du erwähnst, das war nur eine Äußerung des Tourismusministers bei einer öffentlichen Veranstaltung, ohne gesetzlichen Hintergrund. Es gab keinen Schriftsatz, es folgte auch nichts darauf. Aber die Medien griffen die Äußerung auf, und sie schadete dem Ruf Nepals als Ziel für Bergsteiger sehr.

Dawa Steven Sherpa zu den neuen Everest-Regeln

Meiner Ansicht nach ist es ein falsches Kriterium zu sagen, dass eine behinderte Person nicht klettern darf. Ich finde, das ist Diskriminierung. Ich kenne viele Behinderte, die bessere Kletterer sind, als ich es bin. Und dann gibt es auch noch die Diskriminierung bezüglich des Alters. Alter ist doch kein Faktor. Ich verstehe, dass man Minderjährige nicht zum Klettern anhalten sollte. Kinder sollten nicht einer gefährlichen Umgebung ausgesetzt werden. Aber es ist falsch zu sagen, dass ein 60-, 70- oder 80-Jähriger generell nicht leistungsfähig sei. Es gibt Leute in ihren Sechzigern, die sind fitter als ich. Solange ein Arzt ihnen bescheinigt, dass sie fit genug sind, um auf den Berg zu steigen, wäre das doch eine gute Grundlage, ihnen das Klettern zu erlauben.

Aber auch der nepalesische Bergsteigerverband NMA fordert strengere Regeln für den Everest. Denkst du, dass es wichtig ist einzugreifen, damit nicht die falschen Leute am Berg unterwegs sind?

Es gibt definitiv die Notwendigkeit zu regulieren, wer auf den Berg geht. Aber gleichzeitig müssen wir es sehr vorsichtig angehen, weil es eine wirtschaftliche Angelegenheit ist und so viele Jobs dranhängen. Um es sicherer zu machen, muss man sich vor allem auf die Bergsteiger fokussieren. Es sollten bessere Kletterer sein. Aber nach meiner eigenen Erfahrung sind es in der Regel nicht einmal die Amateure, sondern vielmehr die erfahrenen Bergsteiger, die in Schwierigkeiten geraten. Sie kennen den Berg nicht, viele kommen aus den Alpen und den Anden und kennen sich nicht wirklich mit großer Höhe aus. Sie wählen preisgünstige Anbieter und suchen nicht nach leistungsfähigen Sherpas, die sie unterstützen könnten. Im Gegensatz zu einer Felskletterei oder einem niedrigen Gipfel ist der Everest jedoch eine richtige Expedition. Er erfordert ganz unterschiedliche Fertigkeiten, logistischer Art, beim Bergführen, natürlich auch beim Klettern. Die Mischung dieser Fähigkeiten muss stimmen.

Viel Verkehr auf der Normalroute

Viel Verkehr auf der Normalroute

Aber Amateurbergsteiger sind häufig sehr langsam und verantwortlich für die Staus an den Schlüsselstellen der Route.

Amateurbergsteiger können langsam sein, aber das kann genauso für die Erfahrenen gelten, denn es nicht die technische Schwierigkeit des Everest, die die Leute langsam macht, sondern die Höhe. Du kannst ein fantastischer Felskletterer oder ein fantastischer Bergsteiger aus den Schweizer Alpen sein. In dem Augenblick, in dem du die 8000 Meter knackst, arbeitet dein Körper nicht mehr wie gewohnt. Deshalb ist es nicht notwendigerweise richtig zu sagen, dass die Amateurbergsteiger diejenigen sind, die die anderen ausbremsen. Aber natürlich stimmt es, dass du die Leute ausbremst, wenn dir die technischen Fertigkeiten fehlen und du dazu noch Schwierigkeiten mit der Höhe hast.

Die zweite Sache ist das Management am Berg. Staus passieren, wenn zu viele Leute zur selben Zeit an derselben Stelle unterwegs sind. Gründe sind schlechtes Management von der Regierungsseite und schlechte Koordination zwischen den Teams. Zunächst einmal müssen wir uns die Wettervorhersagen anschauen. Wie viele Wetterfenster werden wir im Mai haben, vielleicht fünf, vier oder auch nur zwei? Entsprechend können sich die Leute aufteilen. Wetterfenster dauern zwischen zwei und manchmal sogar fünf Tagen. Es müssen also nicht alle Leute am gleichen Tag starten, sie können es zeitversetzt tun. So kann das Ganze gemanagt werden. An einem schönen Sommertag stehen mehr Menschen auf dem Mont Blanc als auf dem Everest im ganzen Jahr. Es wird einen Punkt geben, an dem wir sagen müssen, es sind zu viele Leute. Aber diesen Punkt haben wir meiner Meinung nach noch nicht erreicht. Lass uns erst einmal diese Leute und ihre Gipfelaufstiege managen und erst dann über Quoten oder ähnliches reden!

Basislager zu Füßen des Mount Everest

Basislager zu Füßen des Mount Everest

Einige westliche Veranstalter haben angekündigt, dass sie keine Everest-Expeditionen mehr anbieten wollen, weil sich der Konkurrenzkampf mit den nepalesischen Anbietern zu einem regelrechten Preiskrieg entwickelt hat. Kannst du sie verstehen?

Absolut. Aber dieser Wettbewerb kommt ja nicht nur von den nepalesischen, sondern auch von den internationalen Veranstaltern selbst. Es gibt viele nepalesische Unternehmen, die billigere Angebote machen. In der Vergangenheit hatten sie gar nicht die Möglichkeit, Expeditionen zu organisieren und zu leiten. Inzwischen haben wir sie. Jetzt haben wir nepalesische Bergsteiger, die Bergführer mit internationalen Zertifikaten sind. Es gibt Unternehmen, sie sehr leistungsfähig sind, die dieselbe Infrastruktur, dasselbe Kapital und Personal haben wie die westlichen Veranstalter. Dazu sind sie auch noch vor Ort, ihre Fixkosten sind niedriger, und deshalb können sie günstigere Preise anbieten.

Die westlichen Veranstalter verlieren also die Kunden, die auf den Preis gucken, an diese Unternehmen. Gleichzeitig gibt es immer noch viele ausländische Bergsteiger, die ihren Seelenfrieden finden und zufriedener sind, wenn sie mit einem Anbieter aus dem eigenen Land unterwegs sind. Diese Leute kümmern sich nicht so um den Preis und suchen eher nach internationalen Veranstaltern, die teurer sind, aber einen besseren Ruf haben. Es wird also so kommen, dass die internationalen Anbieter aus dem preislichen Mittelfeld ihre preisbewussten Kunden an die nepalesischen Unternehmen verlieren und die eher teuer orientierten an die hochpreisigen internationalen Veranstalter. Das ist der Grund, warum sie nicht mehr mithalten können.

Würdest du sagen, dass eine neue Ära bevorsteht, in der nur noch nepalesische Veranstalter Everest-Expeditionen abwickeln?

Ja, diese Ära wird kommen, aber es gibt immer noch eine Nische für internationale Wettbewerber. Nur die Besten werden überleben. Letztendlich werden die nepalesischen Veranstalter die westlichen überholen, weil sie von Jahr zu Jahr besser werden. Das kann in fünf Jahren geschehen oder in zehn. Das bedeutet aber nicht, dass die internationalen Veranstalter bedeutungslos werden. Wir sehen schon jetzt, dass westliche Unternehmen, die ihre Expeditionen in Nepal bisher gewöhnlich selbst organisierten, jetzt ihre Kunden zu nepalesischen Anbietern schicken. Sie übernehmen nur noch das Marketing, die nepalesischen Unternehmen wickeln die Expeditionen ab. Das Geschäft ändert sich ständig. Wenn du dich nicht anpasst, wirst du nicht überleben.

Dawa Steven Sherpa: Vor einer neuen Ära

Einige Experten erwarten, dass es bald nur noch High-End-Expeditionen auf der einen und Discount-Expeditionen auf der anderen Seite geben wird und nichts mehr dazwischen. Teilst du diese Einschätzung?

Nein, das glaube ich nicht. Es kommt auf das ganze Spektrum an. Wenn ein Profibergsteiger zu uns kommt und sagt, er brauche nur einen Koch und ein Zelt im Basislager, alles andere werde er selbst machen, dann organisiere ich seine Expedition dementsprechend. Wenn ein reicher Anwalt aus Hongkong aufschlägt, der drei Sherpas haben will, keinen Rucksack tragen möchte und will, dass alles für ihn getan wird, kann ich ihm auch weiterhelfen. Aber die meisten Leute bewegen sich irgendwo dazwischen. Ich denke, es wird immer die ganze Bandbreite geben. In der Vergangenheit haben die Nepalesen den Niedrigpreis-Bereich abgedeckt. In der Mitte und an der Spitze der Preisskala standen die westlichen Veranstalter. Jetzt haben die Nepalesen das untere und das Mittelfeld übernommen, und nur noch die teureren Expeditionen werden von westlichen Unternehmen angeboten. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Nepalesen auch diesen Bereich übernehmen werden.

Was hältst du von diesen Luxus-Expeditionen: Akklimatisierung in Sauerstoffzelten in niedrigeren Bereichen, Flug mit dem Helikopter ins Basislager, nur Lebensmittel aus westlichen Ländern, ein Kunde, ein Sherpa und so weiter? Kannst du mit dieser Art Expedition leben?

Absolut. Ich denke, es ist für alles Platz. Wenn wir über die Philosophie des Bergsteigens reden, ist das große Problem, dass wir es meistens aus einer westlichen Perspektive tun, in der Bergsteigen eine Freizeitbeschäftigung ist, eine philosophische Übung. Die Leute reden über die richtige oder falsche Art zu klettern. In Nepal aber ist Bergsteigen eine wirtschaftliche Angelegenheit. Jeder Bergsteiger sorgt für Jobs, für Sherpas, Köche, Träger, Bauern. Es ist also ein komplett anderer Ansatz. Warum sollte Nepal das Bergsteigen an Ausländer verkaufen, wenn das Land nicht davon profitiert? Da muss man ganz vorsichtig sein. Sherpas sind schnell dabei zu sagen: Wenn wir keine Jobs mehr am Berg bekommen, warum kommen die Ausländer dann überhaupt hierher und besteigen einfach unsere heiligen Berge? Wenn jemand aus dem Westen sagt, das ist gegen die Philosophie des Bergsteigens, dann ist es vielleicht gegen die westliche Philosophie, aber ist es auch gegen die nepalesische? Das fragt sich niemand.

Dawa Steven Sherpa über die Philosophie des Bergsteigens

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