Meteorologe – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Schwere Zeiten für Wetterexperten https://blogs.dw.com/abenteuersport/schwere-zeiten-fuer-wetterexperten/ Thu, 22 Jun 2017 18:45:12 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=36743

Charly Gabl

„Ich habe wieder ein paar graue Haare mehr bekommen“, sagt Karl, genannt Charly Gabl. „Es war schrecklich.“ Der weltbekannte Meteorologe aus Österreich meint die Wetterkapriolen am Mount Everest in der zurückliegenden Frühjahrssaison, die Vorhersagen so schwer machten wie selten zuvor. Wieder hat sich Charly zahlreiche Nächte um die Ohren geschlagen, um Topbergsteiger aus aller Welt zu beraten, die ihm fast bedingungslos vertrauen. „Das eine Computer-Modell zeigt in einer Woche über zweieinhalb Meter Neuschnee, das andere gar keinen Niederschlag. Welches soll man nehmen?“

Karl Gabl: Wetterkapriolen am Everest

Traditionelles Schönwetterfenster blieb aus

Hans Wenzl gehörte zu jenen, die den Mount Everest ohne Atemmaske bestiegen

In diesem Jahr habe es einfach keine einzige längere Schönwetterperiode am Everest gegeben, erzählte mir der inzwischen 70-Jährige, als ich ihn am vergangenen Wochenende auf der Messe „Outdoor“ in Friedrichshafen traf. „Normalerweise haben wir zwischen dem 15. und 25. Mai einige Tage hintereinander ohne Jetstream, mit relativ hohen Temperaturen und besten Bedingungen, diesmal nicht. Stattdessen immer wieder Cumuluswolken, in der Frühe Sonne, nachmittags wieder Schauer.“ Wie unberechenbar das Wetter in dieser Saison war, zeigte sich zum Beispiel am letzten Mai-Wochenende: Acht Bergsteiger brachen ohne Flaschensauerstoff Richtung Gipfel auf, nur drei von ihnen erreichten bei schlechteren Wetterbedingungen als vorhersagt den höchsten Punkt, ohne zur Atemmaske gegriffen zu haben.

Vater-Kinder-Verhältnis

Trotzdem sei er mit der Bilanz der von ihm betreuten Bergsteiger zufrieden, sagt Gabl. So habe der blinde österreichische Bergsteiger Andy Holzer auf dem Everest gestanden, der Deutsche David Göttler die Shishapangma-Südwand durchstiegen. „Tamara Lunger und Simone Moro waren insofern erfolgreich, dass sie die Kangchendzönga-Überschreitung nicht machen mussten, und wieder gesund zu Hause sind.“ Charly fiebert mit den Extrembergsteigern mit. „Das sind ja Freunde. Ich habe fast ein Vater-Kinder-Verhältnis zu ihnen. Ich kümmere mich um sie, freue mich, wenn sie Erfolg haben und gesund bleiben.“

Karl Gabl: Vater-Kinder-Verhältnis

Klimawandel lässt grüßen

Pakistanische Südseite des K 2

Auch in der Sommersaison an den Achttausendern Pakistans, die inzwischen begonnen hat, berät Gabl wieder einige Bergsteiger, unter anderem am K 2, dem zweithöchsten Berg der Erde. Müssen die Gipfelaspiranten im Karakorum – wie in den vergangenen Jahren – wieder mit hohen Temperaturen rechnen? „Ich glaube schon, dass sich die allgemein anerkannte Klimaerwärmung, die Donald Trump noch nicht mitbekommen hat, den Bergen und Gletschern zusetzt“, antwortet der Meteorologe. „Der Steinschlag hat zugenommen.“ Schon Gerlinde Kaltenbrunner und Ralf Dujmovits hätten vor einigen Jahren bei ihren gescheiterten Versuchen auf der pakistanischen Seite des K 2 darauf hingewiesen, dass der Abruzzen-Sporn, eigentlich die Normalroute, lebensgefährlich geworden sei. Auch die als sicherer geltende Cesen-Route über den Südsüdostgrat „schießt im Sommer inzwischen aus allen Rohren. Da kommen große Steine und Eisschlag herunter. Die Klimaerwärmung macht vor keinem Gebirge der Welt halt.“

Karl Gabl: Klimawandel lässt grüßen

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Der nimmermüde Wetterfrosch https://blogs.dw.com/abenteuersport/der-nimmermuede-wetterfrosch/ Wed, 11 Nov 2015 15:35:01 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=31157 Charly Gabl

Charly Gabl

„Ich bin im Unruhestand, aber nicht unglücklich“, sagt Karl, genannt „Charly“ Gabl. „Man sollte ja nicht von hundert auf null abbremsen. Wie im Straßenverkehr wäre das tödlich.“ Vor vier Jahren ging der Meteorologe aus Österreich in Pension, doch nach wie vor berät der 68 Jahre alte Wetterfrosch viele Profibergsteiger bei deren Expeditionen im Himalaya oder Karakorum. „Ich mache das ehrenamtlich. Im Sommer habe ich zum Beispiel die Huber-Brüder am Latok I beraten, wo sie aufgrund des warmen Wetters keinen Erfolg hatten und fast von einer Eislawine erschlagen worden wären“, erzählt mir Gabl am vergangenen Wochenende am Rande der Alpinmesse Innsbruck.

„Gegen Stolpern ist keiner gefeit“

Auch das österreichische Team um Hansjörg Auer, das Ende Oktober erstmals die Südwand des 6839 Meter hohen Nilgiri South im Annapurna-Gebiet durchstieg, holte sich zuvor Charlys Rat. Beim Abstieg verlor – wie berichtet – der offenkundig höhenkranke Gerry Fiegl das Gleichgewicht und stürzte in den Tod. Das Wetter sei an dem Unglück nicht schuld gewesen, sagt Gabl: „Es war niederschlagsfrei und sonnig, allerdings hatten sie einen starken Wind. Aber Stolperer sind im Gelände immer möglich.“ Charly nennt das Beispiel eines Bergführerkollegen, der am Annapurna Fang, einem Nebengipfel des Achttausenders, tödlich abgestürzt sei, weil er sich mit den Steigeisen in den Gamaschen verheddert habe. „Gegen Stolpern ist keiner gefeit. Das ist eine der größten Gefahren am Berg“, sagt Gabl.

Karl Gabl zum Unglück am Nilgiri South

Meiste Unfälle beim Wandern

Der Tiroler muss es wissen. Seit zehn Jahren ist er Präsident des „Österreichischen Kuratoriums für Alpine Sicherheit“. Immer mehr Menschen verunglücken in den Alpen tödlich. Das sei vor allem auf die gestiegene Zahl der Bergsportler zurückzuführen, erklärt Gabl. Deren Zahl habe sich seit den 1950er Jahren schließlich verzehnfacht. „Die meisten Toten gibt es unter Wanderern, allerdings sind bei der Hälfte Herzanfälle die Unglücksursache. Aber gerade der Wanderer ist prädestiniert dafür, auszurutschen und zu stolpern.“

Fahrt nach Nepal!

Gipfel des Saribung (Bildmitte)

Gipfel des Saribung (Bildmitte)

Dass Profibergsteiger ihn immer noch regelmäßig um Wetter-Rat fragen, führt Charly Gabl darauf zurück, „dass ich selbst ein Höhenbergsteiger bin und weiß, worauf es ankommt“. 1970 fuhr er vom 7492 Meter hohen Noshaq, dem höchsten Berg Afghanistans, mit Skiern ab. „Ich habe fast 50 Gipfel über 5000 Meter bestiegen“, sagt der berühmte Wetterfrosch. Vor drei Jahren stand er als 65-Jähriger auf dem 7246 Meter hohen Putha Hiunchuli in Nepal (wo, nebenbei bemerkt, ich selbst im Jahr zuvor hundert Meter unterhalb des Gipfels hatte umdrehen müssen). Gerade erst war Charly wieder in Nepal und bestieg während eines Trekkings durch das alte Königreich Mustang den 6328 Meter hohen Saribung. „Ein wunderschöner Gipfel“, schwärmt Charly. Trotz des verheerenden Erdbebens vor einem halben Jahr funktioniere die Infrastruktur in Nepal einwandfrei, alles sei bestens organisiert. „Ich kann nur sagen: Leute, fahrt nach Nepal! Ich habe mit meiner Frau 18 Tage lang zehn Leuten eine Arbeit geben können. Das ist sehr wichtig.“

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