Verbindungsoffiziere – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Achtung, Fixseil-Schmarotzer! https://blogs.dw.com/abenteuersport/achtung-fixseil-schmarotzer/ Thu, 29 Jun 2017 12:30:13 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=36867

Basislager am K 2

Dicke Luft in den Basislagern am K 2 und dem benachbarten Achttausender Broad Peak. „Ich bin überrascht, hier Bergsteiger ohne Seile zu sehen“, schreibt Mingma Gyalje Sherpa, der Chef des nepalesischen Expeditionsveranstalters Dreamers Destination aus dem Basislager zu Füßen des K 2, des zweithöchsten Bergs der Erde. Allein auf der Normalroute über den Abruzzi-Sporn seien drei Teams ohne Seile unterwegs. „Wenn das die Art und Weise ist, wie sich Bergsteiger dem K 2 nähern, können wir damit rechnen, dass sich die Ereignisse von 2008 wiederholen“, sagt der 31 Jahre alte Nepalese. Damals waren bei einem regelrechten Massenansturm auf den 8611 Meter hohen Gipfel des K 2 elf Bergsteiger aus sieben Nationen ums Leben gekommen.

Mingma hat sich mit dem österreichischen Veranstalter Lukas Furtenbach geeinigt, dass Dreamers Destination die Fixseile auf der Abruzzi-Route am K 2 anbringt und Furtenbach Adventures jene auf der Normalroute am 8051 Meter hohen Broad Peak, um die Seile anschließend wechselseitig zu nutzen. Auch der Furtenbach ist stinksauer, dass sich andere Teams weder an den Arbeiten, die Route zu sichern, noch an den Kosten beteiligen.

„Unfair und Betrug“

Broad Peak

„Ich finde es, gelinde gesagt, absolut untragbar, unvorbereitet nach den großen kommerziellen Teams anzureisen, deren Fixseile zu nutzen und dann nicht die Fairness mitzubringen, einen Beitrag dazu zu leisten“ schreibt mir Lukas. „Diese Teams/Bergsteiger müssten zum Großteil wieder abreisen ohne Fixseile, weil sie den Berg nicht im Alpinstil besteigen können. Das ist Schmarotzen. Es ist unfair und Betrug.“ Sein pakistanischer Verbindungsoffizier habe mit den Offizieren der anderen Teams über das Problem gesprochen, jedoch ohne Erfolg, schreibt Lukas. Der 39-Jährige droht, die Teams öffentlich zu benennen, sollten sie sich bis zuletzt weigern, ihren Beitrag zu leisten und trotzdem die Fixseile nutzen. Auch nicht gut zu sprechen ist Furtenbach auf die selbsternannten „Profis“, sie sich von den kommerziellen Kunden absetzen wollen: „Zwei Amerikaner sagen, sie gehen mit ihrem 40-Meter-Seil im Alpinstil und zahlen nichts. Im gleichen Atemzug erklären sie, dass sie unsere Seile verwenden werden, wenn es nötig ist.“

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Schlechtes Bergmanagement in Nepal https://blogs.dw.com/abenteuersport/schlechtes-bergmanagement-in-nepal/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/schlechtes-bergmanagement-in-nepal/#comments Tue, 06 Dec 2016 14:39:36 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=34375 Berg im Gokyo-Tal

Berg im Gokyo-Tal

Einfach losziehen geht nicht. Wer in Nepal Berge besteigen will, sollte sich vorher genau über die Regeln informieren, sonst könnte er eine böse Überraschung erleben. Wie die drei spanischen Bergsteiger, die jüngst zwei neue Routen an Sechstausendern eröffneten. Sie waren ohne Permit unterwegs, die Behörden ermitteln jetzt. Eine saftige Geldbuße und eine 10-jährige Sperre fürs Bergsteigen in dem Himalayastaat drohen. Mein Mitleid hält sich in Grenzen. Die Begründung der Spanier („Wir sind keine Piraten, wir  haben doch schließlich unser Geld in Nepal gelassen“) finde ich fadenscheinig. Folgt man dieser Argumentation, könnte man weltweit jede Nationalparkgebühr prellen. Nichtsdestotrotz gibt es seit langem einige Baustellen im nepalesischen „Bergmanagement“, die angeblich immer wieder bearbeitet werden, an deren Zustand sich aber nichts ändert.

Verbindungsoffiziere ohne Verbindung

Ama Dablam

Ama Dablam

So ist das bisher praktizierte System der Verbindungsoffiziere extrem reformbedürftig, um nicht zu sagen, es gehört in der aktuellen Form schlicht abgeschafft. „Wenn 15, 16 oder vielleicht 17 Expeditionen am gleichen Berg allesamt für Verbindungsoffiziere Geld hingelegt haben und nicht einer von diesen vor Ort ist, dann wirkt das einfach wie eine Gaunerei und grenzt an Betrug”, ereifert sich der britische Expeditionsleiter Tim Mosedale via Facebook nach seiner Ama-Dablam-Expedition in diesem Herbst. Damit nicht genug, habe seine Verbindungsoffizierin dann auch noch beim De-Briefing im Anschluss an die Expedition mehr Geld verlangt. Erst als er mit einer formellen Beschwerde gedroht habe, so Mosedale, habe sie die nötigen Formulare abgezeichnet. Der Expeditionsleiter war auch deshalb besonders empört, weil aus seinem Team – wie berichtet – Lhakpa Thundu Sherpa durch Eisschlag ums Leben gekommen und ein weiterer Bergsteiger verletzt worden war: „Selbst wenn die Verbindungsoffizierin da gewesen wäre, als wir die komplexe Rettungs- und Bergungsaktion auf die Beine stellten, wäre sie garantiert keine Hilfe gewesen.“ Seit Monaten liegt ein Vorschlag des nepalesischen Bergsteigerverbands NMA auf dem Tisch. „Wir haben der Regierung vorgeschlagen, künftig nur noch einen Verbindungsoffizier pro Berg zu entsenden und nicht mehr 30 bis 40 wie bisher am Everest oder anderen Bergen“, sagte mir kürzlich NMA-Präsident Ang Tshering Sherpa.

Falsche Koordinaten, falsche Namen

Eine weitere große Baustelle ist die Freigabe angeblich oder wirklich noch nicht bestiegener Berge in Nepal. Im Frühjahr 2014 hatte die Regierung in Kathmandu eine Liste mit 104 Bergen veröffentlicht, die nun zur Erstbesteigung freigegeben seien. Es stellte sich heraus, dass die angegebenen Satellitenkoordinaten teilweise fehlerhaft oder ungenau waren. Zudem entpuppte sich etwa die vermeintliche Erstbesteigung eines Sechstausenders im Rolwaling-Tal in diesem Herbst als Wiederholung, weil der Berg zuvor unter einem anderen Namen geführt worden war.

Keine Kontinuität

Berg im Khumbu

Berg im Khumbu

Darüber hinaus gibt es in Nepal noch jede Menge Berge, die noch gar nicht auf den offiziellen Listen als mögliche Ziele für Bergsteiger erfasst wurden. Entdeckst du einen solchen namenlosen Berg für dich und möchtest ihn erstmals besteigen, wird es richtig schwierig. Im Tourismusministerium gibt es dafür kein geregeltes Verfahren, um Permits zu erlangen. Was der eine Sachbearbeiter zugesagt hat, kann der nächste widerrufen. Solche Fälle hat es bereits gegeben. Sie werden sicher auch weiterhin vorkommen, berücksichtigt man, wie häufig in Nepal derzeit die Regierungen wechseln. Das derzeitige Kabinett ist bereits das siebte seit Anfang 2011.
Vor diesem Hintergrund ist auch die Tatsache kaum verwunderlich, dass die überfällige Reform der im so genannten „Tourism Act“ festgeschriebenen Regeln für Expeditionen (die dann natürlich auch für den Mount Everest gelten würden) weiter auf sich warten lässt. Alljährlich wird verkündet, dass die Beratungen begonnen hätten. In der Regel folgt darauf nichts – oder der nächste Regierungswechsel.

Verfahren vereinfachen

Was könnte helfen? In einem ersten Schritt sollte der bürokratische Wust entschlackt werden. Ein expeditionserfahrener österreichischer Bergsteiger, mit dem ich mich über das Problem austauschte, schlug beispielsweise vor, die „Logik umzudrehen“: An die Stelle der Liste von Bergen in Nepal, die bestiegen werden dürfen, könnte eine „Black List“ treten, auf der nur noch die verbotenen Gipfel verzeichnet sind. Alle anderen wären dann freigegeben, und die Permits könnten – wie jetzt – mit nach Gipfelhöhe gestaffelten Preisen erteilt werden. Will man einheitliche und dauerhafte Verfahren, würde es auch durchaus Sinn machen, die NMA damit zu beauftragen, alle Permits für Expeditionen in Nepal auszustellen. Bisher ist sie nur für Expeditionen auf Berge bis 6600 Meter Höhe zuständig. Die höheren Gipfel werden vom Tourismusministerium verwaltet. Mit den beschriebenen Folgen.

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Ang Tshering Sherpa: „Billiganbieter verderben die Branche“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/ang-tshering-sherpa-billiganbieter-verderben-die-branche/ Sat, 15 Oct 2016 21:00:14 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=33965 Ang Tshering Sherpa

Ang Tshering Sherpa

Die Zahlen machen Ang Tshering Sherpa Mut. „Wir hoffen, dass das Bergsteigen in Nepal sehr bald wieder richtig auflebt“, erzählt mir der Präsident des Nepalesischen Bergsteiger-Verbands NMA, als wir uns beim International Mountain Summit in Brixen treffen. Bei den von der Regierung verwalteten Bergen über 6500 Meter Höhe sei man in diesem Jahr, verglichen mit der Zeit vor dem verheerenden Erdbeben im April 2015, bereits wieder auf einem Niveau von 87 Prozent angelangt. Bei den Bergen unter 6500 Meter, die unter der Aufsicht der NMA stehen, habe sich der Markt sogar vollständig erholt. Im Trekkinggewerbe schwankten die Werte zwischen 40 und 50 Prozent, je nach Region, berichtet der NMA-Chef: „Wir müssen die Menschen in aller Welt wissen lassen, dass sie Nepal am meisten helfen, wenn sie unser Land besuchen. Jeder, der Zeit in Nepal verbringt, hilft dabei, die Wirtschaft wiederzubeleben und die Infrastruktur wieder aufzubauen.“

Weniger, dafür echte Verbindungsoffiziere

Mount Everest

Mount Everest

Beim Expeditionsbergsteigen gibt es einige Baustellen, die Ang Tshering als Präsident der NMA bearbeiten muss. So sorgte der Fall eines indischen Ehepaars weltweit für Schlagzeilen, das sich im vergangenen Frühjahr seine Everest-Urkunden erschlich, indem es Gipfelfotos anderer fälschte und als eigene ausgab. „Wir müssen solche Leute strenger und ernsthafter überwachen, weil sie dem Image der Bergsteiger wirklich schaden“, sagt der 62-Jährige. Die nepalesischen Verbindungsoffiziere sind dabei keine allzu große Hilfe. Meist kassieren sie von den Expeditionen ihr Geld, tauchen nicht in den Basislagern auf, bestätigen aber hinterher munter, dass Mitglieder der Teams den Gipfel erreicht haben. „Wir haben der Regierung vorgeschlagen, künftig nur noch einen Verbindungsoffizier pro Berg zu entsenden und nicht mehr 30 bis 40 wie bisher am Everest oder anderen Bergen“, verrät Ang Tshering.

Everest-Kandidaten sollten erfahrener sein

Ang Tshering (2.v.r.) mit Reinhold Messner (l.)

Ang Tshering (2.v.r.) mit Reinhold Messner (l.)

Doch es sei schwierig, solche Reformen durchzusetzen, „weil alle sechs bis acht Monate die Regierung wechselt. Du musst die neuen Verantwortlichen erst einmal überzeugen. Und wenn sie gerade dabei sind, es zu verstehen, werden sie wieder abgelöst.“ Deshalb ziehe sich auch die Diskussion über neue Bergsteiger-Regeln für den Mount Everest so in die Länge, sagt der NMA-Chef. Die Reform sei dringend nötig: „Der Everest ist der höchste Berg der Erde und nicht leicht zu besteigen. Egal, ob die Gipfelanwärter in den europäischen Alpen, sonstwo im Ausland oder auf den Bergen Nepals bergsteigen, sie sollten einfach mehr Erfahrung haben.“

Bergsteiger interessiert nur der Preis“

Wie viele andere, sieht auch Ang Tshering das Problem, dass vor allem neu auf den Markt drängende Expeditionsveranstalter aus Nepal die Kundschaft mit Dumpingpreisen anlocken. „Sie krallen sich auch Leute, die keine Ahnung vom Bergsteigen haben und nicht wissen, wie man mit der Ausrüstung umgeht. Diese Agenturen verderben die Tourismusbranche.“ Der Präsident der NMA leitet gleichzeitig Asian Trekking, einen der größten Expeditionsveranstalter des Landes. „Es darf nicht sein, dass die Sicherheitsmaßnahmen anderer nepalesischer Anbieter dadurch kompromittiert werden“, sagt Ang Tshering Sherpa. Es gebe durchaus erfahrene und gut organisierte Veranstalter in Nepal. „Aber die Bergsteiger schauen nur auf den Preis, nicht auf die Sicherheitsstandards. Das ist das Problem.“

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