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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Thomas Huber vor Expedition zum 7000er Latok I: „Komplex und schwierig“

Thomas Huber mit Rainer Treppte und Simon Gietl (v.l.n.r.)

Thomas Huber sitzt auf gepackten Expeditionstonnen. „Ich freue mich riesig auf die Expedition“, sagt der 51-Jährige. Der Ältere der beiden „Huberbuam“ bricht an diesem Samstag Richtung Pakistan auf. Thomas will sich an der Nordseite des 7145 Meter hohen Latok I versuchen – gemeinsam mit dem 33-jährigen Südtiroler Simon Gietl und dem 59 Jahre alten Kletter-Routinier Rainer Treppte, der aus Sachsen stammt und seit langem im Allgäu lebt. „Ich war mit ihnen schon am Berg“, sagt Huber über seine beiden Kletterpartner. Im vergangenen Frühjahr gelang dem Trio an der Großen Zinne in den Dolomiten die wohl erste Wiederholung der schwierigen Route „La Strada“, die 1988 von den Polen Piotr Edelman und Jan Fialkowski erstmals gemeistert worden war. „Wir harmonieren als Team wunderbar, und wir haben alle Möglichkeiten, so ein Ziel wie den Latok I anzugehen“, findet Thomas Huber. Ich habe mit ihm auch über das Drama an eben diesem Siebentausender im Karakorum gesprochen, das uns tagelang in Atem gehalten hat.

Thomas, gestern kam die erlösende Nachricht, dass der russische Bergsteiger Alexander Gukov vom Latok I-Nordgrat gerettet wurde. Wie hast du diese dramatische Geschichte erlebt?

Gukov gerettet – nach 19 Tagen am Berg

Ich habe mich jeden Tag über „mountain.ru“ informiert, was passiert. Ich habe auf gutes Wetter gehofft und die Wetterberichte studiert. Meine Gedanken waren immer bei Alexander Gukov auf dem Nordgrat. Natürlich ist das ein ganz eigenes Gefühl, wenn man weiß, dass man selbst bald an diesem Berg sein wird. Man hofft dann nur, dass es gut ausgeht. Man sollte aber auch nicht den tragischen Tod von Sergey Glazunov vergessen, der beim Abseilen in den Tod stürzte.

So etwas ist nie schön, wenn man wirklich für einen Berg brennt. Und für mich ist der Latok ja ein ganz besonderer Berg. Meine Karriere an den ganz hohen Bergen hat mit der Erstbegehung der Latok II-Westwand 1997 (zusammen mit seinem Bruder Alexander Huber, Toni Gutsch und dem US-Amerikaner Conrad Anker) begonnen. Und 21 Jahre später reise ich zum Latok I – an einen Berg, an dem gerade ein unglaubliches Drama passiert ist.

Nordwand des Latok I, rechts der Nordgrat

Reist du deswegen mit gemischten Gefühlen dorthin?

Es ist nicht ganz leicht. Ich bin jedoch im Augenblick erleichtert, dass die ganze Energie, die in die Rettung hineingesteckt wurde, am Ende belohnt wurde und dass Alexander lebendig und wohlbehalten vom Berg gebracht werden konnte. Ich glaube, für ihn war es eine Erlösung. Ich bin froh, dass wir, wenn alles gut läuft, erst in zweieinhalb Wochen unsere Zelte auf dem Choktoi-Gletscher aufschlagen werden. Damit vergeht noch ein bisschen Zeit, in der sich alles wieder ein bisschen beruhigen kann.

Warum seid ihr so spät in der Saison dran?

Ich glaube, dass es aufgrund der Klimaerwärmung besser ist, später zu fahren, weil der Berg dann sicherer ist. Nach allem, was ich von den Russen und auch den Slowenen gelesen habe, war es im Juli am Latok I extrem warm und damit auch extrem gefährlich. Alexander Gukov und Sergey Glazunov sind trotzdem aufgestiegen. Ich glaube, dass die Verhältnisse nicht optimal waren.

Ich muss allerdings sagen, dass ich mich über diese Expeditionen nicht großartig informiert habe. Ich bin lieber klettern gegangen. Ich wollte mich aus dem Geschehen am Latok I ausklinken, weil ich die Konkurrenzsituation gespürt habe. Ich bin froh, dass ich nicht zur selben Zeit am Berg war, weil definitiv alle Entscheidungen nicht mehr objektiv getroffen werden können, wenn andere Expeditionen am selben Berg, an derselben Route, mit demselben Ziel unterwegs sind. Ich freue mich darauf, dass wir alleine am Berg sein werden. Wie werden unsere Chance wahrnehmen oder auch erkennen, dass es zu gefährlich ist. Wir werden natürlich alles versuchen. Es macht mir Spaß, Herausforderungen anzunehmen, die unmöglich erscheinen. Aber ich werde auch akzeptieren, wenn das Risiko nicht kalkulierbar ist. Dann werde ich sagen: Okay, das muss nicht sein.

Thomas bricht wieder auf

Habt ihr euch schon festgelegt, ob ihr die Nordwand oder den Nordgrat versuchen wollt?

Nein. Ich habe ein Ziel, eine Idee. Aber der Berg wird dir immer wieder etwas Neues zeigen. Die Verhältnisse und das Wetter werden dir genau den einzigen Weg zeigen, der für dich möglich ist. Die ganze Nordseite ist so komplex und so schwierig. Wir werden sehen.

Du reist nach 2015 und 2016 nun schon zum dritten Mal innerhalb von vier Jahren zum Latok I. Hast du dich in diesen Berg verbissen?

Das habe ich noch nie gemacht, ich verbeiße mich nicht in einen Berg. Aber ich bin noch nie richtig am Latok I gescheitert, weil es immer schon im Vorfeld schief gegangen ist. Ich habe noch keinen einzigen Pickelschlag am Latok I gesetzt. Wenn ich mich an ihm versuchen darf und er mir zeigt, dass er zu schwierig für mich ist, dann habe ich mit diesem Berg einen Frieden geschlossen.

Datum

1. August 2018 | 19:08

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