Lager 2 – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Route durch den Khumbu-Eisbruch steht https://blogs.dw.com/abenteuersport/route-durch-den-khumbu-eisbruch-steht/ Wed, 01 Mar 2017 10:42:41 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=35185

Viel Arbeit im Khumbu-Eisbruch

Es ist erneut angerichtet am Mount Everest. Drei Tage lang haben der Baske Alex Txikon, sechs Sherpas und zwei „Icefall Doctors“ gearbeitet, um die Route durch den Khumbu-Eisbruch hinauf nach Lager 1 auf gut 6000 Metern wieder instandzusetzen. 60 Prozent der Route hätten neu angelegt werden müssen, weil die harten Wetterbedingungen der vergangenen beiden Wochen ihre Spuren in dem Eislabyrith hinterlassen hätten, teilte das Team des 35 Jahre alten Spaniers mit. „Das waren harte Tage, um die Route wieder auszubessern“, bilanzierte Alex auf Facebook. Nach einem Ruhetag heute wollen Txikon und Co. am morgigen Donnerstag nach Lager 2 auf 6400 Metern aufsteigen.

Zeit, auf die Zähne zu beißen

Alex Txikon

„Mir ist bewusst, dass mit jedem Aufstieg meine Kraftreserven abnehmen und damit auch die Chance, den Gipfel zu erreichen“, schreibt Alex in seinem Blog. „Aber ich bin ein bisschen stur. Und ich mag es zu klettern und dagegen anzukämpfen. Es ist Zeit auf die Zähne zu beißen.“

Txikon hatte – wie berichtet – seinen Winterversuch unfreiwillig unterbrechen müssen, weil der nepalesische Expeditionsveranstalter Seven Summit Treks das gesamte Team nach dem gescheiterten ersten Gipfelversuch nach Kathmandu zurückbeordert hatte. Am Samstag war Alex mit dem Hubschrauber ins Everest-Basislager zurückgekehrt.

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Everest-Gipfelversuch in der kommenden Woche? https://blogs.dw.com/abenteuersport/everest-gipfelversuch-in-der-kommenden-woche/ Fri, 10 Feb 2017 16:37:19 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=35061 Alex Txikon bei seinem vorherigen Aufstieg bis zum Südsattel

Alex Txikon bei seinem vorherigen Aufstieg bis zum Südsattel

„Die Würfel sind gefallen“, sagt Alex Txikon. „Es wird nur einen einzigen Gipfelvorstoß geben, und wir werden versuchen, so zu klettern, wie wir es bisher getan haben.“ Der 35 Jahre alte Baske ist heute mit den Sherpas Nurbu und Chhepal vom Basislager auf  5250 Meter Höhe bis ins Lager 2 auf 6400 Metern aufgestiegen. Die anderen drei Sherpas seines Teams, Nuri, Pemba und Phurba, wollen am Samstag hinterhersteigen. Fünf Tage lang hatten Txikon und Co. im Basislager das schlechte Wetter mit Sturmböen von bis zu 190 km/h im Gipfelbereich ausgesessen.  Zunächst wollen die Bergsteiger jetzt überprüfen, ob das von ihnen deponierte Material in Lager 3 auf 7300 Metern und Lager 4 auf dem Südsattel auf 7950 Metern beschädigt oder gar weggeweht wurde und ersetzt werden muss.

Gute Wetteraussichten

Alex im Basislager

Alex im Basislager

Es sieht aus, als gäbe es zwischen Dienstag und Samstag ein Schönwetterfenster mit optimalen Bedingungen, verglichen zu den Vortagen. Das würde einen Gipfelversuch begünstigen“, sagt Alex. „Es kann aber auch sein, dass alle unseren Optionen, den Gipfel zu erreichen, verschwinden. Aber wir werden alles versuchen.“

Alles muss passen

Txikon will den Everest ohne Flaschensauerstoff besteigen. Bisher hat das nur Ang Rita Sherpa geschafft: am 22. Dezember 1987, gleich zu Beginn des kalendarischen Winters, bei außergewöhnlich gutem und vergleichsweise mildem Wetter. Seit 1993 hat in der kalten Jahreszeit überhaupt niemand mehr auf dem Gipfel des Everest gestanden. Die große Kälte im Winter sorgt normalerweise dafür, dass der Luftdruck im Gipfelbereich noch weiter absinkt. Ein Aufstieg ohne Atemmaske liegt dann im absoluten Grenzbereich des Möglichen. Es muss also wirklich alles passen, damit Alex Txikon eine realistische Chance hat, auf den Gipfel zu gelangen und auch wieder sicher das Basislager zu erreichen.

P.S.: Ich werde von Sonntag an eine Woche lang die Skipisten Osttirols unsicher machen und daher, wenn überhaupt, nur „sparsam“ bloggen. Also nicht wundern! 😉

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Txikon am Everest in Lager 2 https://blogs.dw.com/abenteuersport/txikon-am-everest-auf-nach-lager-2/ Thu, 19 Jan 2017 09:49:06 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=34761 Alex Txikon (auf der Höhe von Lager 1)

Alex Txikon (auf der Höhe von Lager 1)

Sonnig, aber extrem kalt. Das verspricht der Wetterbericht für die nächsten Tage am Mount Everest. Zudem soll der Wind auffrischen. Man erwarte Temperaturen zwischen minus 20 und minus 30 Grad Celsius, lässt Alex Txikon mitteilen. Außerdem soll der Wind auffrischen. Dennoch stieg das Team heute wieder vom Basislager auf und erreichte nach sieben Stunden den Platz für Lager 2 auf 6400 Metern. Alex, sein spanischer Landsmann Carlos Rubio und neun Sherpas hatten zuvor bereits den Weg durch den Khumbu-Eisbruch gesichert und am Eingang des „Tals des Schweigens“, auch bekannt als Western Qwm, Lager 1 auf 6050 Metern angelegt. Möglicherweise werde das Team in den nächsten Tagen sogar nach Lager 3 auf 7400 Metern aufsteigen, hieß es. Sonntag oder Montag werden die Bergsteiger dann wieder zurück im Basislager erwartet.

Alles muss passen

Wegen des trockenen Winterwetters sind Txikon und Co. bisher gut vorangekommen. Der Baske will den 8850 Meter hohen Gipfel nach Möglichkeit im Februar erreichen, ist sich aber bewusst, dass dafür „eine Menge Geduld, viel Engagement und Glück nötig sind“. Die große Kälte im Winter sorgt normalerweise dafür, dass der Luftdruck im Gipfelbereich noch weiter absinkt. Ein Aufstieg ohne Atemmaske liegt dann im absoluten Grenzbereich des Möglichen. Bisher hat es nur der legendäre Ang Rita Sherpa ohne Flaschensauerstoff auf den höchsten Punkt geschafft. Er erreichte den Gipfel am 22. Dezember 1987, am ersten Tag des kalendarischen Winters, und war damit deutlich früher unterwegs als Alex Txikon jetzt.

adventure-listP.S.: Ach übrigens, mein Blog wurde gerade in die „Liste der 100 besten Abenteuerblogs des Planeten“ aufgenommen – was immer das bedeuten mag. 🙂

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Rätselhafter Tod zweier Sherpas am Makalu https://blogs.dw.com/abenteuersport/raetselhafter-tod-zweier-sherpas-am-makalu/ Wed, 11 May 2016 12:58:20 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=32633 Makalu

Makalu

Wie konnte das passieren? Zwei Sherpa-Bergführer einer Expedition des deutschen Veranstalters Amical alpin sind während eines Gipfelversuchs am Achttausender Makalu in Lager 2 auf 6700 Metern ums Leben gekommen. Andere Mitglieder der Gruppe fanden die beiden Sherpas nachmittags leblos in ihrem Zelt. „Wir können nur spekulieren“, sagt mir Amical-Chef Dominik Müller. „Wir vermuten, dass sie beim Kochen im geschlossenen Zelt nicht für ausreichend Belüftung gesorgt haben und dann an einer Kohlenmonoxid-Vergiftung gestorben sind.“

Kleiner Fehler mit fataler Wirkung?

ButterlampenDominik ist schockiert und kann sich das Ganze nicht erklären: „Ich kannte die beiden. Sie waren ganz erfahrene Sherpas. Sie waren nach mehreren Tagen im Basislager auch ausgeruht und nicht gestresst. Es passierte also ohne Fremdeinwirkung. Ich vermute, dass sie einen kleinen Fehler gemacht haben, der eine fatale Wirkung hatte.“ Der Amical-Chef betont, dass es noch zu früh sei, um eine belastbare Aussage über die Todesursache zu machen. Er werde noch mit den anderen Teilnehmern der Expedition sprechen, um weitere Informationen zu erhalten. Zu der Amical-Gruppe am Makalu, dem mit 8485 Metern fünfthöchsten Berg der Erde, gehörten laut Dominik vier Sherpas – und neun westliche Bergsteiger: „Sie sind allesamt sehr erfahren. Sie wollten deshalb auch keinen Expeditionsleiter, sondern sich selbst um alles kümmern.“

Kohlenmonoxid-Vergiftungen durch Gaskocher im Zelt sind selten, kommen aber immer wieder einmal vor – auch im Himalaya. Unmittelbar vor dem Unglück am Mount Everest 1996, das sich gestern zum 20. Mal jährte, fielen Arita Sherpa und Chuldum Sherpa aus dem Team des Neuseeländers Rob Hall für den Gipfelversuch aus, der später so tragisch enden sollte. Sie hatten sich am Südsattel beim Kochen eine Kohlenmonoxid-Vergiftung zugezogen und waren nicht mehr in der Lage aufzusteigen.

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Tag der Entscheidung https://blogs.dw.com/abenteuersport/tag-der-entscheidung/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/tag-der-entscheidung/#comments Wed, 23 Jul 2014 12:39:14 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=26945

Großes Palaver in Lager 2

Bleibt der 7129 Meter hohe Kokodak Dome ein weißer Fleck auf der Berglandkarte oder wird er erstmals bestiegen? Am morgigen Donnerstag fällt die Entscheidung. Nachdem wir alle nach Lager 2 auf 6300 Meter aufgestiegen sind, ziehen Expeditionsleiter Luis und Chhongba Sherpa noch einmal los. Sie erkunden den weiteren Weg, steigen weitere 200 Höhenmeter auf. Nach einer Stunde kehren die beiden zurück und trommeln das gesamte Team zusammen. „Unten war es ziemlich ekelhaft. Da sind wir teilweise bis zu den Knien im weichen Schnee eingesunken“, berichtet Luis. „Aber das ist bei der heutigen Hitze auch normal. In der Nacht sollten unsere Spuren gut anfrieren, so dass wir einen guten Tritt hätten.“ Hinter dieser ersten Steigung lege sich der Hang zurück, ein Plateau mit einer sanfteren Neigung reihe sich an das andere. „Das sieht gut aus“, fasst Luis zusammen. „Ich glaube, wir haben morgen eine gute Gipfelchance.“

Sechs bis neun Stunden bis zum Gipfel

Sonnenaufgang am Mustagh Ata

Das gilt nicht für Langschläfer. Um 2 Uhr nachts wird Luis einen Weckschrei ertönen lassen. Eine Stunde später brechen wir auf. Der Expeditionsleiter hat seine ursprüngliche Planung für die Seilschaften geringfügig geändert. Er wird mit Chhongba vorneweg spuren. Dahinter folgt die starke Seilschaft mit André, Sven, Manuel, Jürgen, die um Eva-Maria erweitert wird. Volker stößt zum Team mit Churchy, Hannes und mir. Die vierte Seilschaft mit Edith, Richard, Ursel, Jan und Singi bleibt unverändert. „Wahrscheinlich werden wir im Aufstieg gar nicht am Seil gehen müssen“, erwartet Luis. „Ich rechne damit, dass wir sechs bis neun Stunden benötigen werden.“ Beim Abstieg jedoch sollten sich alle anseilen, da um die Mittagszeit der Schnee aufweicht und sich  Spalten weiter öffnen könnten.

Daumen drücken!

Immer schön langsam

Wie groß unsere Chance wirklich ist, wird sich erst zeigen, wenn wir noch im Dunkel der Nacht hinter die Stelle kommen, bis zu der Luis und Chhongba heute noch aufgestiegen sind. Wir sind einigermaßen optimistisch, auch wenn ein Rest Ungewissheit bleibt, der zum Versuch einer Erstbesteigung einfach dazugehört. Den anspruchsvollen Aufstieg nach Lager 2 mit vollem Rucksack haben Churchy, Hannes und ich heute ganz ordentlich über die Bühne gebracht. Für die 800 Höhenmeter brauchten wir sechseinhalb Stunden, davon gönnten wir uns eine Stunde Pause. Können wir dieses Tempo auch morgen mit leichterem Rucksack, aber in dünnerer Luft halten, könnten wir den Gipfel des Kokodak Dome im erwarteten Zeitfenster erreichen. Aber wer weiß das schon? Alles muss zusammenpassen. Drückt uns allen die Daumen!

 

P.S. Wir passen auf uns auf. Versprochen! Wo unser Lager 2 steht, könnt ihr auf der rechten Blogseite sehen.

 

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Allein am Berg https://blogs.dw.com/abenteuersport/allein-am-berg/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/allein-am-berg/#comments Sun, 20 Jul 2014 10:47:36 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=26898 Abstieg von Lager 1

Abstieg von Lager 1

Wir sind privilegiert. Das wurde mir gestern Abend richtig bewusst. Ausgerechnet gestern Abend, als ich vom Aufstieg nach Lager 2 völlig am Ende meiner Kräfte ins Zelt in Lager 1 kroch. Es war nur eine kleine Begebenheit, die mir die Augen öffnete. Ich sammelte im Zelt in einer Plastiktüte den Müll, den Sven und ich während der beiden Tage am Berg produzierten. Gestern Abend lagen dabei nun gelbe Verpackungsbänder, die ich vorher noch nicht gesehen hatte. „Die habe ich vom Berg mitgebracht“, klärte mich Sven auf. Ich schaute mir die Bänder genauer an. Eine Emailadresse aus Korea? „Bedeutet das, dass die Koreaner schon vor uns am Kokodak Dome waren?“, fragte ich leicht irritiert. Sven musste lachen: „Nein, das waren die Bänder, mit denen unsere Fixseile zusammengezurrt waren.“ Ich atmete durch. Wir sind also doch allein am Berg.

Größte Schwierigkeiten bewältigt?

Das wäre es noch: Wir strampeln uns ab, um diesen 7129 Meter hohen Berg erstmals zu besteigen und finden am Gipfel einen Zettel vor: „Ätsch, wir waren schon hier!“ Noch haben wir uns nicht auf jungfräulichem Gebiet bewegt. Den Weg bis hinauf nach Lager 2 – laut Luis‘ GPS-Messung liegt es auf 6300 Metern – haben vor uns auch die russischen Bergsteiger gewählt, die 2006 den etwas höheren Kokodak Peak erstbestiegen. Erst oberhalb unseres Lagers 2 zweigt ihre Route nach rechts ab. „Ich denke, die größten technischen Herausforderungen haben wir schon bewältigt“, macht uns Luis Mut. „Wenn ich das richtig gesehen habe, legt sich der Berg bald hinter Lager 2 etwas zurück. Dann dürfte das Aufsteigen leichter werden – wenn uns der Schnee keinen Strich durch die Rechnung macht.“

Ganz schön hoch

Lager 1 und 2 (ungefähr)

Lager 1 und 2 (ungefähr)

Schnee ist nicht gleich Schnee. Wenn er sich gesetzt und der Wind die Neuauflage weggeblasen hat, könnten wir hinter Lager 2 relativ zügig Strecke machen und an Höhe gewinnen. Genauso denkbar ist jedoch, dass wir uns durch Neuschneemengen wühlen müssen, die unsere Kräfte übersteigen. Aus der Ferne kann man das nicht erkennen, vom Basislager aus sieht Schnee immer nur weiß aus. Luis hat mir sein Fernglas geliehen. Ich verfolge mit den Augen noch einmal unseren gestrigen Aufstiegsweg nach und versuche, ungefähr die Stelle auszumachen, wo jetzt unser Depotzelt für Lager 2 steht. Ich kann sie nur erahnen. Insgeheim aber denke ich: Wir sind schon ganz schön hoch gekommen.

Schon jetzt viel erlebt

Blick auf den Mustagh Ata

Blick auf den Mustagh Ata

„Wenn ich in zwei Monaten an einem trüben Tag im Büro sitze, hole ich mir einfach diesen Moment zurück“, sagt Churchy, mit dem ich heute ins Basislager absteige. „Wir sind ganz allein in dieser herrlichen Landschaft, an diesem schwierigen Berg. Auch wenn wir den Gipfel nicht erreichen sollten, kann uns niemand nehmen, was wir bisher schon erlebt haben.“ Tag für Tag blicken wir von „unserem“ Berg auf den gegenüber gelegenen Mustagh Ata, einen technisch einfacheren und deshalb sehr beliebten Expeditionsberg, über 7500 Meter hoch. Dort oder auch am nicht weit entfernten Siebentausender Pik Lenin haben sicher wieder viele Gruppen ihre Zelte aufgebaut. Churchy war bereits an beiden Bergen: „Am Pik Lenin mussten einige Bergsteiger bei schlechtem Wetter schnell den Rückzug antreten. Als sie ihre Zelte erreichten, hatten andere sie mit ihren Steigeisen aufgeschlitzt. Das wird uns am Kokodak Dome nicht passieren.“ Mit anderen Worten: Wir sind privilegiert, allein am Berg.

P.S. Wie bereits gestern angekündigt, sammeln wir erst einmal im Basislager Kräfte und diskutieren, wie es weitergeht. Ein erster Gipfelversuch steht im Raum.

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Berg Gnadenlos https://blogs.dw.com/abenteuersport/berg-gnadenlos/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/berg-gnadenlos/#comments Sat, 19 Jul 2014 15:06:14 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=26886

Schneegrat

„So ein Sch…berg!“ Bei einer kurzen Rast auf 6183 Metern platzt es aus mir heraus, sehr zur Freude meiner Expeditionsgefährten. Seit Stunden quälen wir uns den Kokodak Dome hinauf, ohne einmal durchatmen zu können. Gleich hinter unserem Lager 1, wo wir die Nacht verbracht haben, um uns an die Höhe zu gewöhnen, wartet der erste Aufschwung. So steil, dass unsere bärenstarken nepalesischen Helfer, Singi und Chhongba, dort die ersten Fixseile angebracht haben. Über einen schönen Schneegrat geht es fast gerade aufwärts. Es folgt der nächste steile Hang, der übernächste, kein Ende in Sicht. Der Schnee ist tief und sulzig, an vielen Stellen brechen wir bis zu den Knien in der weißen Pampe ein. Wir tragen alle unsere Expeditionsschuhe mit Steigeisen. Sie verschaffen uns einerseits Sicherheit in Schnee und Eis und sorgen für warme Füße. Andererseits sind die klobigen Schuhe nicht unbedingt Kandidaten für den Preis „Fühl‘ dich wohl mit dieser Sohl‘!“. Und wenn du diese Treter in weiche Schneehänge mit bis zu 50 Prozent Steigung wuchtest, ist der Weg zu einem saftigen Fluch nicht weit.

Ohne Dickkopf keine Chance

Tiefblick

Nette Berge haben ein Herz für Bergsteiger. Sie legen sich in bestimmten Abständen zurück. Mit diesem lieblicheren Gelände entlasten sie nicht nur Knochen und Kreislauf, sondern laden auch zu einer gepflegten Brotzeit ein. Nicht so der Kokodak Dome. Der ist einfach nur gnadenlos. Knapp 800 Höhenmeter haben wir ihm heute abgerungen, gefühlt war darunter kein einfacher Meter. Es war eher wie chronisches Treppensteigen auf weichen Stufen. Mit Vergnügen hat das wenig zu tun. Du musst dich hinauf quälen. Ohne Dickkopf hast du keine Chance, den Gipfel zu erreichen. Vielleicht ist er deshalb noch unbestiegen.

Ich habe es bis Lager 2 geschafft

Immerhin haben wir einen Platz für Lager 2 gefunden. 6260 Meter hoch, wieder mit einer tollen Aussicht. Den Gipfel sehen wir immer noch nicht. Doch Expeditionsleiter Luis hat mal um die nächste Ecke gelinst. Und siehe da, der Kokodak Dome legt sich ein wenig zurück. Vielleicht ist er ja doch nicht ganz so gnadenlos.

Hinunter ins Basislager

Der Aufstieg heute hat uns so viel Kraft gekostet, dass wir unseren ursprünglichen Plan einstimmig verworfen haben. Eigentlich wollten wir morgen nochmals nach Lager 2 aufsteigen und dort übernachten. Stattdessen werden wir nun nach einer weiteren Nacht in Lager 1 (man hört jetzt, 20 Uhr, kaum noch etwas anderes aus den Zelten als Schnarchen) ins Basislager absteigen, um uns auszuruhen und die weitere Taktik zu beraten.

 

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Müde, kaputt, aber angekommen https://blogs.dw.com/abenteuersport/mude-kaputt-aber-angekommen/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/mude-kaputt-aber-angekommen/#comments Tue, 18 Oct 2011 14:42:48 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=10853

Lager 2

Ich bin noch nie einen Marathon gelaufen. Meine Knie würden das nicht mitmachen. Aber heute fühle ich mich so, als wäre ich gut 40 Kilometer gelaufen. Dabei waren es nur 2,7 – die allerdings bergauf. Von Lager 1 auf 5500 Metern nach Lager 2 auf 6100 Metern. Alle sind angekommen, fast alle auf dem Zahnfleisch. Expeditionsleiter Herbert und die beiden Pembas spielen in einer anderen Liga. Der Lagerplatz liegt in einer geschützten Mulde mit einer beeindruckenden Aussicht auf die Berge Nepals.

Strammer Wind

Der Wetterbericht passte. Als wir heute morgen aufstanden, begrüßte uns ein wolkenloser Himmel. Etwa zehn Zentimeter Schnee waren gefallen. Das erschwerte den Aufstieg zusätzlich zu zwei erwarteten Faktoren. Zum einen mussten wir noch schwerere Rucksäcke tragen, weil neben der Hochlagerverpflegung auch Daunenschlafsäcke und Schlafmatten nach oben geschleppt werden mussten. Zum anderen blies uns, wie von den Wetterforschern angekündigt, ein strammer Wind ins Gesicht. Jeder kämpfte gegen den inneren Schweinehund, vor allem oberhalb des französischen Lagers auf etwa 5900 Metern. Dort zehrte ein Steilaufschwung an den Kräften. Und auch als sich der Hang danach etwas zurücklegte, wurde es kaum besser. Der Wind hatte die Spur der Vorauslaufenden fast schon wieder zugeweht. Bei jedem zweiten Schritt sackte ich tief ein. Meine Unterschenkel zitterten, meine Lunge brüllte um Hilfe.

Michael auf 5920 Metern

Trotzköpfe

Schön, aber anstrengend

Ich begann, mir Fixpunkte zu setzen und die Entfernung bis dorthin in Schritten zu schätzen. Dann zählte ich. Ich verschätzte mich natürlich permanent, aber es lenkte wenigstens ein bisschen ab. Nach gut fünf Stunden erreichte ich mit letzter Kraft das Lager. „Zwei Schindereien haben wir hinter uns, zwei warten noch auf uns“, versuchte uns Herbert aufzumuntern. „Ich war 37 Mal versucht umzudrehen“, gestand Achim und fragte mich nach meiner Quote. „Ich dürfte auch in dem Bereich gelegen haben“, antwortete ich. Doch langsam aber sicher entwickeln wir uns zu Trotzköpfen – wenn wir es nicht schon vorher gewesen sein sollten. So schnell kehren wir nicht um.

Die französische Kleinexpedition, von der ich euch berichtet hatte, gelangte übrigens nicht bis zum Gipfel. Zu viel Wind und zu viel Schnee. Während ich diese Zeilen schreibe, hat es wieder zu schneien begonnen.

PS: Wo wir gerade sind, könnt ihr über den Link auf der rechten Seite sehen.

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Umgedreht https://blogs.dw.com/abenteuersport/umgedreht/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/umgedreht/#comments Sat, 15 Oct 2011 15:30:15 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=10795

Lager der Franzosen

Ich war in Lager 2, aber dem Falschen. Die Zelte, die ich heute an der Nordostflanke des Putha Hiunchuli erreichte, gehörten einer französischen Kleinexpedition (ein Bergführer, ein Kunde) und standen auf 5920 Metern. Als ich dort, ziemlich am Limit, eintraf, meinte Expeditionsleiter Herbert: „Stefan, am besten steigst du von hier wieder ab. Spare dir deine Kräfte für die nächsten Tage!“ Im ersten Augenblick kam ich mir vor wie früher, wenn zwei Fußballmannschaften gewählt wurden und keiner auf mich deutete. Doch selbstverständlich lag Herbert mit seiner Einschätzung goldrichtig. Das war einfach nicht mein Tag. Ich hatte zu wenig geschlafen, getrunken und gegessen und näherte mich dem Ende meiner Kräfte.

Schnappatmung

In der Zeltnacht in Lager 1 auf 5550 Metern hatte ich kaum ein Auge zugemacht, Sergio neben mir ebenso wenig. Der Körper schickt in der dünnen Luft Warnsignale. Eigentlich döst du vor dich hin, doch plötzlich schnappst du nach Luft, als ginge es um dein Leben. Bis du wieder ruhig atmen kannst, dauert es eine Weile. Erst gegen Ende der Nacht fielen wir beide in einen leichten Schlaf, der wegen des Windes und der Steinplatten unter dem Zelt aber kaum erholsam wirkte.

Schneeschmelzen, eine Geduldsprobe

Um 5:30 Uhr begann ich, auf unserem Gaskocher Schnee zu schmelzen – eine Geduldsprobe. Für einen Liter Wasser muss man etwa eine dreiviertel Stunde rechnen. Zusätzlich musste ich aufpassen, dass der erste Schnee im Topf nicht anbrannte. In diesem Falle wäre das Wasser ungenießbar gewesen, und ich hätte es weggießen können.

Auch die anderen hatten nicht besser geschlafen. Roland, unser Expeditionsarzt, stieg sofort ab, weil er sich nicht wohl fühlte. Marianne wartete in Lager 1.

Um 7:30 Uhr brachen die anderen auf – in klobigen, aber warmen Expeditionsschuhen, deren Gamaschen bis unter die Knie reichen, und mit angelegten Steigeisen. Auch wenn der Himmel wieder einmal wolkenlos war (Norbert: „Schreib‘, dass dieses tolle Wetter das größte Geschenk unserer Tour ist!“), ließ sich die Sonne mit ihrer Wärme noch Zeit. Erstmals trug ich die warme Daunenjacke.

Klimawandel lässt grüßen

Eigentlich hatte ich erwartet, einen sanften Schnee- oder Eishang emporsteigen zu müssen, doch bereits nach der ersten Kurve wartete ein steiler Aufschwung mit Blockgeröll und wenig Schnee dazwischen. Ihn mit angelegten Steigeisen zu erklettern, kostete viel Kraft, die ich eigentlich gar nicht hatte. Oben mit hängender Zunge angelangt, wurde der Hang weniger steil. Überraschend viele Steinplatten unterbrachen die Schneefelder. „Vor ein paar Jahren war hier noch alles weiß“, erzählte unser Sherpa Pemba später. Der Klimawandel lässt grüßen.

Zur Belohnung diese Aussicht

Die dünne Luft setzte mir zu. Immer wieder hielt ich an, hing mich in die Schlaufen meiner Stöcke und versuchte, wieder ruhiger zu atmen. Ich quälte mich hinauf zum Lager 2 der Franzosen, wo ich mit einer atemberaubenden Fernsicht belohnt wurde. Von unserem Team stiegen nur Sergio, Norbert, Hans, Brigitte, Herbert und die beiden Sherpas weiter auf. Über dem nächsten Hang wurden sie von Sturmböen erwischt. Sie kämpften sich eine Stunde lang bis zum Lager 2 auf gut 6100 Metern vor. Mit vereinten Kräften gelang es ihnen, im  Sturm zwei Zelte aufzubauen. „Das war wirklich beinhart“, sagte Hans später.

Bronchitis stoppt Brigitte

Nicht nur für mich, auch für Angelique, Joachim und Michael war das Lager der Franzosen heute Endstation. Das Ehepaar Brigitte und Helmut Eibl war bereits am ersten Geröllhang umgekehrt. „Ich werde nicht mehr aufsteigen. Meine schwere Bronchitis lässt es einfach nicht zu“, sagte Brigitte beim Abendessen im Basislager. „Schade, ich hätte gerne auf dem Gipfel gestanden.“ Dass die 65-Jährige mit dieser Krankheit überhaupt so weit aufgestiegen ist, spricht für ihr Durchhaltevermögen und ihren starken Willen.

Für mich war der heutige Tag ein Schuss vor den Bug. Kleiner Trost: Immerhin habe ich einen persönlichen Höhenrekord geschafft – auch wenn ich die 6000er Grenze verpasst habe. „Die schaffst du in den nächsten Tagen“, macht mir Herbert Mut. Morgen erholen wir uns im Basislager. Wenn das Wetter weiter so konstant gut bleibt wie bisher, wollen wir am Montag wieder aufbrechen – diesmal Richtung Gipfel. Mal sehen.

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