Shiva – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Pech für Siegrist und Schild am Shiva https://blogs.dw.com/abenteuersport/pech-fuer-siegrist-und-schild-am-shiva/ Tue, 13 Nov 2018 15:04:56 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=42711

Der 6142 Meter hohe Shiva in Nordindien

Shiva hat Ecken und Kanten. Zum einen ist er für die Hindus der Gott der Schöpfung. Doch er wird auch dafür gefürchtet, dass er alles kurz und klein schlägt, wenn ihm eine Laus über die Leber gelaufen ist. Ähnliches gilt auch für den gleichnamigen 6142 Meter hohen Berg im nordindischen Bundesstaat Himachal Pradesh. Mal lockt der Shiva mit seinen steilen Wänden und seiner schönen Form die besten Kletterer der Welt an, dann wiederum gibt er sich widerspenstig – wie in diesem Herbst die Schweizer Bergsteiger Stephan Siegrist und Jonas Schild sowie ihr Fotograf Dominic Fischer erfahren mussten. Siegrist, 45 Jahre alt, und der 26-jährige Schild hatten sich eigentlich vorgenommen, die Nordwand des Bergs zu durchsteigen. Doch irgendwie lief alles schief.

Im Schneckentempo

Jede Menge Schnee

Erst schlug das voraus gereiste indische Küchenteam das Basislager irrtümlich auf der Süd- statt auf der Nordseite des Shiva auf. Die Bergsteiger verloren Zeit, weil sie den Berg umrunden mussten, um an den Fuß der Shiva-Nordwand zu gelangen. Dann schlug das Wetter um. Tagelang schneite es bis hinunter auf 2500 Meter Meereshöhe. „Wir saßen fest“, schreibt Stephan Siegrist. „Durch 60 Zentimeter Neuschnee erreichten wir schließlich am 26. September doch noch einen Platz auf 3900 Metern,  geeignet für ein Basislager.“ Zwei Tage später starteten sie zum Wandfuß. „Teilweise einsinkend bis zur Hüfte, kämpften wir uns wie Schnecken in Richtung Einstieg des Nordpfeilers. Ohne Rucksäcke erreichten wir, unterhalb eines Seracs querend, am selben Tag noch eine Höhe von 5000 Metern. Wir fühlten uns gut.“ Doch wieder begann es zu schneien. Tagelang. Lawinen donnerten ins Tal.

„Sinnlos, gefährlich, spaßfrei“

Stephan Siegrist beim Rissklettern

Die Verhältnisse am Berg hätten sich täglich verschlechtert, berichtet Stephan. Schließlich zog das Team die Reißleine und gab seinen Plan auf, die Nordwand des Shiva zu durchsteigen. „Bei der Neuschneemenge wäre es alles andere als Bergsteigen gewesen, ein sinnloses, gefährliches und nicht spaßiges Gewühle im Schnee“, sagt Siegrist. Das Trio startete noch einen Versuch in Richtung des unbegangenen Shiva-Westgrats, doch auch dort dasselbe Bild: „Wieder versanken wir im Tiefschnee. Die nächsten zwei Stunden gruben wir uns langsam vorwärts, bis es klar wurde, dass es auch hier sinnlos war. Es war frustrierend.“ Die Schweizer brachen ihre Zelte ab. Ein kleines Trostpflaster gab es am Ende der Expedition doch noch. Im tiefer gelegenen Jobri-Nala-Tal meisterte Jonas Schild an einer Felswand einen 20 Meter langen fingerbreiten, überhängenden Riss (den er anschließend mit dem Grad 8a+ auf der französischen Schwierigkeitsskala bewertete). „Ich denke, es ist aktuell die härteste Riss-Kletterroute in Indien“, schreibt Jonas auf Facebook.

Piolet d’Or 2013 für Shiva-Route von Fowler und Rampsten

Der Shiva, der sich in diesem Herbst so widerspenstig zeigte, wurde 1988 von einer japanischen Frauenexpedition von Süden her auf einer einfacheren Route erstbestiegen. Zu dem Team gehörte auch Junko Tabei, die erste Frau auf dem Mount Everest. Im November 2012 meisterten die beiden Briten Mick Fowler und Paul Ramsden den extrem schwierigen Nordostgrat des Shiva. Dafür wurden sie 2013 mit dem Piolet d’Or ausgezeichnet, dem „Oscar der Bergsteiger“.

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Shivas Bug https://blogs.dw.com/abenteuersport/shivas-bug/ Mon, 19 Nov 2012 15:00:04 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=18135

Mick auf „Shivas Bug“

Mick mag keine Achttausender. Erstens herrscht ihm an diesen Prestigebergen zu viel Rummel. Und zweitens dauert eine solche Expedition einfach zu lange. Maximal vier Wochen gönnt sich Mick Fowler pro Jahr, um an den Bergen der Welt zu klettern. Schließlich verdient der Brite sein Geld als Steuerbeamter und hat nicht endlos Urlaub. Jetzt haben Mick und sein Kletterpartner Paul Ramsden in Indien eine neue anspruchsvolle Route eröffnet: Am 6142 Meter hohen Shiva im Bundesstaat Himachal Pradesh meisterten sie als Erste den Nordostgrat. „Ehrlich gesagt, kann ich mir nicht vorstellen, wie ihr das anstellen wollt“, hatte ihnen der russische Bergsteiger Andrej Muryshev mit auf den Weg gegeben, der vorher an dem Grat gescheitert war. Der Berg war 1988 von einer japanischen Frauenexpedition über eine leichtere Route von Süden her erstbestiegen worden. Zu dem Team hatte auch Junko Tabei gehört, die erste Frau auf dem Mount Everest.

Durchbeißen statt umkehren

Shiva (erinnert ans Matterhorn, oder?)

Mick und Paul brauchten neun Tage bis zum Gipfel und zurück. Anschließend bewerteten sie ihre neue Route „Prow of Shiva“ (Shivas Bug) mit ED +, was für „extrêmement difficile“, also extrem schwer plus ein bisschen steht. „Die Kletterei war ziemlich anspruchsvoll und der Ausgang offen, bis endlich die letzte überhängende Wand hinter uns lag“, berichtet Mick. Der 56 Jahre alte Engländer und sein Landsmann Paul Ramsden sind ein eingespieltes Team. „Wir haben beide eine Familie und einen Vollzeitjob. So sehr wir das Klettern auch lieben, es ist nicht das Einzige in unserem Leben“, beschreibt Mick die Gemeinsamkeiten. Auch als Bergsteiger ticken sie laut Fowler gleich: „Wir sind uns einig, dass auf einer schweren Route eben auch grimmige Bedingungen herrschen können und dass wir uns durchbeißen sollten – es sei denn, es gibt einen sehr triftigen Grund umzukehren.“ Auf das Konto der beiden gehen bereits einige spektakuläre Erstbegehungen. 2002 etwa durchstiegen Mick und Paul erstmals die Nordwand des 6250 Meter hohen Siguniang im Westen Chinas. Dafür erhielten sie den Piolet d’Or, den Oscar der Bergsteiger. 

Erste Bahnhofs-Winterbesteigung 

Mick (r.) und Paul auf dem Gipfel

Immer wieder sucht Mick nach Bergen wie dem Siguniang oder Shiva, 6000 bis 7000 Meter hoch. „Mein ideales Ziel ist eine technisch anspruchsvolle, sichere, auffällige Linie, die direkt zum Gipfel eines markanten Bergs führt. Der sollte in einem kulturell interessanten Gebiet liegen, das ich vorher noch nie besucht habe. Und am besten auch kein anderer Bergsteiger.“ Mit Einschränkungen galt das auch für Fowlers kuriose „ erste Winterbesteigung“ des Londoner Bahnhofs St Pancras, mit der es Mick vor einem Vierteljahrhundert sogar auf die Titelseite des „Daily Telegraph“ schaffte. Unter einem undichten Abflussrohr einer Bahnhofstoilette hatte sich ein 20 Meter hoher Eisfall gebildet. Als Sicherungspunkt am Boden musste eine Parkuhr herhalten. Mick und zwei Freunde kletterten den stinkenden Eisfall hinauf. „Oben war es schon ein bisschen unangenehm“, erinnert sich Mick. „Aber wir zogen es durch.“

P.S. Eine weitere spektakuläre Erstbegehung gelang in diesem Herbst den jungen Slowenen Nejc Marcic und Luka Strazar. Sie durchstiegen erstmals die Westwand des 7090 Meter hohen Janak Chuli, der in unmittelbarer Nachbarschaft des Achttausenders Kangchendzönga liegt. Die Slowenen waren in diesem Jahr für ihre Erstbegehung der K 7-Westwand im Karakorum mit dem Piolet d’Or ausgezeichnet worden.

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