Garrett Madison – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Es war einmal … der Hillary Step https://blogs.dw.com/abenteuersport/es-war-einmal-der-hillary-step/ Tue, 13 Jun 2017 13:49:54 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=36655

Hillary Step 2017

Der dicke Brocken ist weg. So viel steht fest. Tim Mosedale, sechsmaliger Everest-Besteiger aus Großbritannien, hat auf Facebook noch einmal einige Bilder nachgelegt, um seine These zu untermauern, dass der Hillary Step, jene markante, zwölf Meter hohe Felsstufe auf 8790 Meter Höhe, in seiner bisherigen Form nicht mehr existiert. Tims Bilder zeigen: Wo einst ein mächtiger Felsbrocken das letzte ernsthafte Hindernis vor dem Gipfel darstellte, liegen jetzt nur noch ein paar Bröckchen herum. Das hatte der britische Expeditionsleiter bereits Mitte Mai nach seinem erfolgreichen Gipfelversuch behauptet: „Es ist offiziell. Der Hillary Step ist nicht mehr.“

Regierung spricht von Missverständnis

Hillary Step 2009

Mosedale musste sich anschließend einiges anhören. Vor allem aus Nepal wurde ihm vorgeworfen, er verbreite „Fake News“. Die nepalesische Regierung äußerte sich sogar ganz offiziell. Man habe sich bei den „Icefall Doctors“, den hoch spezialisierten Sherpas am Everest, erkundigt, hieß es in einer Pressemitteilung des Tourismusministeriums: „Der Bericht der Icefall Doctors bestätigt, dass der Hillary Step noch intakt und mit Schnee bedeckt ist. Das Missverständnis mag entstanden sein, weil die neue Route rund fünf Meter rechts der Originalroute angelegt worden ist.“

Letzteres stimme, sagt Mosedale. „Aber es war nur weiter rechts, weil der Hillary Step nicht da war und wir stattdessen über den Schneegrat aufstiegen.“ Rückendeckung erhält der Brite von anderen Bergsteigern, die in diesem Frühjahr am Gipfel waren, wie dem US-Expeditionsleiter Garrett Madison. „Es ist ziemlich offensichtlich, dass der Brocken heruntergestürzt ist und jetzt an der Stelle Schnee liegt“, sagte Madison dem Magazin „Outside“. „Einige der Felsen darunter sehen aus wie vorher, aber der dicke Brocken fehlt jetzt.“

Folge des Erdbebens von 2015?

Hillary Step 2017 (Nahaufnahme)

Das erleichterte in der kürzlich zu Ende gegangenen Frühjahrsaison, in der im Gipfelbereich relativ viel Schnee lag, den Aufstieg. Welche Folgen die Veränderung des Geländes in schneearmen Jahren hat, in denen sich kein breiter Schneegrat bildet, wird sich zeigen.

Bereits 2016 hatten Bergsteiger berichtet, dass der Hillary Step anders aussehe als vor dem verheerenden Erdbeben, das Nepal vor zwei Jahren erschüttert hatte. Gut möglich, dass sich der dicke Brocken wirklich während des Bebens gelöst hat. Gipfelanwärter, die sich am 25. April 2015 im Tal des Schweigens aufhielten, beobachteten Steinschlag von Everest und Lhotse.

Letzte Schlüsselstelle vor dem Gipfel

Hillary Step 2013

Der Hillary Step ist mehr als nur ein Stück Berg, er ist ein Mythos. Kletterexperten ordnen die Felsstufe zwar nur irgendwo zwischen dem ersten und zweiten Schwierigkeitsgrad nach der Skala des Weltverbands der Bergsteiger und Kletterer (UIAA) ein. Doch in dieser extremen Höhe, wo der Sauerstoff nur noch mit einem Drittel des Drucks in die Lungen gepresst wird wie auf Meereshöhe, wird selbst diese Kletterei, die man in den Alpen unter Umständen belächeln würde, zu einer echten Herausforderung. Nicht umsonst bildeten sich früher am Hillary Step lange Schlangen, weil viele Kunden kommerzieller Expeditionen damit schlicht überfordert waren. Bei der Erstbesteigung 1953 hatte der Neuseeländer Edmund Hillary sein Herz in beide Hände genommen und war durch einen dünnen Riss zwischen Fels und Eis nach oben geklettert. „Danach realisierte ich erstmals, dass wir es auf den Gipfel schaffen würden“, sagte einst der Everest-Pionier über die letzte Schlüsselstelle, die nach ihm benannt wurde. Der Neuseeländer starb 2008 im Alter von 88 Jahren.

Zorn der Götter

Südseite des Mount Everest

Berge sind seismischen Aktivitäten und dem Klima ausgesetzt, können sich somit auch verändern. Felsstürze kommen überall auf der Welt vor. So verlor der Mount Cook, der höchste Berg Neuseelands, 1991 deutlich an Höhe, als Fels und Eis im Gipfelbereich abbrachen. Warum also sollte es nicht auch den Mount Everest erwischen können? Die Sherpas nennen den höchsten aller Berge Chomolungma, „Göttinmutter der Erde“. Naturereignisse wie Felsstürze oder Lawinen werden in ihrem Glauben als Zeichen dafür gewertet, dass die Menschen den Zorn der Götter auf sich gezogen haben. Vielleicht erklärt das, warum sich viele in Nepal so schwer damit tun, dass der Hillary Step nicht mehr so aussieht wie zuvor.

]]>
Ziemlich weit rechts https://blogs.dw.com/abenteuersport/ziemlich-weit-rechts/ Wed, 08 Apr 2015 10:25:26 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=28885 Rechts die neue Route, links die von 2014 (© madisonmountaineering.com)

Rechts die neue Route, links die von 2014 (© madisonmountaineering.com)

Offenbar ist die neue Route durch den Khumbu-Eisbruch doch mehr als nur eine kleine Kurskorrektur. Die Bilder, die der US-Amerikaner Garrett Madison in seinem Blog veröffentlich hat, sprechen jedenfalls dafür. Mitglieder seines Teams von Madison Mountaineering waren mit dem Hubschrauber über den Eisbruch oberhalb des Everest-Basislagers geflogen und hatten sich aus der Luft angesehen, wo die so genannten „Icefall Doctors“ die Route für diese Frühjahrs-Saison eingerichtet haben. Danach führt sie – von unten gesehen – deutlich weiter rechts durch das Eislabyrinth als erwartet: Näher am Nuptse, weiter weg von der Everest-Westschulter, von der sich am 18. April letzten Jahres die Eislawine gelöst hatte, bei der 16 Nepalesen ums Leben gekommen waren. „Es scheint, als müssten die Bergsteiger wie zuvor mit gebrochenem Eis zurecht kommen, und vielleicht mit mehr senkrechten Leitern“, schreibt Garrett. An einer Stelle hätten die „Icefall Doctors“ vier Leitern zusammengebunden, um eine Eisstufe zu überwinden. In diesem Jahr hat der fünfmalige Everest-Besteiger und Filmemacher David Breashears aus den USA die acht Sherpas dabei beraten, einen möglichst sicheren Weg durch den Eisbruch zu finden.

Umweltschutzorganisation mit besonderer Aufgabe  

Gefährlicher Eisbruch

Gefährlicher Eisbruch

Die „Icefall Doctors“ richten die Route nicht nur ein, sondern sorgen auch dafür, dass sie die gesamte Saison über begehbar bleibt. Ohne ihre Arbeit wäre der Massenansturm am Everest nicht zu bewältigen. Ausgewählt und bezahlt werden diese Sherpas vom Sagarmatha Pollution Control Commitee (SPCC), einer Organisation, die sich ursprünglich nur um den Umweltschutz im Everest-Nationalpark kümmerte. Seit 2000 ist das SPCC im Auftrag der Regierung Nepals auch für die Route durch den Khumbu-Eisfall zuständig. Dafür kassiert das SPCC 600 US-Dollar je Expeditionsmitglied, ein inzwischen sehr wichtiger Bestandteil seiner Einkünfte.

Unverzichtbar, gefährdet, unterbezahlt

„Unglücklicherweise wird dieses Geld nicht dafür genutzt, um die ‚Icefall Doctors‘ angemessen zu bezahlen oder um es in Material für den Eisbruch zu stecken“, monierte der neuseeländische Expeditionsveranstalter Russell Brice im vergangenen Jahr.  Jene Sherpas, die das größte Risiko tragen, weil sie sich täglich im Gletscher bewegen müssen, verdienen umgerechnet rund 2000 Dollar pro Saison. Zum Vergleich: Climbing Sherpas können es inklusive Gipfelprämien und Trinkgelder auf 4000 bis 6000 Dollar bringen, jene, die mehrfach den höchsten Punkt erreichen, auf bis zu 10.000 Dollar. „Sherpa-Stars“ tragen in einer erfolgreichen Everest-Saison angeblich sogar 25.000 Dollar nach Hause.

Nachfrage nicht eingebrochen

Die Regierung in Kathmandu hat nach eigenen Angaben in diesem Jahr für 30 Expeditionen Permits ausgestellt, rund 300 ausländische Bergsteiger werden sich am höchsten Berg der Erde versuchen und von der nepalesischen Südseite her aufsteigen. Damit steht schon jetzt fest, dass der Everest-Markt in Nepal trotz des Lawinenunglücks vor einem Jahr und des darauf folgenden vorzeitigen Endes der Klettersaison 2014 nicht eingebrochen ist.

]]>