Nancy Hansen – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 DLR-Hypoxiestudie: Alle Symptome nach 30 Stunden verschwunden https://blogs.dw.com/abenteuersport/dlr-hypoxiestudie-alle-symptome-nach-30-stunden-verschwunden/ Tue, 18 Dec 2018 09:51:37 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=42993

Nancy Hansen (r.) und Ralf Dujmovits im DLR

„Wir waren fünf Wochen lang die Mäuse“, beschreibt Nancy Hansen die Zeit, die sie und Ralf Dujmovits vor einem halben Jahr – wie berichtet – in einer Hypoxiekammer des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln verbracht hatten. Bei einer Studie sollte nachgeprüft werden, ob unter Umständen auch beim Menschen – wie zuvor in den USA bei einem Experimenten  mit Mäusen festgestellt – extreme Hypoxie zu einer Stärkung des Herzens führen kann.  Nach einer Akklimatisierungsphase von rund zwei Wochen hatte das Bergsteiger-Paar 16 Tage auf einer simulierten Höhe von 6700 Meter oder höher verbracht, davon vier Tage bei einem Sauerstoffgehalt von nur acht Prozent, was 7112 Metern entspricht. „Ich habe wirklich gelitten“, räumt Nancy ein. „Aber es war ein Privileg, an der Studie teilzunehmen.“ Auch Ralf ist von der Erfahrung noch immer beeindruckt: „Ich war ziemlich am Limit. Ganz ehrlich, noch einmal würde ich es nicht machen. Ich habe die ganze Sache unterschätzt.“  In der vergangenen Woche waren die beiden erneut in Köln – zu einer von mehreren Nachuntersuchungen. Die ersten vorläufigen Ergebnisse der Studie liegen inzwischen vor.

Nur 56 Prozent Sauerstoffsättigung

Lungenfunktionstest an der Kletterwand

Die extreme Hypoxie wirkte auf die Körper Nancys und Ralfs zunächst unterschiedlich. Ralf, durch seine vielen Achttausender-Expeditionen offenbar besser an die Sauerstoffarmut gewöhnt, tat sich mit der Akklimatisierung deutlich leichter als Nancy. „Einer der DLR-Ärzte sagte zu mir: ‚Ich hoffe, du fühlst dich besser, als du aussiehst“, erinnert sich die 50-Jährige und schmunzelt. Einmal wurde bei der Kanadierin eine Sauerstoffsättigung von nur 56 Prozent gemessen, ein Krankenhauspatient wäre damit ein Fall für die Intensivstation. Rund um die Uhr war ein DLR-Team für die beiden Bergsteiger im Einsatz. Die Wissenschaftler nahmen Blut- und Urinproben, machten Ultraschall- und MRT-Untersuchungen oder führten kognitive Tests durch. Die Analyse der riesigen Datenmenge aus den vielfältigen Tests ist noch lange nicht abgeschlossen.

Beide Bergsteiger verloren Muskelmasse, beide schliefen schlechter. Verblüffend war, dass sowohl bei Nancy, als auch bei Ralf die Reaktions- und die Konzentrationsfähigkeit auf annähernd konstantem Niveau blieb, auch bei extremer Hypoxie. „Allerdings mit der Einschränkung, dass sie bei den entsprechenden Tests richtig gefordert wurden und sich konzentrieren mussten“, sagt Dr. Ulrich Limper, der zusammen mit Prof. Jens Tank die DLR-Studie leitete. Im normalen Gespräch habe man schon zuweilen einige „Aussetzer“ feststellen können.

Auch Nierenleistung ließ nach

Auszug aus der Hypoxiekammer nach fünf Wochen

Bei Nancy schwoll die rechte Herzhälfte an, die Pumpleistung ließ nach. In ihrem Gehirn bildeten sich kleinere Schäden an der so genannten „Weißen Substanz“ (White Matter Lesions), wie sie häufig bei älteren Menschen auftreten. In Ralfs Hirn schwollen mit der Zeit die Venen an, ohne dass der 57-Jährige deswegen an starken Kopfschmerzen litt. Zudem arbeiteten bei beiden Bergsteigern die Nieren unter Hypoxie deutlich schlechter – wenn auch immer noch ausreichend. „Die gute Nachricht ist, dass wirklich alle Symptome innerhalb von nur 30 Stunden verschwanden, nachdem Nancy und Ralf die Hypoxiekammer verlassen hatten und wieder normale Luft atmeten“, sagt Dr. Fabian Hofmann, einer der DLR-Ärzte.

Zu der Frage, ob ein geschädigtes menschliches Herz – wie bei den Mäusen im Experiment – durch extreme Hypoxie positiv beeinflusst wird, lässt sich noch keine Aussage machen. „Wir hatten es ja hier mit zwei gesunden Herzen von Hochleistungssportlern zu tun“, sagt Hofmann. „Aber es ist schon erstaunlich, was man dem Herz zumuten kann, ohne dass es strukturellen Schaden erleidet.“ Weitere Studien sollen folgen, dann nach Möglichkeit auch mit Herzpatienten.

P.S.: Nancy und Ralf werden in Kürze zu einer Expedion in die Antarktis aufbrechen – in deutlich niedrigere Höhen als im DLR simuliert.

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Expedition „Hypoxie“ erfolgreich beendet https://blogs.dw.com/abenteuersport/expedition-hypoxie-erfolgreich-beendet/ Mon, 18 Jun 2018 13:55:50 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=41145

Mit Nancy Hansen (r.) und Ralf Dujmovits in der DLR-Hypoxiekammer

Und plötzlich kam der Anruf aus dem All: „Hier Alex“. Ralf Dujmovits wusste zunächst nicht, wer da am anderen Ende der Telefonleitung sprach: „Wie Alex? Dann habe ich plötzlich die Stimme wiedererkannt, die ich zwei Tage zuvor während der Übertragung des Raketenstarts gehört hatte.“ Alexander Gerst erkundigte sich von der Internationalen Raumstation ISS aus nach dem Befinden des deutschen Bergsteigers und seiner kanadischen Partnerin Nancy Hansen in der Hypoxiekammer des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln. „Es hat sich angehört, als säße er nebenan.“ Eine Viertelstunde lang sprach Ralf, der erste und bisher einzige deutsche Bergsteiger, der alle 14 Achttausender bestiegen hat, mit „Astro Alex“, dem ersten deutschen Astronauten, der das Kommando auf der ISS übernehmen wird. „Er hat sich sehr für unsere Erfahrungen im Labor interessiert. Das war große Klasse.“ Natürlich wechselte auch Nancy einige Worte mit Gerst. Für beide Bergsteiger sei es ein „echter Höhepunkt“ gewesen, sagt die 49 Jahre alte Kanadierin.

Belastung unterschätzt

Alexander Gerst schaut WM-Fußball auf der ISS

Nach fünf Wochen in der Hypoxiekammer, auf 110 Quadratmetern, öffnen sich am Dienstag die Türen für Dujmovits und Hansen. Dann ist das Experiment vorbei, bei dem getestet werden sollte, ob sich bei langem Aufenthalt in extrem dünner Luft Herzfunktionen verbessern. Die vergangenen beiden Wochen haben Ralf und Nancy durchgängig tagsüber auf einer simulierten Höhe von 6718 Metern verbracht und nachts auf 6490 Metern geschlafen. Das hat Spuren hinterlassen. „Du siehst uns hier ziemlich müde“, sagt Ralf, als ich die beiden am vergangenen Wochenende noch einmal (mit Atemmaske) besuche. „Ich hatte es anders erwartet. Ich war überzeugt, dass wir anfangs etwas müde wären, uns aber nach einiger Zeit so weit an die sauerstoffarme Luft gewöhnen würden, dass wir gut damit zurechtkämen. Ich habe unterschätzt, wie anstrengend das Ganze ist.“

„Ein Riesenerfolg“

Ein Grund für diese Müdigkeit dürfte sein, dass sich – wie sich bei Ralfs MRT herausstellte – das Blut in den Venen des Gehirns mit der Zeit extrem gestaut hat und die Adern angeschwollen sind. „So massiv habe ich das noch nie gesehen. Auf den ersten Blick ist man darüber nicht gerade glücklich“, sagt Dr. Ulrich Limper, der zusammen mit Prof. Jens Tank die DLR-Studie leitet. „Andererseits ist es aber auch keine direkte Gefahr. Wir gehen davon aus, dass es sich wieder zurückbildet.“ Bereits in vier Wochen werden Dujmovits und Hansen zur ersten Nachkontrolle ins DLR zurückkehren.

Die Wissenschaftler haben jede Menge Daten gesammelt, die jetzt ausgewertet werden. Voraussichtlich in einem halben Jahr werden die ersten Ergebnisse vorliegen. „Für uns ist es schon jetzt ein Riesenerfolg“, sagt Limper. „Das Konzept hat funktioniert, wir haben sehr viel gelernt. Wir sind noch vorsichtig, aber es sieht klinisch danach aus, als würde sich unsere Hypothese bestätigen, dass sich bestimmte Herzfunktionen unter Hypoxie-Einfluss verbessern. Wenn wir das mit den Daten untermauern können, wäre es toll.“ Möglicherweise könnten dann aus der Studie sogar neue Therapien für Herzinfarktpatienten hervorgehen.

Herz „angeschwollen“

Nancy an der mobilen Kletterwand

Ursprünglich war geplant gewesen, dass die beiden Bergsteiger nach einer Gewöhnungsphase zwei Wochen lang Tag und Nacht auf einer simulierten Höhe von 7112 Metern leben sollten. Doch die Wissenschaftler mussten umdisponieren. Bei Nancy war in dieser Höhe der Druck in den Lungenarterien – der Druck, mit dem das sauerstoffarme Blut vom Herz in die Lunge gepresst wird – stark erhöht. Die rechte Herzhälfte war deshalb, vereinfacht gesprochen, „angeschwollen“, Nancys Werte bewegten sich im Grenzbereich. „Es hätte aus unserer Sicht keinen Erfolg gebracht, sie ‚hochzuprügeln‘“, sagt Limper. „Wahrscheinlich wäre es ihr schlechter gegangen.“ Deshalb wurde die simulierte Höhe auf unter 7000 Meter gesenkt, nachts noch etwas weiter als tagsüber. „Damit ist Nancys Körper klargekommen. Ihre Werte verbesserten sich langsam und näherten sich gegen Ende wieder jenen von Ralf an.“

Nicht viel höher als 7000 Meter

Lernt der Körper durch häufige Aufenthalte in großer Höhe?

Man gehe davon aus, so Limper, dass es sich bei Nancy um eine „normale Reaktion eines Herzens handelte, das an die ganz großen Höhen einfach noch nicht gewöhnt ist“. Auch Ralf habe von gesundheitlichen Problemen bei seinen ersten Expeditionen erzählt, die bei seinen späteren Projekten nicht mehr aufgetreten seien. „Es könnte sein, dass es so etwas wie eine Langzeitadaption gibt“, sagt der Mediziner. Wissenschaftlich bewiesen sei das jedoch bisher nicht.

Nancys Schwierigkeiten haben ihr und Ralf zu denken gegeben. „Einen Siebentausender anzugehen, bei dem wir die letzte Nacht auf 6300 oder 6500 Metern verbringen, dürfte kein Problem sein“, sagt Ralf. „Aber in Höhen darüber könnte es schon sein, dass sich Nancy einen gesundheitlichen Schaden zuzieht. Das haben wir gelernt, und darauf werden wir natürlich Rücksicht nehmen.“

Ständig gefroren

Muskelmasse verloren

Beide haben während der Zeit in der Hypoxiekammer jeweils gut zwei Kilogramm Körpergewicht verloren, in erster Linie wohl Muskelmasse. „Die Oberarme sind dünner geworden“, stellt Ralf fast. „Und wo normalerweise die Hosen an den Oberschenkeln straff sitzen, schlabbert jetzt alles.“ Der Gewichtsverlust der Bergsteiger sei geringer gewesen als gedacht, sagt Ulrich Limper. „Wir führen es darauf zurück, dass sie außer der Hypoxie keine Stressfaktoren hatten wie normalerweise im Gebirge: keine Kälte, kein Zeltaufbau, keine andauernde körperliche Belastung. Im Endeffekt haben sie sich ja sehr wenig bewegt.“ Auf einem Laufband und einem Ergometer sowie an einer mobilen Kletterwand versuchten Nancy und Ralf, halbwegs fit zu bleiben. Zu den auch für die Wissenschaftler überraschenden Erkenntnissen gehörte, dass Ralf nach 50 Minuten auf dem Ergometer zwar erschöpft war, aber überhaupt nicht schwitzte. Auch dass es Nancy und Ralf bei 24 Grad Raumtemperatur durchgehend so sehr fröstelte, dass sie noch zwei Jacken über ihre T-Shirts zogen, wirkte ungewöhnlich. Es gibt also noch einige Fragezeichen.

Ab in die Sonne!

„Es war die Anstrengung wert“

Nancy und Ralf bedauern es nicht, sich auf das DLR-Experiment eingelassen zu haben. Ganz im Gegenteil. „Ich würde es noch einmal machen“, sagt Nancy. „Wissenschaftlich gesehen, fand ich es unglaublich interessant. Natürlich war es nicht in jedem Moment das reine Vergnügen, doch insgesamt war es eine tolle und einzigartige Erfahrung.“ Auch für Ralf „war es die Anstrengung unbedingt wert“: „Wir gehen gesund aus der ganzen Geschichte heraus. Und wenn wir noch einen Beitrag dazu leisten, dass vielleicht künftig eine Therapie für Herzinfarktpatienten entsteht, dann ist doch alles perfekt.“

Und worauf freuen sich die beiden jetzt am meisten? „Sonnenschein“, sagt Nancy, wie aus der Pistole geschossen. Ralf sehnt besonders das Wiedersehen mit seiner Familie und den Freunden herbei und freut sich darauf, im Garten zu sitzen, durch die Wälder zu laufen oder mit dem Mountainbike stundenlang durch die Gegend zu radeln: „Wir hatten hier ein unglaublich engagiertes Wissenschaftler- und Ärzteteam um uns herum. Wir haben es genossen, es war spannend, und wir haben sehr viel dazugelernt. Aber jetzt ist es gut, dass wir wieder heimkommen.“

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Prinz und Prinzessin in der Hypoxiekammer https://blogs.dw.com/abenteuersport/prinz-und-prinzessin-in-der-hypoxiekammer/ Wed, 30 May 2018 22:10:44 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=40971

Mit Maske zu Besuch bei Ralf Dujmovits (r.)

Flaschensauerstoff an einem Berg kam und kommt für mich nicht in Frage. Aus Prinzip. Heute habe ich jedoch eine Ausnahme gemacht – für einen „virtuellen Berg“. Um Ralf Dujmovits, den einzigen deutschen Bergsteiger, der alle 14 Achtttausender bestiegen hat, und seine Lebensgefährtin, die kanadische Kletterin Nancy Hansen, besuchen zu können, ist es Vorschrift, eine Atemmaske zu tragen. Schließlich sind die beiden in der Hypoxiekammer des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln nach gut zwei Wochen schon auf der simulierten Zielhöhe von 7112 Metern angekommen. Der Sauerstoffanteil in der Luft,  normalerweise 21 Prozent, wurde durch Zugabe von Stickstoff schrittweise auf acht Prozent gesenkt.  „Es ist wie bei der Besteigung eines Bergs. Die Akklimatisation ist fast geschafft, jetzt geht es auf den Gipfel zu“, sagt Ralf. „Die Zeit am Gipfel zieht sich natürlich deutlich länger hin.“

Kurze Erholung, dann wird es ernst

Nancy Hansens Blutdruck wird überprüft

In den kommenden Tagen dürfen Ralf und Nancy noch einmal kurz „absteigen“, um dickere Luft zu atmen. Am 4. Juni beginnt dann jedoch die entscheidende Phase der Studie, in der sich die beiden Bergsteiger zwei Wochen lang konstant in einer simulierten Höhe von 7112 Metern aufhalten sollen. Dabei soll getestet werden, ob extreme Hypoxie dazu führt, dass das Herz gestärkt wird und sich unter Umständen sogar neue Zellen bilden. Sollte sich diese Erkenntnis aus Experimenten mit Mäusen auch bei Menschen bestätigen, wären völlig neue Therapieansätze bei Herzinfarkt-Patienten denkbar.

Wie stark wird der körperliche Verfall

Acht Prozent Sauerstoffanteil

„Wir sind beide gespannt“, verrät Nancy. „Ich denke, die ersten paar Tage wird es okay sein. Danach wird es sich entweder normal anfühlen oder aber wir beginnen zu verfallen. Das weiß wirklich noch niemand.“ Ralf erinnert an den französischen Bergsteiger Nicolas Jaeger, der 1979 in einem Selbstversuch zwei Monate lang alleine im Gipfelbereich des 6768 Meter hohen Huascaran in Peru verbrachte: „Kognitiv war er gar nicht so schlecht beieinander. Zum Schluss wurde für ihn der körperliche Verfall zum ganz großen Problem. Das erwarte ich auch bei uns. Wahrscheinlich werden wir sehr viel Muskulatur abbauen.“

Richtig atmen

Bisher haben Hansen und Dujmovits die sauerstoffarme Zeit in der DLR-Hypoxiekammer gut verkraftet. Man sieht ihnen die Belastung jedenfalls noch nicht an. „Ich hatte drei, viermal ziemlich heftige Kopfschmerzen, meistens in der Nacht“, erzählt Nancy. „Aber es ist deutlich besser geworden.“  Die 49 Jahre alte Kanadierin findet es faszinierend, zu sehen, „was in unseren Körpern passiert, auch im Vergleich zwischen Ralf und mir.“ Ihr Partner akklimatisiere sich viel besser als sie, sagt Nancy: „Die Art, wie seine Lunge den Sauerstoff mit dem Herzen austauscht, unterscheidet sich sehr von meinem Körper. Ralf bringt mir bei, hier auf die richtige Weise zu atmen.“

Zurzeit kein Kletterwand-Training

Lungenfunktionstest an der Kletterwand

Dujmovits schätzt, dass er inzwischen „40 bis 45 Prozent Leistungsfähigkeit“ verloren habe. Dosiertes Ausdauertraining auf dem Fahrrad-Ergometer oder dem Laufband sei in der aktuellen simulierten Höhe von rund 7000 Metern noch möglich, sagt der 56-Jährige. Um die mobile Kletterwand in der Hypoxiekammer machen die beiden derzeit jedoch einen Bogen. „Die Beanspruchung der Muskulatur ist dabei sehr viel größer, und wir sind sehr schnell im anaeroben Bereich (in dem die Muskeln „übersäuern“). Wir wollen aber Sauerstoffnot vermeiden, die sofort zu Kopfschmerzen führen würde“, sagt Ralf.

Kein Lagerkoller

Ich frage, ob die Beziehung der beiden Probanden durch die lange Zeit in der Hypoxiekammer nicht auf eine ernste Probe gestellt wird? „Noch nicht“, antwortet Nancy und lacht. „Wir verbringen so viel Zeit zusammen. Aber es gibt wirklich keine Probleme, und ich erwarte auch keine.“  Ralf nickt. „Ich glaube, es ist wichtig, dass man Stress aus einer Beziehung heraushält. Das haben wir bisher ganz gut geschafft.“

Kein Big Brother

Nancy und Ralf in der DLR-Hypoxiekammer

Selbst die ständige Kamera-Überwachung stört die beiden nicht mehr. „Wir machen hier ja kein Big Brother“, sagt Dujmovits. „Wir wissen, dass die Forscher mit allem, was hier zu sehen ist, vertrauensvoll umgehen.“ Er habe die Kameras mittlerweile schon völlig ausgeblendet. „Heute Morgen bin ich nur in Unterhose durch die Räume gelaufen. Erst auf dem Rückweg ist mir eingefallen, dass mich ja jeder im Überwachungsraum so sehen kann.“ Das ganze Experiment, betont Ralf, sei „eine Mannschaftleistung“. Der Bergsteiger lobt ausdrücklich die engagierten Wissenschaftler im DLR, die „24 Stunden im Rundum-Schichtdienst für uns da sind“.  Auch Nancy ist von dem Team begeistert. „Das gesamte Personal behandelt uns so gut. Wir fühlen uns wirklich wie Prinz und Prinzessin.“

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Dujmovits: „Wir sind hier in besten Händen“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/dujmovits-wir-sind-hier-in-besten-haenden/ Thu, 17 May 2018 12:35:52 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=40767

Ralf Dujmoivits und Nancy Hansen

Die Türen haben sich geschlossen hinter Ralf Dujmovits und Nancy Hansen. Der einzige Deutsche, der bisher alle 14 Achttausender bestiegen hat, und seine kanadische Lebensgefährtin bezogen am Dienstag eine 110 Quadratmeter große Hypoxiekammer des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln. Wie berichtet, nehmen die beiden Bergsteiger an einer Studie des DLR in Kooperation mit der Universität Texas teil, bei der untersucht werden soll, ob extreme Hypoxie bei Menschen auch einen positiven Nebeneffekt haben kann. US-Forscher aus Texas hatten bei zwei Experimenten mit Mäusen festgestellt, dass sich Herzmuskelzellen teilten, wenn die Tiere zwei Wochen lang einem Sauerstoffmangel ausgesetzt waren, der den Verhältnissen auf 7000 Metern entsprach. Bei Mäusen, bei denen man vorher einen Herzinfarkt verursacht hatte, verbesserte sich die Herzfunktion nach zwei Wochen Hypoxie.

Medizinische Kontrolle rund um die Uhr

Monitor im Kontrollraum

Ralf und Nancy, beide kerngesund, sind die Probanden der Pilotstudie. Gut einen Monat sollen sie sich in der Hypoxiekammer aufhalten. In den ersten Wochen wird eine Akklimatisierung wie bei einer Himalaya-Expedition simuliert. Der Sauerstoffanteil in der Atemluft wird schrittweise gesenkt und nur zweimal zwischendurch vorübergehend erhöht – so als würden die beiden Bergsteiger nochmal absteigen, um wieder dickere Luft zu atmen. Die letzten beiden Wochen sollen der 56 Jahre alte Deutsche und die 49-jährige Kanadierin dann in einer simulierten Höhe von 7000 Metern verbringen. Das Experiment kann jederzeit abgebrochen werden, sollten schwerwiegende Probleme auftauchen. Ein Forscherteam des DLR überwacht rund um die Uhr den Gesundheitszustand von Dujmovits und Hansen. Auf dem Tagesplan stehen unter anderem Kontrollen der Herz- und Lungenfunktion, Blut- und Urintests, Fitness-Checks und so genannte „Cognition Tests“, bei denen Reaktions- und Wahrnehmungsvermögen der Probanden überprüft werden.

Ich besuchte gestern die beiden Bergsteiger in ihrem neuen „Zuhause“. Das war am Mittwoch letztmals ohne Atemmaske möglich. Nach einer guten halben Stunde in einer simulierten Höhe von rund 3700 Metern fühlte ich mich allerdings ein wenig benommen. Das Interview mit Ralf führte ich dann doch lieber anschließend in dicker Luft, per Telefon.

Ralf, ihr könnt nicht raus, ihr habt kein Tageslicht, und euch wird quasi der Sauerstoff abgedreht. Das klingt nicht gerade nach Ferienwohnung.

Lungenfunktionstest bei Nancy

Nein, es ist keine Ferienwohnung. Aber wir haben uns ja über einen langen Zeitraum darauf eingestellt. Wir haben es so angenommen. Wir haben uns fast ein Dreivierteljahr mental darauf vorbereitet. Jetzt sind wir hier und fühlen uns auch eigentlich ganz wohl.

Dujmovits: Wir fühlen uns hier ganz wohl.

Wie fühlt sich die Aussicht an, wochenlang gewissermaßen eingesperrt zu sein und nicht an die frische Luft zu können? Das muss doch für einen Bergsteiger fast wie Folter sein.

Gar nicht mal so. Ich habe das große Privileg, dass ich sehr viel draußen sein durfte. Ich sehe kein großes Problem darin, dass ich jetzt mal fünf Wochen drinnen bin. Wir wurden darauf schon oft angesprochen. Aber weder Nancy, noch ich haben große Sorgen, dass wir nicht damit umgehen können. Wir beiden können uns sehr auf etwas fokussieren. Wir haben uns darauf eingelassen und nehmen es so an, wie es ist.

Wie habt ihr euch auf dieses Experiment vorbereitet? Habt ihr noch einmal so viel Frischluft und Natur wie möglich getankt?

Skiabfahrt zur Monte-Rosa-Hütte

Wir waren noch einmal eine Woche lang im Wallis. Wir haben zum Schluss zwei Nächte auf der Gnifetti-Hütte auf 3700 Metern verbracht und anschließend eine Nacht im Winterraum der Capanna Margherita auf der Signalkuppe auf 4550 Metern. Wir haben quasi Natur pur für uns gehabt. Auf der Capanna Margherita waren wir 24 Stunden lang völlig für uns alleine. Wir standen schon um halb sechs auf, um den tollen Sonnenaufgang zu genießen. Anschließend fuhren wir bei schönstem Pulverschnee mit Skiern zur Monte-Rosa-Hütte ab. Wir haben wirklich noch einmal aufgetankt, es uns dort gut gehen lassen und uns damit natürlich auch schon ein Stück weit vorakklimatisiert.

Was motiviert euch denn überhaupt, an dieser Studie teilzunehmen?

Nancy hatte in ihrem familiären Umfeld einige Fälle von Herzinfarkten, die entweder tödlich ausgingen oder nach denen sich die Angehörigen nur sehr schwer erholen konnten. Daher ist für sie die Motivation wirklich, im Bereich der Forschung etwas vorwärts bringen zu können. Ähnlich ist es auch bei mir. Das Interesse an der Medizin war immer da und wird auch weiterhin bleiben. Jetzt dabei sein zu können, wie sich unter Umständen eine neue Behandlungstechnik für Herzinfarktpatienten entwickelt, ist doch eine klasse Geschichte.

Vielleicht trägt ja auch zu eurer Motivation zusätzlich bei, dass dieser „Siebentausender“, den ihr jetzt besteigt, noch unbestiegen ist.

Natürlich ist es ein Stück weit eine Erstbesteigung. (lacht) Aber es ist gar nicht so diese Erstlingstat, die uns motiviert, sondern vielmehr die Unterstützung, in der Herzinfarkt-Forschung ein Stück weiter zu kommen.

Stickstofftank im DLR-Außengelände

Habt ihr auch Befürchtungen, sei es psychischer oder körperlicher Art, wenn ihr an die Wochen in der Hypoxiekammer denkt?

Es gab eine Unbekannte, mit der wir uns beide schwer getan haben. Es ist nicht ganz einfach, die Prozentteile Sauerstoff in der Umgebungsluft auf die (virtuelle) Höhe umzurechnen. Wir müssen uns auf das verlassen, was Jens und Uli (die Leiter der Studie, Prof. Jens Tank und Dr. Ulrich Limper vom DLR) uns vorgerechnet hatten. Aber wir haben hier auch die Möglichkeit,  über Sensoren, die in allen Räumen angebracht sind, zu sehen, wie die Luft zusammengesetzt ist. Von meinem Gefühl her passt das ganz gut. Daher ist das Vertrauen, dass wir der Mannschaft hier entgegenbringen müssen, absolut gerechtfertigt. Wir haben das Gefühl, wir sind hier wirklich in besten Händen.

Dujmovits: Wir sind hier in besten Händen.

Ihr seid jetzt den ersten kompletten Tag in der Hypoxiekammer und befindet euch auf einer Quasi-Höhe von rund 3700 Metern. Fühlt sich das anders an als auf dem Berg?

Natürlich ist es anders, weil die Härtefaktoren wie starke Sonneneinstrahlung, Wind, Kälte, Sturm oder Schneefall, wegfallen. Von daher ist es natürlich deutlich leichter. Aber die dünne Luft fühlt sich so an, wie wir das von der Höhe her kennen. Und das, obwohl die Höhe simuliert wird, indem man den Sauerstoffanteil reduziert. Normalerweise ist dieser prozentuale Anteil ja immer gleich hoch, egal auf welcher Höhe man sich befindet. (Die Hypoxie entsteht durch den geringeren Druck, mit der der Sauerstoff in die Lungen gepresst wird.) Hier ist es so, dass Stickstoff in die Räumlichkeiten hineingepumpt wird und damit der Sauerstoffanteil zurückgeht.

Glaubst du, dass du in den nächsten Wochen auch etwas über dich selbst lernen wirst?

Mobile Kletterwand im Wohnbereich

Ich habe schon jetzt einiges dazugelernt. Es sind viele, viele Kleinigkeiten. Wir haben zum Beispiel gestern an der mobilen Kletterwand trainiert. Sie wurde extra für uns hier hereingestellt, weil es unser Wunsch war, auch beim Klettern fit zu bleiben. Wir haben sofort gemerkt, dass hier nicht die fehlende Kraft in den Armen oder den Fingern der limitierende Faktor sein wird, sondern die Ausdauer in der dünnen Luft. Das haben wir unterschätzt. Wenn wir hier den Überhang an der Wand klettern, kommen wir wahrscheinlich nie an den Punkt, dass uns die Kräfte ausgehen, sondern wir werden in Sachen Ausdauer am Anschlag sein.

Hilft es euch, die ganze Sache zu zweit durchzustehen?

Das macht es auf jeden Fall viel einfacher. Ich habe mir gestern beim Abendessen mal kurz vorgestellt, wie es wäre, wenn ich alleine hier sitzen, mir vielleicht noch die Tagesschau ansehen und dann alleine ins Bett gehen würde. Das wäre ja furchtbar. Man hat niemanden, mit dem man sich darüber austauschen kann, was am Tag passiert ist. Das jetzt gemeinsam mit der Partnerin machen zu können, ist wirklich klasse. Wir haben viel zu lachen. Wir haben aber in der Nacht auch schon die ersten schwierigen Momente gehabt. Nancy hatte Kopfschmerzen, ich hatte einen leichten Druck im Kopf. Man unterhält sich darüber, und dann geht es gleich wieder ein bisschen leichter.

Dujmovits: Zu zweit geht es leichter.

Ist es nicht ein bisschen so, wie in einem Basislager bei schlechtem Wetter zu sitzen und sich nicht aus dem Weg gehen zu können?

Man kann das durchaus vergleichen. Ich erinnere mich z.B. an 2009, als wir drei Wochen am Stück bei extrem schlechtem Wetter am Lhotse im Basislager festsaßen und nur zwischen persönlichem und Mannschaftzelt hin und her wechseln konnten. Das ist hier auch nicht viel anders. Wir haben eigentlich sogar mehr Auslauf, weil die Räumlichkeiten doch sehr weitläufig sind. Außerdem haben wir am Tag sehr viele Aufgaben zu erledigen.

EKG bei Ralf

Was erwartest du, wie ihr aus diesem Experiment herauskommt? Als körperliche Wracks?

Das ist die ganz große Unbekannte. Wir hatten ursprünglich vor, hinterher auf Expedition zu gehen und damit diese extrem gute Akklimatisation zu nutzen.  Nachdem wir aber keine Ahnung haben, ob wir noch so fit sind, dass wir noch einen interessanten Berg besteigen können, haben wir unsere Pläne erst einmal auf die Alpen beschränkt. Es gibt z.B. auf der Südseite des Mont Blanc so viele hoch gelegene Ziele. Wenn wir noch fit genug sind, würden wir eher dorthin gehen, statt ein Permit zu kaufen, einen Verbindungsoffizier vorneweg bezahlen zu müssen, um dann hinterher vielleicht sagen zu müssen: Wir sind zu schwach, es geht einfach nicht.

Es kann aber auch sein, dass ihr euch einfach faul in die Sonne legt?

Auch das könnte sein. Nach der Zeit hier in der Kammer findet sofort die Messe „Outdoor“ in Friedrichshafen statt. Danach haben wir uns etwas Freiraum gelassen. Vielleicht legen wir uns dann auch in die Sonne.

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Zwei Wochen auf einem Quasi-7000er https://blogs.dw.com/abenteuersport/zwei-wochen-auf-einem-quasi-7000er/ Tue, 23 Jan 2018 14:51:29 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=39265

Ralf Dujmovits (l.) und Nancy Hansen im noch leeren DLR-Wohnbereich

Dieser Siebentausender hat weder einen Gipfel, noch bietet er eine beeindruckende Aussicht. Er erstreckt sich auf eine Fläche von nur rund 110 Quadratmetern – und steht auf dem Gelände des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln. Eine Hypoxiekammer innerhalb des medizinischen DLR-Forschungslabors „:envihab“ – der Name steht für environment (Umwelt) und habitat (Lebensraum) – wird in den kommenden Monaten wohnlich eingerichtet.

Vier Wochen in der Kammer

Mitte Mai werden dann Ralf Dujmovits, der bisher einzige deutsche Bergsteiger, der auf allen 14 Achttausendern stand, und seine Partnerin, die kanadische Kletterin Nancy Hansen, dort für vier Wochen einziehen. Sie nehmen an einer hochinteressanten Hypoxiestudie teil, die das DLR in Kooperation mit der Universität Texas durchführt. Die Vermutung: Obwohl extremer Sauerstoffmangel das Leben bedroht, gibt es wohl auch einen positiven Effekt  auf den Körper.

Stärkeres Herz durch Hypoxie?

Ralf wird für die Magnetresonanztomographie (MRT) verkabelt …

US-Forscher aus Texas stellten bei zwei Experimenten mit Mäusen fest, dass sich Herzmuskelzellen teilten, wenn die Tiere zwei Wochen lang einem Sauerstoffmangel ausgesetzt waren, der den Verhältnissen auf 7000 Metern entsprach. Bei Mäusen, bei denen man vorher einen Herzinfarkt verursacht hatte, verbesserte sich die Herzfunktion nach zwei Wochen Hypoxie.

Jetzt soll getestet werden, ob dieser Effekt auch bei Menschen eintritt. Dazu werden Dujmovits und Hansen, beide kerngesund, als Probanden der Pilotstudie zwei Wochen in einer sauerstoffreduzierten Umgebung verbringen, die vergleichbar mit 7000 Meter Meereshöhe ist. „Wir erwarten auch bei ihnen als gesunde, trainierte Probanden, dass die Herzleistung steigt“, sagt DLR-Mediziner Dr. Ulrich Limper beim ersten von mehreren Voruntersuchungsterminen in Köln. Für eine weiterführende Studie wird derzeit als Testperson ein erfahrener Bergsteiger gesucht, der sich zum einen bereits in Höhen von deutlich über 7000 Metern aufgehalten, zum anderen einen Herzinfarkt erlitten hat. Auch er soll dann zwei Wochen unter hypoxischen Bedingungen verbringen – natürlich erst, nachdem er sich von dem Infarkt vollständig erholt hat.

Sofortiger Abbruch möglich

… und für die Untersuchung seines Gehirns vorbereitet

Ralf und Nancy wollen sich zunächst an Bergen im Schweizer Wallis vorakklimatisieren und sich dann Mitte Mai in die Hypoxiekammer in Köln begeben. In den ersten zwei Wochen wird die simulierte Höhe von gut 3000 auf 7000 Meter gesteigert, indem Stickstoff zugeführt und damit die Sauerstoffkonzentration langsam auf acht Prozent (normalerweise liegt sie bei 21 Prozent) gesenkt wird. Die letzten beiden Wochen sollen Dujmovits und Hansen dann gewissermaßen auf 7000 Metern durchstehen. Anders als auf den Bergen bleibt der Luftdruck in der Kammer dabei jedoch konstant, sodass das Experiment bei Komplikationen sofort beendet werden könnte.

„Eigentlich total verrückt“

Blutabnahme bei Nancy

Er habe sich über die bisher vorliegenden Erkenntnisse zu langer Höhenexposition schlau gemacht, sagt Ralf Dujmovits. „Zudem bin ich aus der eigenen Erfahrung zahlreicher Nächte in Serie oberhalb von 7000 Metern zur Überzeugung gekommen, dass sich das Risiko in überschaubaren Grenzen hält. Und falls es überraschend doch Probleme geben sollte, können wir jederzeit den Roten Knopf drücken und die Studie abbrechen.“ Nancy Hansen räumt ein, dass sie ein mulmiges Gefühl hat. „Natürlich bin ich wegen des Risikos nervös. Es ist eigentlich total verrückt, zwei Wochen lang quasi auf 7000 Metern zu leben“, sagt die 49-Jährige. „Auf der anderen Seite können Ralf und ich jederzeit aussteigen, sollte es uns schlecht gehen. Ich frage mich eher, ob es langfristige negative Folgen gibt.“

Herzattacken in der Familie

Messung des Lungenvolumens

Dujmovits hatte als junger Mann begonnen, Medizin zu studieren, ehe er sich voll und ganz den Bergen verschrieb. Das Interesse insbesondere an Fragen der Höhenmedizin sei geblieben, sagt der erfolgreichste deutsche Höhenbergsteiger. „Eventuell zu neuen Erkenntnissen im Bereich der Herzinfarktforschung beitragen zu können, finde ich faszinierend und spannend zugleich. Zudem habe ich die Möglichkeit, nochmal deutlich mehr über meinen Körper und seine Reaktion auf Hypoxie zu erfahren.“ Darauf verweist auch Nancy Hansen, die zusätzlich noch ein familiäres Argument für ihre Teilnahme an der Studie anführt: “Mein Vater hatte vor 14 Jahren eine massive Herzattacke. Mein Onkel starb an einem Infarkt. Mein junger Neffe hatte zwei 16-stündige Operationen am offenen Herzen. Das Thema ist mir wirklich sehr wichtig.“

Interessant für Erde und Weltall

Das gilt auch für das DLR. „Wir lernen nicht nur etwas über die Grenzen des Körpers von hochtrainierten und spezialisierten Personen, die mit Piloten oder Astronauten vergleichbar sind und für diese als Studienmodell dienen können, in unserem Fall Nancy und Ralf“, sagt Ulrich Limper, „ sondern wir haben auch die Chance, die Therapie einer akuten Herzerkrankung zu verbessern, was vor allem den Patienten auf der Erde helfen würde.“

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Gemeinsam radelt es sich leichter https://blogs.dw.com/abenteuersport/gemeinsam-radelt-es-sich-leichter/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/gemeinsam-radelt-es-sich-leichter/#comments Fri, 15 Sep 2017 22:17:08 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=37645

Nicht so alleine wie es aussieht

Es war der Tag der Begegnungen. Erst radelte ich – übrigens zur Abwechslung mal bei Sonnenschein – eine Weile neben einem Schweizer aus der Stadt Zug her, Mitte 60, braungebrannt, auf einem Mountainbike, das schon bessere Tage gesehen hatte. „Ich habe 45 Jahre gearbeitet“, erzählte mir der Radler. „Und jetzt erfülle ich mir einen Lebenstraum. Ich wollte schon immer eine große Radreise machen.“ Ich fragte nach, wieviel Zeit er sich für den Weg entlang des Rheins genommen habe. „Ich schaue mal, wie weit ich bis zum Winter komme“, antwortete er grinselnd. Im weiteren Gespräch stellte sich heraus, dass er auch ein passionierter Bergsteiger war. Er habe alle Viertausender seines Heimatlandes bestiegen, sagte der Schweizer: „Eigentlich hatte ich auch immer davon geträumt, eines Tages den Mount Everest zu besteigen. Aber der Tourismus an diesem Berg hat nichts mehr mit dem Bergsteigen zu tun, dass ich mag.“

Mit der Fähre übergesetzt

Auch ein Begleiter

Schweren Herzen musste ich den Schweizer davonziehen lassen, sein erstaunlich hohes Tempo konnte ich auf Dauer nicht mithalten. Doch ich fuhr nicht lange allein. Mein nächster Begleiter war ein 77-jähriger Einheimischer, der – bei gutem Wetter – noch täglich einen halben Tag lang Rad fuhr. „Um spätestens ein Uhr muss ich wieder zu Hause sein“, erzählte er mir. „Sonst macht sich meine Frau Sorgen.“ Ihm verdanke ich, dass ich etwa auf Höhe des Ortes Rust (den die meisten wegen des dortigen Vergnügungsparks kennen) nicht einen weiten Bogen fahren musste. Dies sei eine Halbinsel, erklärte mir der Ortskundige an der entscheidenden Weggabelung. Deshalb sei es besser, auf die französische Seite zu wechseln und auf Höhe von Kappel mit der Fähre wieder überzusetzen. Gesagt, getan. Der Tipp war nicht Gold, aber Zeit wert. Und nebenbei fügte ich nach der Schweiz, Liechtenstein, Österreich und Deutschland mit Frankreich meiner Rhein-Tour die fünfte Nation hinzu.

Über den Bach

Von Stein zu Stein

Kurze Zeit, nachdem ich mit von dem rüstigen Senior verabschiedet hatte, landete ich in einer Sackgasse. „Haben Sie nicht das Schild gesehen?, fragte ein Mann, der mit seinem alten klapprigen Rad am Rhein stand. Ich hatte das Schild übersehen. Ich habe jetzt zwei Alternativen, meinte der Mann: entweder anderthalb Kilometer zurückfahren oder ihm auf einen Schleichweg folgen: „Da müssen Sie jedoch über ein Bachbett. Mein Rad bekomme ich dort herüber. Aber ich weiß nicht, ob Sie das mit ihrem bepackten Rad schaffen.“ Was der kann, kann ich auch, dachte ich und folgte ihm auf den Trampelpfad mit Brennesseln und Dornengestrüpp. Das Bachbett war nicht trocken, wie ich vermutet hatte. Stattdessen musste ich das Faltrad über einige Wackermänner tragen, dazwischen floss Wasser. Ich sattelte meine Taschen ab und brachte erst das Rad und dann das Gepäck über die Brücke aus Steinen. Immerhin konnte ich so meine Fahrt ohne großen Umweg fortsetzen.

Moralische Unterstützung

Mit Nancy Hansen (l.) und Ralf Dujmovits (r.)

Die vierte Begegnung des Tages war eine verabredete. In der Stadt Kehl empfingen mich Ralf Dujmovits – der einzige deutsche Bergsteiger, der alle 14 Achttausender bestiegen hat – und seine Lebensgefährtin, die kanadische Kletterin Nancy Hansen. Sie wollten mich auf ihren Mountainbikes ein Stück meines Weges den Rhein hinunter begleiten und damit auch moralisch unterstützen. Mit Ralf und der österreichischen Bergsteigerin Gerlinde Kaltenbrunner hatte ich Ende Juni 2015 die Aktion „School up!“ ins Leben gerufen, um die beim Erdbeben in Nepal am 25. April jenen Jahres zerstörte Schule im kleinen Bergdorf Thulosirubari so schnell wie möglich wieder aufzubauen. Meine Spenden-Radfahrt „School up! River down“ soll ja weiteres Geld in die Kassen des Projekts spülen, mit dem wir die laufenden Bauarbeiten an der neuen Schule bezahlen können.

Feierabend nach 125 Kilometern

Wasser von oben und unten

Ich genoss es sehr, mit Ralf und Nancy ein Stück des Weges zu teilen. Zudem vergaß ich über die guten Gespräche fast meine müden Beine. Selbst ein heftiger Regenguss, der erste des Tages, konnte unsere gute Laune nicht trüben. Im Ort Söllingen beendeten wir den Radtag – für mich nach 125 Tageskilometern, für Nancy und Ralf nach 45 Kilometern. Die heutige Nacht verbringe ich bei den beiden in Bühl. Morgen früh bringen sie mich dann wieder nach Söllingen, wo ich meine Fahrt den Rhein hinunter fortsetzen werde. 589 Kilometer habe ich inzwischen erradelt. Einige waren ziemlich anstrengend, aber Begegnungen wie die heutigen entschädigen für alle Strapazen.

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Über Büßereis und schmale Schneebrücken https://blogs.dw.com/abenteuersport/ueber-buessereis-und-schmale-schneebruecken/ Tue, 18 Apr 2017 09:51:53 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=35833

Ralf Dujmovits am Cholatse

„Alles ist bisher gut und rund gelaufen.“ Ralf Dujmovits ist hochzufrieden mit seiner Akklimatisationstour im Khumbu-Gebiet. Um sich auf den Mount Everest vorzubereiten, bestieg der 55-Jährige gemeinsam mit seiner Partnerin Nancy Hansen aus Kanada den 6440 Meter hohen Cholatse. Am vergangenen Donnerstag erreichten die beiden den Gipfel. Der Aufstieg über den Südwestgrat sei alles andere als leicht gewesen, schreibt mir Ralf: „Ein guter Teil der Route oberhalb des Sattels führt über steiles bis steilstes Büßereis. Sehr, sehr unangenehm zu klettern.“ Dujmovits rechnet damit, dass sich der Zustieg zum höchsten Punkt bald drastisch ändern wird. „Der Gipfelaufbau des Cholatse droht in den nächsten Jahren irgendwann einmal auseinanderzubrechen“, sagt Ralf. „Es gibt Spalten bis zum Gipfel. 30 Meter unterhalb des Gipfels muss man eine noch zwei Meter lange und einen halben Meter breite Schneebrücke überqueren. Wenn die auch noch einbricht, braucht man dort oben eine Leiter, um zum höchsten Punkt zu kommen.“

Abseilen im Whiteout

Nancy Hansen auf dem Gipfel

Dujmovits und Hansen verbrachten sechs Zeltnächte auf Höhen zwischen 5450 und 5750 Metern. „Da wir wegen des Material- und Verpflegungstransports quasi alle Etappen am Berg – außer  dem Gipfelaufstieg – zweimal auf- und abgestiegen sind,  haben wir auch eine perfekte Akklimatisation hinbekommen“, freut sich der einzige Deutsche, der bisher alle 14 Achttausender bestiegen hat. Ausgerechnet am Gipfeltag sei das Wetter umgeschlagen. „Am Gipfel um 13.15 Uhr hatten wir schon fast keine Sicht mehr, und der Abstieg bzw. das Abseilen erfolgte größtenteils im Whiteout. Sehr spannend. Erst eine Stunde nach Einbruch der Dunkelheit waren wir wieder zurück an unserem super ausgesetzten Minilagerplatz auf 5750 Metern.“

„Hoch motiviert und zuversichtlich“

Bereit für den Everest

Dujmovits will in diesem Frühjahr den Mount Everest von der tibetischen Nordseite aus ohne Flaschensauerstoff besteigen. Nach seiner erfolgreichen Everest-Besteigung 1992 – vom Südsattel aus mit Atemmaske – hatte Ralf sechsmal versucht, den höchsten Berg der Erde ohne zusätzlichen Sauerstoff zu besteigen, war aber aus unterschiedlichen Gründen ohne Gipfelerfolg heimgekehrt. Die Gipfel aller anderen Achttausender hatte er ohne Flaschensauerstoff erreicht. Jetzt blickt Ralf seinem „definitiv letzten Versuch“ am Everest optimistisch entgegen. „Ich bin nach der sehr positiven Erfahrung am Cholatse nun wirklich hoch motiviert, auf die Nordseite des Everest weiterzureisen, und sehr zuversichtlich, dass es auch klappen wird“, sagt Ralf. „Ich fühle mich topfit und gut vorbereitet.“

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Ralf Dujmovits: „Mein definitiv letzter Everest-Versuch“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/ralf-dujmovits-mein-definitiv-letzter-everest-versuch/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/ralf-dujmovits-mein-definitiv-letzter-everest-versuch/#comments Tue, 28 Mar 2017 13:05:48 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=35601

Ralf Dujmovits

Sag niemals nie! Das ist nicht nur der Titel eines alten James-Bond-Films, sondern könnte auch über der persönlichen Geschichte Ralf Dujmovits‘ am Mount Everest stehen. Dabei hatte der erste und bisher einzige Deutsche, der auf allen 14 Achttausendern stand, den höchsten Berg der Erde gleich bei seinem ersten Versuch im Herbst 1992 bestiegen. Wegen des schlechten Wetters hatte er oberhalb des Südsattels jedoch zu Flaschensauerstoff gegriffen. „Ich war damals noch sehr jung. Es war ein Fehler“, sagt Ralf heute.

Die anderen 13 Achttausender bestieg er schließlich allesamt ohne Atemmaske. Und so versuchte er hinterher immer wieder, diese Everest-Scharte auszuwetzen. Vergeblich. 1996, 2005, 2010, 2012, 2014 und 2015 kehrte er, aus unterschiedlichen Gründen, ohne Gipfelerfolg zurück. In diesem Frühjahr will es der 55-Jährige noch einmal wissen. Zum achten Mal reist er zum Mount Everest, zum fünften Mal auf die tibetische Nordseite des Bergs. Zuvor will er sich in Nepal mit seiner kanadischen Lebensgefährtin Nancy Hansen bei einer Besteigung des 6501 Meter hohen Cholatse im Khumbu-Gebiet vorakklimatisieren. Ralf ist inzwischen in Kathmandu eingetroffen. Ich habe unmittelbar vor seiner Abreise mit ihm gesprochen.

Ralf, der Everest und du – man könnte fast sagen, ihr habt eine Beziehung.

Ralf und der Mount Everest (Südseite, 2012)

Ja, klar. Wenn man so oft dort unterwegs war – es wird jetzt das achte Mal sein –, dann entsteht ein fast schon persönliches Verhältnis. Aber ich genieße das auch ein Stück weit. Ich bin immer gerne am Everest unterwegs gewesen. Ich freue mich auch jetzt. Ich muss ganz ehrlich sagen, ich bin ein bisschen nervös, weil ich mir wirklich fest vorgenommen habe, dass es diesmal definitiv das letzte Mal ist. Das habe ich auch meinen Freunden gesagt.

Und alle haben gelacht.

Zunächst ja. Aber dann haben sie mich doch noch für voll genommen, als ich es wieder und wieder bestätigt habe: das definitiv letzte Mal! Insofern möchte ich mir jetzt mit meinem Partner Everest noch mal alle Mühe geben und dann hoffentlich auch hinauf kommen.

Dujmovits: Definitiv das letzte Mal

Du wirst jetzt zum achten Mal dort sein. Wird man da lockerer oder verkrampfter?

Obwohl ich derzeit etwas angespannt bin, werde ich wohl bei der Besteigung etwas lockerer sein. Ich hatte einige Jahre, in denen ich schon mit einer gewissen Verkrampftheit an die Nordwand gegangen bin. Das hat aus verschiedenen Gründen nicht geklappt. Anschließend wollte ich in den letzten Jahren unbedingt die Messner-Variante. [Bei seiner Solo-Besteigung 1980 querte Reinhold Messner ins Norton-Couloir und stieg von dort aus zum Gipfel.] Auch das hat nicht geklappt. Ich habe mir jetzt gesagt, ich gehe ganz entspannt über den tibetischen Normalweg. Und alles Weitere wird man dann sehen.

Aber du wirst diesmal nicht alleine aufsteigen.

Alleine sowieso nicht. Am Everest bist du nie alleine. Ich werde am Berg gemeinsam mit dem Rumänen Horia Colibasanu unterwegs sein. Wir werden uns wahrscheinlich dort oben auch das Zelt teilen. Ich habe zudem einen Sherpa engagiert, der für mich eine Flasche Sauerstoff mitträgt. Wenn ich merken sollte, dass es für mich dort oben ungesund wird, würde ich unter Umständen auch Sauerstoff nehmen und dann aber auch sofort absteigen. Das heißt, der Sauerstoff ist wirklich nur für den Abstieg, auf keinen Fall für den weiteren Aufstieg.

Tibetische Nordseite des Mount Everest

Wäre es eine Variante, ohne Flaschensauerstoff auf- und dann mit Atemmaske abzusteigen?

Nein, mein Ziel ist natürlich, ohne Sauerstoff hinauf und wieder herunter. Aber ich will mir einfach diese Option offen halten. Der Italiener Abele Blanc war 2010 ein paar Tage älter, als er damals bei seiner Besteigung mit über 55 Jahren ohne Sauerstoff auf dem Gipfel war. Ich wäre, wenn es klappen sollte, der Zweitälteste. Ich merke inzwischen: Das ist für mich in meinem Alter ein wirklicher Grenzgang. Ich will einfach eine gewisse Reserve, beziehungsweise ein kleines Backup mit dabei haben.

Dujmovits: Kleines Backup

Ist das ein bisschen wie Autofahren mit Sicherheitsgurt?

(lacht) Darüber habe ich mir noch nie Gedanken gemacht. Ich glaube, Autofahren mit Sicherheitsgurt ist allgemein üblich geworden. Das gilt inzwischen auch für das Bergsteigen mit Sauerstoff an den Achttausendern. Leider. Ich sehe es eher so, dass ich bewusst versuche, den Sicherheitsgurt wegzulassen. Ich werde die Hand aber am Gurt haben und würde ihn mir im letzten Moment noch ziemlich schnell umschnallen.

Empfindest du das selbst als Stilbruch?

Es mit Sicherheit ein Stilbruch, ein Backup mitzunehmen. Es ist nicht die gängige Variante, aber es ist mir jetzt egal, weil ich diesen Weg für mich zu Ende bringen will. Ich freue mich darauf und kann es für mich akzeptieren. Ich habe eine Weile mit mir gerungen, aber inzwischen ist es für mich so in Ordnung. Da kann mir hinterher oder vorher oder wann auch immer jemand erzählen, was er will. Für mich passt das so. Und da ich niemandem damit weh tue, sollte das auch in Ordnung sein.

Dujmovits: Stilbruch, aber für mich passt das so

Cholatse (Bildmitte, vom Gokyo Ri aus)

Alle erwarten, dass es in diesem Frühjahr am Everest richtig voll wird. Nicht nur auf der nepalesischen, auch auf der tibetischen Seite werden wohl deutlich mehr Bergsteiger unterwegs sein als sonst. Du kennst das. Es wird dich wahrscheinlich nicht großartig beeindrucken, oder?

Ich werde mich zuvor noch mit meiner Partnerin an einem Sechstausender in Nepal in Ruhe vorakklimatisieren. Ich will den großen Massen damit ein wenig entkommen. Ich reise dann relativ spät ins vorgeschobene Basislager und werde wahrscheinlich damit von dem großen Massenaufstieg gar nicht mehr so viel mitbekommen. Natürlich werden, wenn es Richtung Gipfel geht, parallel sehr viele unterwegs sein. Aber auch das wird mich nicht sehr scheren, weil ich nicht so früh starten kann, wie es die meisten machen, die mit Sauerstoff unterwegs sind. Inzwischen sind ja Startzeiten von zehn, elf Uhr abends üblich. So früh kann ich einfach nicht starten, sonst würde ich dort oben zu sehr auskühlen. Ich muss die Sonne in Anspruch nehmen, die mich hoffentlich ein bisschen unterstützen wird.

Das klingt, als würdest du dieselbe Taktik wie Ueli Steck wählen, der auf der Südseite das erste Wetterfenster verstreichen lassen will, damit es nicht mehr ganz so voll am Berg ist.

Wenn sich nur in Ansätzen abzeichnet, dass sich ein zweites Wetterfenster entwickelt, würde ich wahrscheinlich auch darauf spekulieren. In aller Regel war es wirklich so, dass während des ersten Wetterfensters einfach zu viel Betrieb war. Und ich muss einfach genau mein Tempo gehen können. Zu langsam wäre nicht gut, da kühle ich aus. Zu schnell kann ich auch nicht gehen, weil ich dabei zu viel Wärme abatmen würde. Ich muss genau meinen Stiefel gehen. Und das kann ich nur, wenn ich mir mein Tempo aussuchen kann.

2014 im Everest-Hochlager

Bei deinem letzten Versuch 20142015 mit dem Erdbeben in Nepal lasse ich jetzt mal außen vor – bist du bis nach Lager drei auf 8300 Metern gekommen. Damals hast du selbst gesagt: „Ich habe Fehler gemacht.“ Hast du daraus gelernt?

Ich denke schon. Ich hatte damals ein zu leichtes Zelt mit dabei, ein einwandiges, das gerade mal ein Kilo gewogen hat. Es hat in der Nacht ziemlich stark geblasen. Ein weiteres Problem war, dass ich ein nasses Feuerzeug hatte und mir deshalb nicht genug zu trinken machen konnte. Gescheitert ist es dann aber letztlich daran, dass es morgens zu starken Wind gab. Darauf werde ich keinen Einfluss haben. Aber für alle anderen Dinge, die ich damals gelernt habe, habe ich hoffentlich diesmal die richtige Variante in petto und hoffe dann, dass zumindest von meiner Seite her alles passt.

Du hast eben gesagt, das ist mein definitiv letzter Versuch am Everest. Ich kann mir das Lächeln nicht verkneifen. Gehen wir also mal davon aus, dass es wirklich das letzte Mal ist. Bist du unter Umständen versucht, deswegen mehr zu riskieren?

Ich glaube nicht. Ich kenne mich sehr gut. Ich weiß auch, dass ich umdrehen kann. Das habe ich oft bewiesen, und würde es auch diesmal so machen, wenn es nötig ist. Meine Gesundheit ist für mich nach wie vor das allerhöchste Gut. Diesen Grundsatz, dass ich gesund zurückkommen möchte, werde ich auch bei diesem allerletzten Versuch – selbst wenn du schmunzelst, es wird wirklich der letzte sein – nicht aufgeben.  

Dujmovits: Möchte gesund zurückkommen

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Auch der Praqpa Ri bleibt unbestiegen https://blogs.dw.com/abenteuersport/auch-der-praqpa-ri-bleibt-unbestiegen/ Thu, 14 Jul 2016 22:36:15 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=33214 Nancy Hansen vor dem Praqpa Ri

Nancy Hansen vor dem Praqpa Ri (7134 Meter)

Es regnet – und das abends um 21 Uhr auf 5000 Metern im Karakorum. „Es ist unglaublich warm hier“, erzählt mir Ralf Dujmovits, Deutschlands erfolgreichster Höhenbergsteiger, per Satellitentelefon aus dem Basislager zu Füßen des Praqpa Ri. „Wir haben bis weit in den Abend bei offenem Zelt zusammengesessen.“ Das ungewöhnlich warme Wetter hat für schwierige Verhältnisse an dem Siebentausender gesorgt, dessen Gipfel weiter unbetreten bleibt. Wie zuvor schon am ebenfalls unbestiegenen Siebentausender Gasherbrum VI mussten der 54 Jahre alte Deutsche und seine 47 Jahre alte kanadische Partnerin Nancy Hansen ihren Gipfelversuch abbrechen. „Wir haben um jeden Meter im Aufstieg gekämpft“, sagt Ralf. Vergeblich.

Ralf, wie hoch seid ihr diesmal gekommen?

Höchster erreichter Punkt

Höchster erreichter Punkt

Bis auf 6300 Meter. Wir hatten unseren ursprünglichen Plan geändert. Wir wollten über den linken Pfeiler klettern und dann über den überwechteten Grat zum Gipfel steigen. Wir hatten gehofft, auf der Rückseite der überhängenden Wechten entlang klettern zu können. Aber so weit sind wir gar nicht gekommen.

Habt ihr die falsche Route gewählt oder waren die Bedingungen einfach zu schlecht?

Die Schneebedingungen sind in diesem Jahr extrem schlecht. Wir haben es ähnlich angetroffen wie drüben am Gasherbrum VI: sehr viel Zuckerschnee, Schwimmschnee, in den du einbrichst, teilweise grundlos. Wir kletterten teilweise in sehr steilem Gelände, 70 bis 80 Grad, manchmal auch senkrecht.

Durch den Schnee gewühlt

Durch den Schnee gewühlt

Dort konntest du den Pickel waagerecht hineinschieben und den Arm noch gleich hinterher. Dann aber auch wieder Blankeis mit nur einem halben Meter Schneeauflage. Sehr wechselhafter, sehr schlechter Schnee. In den steilen Passagen haben wir teilweise eine Stunde für eine Seillänge gebraucht, weil wir uns im fast senkrechten Zuckerschnee hochbalancieren mussten. Bei diesen schlechten Verhältnissen ist uns einfach die Zeit weggelaufen.

Wie sah es mit der Lawinengefahr aus?

Die kam noch hinzu. Es handelt sich um einen Ostgrat. Ab 4.30 Uhr steht darauf die Sonne. Spätestens ab 9 Uhr hast du dann akute Lawinengefahr. Ständig rauscht rechts und links von dir der Schnee herunter. Wir sind eine Flanke mit einer Auflage von einem halben Meter Zuckerschnee aufgestiegen. Irgendwann ist die ganze Flanke abgerutscht. Jetzt ist dort nur noch eine riesige Blankeisfläche.

Gefriergetrocknetes auf 6000 Metern

Gefriergetrocknetes auf 6000 Metern

Was hat euch letztlich bewogen umzukehren? Habt ihr einfach zu lange gebraucht oder seid ihr wie am Gasherbrum VI an eine Stelle gekommen, die ihr nicht überwinden konntet?

Wir sind an einen Punkt gelangt, an dem Nancy gesagt hat: Das ist mir zu gefährlich. Sie stand 30 Meter über mir im Zuckerschnee, obenauf ein dünner Deckel härteren Schnees, 60 Grad Neigung. Ich hätte wahrscheinlich schon früher umgedreht.

Es lag also an den Verhältnissen, nicht an der Route?

Ich denke, bei guten Verhältnissen wären wir deutlich schneller vorwärts gekommen und hätten weitersteigen können.

Wenn du die beiden Versuche am Gasherbrum VI und Praqpa Ri vergleichst, wo wart ihr dem Erfolg näher?

Das kann man eigentlich nicht sagen. Wir waren an beiden Bergen noch 600 beziehungsweise 800 Höhenmeter vom Gipfel entfernt. Das ist noch ziemlich weit weg. In beiden Fällen war es uns einfach zu gefährlich.

Einfach nur gefährlich

Einfach nur gefährlich

Ihr habt euch erneut sechs Tage durch den Schnee gewühlt, um am Ende wieder einsehen zu müssen, dass es keinen Sinn hat. Wie sieht es jetzt in euch aus?

Wir hatten eine gute Zeit zusammen und haben es wirklich als schönes Abenteuer erlebt, extrem spannend. Trotz der ganzen Anstrengung und Härte haben wir es genossen und nehmen zwei schöne Bergerlebnisse mit nach Hause.

Und ihr seid heile heruntergekommen.

Ja, vor allem am Praqpa Ri waren wir am Ende wirklich froh, wieder unbeschadet das Basislager erreicht zu haben. Es war äußerst heikel.

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Dujmovits und Hansen brechen Versuch am Gasherbrum VI ab https://blogs.dw.com/abenteuersport/dujmovits-und-hansen-brechen-versuch-am-gasherbrum-vi-ab/ Wed, 29 Jun 2016 15:05:41 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=33047 Nancy Hansen auf 6400 Metern am Gasherbrum VI

Nancy Hansen auf 6400 Metern am Gasherbrum VI

Der Siebentausender Gasherbrum VI im Karakorum in Pakistan bleibt weiter unbestiegen. Der 54 Jahre alte Ralf Dujmovits, Deutschlands erfolgreichster Höhenbergsteiger, und die 47 Jahre alte Kanadierin Nancy Hansen brachen ihren Versuch ab, als Erste den 6973 Meter hohen Berg (andere Höhenangabe: 7004 Meter) im Karakorum zu besteigen. Auf einer Höhe von 6400 Metern kehrten die beiden um. „Wir haben unser Bestes gegeben“, sagt mir Ralf am Satellitentelefon. „Nancy hat im platten-durchsetzten Felsgelände gekämpft wie ein Bär. Es hat einfach nicht sein sollen. Wir wollen uns ja nicht umbringen.“

Spektakulärer Zeltplatz

In der Rinne

In der Rinne

Schon der Weg vom Basislager zum Sattel auf 6197 Metern gestaltete sich schwierig. Die 700 Meter hohe, bis zu 60 Grad steile Schnee- und Eisrinne sei mit Seracs durchsetzt gewesen, erzählt Dujmovits, der als bisher einziger deutscher Bergsteiger alle 14 Achttausender bestiegen hat. Im zweiten Anlauf erreichten Nancy und Ralf den Sattel, „mit Blick auf Chogolisa, Masherbrum und Muztagh Tower, einer der spektakulärsten Orte, an denen ich je das Zelt aufgestellt habe.“

 

Keine Sicherung möglich

Ralf oberhalb des Lagers am Sattel

Ralf oberhalb des Lagers am Sattel

An dem Felsriegel darüber bissen sich die beiden dann jedoch die Zähne aus. „Wir hatten auf eine dickere Schnee- oder Eisauflage gehofft, um mehr eisklettern zu können“, berichtet Ralf. „Die marmorähnlichen, mit einer dünnen Schicht Zuckerschnee bedeckten Felsplatten boten keine Möglichkeit, selbst die dünnsten Messerhaken unterzubringen.“ Nach zwei vergeblichen Anläufen entschieden sich Dujmovits und Hansen schweren Herzens, ihren Versuch einer Erstbesteigung des Gasherbrum VI abzubrechen. „Es war spannend, Neuland zu betreten“, sagt Ralf. “Natürlich sind wir ein bisschen enttäuscht. Wir haben schließlich einiges an Zeit und Aufwand in das Projekt gesteckt.“

Nächstes Ziel: Praqpa Ri

Nancy Hansen (l.) und Ralf Dujmovits

Nancy Hansen (l.) und Ralf Dujmovits

Noch bleibt ihnen eine weitere Chance. Am Donnerstag brechen Ralf und Nancy ihr Basislager zu Füßen des Gasherbrum VI ab und verlegen es rund neun Stunden Fußmarsch entfernt in die Nähe des K 2. Dort wollen sie sich am Praqpa Ri versuchen, einem ebenfalls noch unbestiegenen Siebentausender, dessen Höhenangaben zwischen 7134 und 7152 Meter schwanken. „Dort werden wir mehr Eiskletterei vorfinden“, glaubt Dujmovits. Nach drei Nächten am Gasherbrum VI auf 6200 Metern seien Nancy und er jetzt gut akklimatisiert und gesundheitlich wohlauf. „Wir sind positiv gestimmt und hoffen, dass es dann am Praqpa Ri klappt.“

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Dujmovits: „Ziemlich von den Socken“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/dujmovits-ziemlich-von-den-socken/ Fri, 17 Jun 2016 10:36:17 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=32965 Blick vom Basislager auf den Gasherbrum VI

Blick vom Basislager auf den Gasherbrum VI

„Blöd, dass mir das gleich am Anfang passiert ist!“ Ralf Dujmovits, Deutschlands erfolgreichster Höhenbergsteiger, ärgert sich, dass er sich beim Trekking über den Baltoro-Gletscher erst eine Durchfall-Erkrankung und dann noch eine starke Erkältung zugezogen hat. „Es geht mir zwar schon besser, aber ich merke, dass mir noch die Leistung fehlt“, erzählt mir Ralf, als ich ihn während einer Erkundungstour am Satellitentelefon erreiche. Der 54-Jährige und seine Freundin, die 47 Jahre alte kanadische Bergsteigerin Nancy Hansen, sind in den Karakorum gereist, um sich an gleich zwei unbestiegenen Bergen zu versuchen: zunächst am Gasherbrum VI (die Höhenangabe schwankt zwischen 6973 und 7004 Meter), dann nicht weit entfernt am Praqpa Ri (auch hier gibt es noch keine exakte Höhenangabe: 7134 bzw. 7152 Meter). Die beiden haben inzwischen ihr Basislager zu Füßen des Gasherbrum VI bezogen.

Ralf, wie habt ihr Pakistan bisher erlebt? Nach wie vor gilt das Land ja als Risikogebiet.

Nancy Hansen (im Hintergrund der 7000er Masherbrum)

Nancy Hansen (im Hintergrund der 7000er Masherbrum)

Wir sind überall herzlich empfangen worden. Als wir in Skardu (Stadt im Norden Pakistans, Ausgangspunkt der meisten Expeditionen im Karakorum) ein Polo-Spiel besuchten, riefen uns die Leute „Welcome“ entgegen. Nancy war dort die einzige Frau am Platz. Auch die Träger haben uns überall willkommen geheißen. Ich empfinde die Situation als sehr friedlich. Überall herrscht große Euphorie, dass in diesem Jahr erstmals wieder knapp 30 Expeditionen gekommen sind.

Mehr als 100 Bergsteiger haben sich in diesem Sommer alleine für den K 2 angemeldet. Habt ihr von dem Andrang bei eurem Trekking über den Baltoro-Gletscher schon etwas mitbekommen?

Nein. Wir haben ungefähr 30 Träger getroffen, die schon Material zum K 2-Basislager trugen. Aber ansonsten haben wir von dem Auflauf, der am K 2 erwartet wird, nichts mitbekommen.

Die letzten Sommer im Karakorum waren sehr warm. Wie ist es jetzt?

Heute ist es wieder fantastisch schön. Es macht uns fast Angst, hier auf 5000 Metern in dieser Affenhitze zu sitzen. Wir hatten jetzt anderthalb Tage schlechtes Wetter. In der Nacht hat es vielleicht eine Stunde lang geschneit, ansonsten immer geregnet. Und das Anfang Juni auf 5000 Metern! Es ist einfach viel zu warm.

Die Gasherbrum-Gruppe

Die Gasherbrum-Gruppe

Ihr habt inzwischen einen Blick auf euer erstes Ziel geworfen, den Gasherbrum VI. Welchen Eindruck habt ihr?

Bis zum Sattel unterhalb der Südwand sieht es ganz gut aus, auch von der Schneebedeckung. Es sieht aus, als könnten wir auf der linken Seite des Eisfalls, der vom Baltoro-Gletscher in dieses kleine Hochtal hinaufführt, ganz gut durchkommen. Von diesem Tal geht es dann über eine 45, 50 Grad steile Flanke in den Sattel auf 6100 Meter. Aber wir waren ziemlich von den Socken, als wir sahen, was uns darüber erwartet: viel Felskletterei. Wir hatten eigentlich mit mehr Eiskletterei gerechnet. Es ist vor allem ein Felsriegel oberhalb des Sattels, der uns zu denken gibt. Er zieht sich über die ganze Südwand, in einigen Bereichen sogar leicht überhängend. Noch sehen wir nicht, wie wir dort herüberkommen können. Aber wir sehen auch noch nicht den gesamten Felsriegel ein. Vielleicht gibt es weiter rechts einen Durchschlupf. Alles, was ich sehe, präsentiert sich mit deutlich weniger Schnee und Eis, als ich es von meinen letzten Besuchen in Erinnerung habe.

Wollt ihr den Berg im Alpinstil angehen?

Wir hatten ursprünglich vor, uns am Snow Dome (einem Gipfel nahe dem Siebentausender Chogolisa) zu akklimatisieren. Aber bei diesen Verhältnissen werden wir uns wohl am Gasherbrum VI richtig vorarbeiten und oberhalb des Sattels wahrscheinlich auch ein paar Meter Fixseil anbringen müssen. Ich habe das Gefühl, dass wir unseren ersten Gipfel eher nicht im Alpinstil angehen werden. Das wird wohl nicht möglich sein, weil es sich dort oben um ziemlich anspruchsvolles Felsgelände handelt. Wir hatten eigentlich geplant, in einem Zug vom Sattel zum Gipfel durchzusteigen. Aber es sieht nicht so aus, dass man in einem Rutsch durchkommt.

Ralf Dujmovits (r., mit Ashraf Aman, Chef von Adventure Tours Pakistan)

Ralf Dujmovits (r., mit Ashraf Aman, Chef von Adventure Tours Pakistan)

Wie viel Zeit nehmt ihr euch für den Gasherbrum VI? Ihr wollt euch ja anschließend auch noch am Parqpa Ri versuchen, einem anderen unbestiegenen Siebentausender nahe dem K 2.

Wir wollten hier am Gasherbrum VI eigentlich Ende Juni fertig sein. Sollte es jedoch aus gesundheitlichen Gründen oder wegen der Schwierigkeiten oben länger dauern, wäre das überhaupt kein Problem. Wir haben ausreichend Zeitreserve, so dass wir hier auch ein paar Tage dranhängen könnten. Wenn du nur zu zweit unterwegs bist, kannst du es ganz flexibel handhaben.

Sind die beiden unbestiegenen Siebentausender als Ziele für euch gleichwertig oder habt ihr eine Präferenz?

Während der Planung war Nancy eher vom Parqpa Ri begeistert, ich etwas mehr vom Gasherbrum VI. Aber ich denke, die Ziele sind ziemlich gleichgewichtig. Wir haben Lust darauf. Vor allem Nancy, die gesundheitlich total gut beieinander ist, will jetzt etwas voranbringen. Ich bremse sie momentan noch ein bisschen ein. Aber die Euphorie für beide Gipfel ist da. Und wir haben genügend Zeit für beide Ziele.

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Dujmovits: „Jeder will der Erste auf dem Nanga Parbat sein“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/dujmovits-jeder-der-will-der-erste-auf-dem-nanga-parbat-sein/ Fri, 29 Jan 2016 14:16:38 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=31763 Ralf Dujmovits auf der ISPO

Ralf Dujmovits auf der ISPO

Auch Ralf Dujmovits gehört zu den vielen Bergsteigern, die schon einmal im Winter am Nanga Parbat gescheitert sind. Der erste und bisher einzige Deutsche, der alle 14 Achttausender bestieg, versuchte sich zur Jahreswende 2013/2014 an dem 8125 Meter hohen Berg in Pakistan, nachdem er sich zuvor am 6962 Meter hohen Aconcagua, dem höchsten Berg Südamerikas, akklimatisiert hatte. Ralf brach seine Expedition damals schnell ab, weil er das Eisschlag-Risiko auf der Messner-Route für zu groß hielt. Ich traf den 54-Jährigen diese Woche auf der Sportartikelmesse ISPO in München.

Ralf, im Augenblick ist richtig viel los am Nanga Parbat. Juckt es dich da nicht, auch noch einmal dorthin zu reisen?

Natürlich juckt es mich, aber ich weiß auch, wie kalt, hart und schwierig die Zeiten am Nanga Parbat sein können. Insofern bin ich ganz froh, dass ich den Winter im Süden beim Klettern genossen habe. [Ralf kehrte Mitte Januar mit seiner Partnerin, der kanadischen Kletterin Nancy Hansen, von einer Reise aus Südostasien zurück]. Trotz allem juckt es mich so sehr, dass wir überlegen, möglicherweise im kommenden Winter noch einmal dorthin zu gehen. Ich würde schon ganz gerne die Erfahrung, die ich am Nanga Parbat gesammelt habe, für eine – im Idealfall erfolgreiche – Winterbesteigung nutzen.

Dujmovits: Vielleicht im kommenden Winter

Aber ihr müsstet euch darauf einstellen, dass es voll wird. Man hat das Gefühl, dass der Nanga Parbat im Winter von Jahr zu Jahr für Profibergsteiger attraktiver wird. 

Das Ganze schaukelt sich hoch. Es sind mit dem K 2 und dem Nanga Parbat nur zwei Achttausender übrig, die noch nicht im Winter bestiegen wurden. Da wollen natürlich viele dabei sein. Ich denke, es ist gut, wenn man viel Erfahrung mitbringt, auch aus dem Sommer. Dann weiß man schon einmal, wo es lang geht und was auf einen zukommt. Insofern würde ich mir ausrechnen, gute Karten zu haben – wenn es von den Verhältnissen am Berg her passt.

Ralf im Januar 2014 am Nanga Parbat

Ralf im Januar 2014 am Nanga Parbat

Auch diesmal waren und sind schon viele erfahrene Bergsteiger dort, auch viele Nanga-Parbat-Erfahrene. Nehmen wir nur Tomek Mackiewicz, der sich bereits den sechsten Winter in Folge an dem Berg versucht hat, oder auch Simone Moro, ein sehr erfahrener Winterbergsteiger. Trotzdem beißen sich, wie es derzeit aussieht, wieder einmal alle die Zähne aus. Was macht den Nanga Parbat im Winter so schwierig?

Ich glaube, dass nach wie vor der Fehler gemacht wird, dass die Leute unzureichend akklimatisiert am Berg unterwegs sind. Es gab jetzt ein für den Winter relativ langes Gutwetterfenster, und wieder konnte es nicht genutzt werden. Einzelne, die sich zurzeit am Nanga Parbat versuchen, haben sich an 6000 Meter hohen Bergen gut vorakklimatisiert. Trotz allem glaube ich, dass nach wie vor die Akklimatisation nicht ausreichend ist, um schnellstmöglich aufsteigen zu können. Da liegt der Hund begraben. Wenn die seltenen Gutwetterfenster gebraucht werden, um sich weiter zu akklimatisieren, geht sehr viel wichtige Zeit verloren.

Dujmovits: Nicht ausreichend akklimatisiert

Ralf beim Abstieg von der Messner-Route

Ralf beim Abstieg von der Messner-Route

Es wird ja immer auch ein bisschen mit der Routenwahl experimentiert, diesmal mit Varianten der Schell-Route oder der Messner-Route. Auf welcher Route siehst du die besten Chancen?

Ich bin nach wie vor der Meinung, dass eine Winterbesteigung über die Rupal-Seite nicht möglich ist, weil man oben am Mazeno-Kamm rauskommt, der sehr weit weg vom Gipfel liegt. Man muss eine sehr lange Traverse Richtung Gipfeltrapez machen. Dort gibt es im Winter fast immer durchgängig Blankeis. Für diese Traverse in großer Höhe braucht man dann einfach zu viel Zeit. Wenn überhaupt, findet man den Erfolg auf der Diamir-Seite. Dort ist die Messner-Route, ganz auf der linken Seite der Diamir-Flanke, wahrscheinlich am vielversprechendsten. Oder die ganz klassische Kinshofer-Route, die aber mit Fixseilen abgesichert werden muss, weil sie in langen Bereichen sehr steil ist und damit im Winter Blankeis hat.

Du hast gesagt, du liebäugelst mit dem Gedanken, noch einmal im Winter zum Nanga Parbat zurückzukehren. Ist die Motivation raus, wenn es jetzt doch jemand schaffen sollte?

Natürlich wäre es für alle, die jetzt unterwegs sind, wahrscheinlich das Allergrößte, als Erster im Winter dort oben zu stehen. Man würde sich in die Tasche lügen, wenn man das leugnet. Ich war schon auf dem Gipfel des Nanga Parbat, ich kenne den Berg sehr gut, ich muss nicht unbedingt ein zweites Mal oben stehen. Wenn ich es noch einmal probieren würde, dann stünde das Ziel ganz klar im Vordergrund, es als Erster schaffen zu können. Wenn es in diesem Winter jemand packen sollte, würde ich wahrscheinlich nicht mehr hingehen.

Dujmovits: Nicht in die Tasche lügen

Stefan_Dujmovits_cHansenDann bliebe ja noch der K 2.

Ich glaube, ich bin über das Alter hinaus, um ihn im Winter in Angriff zu nehmen. Der K 2 ist noch einmal mindestens eine Dimension schwieriger als der Nanga Parbat. Und wenn sich schon so viele am Nanga Parbat die Zähne ausbeißen, glaube ich, dass es am K 2 noch viel, viel extremer wird.

Der Everest ist noch höher. Ist er für dich nun endgültig gestorben?

Ich habe mir für 2016 ein Everest-Ruhejahr verordnet. [Der Everest war 1992 der einzige Achttausender, an dem Ralf eine Atemmaske benutzte. Siebenmal versuchte er seitdem vergeblich, den höchsten Berg der Erde ohne Flaschensauerstoff zu besteigen.] Wir haben aber vor, 2017 noch einmal hinzufahren. Ich habe mir die Idee, den Everest ohne Flaschensauerstoff zu besteigen, immer noch nicht aus dem Kopf geschlagen.

Du machst eine Everest-Pause, hast aber doch sicher andere Ideen für dieses Jahr?

Ich habe noch andere Pläne. Es gibt noch unbestiegene Siebentausender. Einer davon steht in Pakistan. An dem würden wir uns gerne im Juni versuchen.

Du verrätst aber nicht, an welchem?

Nein, da lassen wir im Moment noch nichts raus.

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Stille, wo früher Trubel war https://blogs.dw.com/abenteuersport/erdbebengebiet-nepal-stille-wo-frueher-trubel-war/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/erdbebengebiet-nepal-stille-wo-frueher-trubel-war/#comments Sat, 09 May 2015 17:04:56 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=29453 Zerstörtes Haus in Sangachok

Zerstörtes Haus in Sangachok

Ralf Dujmovits ist erschüttert. „Ich habe selten so etwas Deprimierendes und Trauriges gesehen“, sagt Deutschlands erfolgreichster Höhenbergsteiger, als er mich aus Kathmandu anruft. Gerade ist er von einer ganztägigen Fahrt in die Region Sindhupalchowk, rund 80 Kilometer nordöstlich der Haupstadt, zurückgekehrt. In keinem Bezirk Nepals starben bei dem verheerenden Beben heute vor zwei Wochen mehr Menschen als in Sindhupalchowk. Mehr als 3000 Tote hat die Regierung dort bisher gezählt, über 7900 sind es in ganz Nepal.

Fast wieder normales Leben in Kathmandu

Am Durbar Square

Am Durbar Square

Ursprünglich hatte Ralf mit der Kanadierin Nancy Hansen in diesem Frühjahr den Mount Everest von der Nordseite aus ohne Flaschensauerstoff besteigen wollen, musste dann aber wie alle Everest-Anwärter in Tibet die Zelte abbrechen. Der 53-Jährige und seine Teampartnerin flogen nach Kathmandu, um sich ein Bild von den Schäden des Erdbebens zu machen. In der Hauptstadt laufe das Leben schon fast wieder normal, berichtet Ralf, „außer dass die Touristen fast gänzlich fehlen“. Stark beschädigt seien viele Tempelanlagen in der Innenstadt. „Eine traurige Stille liegt über dem Durbar Square, Staub hängt in der Luft, überall türmt sich der Schutt.“ Dennoch sei er überzeugt, dass „Kathmandu bald aus den Schlagzeilen heraus sein wird. Aber auf dem Land ist es ganz anders.“

Es riecht nach Verwesung

Sabina Parajuli mit Dorf-Kindern

Sabina Parajuli mit Dorf-Kindern

Ralf und Nancy hatten sich einem Team von Ärzten und Krankenschwestern des Siddhi Memorial Hospital in Bakhtapur sowie Mitarbeitern der deutschen Hilfsorganisation „Nepalhilfe Beilngries“ Helfern angeschlossen. Das Krankenhaus schickt alle zwei Tage solche Teams aufs Land, um dort Verletzte zu versorgen und Hilfsgüter zu verteilen. „Es war wirklich schockierend. Du fährst von einem zum nächsten Dorf, und alle sind zerstört. Ich schätze, 85 bis 95 Prozent der Häuser sind dem Erdboden gleich“, erzählt Ralf, der hörbar um Fassung ringt. „Es sieht verheerend aus. Wir haben einfach nur sprachlos dagestanden. Traurig, traurig.“

An diesem Tag leitete Sabina Parajuli das Team. Die junge Ärztin ging als Kind in Sangachok auf eine Schule, die von der „Nepalhilfe Beilngries“ finanziert wurde. „Sabina und die anderen Ärzte haben heute in Sangachok 300 Menschen medizinisch versorgt. Allein in Sabinas Heimatdorf sind 200 Menschen ums Leben gekommen. Das ist unvorstellbar hart“, sagt Ralf. „Es riecht teilweise sehr streng, weil viele tote Menschen und Tiere noch nicht aus den Trümmern geborgen werden konnten.“

Nur noch ein Schrotthaufen

Schule in Thulosirubari: Parterre zusammengesackt

Schule in Thulosirubari: Parterre zusammengesackt

Die Menschen in den zerstörten Dörfern seien traumatisiert: „Wo früher Trubel herrschte, ist es jetzt gespenstisch still. Die Menschen stehen einfach nur still dort und starren auf die Ruinen. Sie wissen gar nicht, wo sie anfangen sollen aufzuräumen“, berichtet Ralf. Von den Schulen der „Nepalhilfe Beilngries“, die er mit finanziert habe, sei nur jene im Dorf Irkhu „wie durch ein Wunder“ stehen geblieben. Dort habe jetzt die örtliche Polizei Quartier bezogen. „Alle anderen Schulen sind zusammengebrochen. An der großen Schule in Thulosirubari, die ich 2009 mit Gerlinde (Kaltenbrunner) eröffnen durfte, ist das untere Geschoss zusammengebrochen. Die oberen Stockwerke sind nach unten gesackt. Das, was mal eine Schule für 700 Kinder war, ist jetzt nur noch ein Schrotthaufen.“ Die Schule müsse wohl komplett abgerissen werden. Eigentlich hätten Nancy und er gedacht, sie könnten helfen, sagt Ralf. „Aber dafür reicht keine Schaufel, dort ist schweres Gerät nötig. Nepal wird auf Jahre hin auf Hilfe von außen angewiesen sein.“

P.S. Ralf Dujmovits bittet um Spenden für die Erdbebenopfer in Nepal: Nepalhilfe Beilngries, Volksbank Bayern Mitte eG, IBAN: DE05 7216 0818 0004 6227 07, SWIFT-BIC: GENODEF1INP, Kennwort: „Erdbeben“.

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Kostenloser Rückflug aus Tibet für alle Sherpas? https://blogs.dw.com/abenteuersport/kostenloser-rueckflug-fuer-alle-sherpas/ Mon, 04 May 2015 12:25:34 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=29347 Der Potala-Palast in Lhasa

Der Potala-Palast in Lhasa

China zeigt sein freundliches Gesicht. Für den 10. Mai plane die chinesische Regierung, „den gesamten Sherpas (also nicht nur den Hochträgern, sondern auch den Köchen und Küchenhelfern) einen kompletten Charterflug von Lhasa nach Kathmandu kostenlos zur Verfügung zu stellen“, schreibt mir Ralf Dujmovits und spricht von einer „großzügigen Geste“ – trotz  der zu erwartenden Propaganda der Chinesen. Der erfolgreichste deutsche Höhenbergsteiger ist inzwischen wie viele andere westliche Bergsteiger, die in Tibet auf Expedition waren, in Lhasa eingetroffen. „Die China Tibet Mountaineering Association (CTMA) trägt großzügig die Kosten für den Rücktransport nach Lhasa, Unterbringung und Verpflegung. Und sie kümmert sich um die Visaformalitäten der gesamten gestrandeten Bergsteiger an allen tibetischen Gipfeln“, berichtet der 53-Jährige. Der Landweg von Tibet nach Nepal ist neun Tage nach dem verheerenden Erdbeben blockiert. Chinesische Helfer versuchen seit gestern, vom nepalesischen Grenzort Kodari aus mit schwerem Gerät die Verbindungsstraße nach Kathmandu freizuräumen.

Zimmergroße Felsblöcke

Das ABC am Everest vor der Absage der Saison

Das ABC am Everest vor der Absage der Saison

Ursprünglich hatte Ralf zusammen mit der kanadischen Bergsteigerin Nancy Hansen den Everest von Norden aus ohne Flaschensauerstoff besteigen wollen. Als die Erde in Nepal bebte, waren die beiden gerade oberhalb des Chinese Base Camp auf etwas 5200 Metern unterwegs. „Wir rannten um unser Leben, als zimmergroße Felsblöcke von den über uns liegenden Moränenhängen zu uns herunter donnerten“, schreibt Ralf. Als die chinesischen Behörden schließlich vier Tage später alle Berge Tibets sperrten, weil sie die Gefahr weiterer Beben für zu groß erachteten, hielten sich Ralf und Nancy bereits im vorgeschobenen Basislager (ABC) auf 6400 Metern auf. Sie seien dann sofort zurückgekehrt. „Am ehesten beschreibt ‚Leere‘ meine und unsere Stimmung“, sagt Ralf. „Tausende Menschen sind auf beiden Seiten des Himalaya-Hauptkamms gestorben, Zehntausende sind obdachlos, und große Not und unüberschaubares Elend liegt vor den Überlebenden. Nancy und ich möchten kein einziges Wort der Enttäuschung äußern. Wir hatten Hoffnungen und Träume – und sind (auf der Everest-Nordseite) in erster Linie mit dem Leben davon gekommen.“ Dominik Müller, Chef des Expeditionsveranstalters Amical alpin, berichtet auf Facebook, dass am Samstag vom Nordsattel eine große Lawine abgegangen sei: „Es war richtig, alle Aktivitätan am Berg einzustellen.“

Noch immer viele Vermisste

Dujmovits und Hansen planen, von Lhasa aus nach Kathmandu zu fliegen. Ralf will sich im östlich der nepalesischen Hauptstadt gelegenenen Distrikt Sindhupalchowk ein Bild von der Lage zu machen. Er hatte dort zusammen mit der Nepalhilfe Beilngries vor einigen Jahren den Bau zweier Schulen auf den Weg gebracht. „Beide sollen schwer beschädigt oder zerstört sein“, schreibt Ralf. Das Erdbeben hatte diese Region, in der auch der Langtang-Nationalpark liegt, besonders schwer getroffen. Die Regierung hat dort bis heute bereits mehr 2800 Tote registriert. Mehrere hundert Menschen werden noch vermisst. Darunter sind zahlreiche Trekkingtouristen, auch aus Deutschland. Insgesamt stieg die Zahl der Toten auf über 7300.

P.S.: Auch die Nepalhilfe Beilngries hat ein Spendenkonto für die Lawinenopfer eingerichtet: Volksbank Bayern Mitte eG, IBAN: DE05 7216 0818 0004 6227 07, SWIFT-BIC: GENODEF1INP, Kennwort:„Erdbeben“.

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Dujmovits: „Ich will es für mich erreichen“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/interview-dujmovits-everest-2015/ Mon, 09 Feb 2015 15:34:34 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=28351 Ralf Dujmovits

Ralf Dujmovits

Noch immer steckt sein Lesezeichen im Buch Everest. Ralf Dujmovits hat als bislang einziger Deutscher alle 14 Achttausender bestiegen. Nur 1992 am Mount Everest griff Ralf zu Flaschensauerstoff. Das empfindet der 53-Jährige bis heute als Makel und will diese Scharte auswetzen. Zum nun schon siebten Mal will Ralf in diesem Frühjahr zum höchsten Berg der Erde reisen, zum vierten Mal auf die tibetische Nordseite. Im letzten Jahr hatte Dujmovits auf dem Nordostgrat eine Höhe von 8300 Metern erreicht. Anschließend hatte er sich über seine eigenen Fehler geärgert. Und so wurde aus dem von Ralf schon mehrmals angekündigten „definitiv letzten“ Versuch am Everest wieder einmal nur ein vorerst letzter. In diesem Jahr will er mit der kanadischen Kletterin Nancy Hansen ein Team bilden. Ich traf Ralf bei der ISPO in München und fragte ihn nach seinen Everest-Plänen:

Ralf und der Everest, eine unendliche Geschichte?

Unendlich nicht. Ich hatte ja letztes Jahr gesagt, dass 2014 definitiv mein letzter Versuch wäre. Aber es hat mich doch nicht in Ruhe gelassen, weil ich 2014 einfach nicht das Gefühl hatte, eine echte Chance bekommen zu haben. Ich will mir jetzt zumindest noch einmal eine Chance gönnen, bei der ich das Gefühl habe, alles geben zu können und nicht vom Wind weggeblasen zu werden. Wenn ich dann umdrehen müsste, wäre es eine andere Geschichte. Aber ich will zumindest Richtung Gipfel aufbrechen und mich noch einmal richtig ins Zeug legen.

Ralf Dujmovits: Noch mal ins Zeug legen

Aufstieg nach Lager 3 (2014)

Aufstieg nach Lager 3 (2014)

Du hast eine neue völlig neue Definition des Wortes „definitiv“ kreiert. Vermeidest du diesmal die Formulierung „der definitiv letzte Versuch“?

Ich habe gelernt, dass man niemals nie sagen soll. „Definitiv nicht mehr“, möchte ich diesmal nicht sagen. Ich bin im Moment so motiviert. Und ich spüre, dass ich mit intensivem Training noch mal so fit geworden bin, dass ich es ganz einfach nicht ausschließen möchte, selbst wenn es jetzt nicht hinhauen sollte. Aber man wird natürlich zurückhaltender und vorsichtiger. Ich glaube, das ist auch richtig so. Es muss einfach alles zusammenpassen und alles stimmen, dass man sich noch einmal zu so einem ganz großen Ziel aufmacht und dort auch wirklich eine echte Chance erhält.

Positiv formuliert, bist du Anfang 50, weniger positiv gesagt, näherst du dich schon Mitte 50. Fällt es einem da schwerer, sich auf ein so extremes Projekt vorzubereiten?

Ich bin nach wie vor sehr motiviert und tue mich überhaupt nicht schwer zu trainieren. Ich merke, dass ich das Training mit sehr viel Hirn angehen muss, ich darf in dieser Phase nicht allzu viele andere Sachen machen. Ich komme gerade aus der Antarktis (Ralf leitete eine kommerzielle Expedition zum Mount Vinson, dem höchsten Berg des weißen Kontinents). Das war zwar bergsportlich einigermaßen intensiv. Trotz allem hatte es natürlich nicht die Intensität wie ein gutes Training. Nach vier Wochen quasi Nichtstun in der Antarktis habe ich einen echten Trainingsrückstand. Insofern muss ich jetzt konsequent dranbleiben, um das Level zu erreichen, das ich mir an Fitness vorstelle für so eine Geschichte. Und ich will auch nur dann wieder aufbrechen, wenn ich das Gefühl habe, dass alles passt.

Ralf Dujmovits: Konsequent dranbleiben

Hast du das Gefühl, dass du heute deutlich schneller umdrehst, als du es früher getan hast?

Ich hänge vielleicht noch mehr an meinem Leben als früher. Ich weiß auch, all das Schöne neben dem Bergsteigen zu schätzen. Ich muss niemandem mehr etwas beweisen, sondern möchte es nur noch gerne für mich erreichen. Ich drehe inzwischen wahrscheinlich wirklich leichter um, weil ich überhaupt keinen Druck mehr habe. Ich möchte es für mich machen, aber auch immer wieder gut unten ankommen. Damit darf ich auch einfach sehr viel zurückhaltender sein.

Ralf Dujmovits: Ich mache es fuer mich

Im Everest-Hochlager

Im Everest-Hochlager

Den Everest hast du schon so oft kennengelernt, von diversen Seiten, in vielen Versuchen. Was genau hast du dir diesmal vorgenommen?

Ich habe mir vorgenommen, mich zunächst wirklich gut zu akklimatisieren, um dann bestens akklimatisiert Richtung Gipfel aufzubrechen. Auf welcher Route ich letztlich aufsteigen werde, nachdem wir uns am Nordgrat akklimatisiert haben, werde ich erst noch sehen. Es hängt von den Verhältnissen ab und davon, wie wir beieinander sind. Ich möchte gar nicht viel im Voraus erzählen. Ich denke, wenn ich mich gut fühle, kann ich auch eine andere Route als den Nordostgrat gehen, der unendlich lang dem Wind ausgesetzt ist. Aber das entscheide ich ganz zum Schluss.

Rechnest du damit, dass es in diesem Jahr auf der tibetischen Nordseite mehr Rummel gibt – aufgrund der Ereignisse auf der nepalesischen Südseite im letzten Jahr?

Ich habe sehr intensiv verfolgt, wer von den kommerziellen Anbietern wirklich auf die Nordseite wechselt. Eigentlich ist das nur der Veranstalter Alpenglow, der aber in den letzten Jahren immer nur sehr kleine Gruppen hatte. Ich gehe schon davon schon aus, dass einige Bergsteiger mehr dort sein werden. Aber es wird sicher nicht den großen Rummel geben, wie er früher schon einmal auf der Nordseite herrschte. Ganz einfach deshalb, weil es vor allem für die Amerikaner immer noch ungewiss bleibt, ob sie überhaupt nach China hereingelassen zu werden.

Aber du hast mit den Chinesen keine Probleme?

Ich habe insofern keine Probleme, dass ich dorthin nur zum Bergsteigen gehe und mich dann wieder vom Acker mache. Es gibt andere Dinge, über die man diskutieren kann. Ich will aber das Bergsteigen nicht mit etwas anderem vermischen.

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