Stephan Siegrist – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Pech für Siegrist und Schild am Shiva https://blogs.dw.com/abenteuersport/pech-fuer-siegrist-und-schild-am-shiva/ Tue, 13 Nov 2018 15:04:56 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=42711

Der 6142 Meter hohe Shiva in Nordindien

Shiva hat Ecken und Kanten. Zum einen ist er für die Hindus der Gott der Schöpfung. Doch er wird auch dafür gefürchtet, dass er alles kurz und klein schlägt, wenn ihm eine Laus über die Leber gelaufen ist. Ähnliches gilt auch für den gleichnamigen 6142 Meter hohen Berg im nordindischen Bundesstaat Himachal Pradesh. Mal lockt der Shiva mit seinen steilen Wänden und seiner schönen Form die besten Kletterer der Welt an, dann wiederum gibt er sich widerspenstig – wie in diesem Herbst die Schweizer Bergsteiger Stephan Siegrist und Jonas Schild sowie ihr Fotograf Dominic Fischer erfahren mussten. Siegrist, 45 Jahre alt, und der 26-jährige Schild hatten sich eigentlich vorgenommen, die Nordwand des Bergs zu durchsteigen. Doch irgendwie lief alles schief.

Im Schneckentempo

Jede Menge Schnee

Erst schlug das voraus gereiste indische Küchenteam das Basislager irrtümlich auf der Süd- statt auf der Nordseite des Shiva auf. Die Bergsteiger verloren Zeit, weil sie den Berg umrunden mussten, um an den Fuß der Shiva-Nordwand zu gelangen. Dann schlug das Wetter um. Tagelang schneite es bis hinunter auf 2500 Meter Meereshöhe. „Wir saßen fest“, schreibt Stephan Siegrist. „Durch 60 Zentimeter Neuschnee erreichten wir schließlich am 26. September doch noch einen Platz auf 3900 Metern,  geeignet für ein Basislager.“ Zwei Tage später starteten sie zum Wandfuß. „Teilweise einsinkend bis zur Hüfte, kämpften wir uns wie Schnecken in Richtung Einstieg des Nordpfeilers. Ohne Rucksäcke erreichten wir, unterhalb eines Seracs querend, am selben Tag noch eine Höhe von 5000 Metern. Wir fühlten uns gut.“ Doch wieder begann es zu schneien. Tagelang. Lawinen donnerten ins Tal.

„Sinnlos, gefährlich, spaßfrei“

Stephan Siegrist beim Rissklettern

Die Verhältnisse am Berg hätten sich täglich verschlechtert, berichtet Stephan. Schließlich zog das Team die Reißleine und gab seinen Plan auf, die Nordwand des Shiva zu durchsteigen. „Bei der Neuschneemenge wäre es alles andere als Bergsteigen gewesen, ein sinnloses, gefährliches und nicht spaßiges Gewühle im Schnee“, sagt Siegrist. Das Trio startete noch einen Versuch in Richtung des unbegangenen Shiva-Westgrats, doch auch dort dasselbe Bild: „Wieder versanken wir im Tiefschnee. Die nächsten zwei Stunden gruben wir uns langsam vorwärts, bis es klar wurde, dass es auch hier sinnlos war. Es war frustrierend.“ Die Schweizer brachen ihre Zelte ab. Ein kleines Trostpflaster gab es am Ende der Expedition doch noch. Im tiefer gelegenen Jobri-Nala-Tal meisterte Jonas Schild an einer Felswand einen 20 Meter langen fingerbreiten, überhängenden Riss (den er anschließend mit dem Grad 8a+ auf der französischen Schwierigkeitsskala bewertete). „Ich denke, es ist aktuell die härteste Riss-Kletterroute in Indien“, schreibt Jonas auf Facebook.

Piolet d’Or 2013 für Shiva-Route von Fowler und Rampsten

Der Shiva, der sich in diesem Herbst so widerspenstig zeigte, wurde 1988 von einer japanischen Frauenexpedition von Süden her auf einer einfacheren Route erstbestiegen. Zu dem Team gehörte auch Junko Tabei, die erste Frau auf dem Mount Everest. Im November 2012 meisterten die beiden Briten Mick Fowler und Paul Ramsden den extrem schwierigen Nordostgrat des Shiva. Dafür wurden sie 2013 mit dem Piolet d’Or ausgezeichnet, dem „Oscar der Bergsteiger“.

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Spektakuläre Erstbegehung am Cerro Kishtwar https://blogs.dw.com/abenteuersport/spektakulaere-erstbegehung-am-cerro-kishtwar/ Fri, 10 Nov 2017 08:00:31 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=38405

In der Nordwestwand

Auf den Bildern wirkt es fast, als seien sie in den legendären Granitwänden des El Capitan geklettert – wären da nicht der Schnee und die verfrorenen Gesichter. Die beiden Schweizer Stephan Siegrist und Julian Zanker sowie der Deutsche Thomas Huber haben Mitte Oktober erstmals die zentrale Nordwestwand des 6150 Meter hohen Cerro Kishtwar im indischen Teil der Unruheprovinz Kaschmir durchstiegen. Zwei Anläufe brauchten die drei Topkletterer, ehe sie am 14. Oktober den Gipfel erreichten. Es war überhaupt erst die vierte Besteigung des entlegenen Bergs. Insgesamt war das Trio zehn Tage in der extrem steilen, teilweise überhängenden Wand unterwegs – drei Tage beim ersten Versuch, sieben beim erfolgreichen zweiten.

Schwierig von Anfang bis Ende

„Die Wand hat meine Erwartungen mehr als erfüllt“, schwärmt Stephan Siegrist. „Eine Wand in der Höhe mit so homogenen Schwierigkeiten gibt es wohl kaum ein zweites Mal.“ Der 44 Jahre alte Schweizer hatte sich in die zentrale Nordwestwand verguckt, als ihm 2011 zusammen mit seinem Landsmann Denis Burdet und dem Österreicher David Lama die zweite Besteigung des Cerro Kishtwar über eine neue Route rechts der Wand geglückt war. 1993 hatten der Brite Mick Fowler und der US-Amerikaner Steve Susted den Sechstausender erstmals bestiegen. Im Jahr zuvor hatten sich die beiden Engländer Andy Perkins und Brendan Murphy an der Nordwestwand versucht, nach 17 Tagen aber rund 100 Meter unter dem Gipfel erschöpft aufgeben müssen.

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Wand unterschätzt

Die Route durch die Wand

Siegrist, Zanker und Huber stiegen am 1. Oktober erstmals in die Wand ein, mit dem Ziel, in fünf Tagen den höchsten Punkt zu erreichen. „Rückblickend kann man sagen, wir hatten den Berg, die Wand und unser Vorhaben unterschätzt“, berichtet Thomas Huber. Nach drei Tagen hätten sie „nicht einmal ein Drittel Wandhöhe erreicht“. Das Team, so der 50-Jährige, habe dann die Taktik überdacht: „Entweder wir reduzieren radikal unsere Essensrationen, oder wir setzen alles auf einen neuen Versuch. Wir haben uns für den Rückzug entschieden.“

Erfrierungen an den Zehen

Mit neuer Kraft und Motivation startete das Trio am 8. Oktober seinen zweiten Versuch. Das Wetter war stabil, aber alles andere gemütlich: Morgens wolkenlos, nachmittags Schneefall, Temperaturen bis zu minus 20 Grad Celsius. Die extremen Herausforderungen hinterließen Spuren bei den Kletterern: Stephan kämpfte mit einer Sehnenscheidenentzündung an der linken Hand, alle drei froren sich die Zehen an. „Julian und Thomas erwischte es dabei ziemlich stark. Das wird die beiden bestimmt noch länger beschäftigen“, sagt Siegrist.

Einzigartiger Gipfelmoment

Am Ziel: Stephan Siegrist, Julian Zanker, Thomas Huber (v.l.)

Als sie schließlich den Gipfel erreichten, sei dies, so Stephan, ein Moment gewesen, der „emotional jedem von uns tief unter die Haut ging.“ Das bestätigt auch Thomas Huber: „An dem Tag hatten wir, wie durch ein Wunder, bestes Wetter. Wir hatten fast das Gefühl, dass wir nicht alleine wären und wurden für all das, was wir durchgemacht haben, mit einem einzigartigen Moment belohnt. 500 Meter über uns zogen die Schleierwolken im Jetstream, und wir standen hier in der Sonne, bei Windstille. Wir wussten alle, dass wir es nur schaffen konnten, weil wir uns als mutige Gemeinschaft gefühlt haben!“

„Reiss di zam!“

Durchbeißen angesagt

Julian Zanker, der am Sonntag seinen 27. Geburtstag feiert, war der mit Abstand Jüngste im Team. Es sei für ihn „eine riesengroße Chance“ gewesen, mit den Routiniers Siegrist und Huber unterwegs sein zu dürfen, sagt Julian. „Für mich waren es sechs Wochen gefüllt mit schönen Momenten, neuen Erfahrungen und dazu noch einer wunderschönen neuen Linie an einem unglaublichen eindrucksvollen Berg.“ Die drei Kletterer tauften ihre Route nach dem Titel eines populären Hindu-Lieds „Har-Har Mahadev“, was laut Thomas Huber ins Bayrische übersetzt so viele heißt wie „Reiss di zam!“ (für alle Nicht-Bayern: Reiß dich zusammen!) Der Cerro Kishtwar habe sein Leben „mit einer wilden Geschichte bereichert“, bilanziert der ältere der beiden Huberbuam. Für Stephan Siegrist ist der Berg nach zwei Besteigungen auf neuen Routen jetzt abgearbeitet. „Doch Kaschmir allgemein ist für mich noch nicht abgeschlossen“, schiebt der Schweizer hinterher. Die entlegene Region bietet eben noch viele unberührte Gipfel und Wände. Wenn da nur nicht dieser endlos schwelende Konflikt zwischen Indien und Pakistan wäre.

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Spannender Versuch am Cerro Kishtwar https://blogs.dw.com/abenteuersport/spannender-versuch-am-cerro-kishtwar/ Wed, 27 Sep 2017 14:02:07 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=37977

Westwand des Cerro Kishtwar (© Stefan Schlumpf)

Seit drei Wochen sind sie unterwegs und dürften inzwischen am Ziel ihrer Expedition eingetroffen sein. Die Schweizer Bergsteiger Stephan Siegrist und Julian Zanker sowie der deutsche Top-Kletterer Thomas Huber haben sich vorgenommen, erstmals die Westwand des 6155 Meter hohen Cerro Kishtwar zu meistern. Der Berg, abgelegen im indischen Teil der Unruheprovinz Kaschmir, wurde erst dreimal bestiegen. Die Erstbesteigung gelang 1993 dem Briten Mick Fowler und dem US-Amerikaner Steve Susted über die Nordwestwand.  2011 standen Siegrist und sein Schweizer Landsmann Denis Burdet sowie der Österreicher David Lama als zweite Seilschaft auf dem Gipfel des Cerro Kishtwar, nachdem sie eine neue Route am Rand der Westwand eröffnet hatten. Die dritte Besteigung gelang 2015 den Slowenen Marko Prezelj und Urban Novak sowie dem Amerikaner Hayden Kennedy und dem Franzosen Manu Pellisier. Für ihre Erstbegehung der Südwand wurden sie mit dem Piolet d’Or, dem „Oscar der Bergsteiger“, ausgezeichnet.

Nicht mehr aus dem Kopf gegangen

Die Westwand, „die größte unbestiegene Felswand im Kashmir Himalaya“, sei ihm seit 2011 einfach nicht mehr aus dem Kopf gegangen, schrieb mir Stephan Siegrist vor der Abreise des Teams. „Wir sind damals eine Eisroute rechts der Hauptwand geklettert. Immer wieder habe ich diese geniale Wand betrachtet. Die Idee, diese Linie anzugehen, ließ mich nicht mehr los.“ Laut Stephan will das Trio versuchen, einige Seillängen frei zu klettern. Der 44-Jährige hat mit seiner Begeisterung auch Thomas Huber angesteckt. Der ältere der Huberbuam schwärmte mir gegenüber von „einer der schönsten, geilsten undurchstiegenen Wände der Welt“ mit bestem Granit: „Als ich Bilder von der Cerro-Kishtwar-Westwand gesehen habe, habe ich gesagt: Eigentlich ist das der zweite Cerro Torre “, sagte der 50-Jährige.

Thomas Huber: Der zweite Cerro Torre

Spürnase gefordert

Thomas Huber (l.) und Stephan Siegrist

Dritter im Bunde ist der Schweizer Kletterer und Bergführer Julian Zanker, der bereits im Herbst 2016 mit Siegrist im indischen Kashmir unterwegs war. Beide waren damals von der indischen Polizei vorübergehend festgesetzt worden, weil man ihnen fälschlicherweise vorwarf, ein Satellitentelefon benutzt zu haben. Die Benutzung privater Satellitengeräte ist in Indien wegen der Angst vor Terroranschlägen verboten. „Da muss man sich wieder auf die alte Spürnase verlassen, wie das Wetter wird. Das wird total spannend“, sagte Huber. „Wir haben uns eine Taktik zurechtgelegt und ich glaube, sie wird auch aufgehen.“ Er sei unglaublich gerne mit Stephan Siegrist unterwegs, so Thomas: „Stef ist ein unglaublich toller Seilpartner. Mit ihm hast du immer Spaß im Basislager und am Berg. Es gibt immer etwas zu lachen. Er weiß auch genau, wann es ernst wird. Und dann wird durchgezogen.“

Thomas Huber: Mit Stef hat man immer Spaß

„Lebe so intensiv wie möglich!“

Eine weniger erfreuliche Gemeinsamkeit verbindet Siegrist und Huber. Beide erlitten bei Abstürzen Schädelbrüche. Stephan musste wegen der Spätfolgen der Verletzung, die er vor einigen Jahren erlitt, 2013 einen Versuch am Achttausener Makalu abbrechen. Seitdem sucht er sich eher seine Ziele an schwierigen Sechstausendern. Thomas hatte sich Anfang Juli 2016 bei einem 16-Meter-Sturz im Berchtesgadener Land einen Schädelbruch zugezogen und war anschließend notoperiert worden. Bereits gut einen Monat später war er zu einer Siebentausender-Expedition nach Pakistan aufgebrochen. „Ich habe einfach dieses unfassbare Glück angenommen. Ich hinterfrage das nicht. Und dadurch geht es mir gut“, versicherte mir Thomas unlängst. „Ich habe jetzt keine Angst mehr vor meinem Tod. Das Wichtige ist vielmehr: Lebe jetzt, so gut, so intensiv und so schön wie möglich!“

Thomas Huber_Keine Angst mehr vor dem Tod

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Siegrist: „Nur das Schwierigste war Ueli gut genug“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/siegrist-nur-das-schwierigste-war-ueli-gut-genug/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/siegrist-nur-das-schwierigste-war-ueli-gut-genug/#comments Mon, 01 May 2017 14:22:53 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=36039

R.I.P., Ueli!

Die Bergsteigerszene ist noch immer wie paralysiert. So richtig begreifen kann es noch niemand, dass Ueli Steck nicht mehr unter uns ist. Der 40 Jahre alte Schweizer war gestern in unmittelbarer Nähe des Mount Everest tödlich abgestürzt. Seine Leiche wurde zu Füßen des Nuptse West gefunden und nach Kathmandu geflogen. Dort werden seine Frau, seine Eltern und weitere Verwandte erwartet. Nach Informationen der Zeitung „Himalayan Times“ soll Ueli in Nepal beigesetzt werden. Warum Steck abstürzte, wird wahrscheinlich niemals geklärt werden können. Schließlich war er wieder alleine unterwegs, um sich weiter auf die geplante Everest-Lhotse-Überschreitung vorzubereiten. Sein Teampartner Tenjing Sherpa hatte sich Erfrierungen zugezogen und Ueli nicht begleiten können.

„Wir hatten mehr als einmal Glück“

Ueli Steck

„Uns verband die gleiche Passion und unzählige gemeinsame Erlebnisse“, schreibt mir Stephan Siegrist. Der 44-jährige Schweizer lebt im selben Dorf wie Steck, in Ringgenberg am Brienzer See. Gerade in jungen Jahren waren die beiden häufig als Team unterwegs. „Wir haben viele Tage und Monate im In- und Ausland zusammen verbracht, manche Biwak-Nächte gemeinsam ‚durchfroren‘. Einige Erstbegehungen sind uns zusammen gelungen. Wir hatten auch mehr als einmal Glück, dass wir nicht gemeinsam abgestürzt sind.“

Inspirierender Ausnahmesportler

Stephan Siegrist

Ueli und er hätten „viele lustige Stunden beim Bergsteigen wie auch privat“ verbracht, erinnert sich Stephan. „Solche Erlebnisse und Seilschaften verbinden – auch wenn unsere Wege im Sport  über die Jahre andere Richtungen einschlugen. Auch waren wir nicht immer gleicher Meinung und verstanden den Alpinismus nicht immer gleich.“ Dennoch habe er Ueli „für sein kompromissloses Verfolgen eines Projekts, seinen Ehrgeiz und seinen Durchhaltewillen“ bewundert, sagt Siegrist. „Nur das Schwierigste war ihm gut genug – bis zum Schluss. Das machte seine Persönlichkeit als Bergsteiger aus. Er war ein inspirierender Ausnahmesportler.“

Göttler: „Auf ihn war hundertprozentig Verlass“

Ueli Steck (l.) und David Göttler (2016)

Das würde auch der deutsche Bergsteiger David Göttler unterschreiben. „Ich schätze mich glücklich, die letzten zwei Jahre mit Ueli immer wieder unterwegs gewesen zu sein und von seiner Art gelernt zu haben“, schreibt mir der 38-Jährige aus dem Basislager zu Füßen der Shishapangma-Südwand, durch die er gemeinsam mit dem 39 Jahre alten Italiener Hervé Barmasse eine neue Route eröffnen will. Im Frühjahr 2016 war David mit Ueli Steck an diesem Projekt gescheitert, weil das Wetter nicht mitgespielt hatte. Göttler, Barmasse und Steck hatten sich in diesem Februar mit einem Intensivtrainingslager im Khumbu-Gebiet gemeinsam auf ihre jeweiligen Expeditionen vorbereitet. „Ich verliere mit Ueli einen Freund und Seilpartner, auf den immer hundertprozentig Verlass war und mit dem ich noch viele gemeinsame Träume teilen wollte. Danke Ueli, für dieses kurze Stück gemeinsamen Wegs!“

Der Preis des Abenteuers

Für Oswald „Bulle“ Oelz, einen alten Weggefährten Reinhold Messners, ist Ueli Steck ein weiterer Freund, den er am Berg verloren hat. „Irgendwann einmal passiert es auch den Allerbesten“, sagte der 74 Jahre alte gebürtige Österreicher, der in der Schweiz lebt, dem Sender SRF. „Das ist der Preis des wirklichen Abenteuers. Da ist das tödliche Scheitern immer inbegriffen.“

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Roter Teppich für Jeff Lowe https://blogs.dw.com/abenteuersport/roter-teppich-fuer-jeff-lowe/ Thu, 09 Feb 2017 14:12:21 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=35037 Thomas Huber auf der ISPO

Thomas Huber auf der ISPO

Thomas Huber strahlt pure Lebensfreude aus. „Es geht mir so gut wie lange nicht mehr“, erzählt mir der 50 Jahre alte deutsche Topkletterer, als wir uns auf der Sportartikelmesse ISPO in München über den Weg laufen. Am 30. Dezember hatte der ältere der beiden Huberbuam für ein weiteres Glanzlicht seiner Karriere gesorgt: Mit den Schweizern Stephan Siegrist und Roger Schaeli gelang Thomas die erste Wiederholung der legendären Route „Metanoia“ mitten durch die Eiger-Nordwand: „Wie kann ein Jahr besser aufhören? Ich habe genau diesen Flow jetzt mitgenommen“, schwärmt Huber.

„Wow, es geht ja doch!“

Jeff Lowes legendäre Route "Metanoia"

Jeff Lowes legendäre Route „Metanoia“

2016 war ein extremes Jahr für ihn. Erst der 16-Meter-Sturz aus einer Felswand im Berchtesgadener Land, den er mit Riesenglück überlebte, bei dem er sich jedoch einen Schädelbruch zuzog. Dann die fast schon wundersame Turbo-Genesung. Die Reise nach Pakistan, um sich an der Nordwand des Siebentausenders Latok I zu versuchen, die erfolglose Rettungsaktion für die US-Kletterer Kyle Dempster und Scott Adamson am nahe gelegenen Ogre II, anschließend das Veto seiner Teampartner gegen einen Versuch am Latok. „Das waren alles schwierige Momente, die ich auch erst mal mental verarbeiten musste“, räumt Thomas ein. „Ich habe meinen Sturz akzeptiert und respektiert, dass ich dort einen Fehler gemacht habe. Ich habe mich auch reflektiert, dass ich einfach bewusster an die Sache herangehen muss. Vielleicht bin auch ich – wie Jeff Lowe – nach der Metanoia ein neuer Mensch geworden, weil ich sagen kann: Wow, es geht ja doch. Ich bin stark. Wir haben so viel Spaß gehabt, obwohl wir ganz schön an der Grenze waren.“

Seltene Krankheit

25 Jahre lang hatten sich Kletterer an der extremen Route, die Jeff Lowe im Winter 1991 solo und ohne Bohrhaken eröffnet hatte, die Zähne ausgebissen. Der US-Amerikaner war in einer Lebenskrise zur Eiger-Nordwand gekommen. „Ich bin mir nicht sicher, ob er noch nach Hause wollte“, sagt Roger Schaeli im Video zur Zweitbegehung.

Nicht umsonst taufte Lowe seine Route „Metanoia“, übersetzt „Buße“. Heute sitzt der Kletterpionier, dem in seiner Karriere mehr als 1000 Erstbegehungen gelangen, im Rollstuhl. Der 66-Jährige leidet an einer seltenen, noch unheilbaren Krankheit, die in ihren Symptomen an Multiple Sklerose oder ALS erinnert. Thomas Huber hatte vor seiner Expedition zum Latok I Jeff Lowe besucht. Lowe hatte 1978 zu einer Viererseilschaft gehört, die über den Nordgrat des Latok I bis knapp unter den 7145 Meter hohen Gipfel gestiegen war, ehe ein Sturm sie zurückgeschlagen hatte. 22 Tage nach dem Aufbruch war das Quartett völlig erschöpft ins Basislager zurückgekehrt.

Ehrfurcht und Dankbarkeit

Huber, Schaeli und Siegrist (v.l.)

Huber, Schaeli und Siegrist (v.l.)

„Ich habe Jeff kennengelernt und gesehen, wie er an seinen Rollstuhl gefesselt ist“, erzählt Thomas. „Da habe ich ganz genau gewusst, ich möchte seine Route Metanoia wiederholen. Ich möchte ihm einen roten Teppich hinlegen können, um ihm sagen zu können: Hej, Junge, was du damals geleistet hast, war der Hammer!“ Lowes Route sei nach den vielen über die Jahre gescheiterten Versuchen, sie zu wiederholen, ein „Mysterium“ geworden, sagt Thomas. „Irgendwann hieß es: Metanoia, verrückt, schräg.“ Neun Tage hatte der US-Amerikaner in der Wand gebracht. Huber, Siegrist und Schaeli benötigten im zweiten Anlauf zwei Tage, um die Route zu wiederholen. „Wir waren zu dritt, Jeff war damals alleine. Ich habe mir bei jeder Seillänge, die ich als Seilerster geführt habe, vorgestellt, wie es sein muss, hier alleine unterwegs zu sein. Mental ist man da total beansprucht. Dass er das durchgezogen hat!“, wundert sich Thomas. „Ich bin mit wahnsinnig viel Ehrfurcht aus der Route ausgestiegen – und auch mit Dankbarkeit: Dass ich nach wie vor leben darf.“

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Rekord-Highline am Kilimandscharo https://blogs.dw.com/abenteuersport/rekord-highline-am-kilimandscharo/ Thu, 28 Jul 2016 10:49:23 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=33308 Siegrist auf der Highline am "Kili" (© visualimpact.ch/Thomas Senf)

Siegrist auf der Highline am „Kili“

„Eine 20- oder 30-Meter-Highline ist von der Sicherheit her vergleichbar mit dem Klettern im sechsten oder siebten Schwierigkeitsgrad“, hat mir einmal Heinz Zak verraten. Der Extremkletterer, Fotograf und Filmemacher aus Österreich gilt als Slackline-Pionier in Europa und ist ein ausgewiesener Experte für Balancieren in luftiger Höhe. Das Highlinen erfreut sich in der Kletterszene großer Beliebtheit – auch beim Schweizer Topkletterer Stephan Siegrist.  Der 43-Jährige stellte jetzt einen Höhen-Weltrekord auf – höchstwahrscheinlich, denn Rekordlisten werden noch nicht geführt. Am Kilimandscharo, dem höchsten Berg Afrikas, spannte Stephan eine 21 Meter lange Highline auf einer Meereshöhe von 5700 Metern zwischen zwei Felstürme oberhalb des „Arrow Glacier Camps“ und balancierte in gut 150 Metern Höhe über die Leine. Bisher galt der Ungar Bence Kerekes als Rekordhalter, der 2015 im indischen Ladakh auf gut 5300 Metern eine Highline überquert hatte. 

Siegrist Kilmandscharo IISchwierig, die Balance zu finden

Das Balancieren in dünner Luft sei eine besondere Herausforderung, sagt Siegrist, der seine Highlines bisher an Schweizer Bergen wie dem Matterhorn (2012) oder der Dufourspitze (2013) gespannt hatte: „Trotz Akklimatisation war es schwierig, das Gleichgewicht zu finden. In dieser Höhe geht alles langsamer. Das gilt anscheinend auch für die Balance.“ Es sei besonders anstrengend gewesen, mit einem Bein aufzustehen, um die Überquerung überhaupt beginnen zu können. „Interessant war auch zu sehen“, so Stephan, „wie die Highline auf die kleinste Anspannung reagiert hat. Wenn ich nicht ganz locker bin, wird das Band sofort nervös.“

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Siegrist: „Abenteuer, verbunden mit Leistung“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/siegrist-abenteuer-verbunden-mit-leistung/ Fri, 06 Nov 2015 10:16:49 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=31095 Stephan Siegrist

Stephan Siegrist

Da sage einer, es gebe nichts mehr zu entdecken. Die Schweizer Bergsteiger Stephan Siegrist, Dres Abegglen und Thomas Senf haben in diesem Herbst bei ihrer Expedition in Nordindien gleich drei knapp unter 6000 Meter hohe, formschöne Berge erstbestiegen: den Bhala (auch „Spear“, also Speer genannt, 5900 Meter), den Tupendeo (5700 Meter) und den Te (übersetzt „Kristall“, 5900 Meter), jeweils auf anspruchsvollen Routen. Das indische Kaschmir gilt noch immer als Geheimtipp unter Bergsteigern. Wegen des Konflikts mit Pakistan war die Bergregion lange für ausländische Besucher gesperrt, erst 2003 wurde sie wieder geöffnet. „Man hat das Gebiet schlicht ein bisschen vergessen“, erzählt mir Stephan Siegrist. Der 42-Jährige Spitzenbergsteiger hat sich in den letzten Jahren fast schon zum Kaschmir-Experten gemausert.

Stephan, drei Erstbesteigungen bei einer einzigen Expedition, das können nicht viele Bergsteiger von sich behaupten. Hattet ihr einfach einen Lauf?

Die Motivation war wirklich sehr hoch. Die ersten zwei Gipfel gelangen uns relativ schnell. Es ist ein großer Vorteil, dass die Akklimatisationsphase bei Höhen bis 6000 Meter wesentlich kürzer ist, sogar eigentlich fast ausfällt. Das Wetter hat auch mitgespielt.

Der "Kristall" mit dem markanten Nebelgipfel

Der „Kristall“ mit dem markanten Nebelgipfel

Wie kam es, dass ihr gleich drei Berge angegangen seid?

Zuerst haben wir den Spear bestiegen, von dem wir von der Nordseite aus ein Bild hatten. Er war technisch wesentlich einfacher, als wir uns das vorgestellt hatten. Dann wollten wir auch gerne auf dem Tupendeo stehen. Wir hatten noch Zeit, das Wetter war gut. Also haben wir es drei Tage später versucht und hatten Erfolg. Es stellte sich heraus, dass es genau der Berg war, der uns im letzten Jahr, als wir am Kishtwar Shivling waren, aufgefallen war und den wir von dort aus fotografiert hatten. Nach diesen zweieinhalb Wochen endete das gute Wetter und es schneite eine Woche lang. Aber wir hatten immer noch Zeit, wir hatten uns für die Expedition sechs Wochen frei genommen. Weiter hinten im Tal gab es noch einen weiteren sehr ästhetischen, markanten Berg, den „Kristall“. Unser vorrangiges Ziel war nicht der Hauptgipfel, sondern eben dieser Kristall. Der hat von allen Seiten steilen Fels, bis oben dann der Schneegipfel kommt. Wir haben diesen Gipfel bestiegen, anschließend abgeseilt und dann erst den Hauptgipfel bestiegen.

Siegrist, Senf und Abegglen (v.l.)

Siegrist, Senf und Abegglen (v.l.)

Das klingt nach echtem Abenteuer. Habt ihr euch auch als Entdecker gefühlt?

Ja, genau daran sind wir drei interessiert. Es geht uns nicht nur um die Leistung, sondern auch um das Abenteuer, das Erlebnis. Wir haben nicht nach den möglichst einfachen Routen gesucht, es hätte durchaus einfachere gegeben. Wir wollten uns auch testen. Dann kann es auch mal passieren sein, dass es in die Hose geht. Ich denke, wir sind eher auf der Entdeckerschiene, wo es auch noch Leistung dazu braucht.

Es gibt in dem abgeschiedenen Tal nur ein Dorf. Ich nehme an, dass dort nicht allzu häufig westliche Bergsteiger auftauchen. Wie haben euch die Menschen aufgenommen?

Das Abenteuererlebnis ist an Orten wie dort im Dorf Kaban noch sehr ausgeprägt. Vor allem die Kinder sehen ja wahrscheinlich zum ersten Mal überhaupt solche Westler mit komischer Kleidung und Ausrüstung. Wir versuchen, uns immer ausreichend Zeit für diese Kontakte zu nehmen. Wir hatten einen Verbindungsoffizier mit dabei, der ihre Sprache spricht. Die Leute sind extrem hilfsbereit. Du wirst sofort eingeladen, im Dorf zu essen und zu schlafen. Die Menschen interessieren sich auch dafür, was du machst. Sie können aber nicht ganz nachvollziehen, warum du jetzt auf diesen oder jenen Gipfel steigen willst.

Stephan in Aktion

Stephan in Aktion

Ihr wart ja im indischen Kashmir unterwegs, einer Gegend, die sicher auch deshalb so verlassen ist, weil es sich um ein politisches Konfliktgebiet handelt. Habt ihr euch keine Sorgen um eure Sicherheit gemacht?

Ich war jetzt seit 2011 schon zum dritten Mal in der Region. Es gibt dort die drei Religionsrichtungen, die alle in ihren jeweiligen Tälern absolut friedlich leben. Auf unserer Rückfahrt hat es jedoch wieder einen Konflikt zwischen Moslems und Hindus gegeben. Du musst einfach wissen, dass du in einer nicht ganz stabilen Region unterwegs bist. Wenn du dich nicht arrogant, sondern ganz normal und zurückhaltend verhältst, kannst du davon ausgehen, dass du als Besucher aus dem Westen und Christ nicht davon betroffen bist. Aber es ist nicht mehr wirklich gefährlich. Da ist es in Kathmandu nicht weniger gefährlich. Ich würde sogar mit meiner Familie dorthin fahren.

Im letzten Jahr habt ihr das Ziel für dieses Jahr ausgeguckt. Habt ihr denn schon ein neues Ziel für 2016 entdeckt?

Es gibt im Norden noch sehr interessante Berge.

Daraus schließe ich, dass du nicht zum letzten Mal dort warst.

(Lacht) Das ist sehr gut möglich.

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