Sergey Glazunov – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Latok I: Wie hoch kamen Gukov und Glazunov? https://blogs.dw.com/abenteuersport/latok-i-wie-hoch-kamen-gukov-und-glazunov/ Tue, 28 Aug 2018 13:48:58 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=41889

Aufstieg in den Nebel

Kein Foto, kein Video, keine GPS-Daten. Wo genau am Siebentausender Latok I im Karakorum die beiden Russen Alexander Gukov und Sergey Glazunov am Abend des 23. Juli ihren Aufstieg beendeten, lässt sich nicht eindeutig nachweisen. Der GPS-Tracker der beiden funktionierte nicht richtig. Die Mini-Kamera, mit der sie den Aufstieg dokumentiert hatten, trug Sergey bei sich, als er am 25. Juli tödlich abstürzte. Die Leiche des 26-Jährigen konnte nicht geborgen werden. Zwei Tage zuvor hatten die beiden Russen im Nebel ihren höchsten Punkt erreicht. „19 Uhr. Sergey kletterte eine kleine Spalte zwischen einem Felsen und einem schneebedeckten Serac hinauf. Ich stand zehn Meter unter ihm. Der Schnee steilte sich fast senkrecht auf“, erinnert sich Alexander auf „mountain.ru“, wo heute eine englische Übersetzung seiner Äußerungen veröffentlicht wurde.

„Ich fühlte nicht den Gipfel“

Die Versionen von Glazunov und Gukov

„Ich startete die Videoaufnahme und kommentierte, dass wir irgendwo hinaufkletterten. ‚Was meinst du mit irgendwo? Das ist der Latok I, Sanya“, schrie mir Sergey zu. ‚Hol mich nach!‘, rief ich zu ihm hoch. ‚Das ist unrealistisch, Sanya. Hier ist alles mit Schneepilzen bedeckt, und es geht überall senkrecht runter‘, antwortete Sergey und begann abzusteigen.“ Stand Sergey wirklich auf dem höchsten Punkt des Latok I auf 7145 Metern? Er zweifle daran, räumt Gukov ein: „Ich fühlte nicht den Gipfel, ich erinnere mich nicht an den Vorgipfel-Grat, wir standen nicht zusammen da oben, umarmten und freuten uns über den Gipfel, so wie ich es mir erträumt hatte“, schreibt Alexander auf „mountain.ru“. „Ich denke, es war die Spitze des Nordgrats, der ‚Westgipfel‘ des Latok I.“

Entweder Nordgrat-Spitze oder Hauptgipfel, sagt Gukov

Alexander Gukov (r.) und Sergey Glazunov (l.) vor ihrem Aufstieg

Ich frage bei dem 42-Jährigen nach, ob er überzeugt sei, dass er und Sergey den Nordgrat wirklich bis zu dessen Ende geklettert seien. „Natürlich bin ich sicher“, antwortet mir Gukov. Die einzige Alternative sei, dass es sich – wie Sergey annahm – bei dem höchsten Punkt ihres Anstiegs nicht um den höchsten Punkt des Nordgrats, sondern um den Hauptgipfel des Latok I gehandelt habe. Eigentlich, schreibt Alexander auf „mountain.ru“ weiter, „spielt es für mich gar keine Rolle, ob wir den 360 Meter langen Gipfelgrat geklettert sind oder nicht.“ Es sei eine gute Klettertour gewesen, so Gukov. Obwohl er und Sergey erstmals gemeinsam unterwegs gewesen seien, hätten sie als Team gut harmoniert.

Nach dem Absturz Glazunovs hatte Gukov fast eine Woche lang am Nordgrat auf 6200 Metern festgesessen, ehe er von einem pakistanischen Rettungshubschrauber am langen Seil aus der Wand geflogen worden war. Er war stark dehydriert und hatte Erfrierungen an den Füßen. „Ich erhole mich ziemlich schnell“, schreibt mir Alexander aus Russland. Weiter gute Besserung!

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Thomas Huber vor Expedition zum 7000er Latok I: „Komplex und schwierig“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/thomas-huber-vor-expedition-zum-7000er-latok-i-komplex-und-schwierig/ Wed, 01 Aug 2018 17:08:00 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=41679

Thomas Huber mit Rainer Treppte und Simon Gietl (v.l.n.r.)

Thomas Huber sitzt auf gepackten Expeditionstonnen. „Ich freue mich riesig auf die Expedition“, sagt der 51-Jährige. Der Ältere der beiden „Huberbuam“ bricht an diesem Samstag Richtung Pakistan auf. Thomas will sich an der Nordseite des 7145 Meter hohen Latok I versuchen – gemeinsam mit dem 33-jährigen Südtiroler Simon Gietl und dem 59 Jahre alten Kletter-Routinier Rainer Treppte, der aus Sachsen stammt und seit langem im Allgäu lebt. „Ich war mit ihnen schon am Berg“, sagt Huber über seine beiden Kletterpartner. Im vergangenen Frühjahr gelang dem Trio an der Großen Zinne in den Dolomiten die wohl erste Wiederholung der schwierigen Route „La Strada“, die 1988 von den Polen Piotr Edelman und Jan Fialkowski erstmals gemeistert worden war. „Wir harmonieren als Team wunderbar, und wir haben alle Möglichkeiten, so ein Ziel wie den Latok I anzugehen“, findet Thomas Huber. Ich habe mit ihm auch über das Drama an eben diesem Siebentausender im Karakorum gesprochen, das uns tagelang in Atem gehalten hat.

Thomas, gestern kam die erlösende Nachricht, dass der russische Bergsteiger Alexander Gukov vom Latok I-Nordgrat gerettet wurde. Wie hast du diese dramatische Geschichte erlebt?

Gukov gerettet – nach 19 Tagen am Berg

Ich habe mich jeden Tag über „mountain.ru“ informiert, was passiert. Ich habe auf gutes Wetter gehofft und die Wetterberichte studiert. Meine Gedanken waren immer bei Alexander Gukov auf dem Nordgrat. Natürlich ist das ein ganz eigenes Gefühl, wenn man weiß, dass man selbst bald an diesem Berg sein wird. Man hofft dann nur, dass es gut ausgeht. Man sollte aber auch nicht den tragischen Tod von Sergey Glazunov vergessen, der beim Abseilen in den Tod stürzte.

So etwas ist nie schön, wenn man wirklich für einen Berg brennt. Und für mich ist der Latok ja ein ganz besonderer Berg. Meine Karriere an den ganz hohen Bergen hat mit der Erstbegehung der Latok II-Westwand 1997 (zusammen mit seinem Bruder Alexander Huber, Toni Gutsch und dem US-Amerikaner Conrad Anker) begonnen. Und 21 Jahre später reise ich zum Latok I – an einen Berg, an dem gerade ein unglaubliches Drama passiert ist.

Nordwand des Latok I, rechts der Nordgrat

Reist du deswegen mit gemischten Gefühlen dorthin?

Es ist nicht ganz leicht. Ich bin jedoch im Augenblick erleichtert, dass die ganze Energie, die in die Rettung hineingesteckt wurde, am Ende belohnt wurde und dass Alexander lebendig und wohlbehalten vom Berg gebracht werden konnte. Ich glaube, für ihn war es eine Erlösung. Ich bin froh, dass wir, wenn alles gut läuft, erst in zweieinhalb Wochen unsere Zelte auf dem Choktoi-Gletscher aufschlagen werden. Damit vergeht noch ein bisschen Zeit, in der sich alles wieder ein bisschen beruhigen kann.

Warum seid ihr so spät in der Saison dran?

Ich glaube, dass es aufgrund der Klimaerwärmung besser ist, später zu fahren, weil der Berg dann sicherer ist. Nach allem, was ich von den Russen und auch den Slowenen gelesen habe, war es im Juli am Latok I extrem warm und damit auch extrem gefährlich. Alexander Gukov und Sergey Glazunov sind trotzdem aufgestiegen. Ich glaube, dass die Verhältnisse nicht optimal waren.

Ich muss allerdings sagen, dass ich mich über diese Expeditionen nicht großartig informiert habe. Ich bin lieber klettern gegangen. Ich wollte mich aus dem Geschehen am Latok I ausklinken, weil ich die Konkurrenzsituation gespürt habe. Ich bin froh, dass ich nicht zur selben Zeit am Berg war, weil definitiv alle Entscheidungen nicht mehr objektiv getroffen werden können, wenn andere Expeditionen am selben Berg, an derselben Route, mit demselben Ziel unterwegs sind. Ich freue mich darauf, dass wir alleine am Berg sein werden. Wie werden unsere Chance wahrnehmen oder auch erkennen, dass es zu gefährlich ist. Wir werden natürlich alles versuchen. Es macht mir Spaß, Herausforderungen anzunehmen, die unmöglich erscheinen. Aber ich werde auch akzeptieren, wenn das Risiko nicht kalkulierbar ist. Dann werde ich sagen: Okay, das muss nicht sein.

Thomas bricht wieder auf

Habt ihr euch schon festgelegt, ob ihr die Nordwand oder den Nordgrat versuchen wollt?

Nein. Ich habe ein Ziel, eine Idee. Aber der Berg wird dir immer wieder etwas Neues zeigen. Die Verhältnisse und das Wetter werden dir genau den einzigen Weg zeigen, der für dich möglich ist. Die ganze Nordseite ist so komplex und so schwierig. Wir werden sehen.

Du reist nach 2015 und 2016 nun schon zum dritten Mal innerhalb von vier Jahren zum Latok I. Hast du dich in diesen Berg verbissen?

Das habe ich noch nie gemacht, ich verbeiße mich nicht in einen Berg. Aber ich bin noch nie richtig am Latok I gescheitert, weil es immer schon im Vorfeld schief gegangen ist. Ich habe noch keinen einzigen Pickelschlag am Latok I gesetzt. Wenn ich mich an ihm versuchen darf und er mir zeigt, dass er zu schwierig für mich ist, dann habe ich mit diesem Berg einen Frieden geschlossen.

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Alexander Gukov vom Latok I gerettet https://blogs.dw.com/abenteuersport/alexander-gukov-vom-latok-i-gerettet/ Tue, 31 Jul 2018 06:52:30 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=41619

Alexander im Rettungshubschrauber

Gute Nachricht aus dem Karakorum:  Alexander Gukov ist gerettet. Der 42 Jahre alte russische Bergsteiger hatte fast eine Woche lang am Nordgrat des Siebentausenders Latok I auf 6200 Metern festgesessen, ohne Lebensmittel und ohne Ausrüstung. Bei endlich guter Sicht, jedoch starkem Wind, gelang es pakistanischen Hubschrauberpiloten, Alexander am langen Seil vom Berg zu holen.

 

Sicherung am Berg nicht gelöst

Rettung nahe dem Nordgrat

Zwei Helikopter waren im Einsatz. Nachdem die Piloten Gukovs orangefarbenes, schneebedecktes Zelt auf einem kleinen Felsvorsprung entdeckt hatten, versuchten sie, die Rettungsleine zu dem Bergsteiger hinabzulassen. Nach 15 Minuten gelang es Alexander, das Seil zu greifen und sich einzuklinken. Er vergaß jedoch, seine Sicherung am Berg zu lösen. Glücklicherweise gab der Haken nach einer Weile nach. Gukov wurde zunächst ins Basislager und nach der Erstversorgung weiter ins Militärkrankenhaus in der nordpakistanischen Stadt Skardu geflogen. In den vergangenen Tagen waren die Rettungshubschrauber insgesamt siebenmal aufgestiegen, hatten aber wegen dichter Wolken am Berg immer wieder unverrichteter Dinge zurückkehren müssen.

Erfrierungen an den Füßen

Erste Versorgung im Basislager

Gukov geht es offenbar den Umständen entsprechend gut. Er habe Erfrierungen an den Füßen und eine leichte Verletzung an der Brust durch den Transport mit der Rettungsleine, berichtet mountain.ru unter Berufung auf die Ärzte in Skardu. Außerdem sei Alexander stark dehydriert. „Ich war kurz davor zu halluzinieren“, wird Gukov zitiert. „Tag und Nacht gingen Lawinen ab. Ich dachte, sie würden mich nicht mehr retten. Ich hatte keine Kraft mehr, meine Füße aus dem Schnee auszugraben. Ich habe einfach nur noch dagelegen.“

Gukov war insgesamt 19 Tage lang am Berg. Sein 26 Jahre alter Seilpartner Sergey Glazunov war – wie berichtet – am Dienstag vergangener Woche beim Abseilen in den Tod gestürzt. Die beiden Russen hatten versucht, den Nordgrat des Latok I erstmals bis zum Gipfel auf 7145 Meter Höhe zu klettern. Offenbar waren sie auf einer Höhe von knapp 7000 Metern umgekehrt.

Seit dem legendären ersten Versuch 1978, als die US-Amerikaner Jeff und George Henry Lowe, Michael Kennedy und Jim Donini im Sturm rund 150 Meter unterhalb des Gipfels hatten umdrehen müssen, sind rund 30 Versuche gescheitert, die Route über den Nordgrat zu meistern.

2015 waren Gukov und sein Landsmann Aleksei Lonchinsky für ihre neue Route durch die Südwand des 6618 Meter hohen Thamserku in Nepal mit dem Piolet d’Or ausgezeichnet worden, dem „Oscar der Bergsteiger“.

P.S.: Dank an Anna Piunova von mountain.ru für die Informationen aus erster Hand in den vergangenen Tagen.

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Drama am Siebentausender Latok I in Pakistan https://blogs.dw.com/abenteuersport/drama-am-siebentausender-latok-i-in-pakistan/ Thu, 26 Jul 2018 20:04:00 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=41553

Gukovs Position am Nordgrat des Latok I (s. Pfeil)

Daumendrücken für Alexander Gukov! Nach Informationen von Anna Piunova von der Internetseite mountain.ru sitzt der 42 Jahre alte russische Bergsteiger am Nordgrat des 7145 Meter hohen Latok I im Karakorum auf einer Höhe von 6200 Metern fest. Gukov habe am Mittwoch einen Notruf  abgesetzt: „Ich brauche Hilfe. Ich muss evakuiert werden. Ich hänge ohne Ausrüstung in der Wand.“ Sein 26 Jahre alter Kletterpartner Sergey Glazunov sei beim Abseilen in den Tod gestürzt.  

Rettung am langen Seil?

Offenbar waren die beiden am Dienstag auf einer Höhe von knapp 7000 Metern umgekehrt. Wegen schlechten Wetters mit Regen und Schneefall konnte ein Rettungshubschrauber der pakistanischen Armee bisher noch nicht aufsteigen. Es soll versucht werden, Gukov am langen Seil vom Berg zu holen. Einige Bergsteiger haben angeboten, sich an der Rettungaktion zu beteiligen – darunter der Italiener Herve Barmasse und der Deutsche David Göttler, die sich in diesem Sommer an der Südwestwand des 7925 Meter hohen Gasherbrum IV versuchen. Sie müssten mit dem Hubschrauber zum Latok I geflogen werden.

Vor zwei Wochen aufgebrochen

Alexander Gukov (l., 2014 mit Aleksei Lonchinsky)

Am 12. Juli waren Gukov und Glazunov aufgebrochen, um den Nordgrat erstmals bis zum Gipfel zu klettern. Spitzenkletterer aus aller Welt haben sich an dieser Aufgabe schon die Zähne ausgebissen. Seit dem legendären ersten Versuch 1978, als die US-Amerikaner Jeff und George Henry Lowe, Michael Kennedy und Jim Donini  im Sturm rund 150 Meter unterhalb des Gipfels hatten umkehren müssen, sind rund 30 Versuche gescheitert, die Route zu meistern. Gukov hat in der Szene einen Namen. 2015 erhielt er mit seinem Landsmann Aleksei Lonchinsky  für ihre neue Route durch die Südwand des 6618 Meter hohen Thamserku in Nepal den Piolet d’Or, den „Oscar der Bergsteiger“.

Mit gebrochenen Knochen zurück aus der Nordwand

Andere Mitglieder  der russischen Expedition zum Latok I hatten versucht, die Nordwand zu durchklettern. Wegen Steinschlags waren sie umgekehrt. „Wir haben den Abstieg ins Basislager überlebt, aber Helm, Rippe und Knochen sind gebrochen“, meldete Victor Koval nach Russland. „Am Ende traf uns eine Lawine.“  Eine slowenische Expedition ist ebenfalls vor Ort, um die Nordwand anzugehen.  Die beiden deutschen Kletterer Thomas Huber (der ältere der beiden „Huberbuam“ – der jüngere, Alexander Huber, ist derzeit mit Fabian Buhl am 6166 Meter hohen Choktoi Ri unterwegs, ebenfalls im Karakorum) und Rainer Treppte sowie der Südtiroler Simon Gietl sitzen quasi auf gepackten Koffern. Auch ihr Ziel: die Nordwand des Latok I.

Update 27. Juli, 11 Uhr: Alexander Gukov hat sich erneut bei Anna gemeldet: „Verdammt! Wo kommen nur die ganzen Lawinen her? Ich kann mir nicht mal Wasser kochen.“ Inzwischen wird erwogen, den Bergsteiger vom Hubschrauber aus mit Material zu versorgen. Möglicherweise wäre Alexander dann noch in der Lage, selbstständig abzusteigen. Herve Barmasse schreibt aus dem Gasherbrum-Basislager: „Das schlechte Wetter setzt sich fort. Keine Chance zum Latok I zu fliegen.“

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