Erdbeben – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Schweigeminute im Everest-Basislager https://blogs.dw.com/abenteuersport/schweigeminute-im-everest-basislager/ Mon, 25 Apr 2016 12:56:57 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=32467 Kaum ein Entrinnen: Die tödliche Lawine vom Pumori 2015

Kaum ein Entrinnen: Die tödliche Lawine vom Pumori 2015

Um 11:56 Uhr brach die Hölle los. Ein Erdbeben der Stärke 7,8 erschütterte heute vor genau einem Jahr den Himalaya-Staat Nepal. Etwa 9000 Menschen kamen ums Leben, 23.000 wurden verletzt. Das sind jedoch nur die von der Regierung registrierten Opfer, wahrscheinlich waren es mehr. Auch am Mount Everest starben am 25. April 2015 viele Menschen. Das Beben löste am nahegelegenen Siebentausender Pumori eine riesige Lawine aus. Sie traf das Everest-Basislager, 19 Menschen kamen ums Leben. Am heutigen Jahrestag der Katastrophe trafen sich die Bergsteiger und die Mitarbeiter der Krankenstation „Everest ER“ zu Füßen des höchsten Bergs der Erde zu einer Schweigeminute – um 11:56 Uhr.

„Es war eine Gelegenheit, sich an die zu erinnern, die starben, an jene, die verletzt wurden, und an die vielen Menschen, die damals so hart arbeiteten, um die rund 100 Patienten zu retten und zu versorgen“, schreibt Rachel Tullet im Blog von Jagged Globe. Ein US-Bergsteiger aus dem Team des britischen Veranstalters war bei der Lawine ums Leben gekommen, zwei weitere Teammitglieder waren verletzt worden. „Wir erinnern uns auch an die riesige Zahl an Menschen, die überall in Nepal von dem verheerenden Beben getroffen wurden“, fährt Rachel fort. „Vielen von ihnen kämpfen immer noch, ihr Leben wieder aufzubauen.“

Landflucht könnte zunehmen

Selbsthilfe (im Dorf Kadambas) statt auf Hilfe zu warten

Selbsthilfe (im Dorf Kadambas) statt auf Hilfe zu warten

Davon konnte ich mich vor einem Monat bei meinem Besuch im Erdbeben-Gebiet im Distrikt Sindhupalchowk mit eigenen Augen überzeugen. Nach wie vor leben die meisten Menschen dort in Notunterkünften aus Bambus und Wellblech. Von Wiederaufbau kann vielerorts noch keine Rede sein. Die Menschen schimpfen auf die Regierung, von der sie sich im Stich gelassen fühlen. „Es wird Zeit, dass irgendwann mal das Geld ankommt, das den Leuten versprochen wurde und dazu dienen sollte, dass sie in ihren Dörfern wirklich wieder zu Hause sein können“, sagt mir Bergsteiger Ralf Dujmovits. „Nepal hat wie viele Entwicklungsländer ohnehin schon ein Problem mit großer Landflucht. Das wird sich fortsetzen, die Dörfer werden verlassen sein. Das wird zum großen Nachteil für Gesamt-Nepal, das von der Landwirtschaft lebt. Wenn die Leute in die Städte gehen, tut das niemandem gut.“ Nepal werde „mit Sicherheit zehn Jahre brauchen, um sich einigermaßen von dem Beben zu erholen“.

Ralf Dujmovits: Es droht eine größere Landflucht in Nepal

Wiederaufbau geht schleppend voran

Schule im Dorf Mailchaur

Schule im Dorf Mailchaur

Der bisher einzige Deutsche, der alle 14 Achttausender bestieg, hatte zwei Wochen nach dem Beben Sindhupalchowk besucht und war damals über das Ausmaß der Schäden bestürzt gewesen. An seiner Gefühlslage hat sich in den letzten zwölf Monaten wenig geändert. „Ich mache mir vor allem Sorgen um die Kinder, denn der Aufbau der Schulen geht nur sehr schleppend voran“, sagt Ralf. „In den meisten Fällen hat sich noch gar nichts getan. Es bleibt jetzt einfach zu hoffen, dass Baumaterial in die Dörfer gelangt, damit endlich wieder aufgebaut werden kann.“

Bitte weiter für „School up!“ spenden!

Schulkinder in Thulosirubari

Schulkinder in Thulosirubari

Gemeinsam mit Ralf Dujmovits und der österreichischen Topbergsteigerin Gerlinde Kaltenbrunner hatte ich nach dem Erdbeben in Nepal die Hilfsaktion „School up!“ ins Leben gerufen, um so schnell wie möglich die zerstörte Schule von Thulosirubari wiederaufzubauen. Gut ein Drittel der erforderlichen Summe haben wir – dank eurer Spenden (!) – zusammen. Der erste von drei Bauabschnitten soll in Kürze beginnen, wir warten noch auf das Okay der Regierung in Kathmandu – und hoffen, dass sie endlich „aus dem Quark kommt“.

Damit wir auch den zweiten und dritten Bauabschnitt finanzieren können, benötigen wir weitere Spenden für „School up!“ . Hier noch einmal die Kontoverbindung:

Nepalhilfe Beilngries e.V.
Volksbank Bayern Mitte eG
IBAN: DE05 7216 0818 0004 6227 07
BIC/SWIFT-Code: GENODEF1INP
Verwendungszweck: Gerlinde-und-Ralf-Schule

Bitte auch weitersagen! Tausend Dank!

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Dorjes Everest-Sabbatjahr https://blogs.dw.com/abenteuersport/dorjes-everest-sabbatjahr/ Wed, 16 Mar 2016 11:50:47 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=32145 Dorje Sherpa vor seiner Lodge in Phakding

Dorje Sherpa vor seiner Lodge in Phakding

Dorje Sherpa kennt sich aus mit Everest-Katastrophen. 1996, also vor 20 Jahren, bestieg er erstmals den höchsten Berg der Erde. Damals gehörte er zum IMAX-Filmteam des US-Amerikaner David Breashears, als im Gipfelbereich bei einem Sturm innerhalb von 24 Stunden acht Bergsteiger ums Leben kamen. „Wir waren damals in Lager 2 auf 6400 Metern“, erzählt mir der 50-Jährige in seiner „Buddha Lodge“ im Dorf Phakding, das auf der beliebten Trekkingroute zum Everest-Basislager liegt.

Rettungsaktion im Eisbruch

An den Wänden des Gastraums hängen zahlreiche Urkunden, auch ein Dankesschreiben des nepalesischen Bergsteigerverbands NMA für Dorjes Einsatz bei der Rettungsaktion am Everest im Frühjahr 2014. Vor zwei Jahren waren in einer Eislawine im Khumbu-Eisbruch 16 nepalesische Bergsteiger gestorben. Dorje war Sirdar des „Altitude Junkies“-Teams, sprich der Chef ihrer Climbing Sherpas. Vom Basislager aus stieg er zur Unglücksstelle auf und half dabei, die Toten und Verletzten zu bergen.

Familie sagt: Nein!

Kaum ein Entrinnen: Die tödliche Lawine vom Pumori 2015

Kaum ein Entrinnen: Die tödliche Lawine vom Pumori 2015

Und auch 2015 hielt sich der Sherpa zu Füßen des Mount Everest auf, als das Erdbeben am 25. April eine Lawine vom Pumori auslöste, die das Everest-Basislager traf und 19 Menschen tötete. „Wir saßen gerade beim Essen im Gemeinschaftszelt. Es war eine riesige Lawine. Ein Teammitglied rannte nach draußen, stolperte und schlug sich dabei zwei Zähne aus.“ 2014 und 2015 seien zwei schlimme Jahre am höchsten Berg der Erde gewesen, sagt Dorje: „Deshalb werde ich in diesem Jahr auch aussetzen. Meine Familie lässt mich diesmal nicht zum Everest.“ Sechsmal stand der erfahrene Bergsteiger bereits auf dem 8850 Meter hohen Gipfel. Er wolle in diesem Jahr aussetzen, nicht aufhören, betont der Sherpa: „Vielleicht klappt es ja 2017 wieder.“

Bereit für Gäste – wenn sie denn kommen

Bauarbeiten im Khumbu

Bauarbeiten im Khumbu

Seine Frau und sein Sohn leben in der Hauptstadt Kathmandu. Dorje hat in Phakding den Wiederaufbau seiner Lodge überwacht, die bei dem Erdbeben vor knapp elf Monaten zerstört worden war. Überall riecht es noch nach frisch verarbeitetem Holz. Die Außenwände hat Dorje solide mauern lassen. „Jetzt sind wir bereit für neue Gäste“, sagt der Sherpa, als er uns stolz die fertiggestellten Zimmer zeigt. „Hoffentlich kommen sie auch.“

 

Khumbu KoelschP.S.: Die Braukunst meiner Heimatstadt Köln scheint inzwischen auch das Everest-Gebiet erreicht zu haben. Hier gibt es jedenfalls – wie ihr auf dem Bild sehen könnt – „Khumbu-Kölsch“ zu kaufen. 😉

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Noch kein Licht am Ende des Tunnels https://blogs.dw.com/abenteuersport/noch-kein-licht-am-ende-des-tunnels/ Tue, 15 Mar 2016 16:40:59 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=32127 Erdbeben-Wunden in Chautara

Erdbeben-Wunden in Chautara

Chautara wirkt, als hätte das verheerende Erdbeben hier erst vor kurzem zugeschlagen, nicht vor knapp elf Monaten. Gut 15.000 Menschen leben in der Stadt auf 1500 Metern Höhe, dem Verwaltungssitz des vom Beben am 25. April letzten Jahres besonders hart getroffenen Distrikts Sindhupalchowk. Auf der Hauptstraße zeugen immer noch viele Häuserruinen von der Katastrophe, die mehr als 3500 Menschen der Bergregion das Leben kostete. In vielen Dörfern stürzten rund 90 Prozent der Häuser ein. Die Aufräumarbeiten kommen nur schleppend voran. Zu schwer sind die Wunden, die das Erdbeben gerissen hat, nicht nur an den Gebäuden, sondern auch bei den Bewohnern der Stadt. „Wir haben hier immer noch große medizinische Probleme“, erzählt Ärztin Sabina Parajuli. „Jene, die sich damals verletzt haben, sind immer noch nicht vollständig genesen, sondern haben Probleme, vor allem an den Gliedmaßen. Sie wurden damals operiert und sind immer noch nicht in der Lage, wieder ihr normales Leben zu führen. Oft waren sie die einzigen, die für das Einkommen der Familie sorgten. Jetzt verdienen sie nichts. Und ihre Angehörigen sind damit beschäftigt, sich um sie zu kümmern.“ Außerdem breiteten sich infektiöse Krankheiten wie Erbrechen oder Durchfall schnell aus, weil in den Notunterkünften sehr viele Menschen auf engstem Raum leben.

Immer noch eine Zeltklinik

Notfallambulanz im Zelt

Notfallambulanz im Zelt

Sabina arbeitet im Krankenhaus von Chautari. Das große Gebäude wurde bei dem Beben so stark beschädigt, dass es ohne aufwendige Reparaturarbeiten nicht genutzt werden kann. Deshalb arbeiten Sabine und ihre Kollegen immer noch überwiegend in Zelten auf dem Gelände der Klinik. Nur ein kleines Gebäude mit einem Büro und einem Behandlungsraum wurde nach dem Beben neu gebaut.„Einige der Zelte sind durch die starken Winde in der letzten Zeit zerstört worden“, berichtet die 25-Jährige.

Die Ärzte behandeln nicht nur körperliche Leiden, sondern auch psychische. „Viele leiden unter post-traumatischen Störungen. Sie haben schon vor den kleinsten Dingen Angst, haben Schlaf- und Essstörungen.“ Einige seien hochgradig depressiv, weil sie Familienangehörige, ihr Haus oder das gesamte Eigentum bei dem Beben verloren hätten. Und dabei kämen nur etwa 30 bis 40 Prozent der psychisch Erkrankten überhaupt ins Krankenhaus, schätzt Sabina Parachuli: „In unseren Dorfgemeinschaften sind psychische Erkrankungen stigmatisiert, die Erkrankten werden häufig diskriminiert.“ Zudem seien sich viele gar nicht bewusst, dass sie an einer Krankheit leiden und dass diese geheilt werden könne.

Politik, Politik, Politik

Sabina Parachuli versorgt einen jungen Patienten

Sabina Parachuli versorgt einen jungen Patienten

Mit der Regierung ist die Ärztin, wie eigentlich alle, mit denen ich in Sindhupalchowk gesprochen habe, alles andere als zufrieden. „Eigentlich müsste sie uns so schnell wie möglich helfen. Doch die Regierung macht nur Politik, Politik, Politik, anstatt dort anzupacken, wo es nötig ist.“ Deshalb komme die Hilfe nur sehr schleppend auf Touren und es gebe kaum Fortschritte. „Wir setzen keine Hoffnung mehr auf die Regierung. Wir versuchen einfach, selbst unser Bestes zu geben.“

Für die Ärzte im Krankenhaus von Chautara bedeutet das nach wie vor, bis an die Belastungsgrenze zu arbeiten. In den ersten Wochen nach dem Beben war Sabina fast rund um die Uhr im Einsatz. „Natürlich waren wir müde. Aber diese Menschen waren verletzt und viel gestresster als wir. Sie brauchten unsere Hilfe“, sagt die junge Ärztin. „Niemand hat mich dazu gezwungen, außer mein Herz. Ich tat es auch für mein Dorf Sangachok und die Menschen dort. Es war meine Möglichkeit, ihnen zu dienen.“

Hoffen auf die gerade Strecke

Leben im Wellblechschuppen

Leben im Wellblechschuppen

Nach wie vor gibt es Nachbeben in der Region. Die Menschen fürchten, dass sich ein weiteres, womöglich noch schwereres Beben wie jenes im April 2015 ereignen könnte. Von Normalität könne im Distrikt Sindhupalchowk noch keine Rede sein, sagt Sabina: „Natürlich gibt es ein Licht am Ende des Tunnels. Aber der Tunnel iverläuft nicht gerade, sondern hat Kurven. Deshalb können wir das Licht heute noch nicht sehen. Das können wir erst, wenn wir an die Stelle kommen, wo der Tunnel gerade wird. Diesen Punkt haben wir noch nicht erreicht, aber ich hoffe, dass wir es sehr bald schaffen werden.“

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„Wir sind bereit“ in Thulosirubari https://blogs.dw.com/abenteuersport/wir-sind-bereit-in-thulosirubari/ Sun, 13 Mar 2016 19:24:48 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=32099 Kinder spielen "Heiße Kartoffel"

Kinder spielen „Heiße Kartoffel“

„Sie haben ihre Häuser und ihren ganzen Besitz verloren, aber nicht ihre Pläne“, sagt Arjun Gatraj über die Menschen seines Heimatdorfes Thulosirubari. „Sie hoffen weiter.“ Nicht nur auf bessere Zeiten für sich, sondern vor allem für ihre Kinder. „Sie wissen ganz genau, wie wichtig Bildung ist. Deshalb schickten sie ihre Kinder auch sofort wieder in unsere Schule, sobald wir den Unterricht wieder aufgenommen hatten.“ Arjun ist der Vorsitzende des Schulkomitees von Thulosirubari, einem kleinen Bergdorf, gut 70 Kilometer von der nepalesischen Hauptstadt Kathmandu entfernt. So gut wie jede Familie wurde von dem verheerenden Erdbeben am 25. April 2015 getroffen. „75 Menschen starben, davon acht unserer Schüler“, erzählt mir Arjun bei meinem Besuch in Thulosirubari. „Von rund 1800 Häusern hier in der Gegend blieben nur 30 bis 40 unversehrt.“

Unterricht im Freien

Erdbebenschäden in Sangachok

Erdbebenschäden in Sangachok

Auch fast elf Monate nach dem Beben sind die Schäden im Distrikt Sindhupalchowk östlich von Kathmandu unübersehbar. Die meisten Menschen, deren Häuser bei dem Beben zusammenbrachen, leben immer noch in Wellblechschuppen. Notdürftig, wenn überhaupt, haben sie die Trümmer beiseite geräumt. Die „Gerlinde-und-Ralf-Schule“ in Thulosirubari war – wie berichtet – so schwer beschädigt worden, dass sie komplett abgerissen werden musste. Die Lehrer unterrichten die rund 700 Kinder und Jugendlichen derzeit in provisorischen Unterrichtsräumen unter Wellblechdächern – oder unter freiem Himmel. Auch heute haben sich die jüngeren Kinder draußen versammelt. Sie trainieren für ein Wissensquiz. In Dreierteam stecken sie über ihren Holzpulten die Köpfe zusammen. Das beste der acht Teams soll die Schule in Kürze bei einem Wettbewerb mit anderen Schulen vertreten. Jede richtig beantwortete Frage wird von großem Applaus des Publikums begleitet.

Kurz vor dem Abheben

Wer vertritt die Schule?

Wer vertritt die Schule?

„Auch im Winter sind die Lehrer oft nach draußen umgezogen“, erzählt Arjun. „Wir konnten die Schuppen nicht heizen. In der Mittagssonne war es wärmer als drinnen.“ Auch die Lehrerkonferenzen wurden lange unter einem großen Baum auf dem Schulgelände abgehalten. Jetzt steht dafür ein Zelt zur Verfügung. „Wenn der Wind richtig bläst, haben wir das Gefühl, als höbe das Zelt im nächsten Augenblick ab“, sagt der Chef des Schulkomitees und lacht. Die Menschen von Thulosirubari haben ihren Humor nicht verloren und ihren Mut wiedergefunden.

Sprung aus dem Fenster

Shailaja Kasaju

Shailaja Kasaju

Unmittelbar nach dem Beben war das anders. Viele Bewohner der Dörfer waren traumatisiert, auch die Kinder. „Ich konnte es in ihren Gesichtern lesen“, erinnert sich Englischlehrerin Shailaja Kasaju. Die 27-Jährige unterrichtet an der Schule in Sangachok, nicht weit entfernt von Thulosirubari. „Vor dem Beben sah ich in lächelnde, glückliche Kinder-Gesichter, danach in traurige. Sie hörten sogar auf, miteinander zu reden.“ Die Kinder seien so traumatisiert gewesen, dass sie bei den ersten Nachbeben häufig aus dem Fenster der provisorischen Schulräume gesprungen seien. Inzwischen hätten sie sich an die Situation gewöhnt, sagt Shailaja: „Sie kennen sich mit Erdbeben aus und wissen, was sie zu ihrer eigenen Sicherheit beitragen können.“ Die Schule in Sangachok musste ebenso wie jene von Thulosirubari komplett abgerissen werden. Beide waren von der „Nepalhilfe Beilngries“ gebaut und getragen worden.

Warten auf den Startschuss

Die deutsche Hilfsorganisation wartet auf die Genehmigung der nepalesischen Regierung für den Wiederaufbau. Das Verfahren ist deutlich bürokratischer geworden. Konnte die „Nepalhilfe“ früher den Bau neuer Schulen direkt mit den Schulkomitees auf den Weg bringen, sind nun weitere Instanzen dazwischen geschaltet worden. „Wir hoffen, dass wir im April loslegen können“, sagt Shyam Pandit, der die Schulprojekte der „Nepalhilfe“ im Land koordiniert. Die Regierung hat neue Vorschriften erlassen, um die Gebäude erdbebensicherer zu machen. So dürfen die Schulen künftig nur noch zweigeschossig gebaut werden.

Laut und stressig

Hellhörige Schuppen

Hellhörige Schuppen

Die Lehrer sehnen die neuen Gebäude herbei. Der Unterricht in den hellhörigen Wellblechschuppen sei „sehr stressig“, sagt Shailaja. „Wenn ich in einer Klasse unterrichte, störe ich die beiden anderen Klassen daneben. Wir müssen so laut reden, wie wir können. Das ermüdet ungeheuer.“ Zudem würden die Schüler häufig abgelenkt, weil die Schuppen nach beiden Seiten offen seien. Und dann sei da auch noch die Verletzungsgefahr, erklärt die Lehrerin: „Die Kinder schneiden sich häufig an den scharfen Kanten des Wellblechs.“

Der Platz für die neue Schule in Thulosirubari ist schon ausgeguckt. Die Holztüren und -fenster der abgerissenen Schule lagern in einem Schuppen. „So können wir Geld sparen“, sagt Arjun Gatraj, der Vorsitzende des Schulkomitees. „Wir sind bereit.“

P.S.: Ich soll euch von den Menschen in Thulosirubari ein ganz herzliches Dankeschön ausrichten. Dank eurer Spenden für unser Hilfsprojekt „School up!“ ist der hoffentlich bald bevorstehende Baubeginn in Thulosirubari überhaupt erst möglich geworden. Gut ein Drittel der nötigen Summe sind bereits zusammengekommen. 🙂 Doch die Preise für Baumaterial in Nepal sind nach dem Erdbeben und der monatelangen Blockade der nepalesisch-indischen Grenze um 50 Prozent gestiegen. Wir sind noch nicht am Ziel. Bitte spendet weiter fleißig für „School up!“ und erzählt anderen von diesem Projekt! Hier noch einmal die Kontodaten:

Nepalhilfe Beilngries
Volksbank Bayern Mitte eG
IBAN: DE05 7216 0818 0004 6227 07
BIC/SWIFT-Code: GENODEF1INP
Verwendungszweck: Gerlinde-und-Ralf-Schule

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Erschütterungen, die nachwirken https://blogs.dw.com/abenteuersport/erschuetterungen-die-nachwirken/ Fri, 11 Mar 2016 17:40:10 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=32075 Bauarbeiten im Touristenviertel Thamel

Bauarbeiten im Touristenviertel Thamel

„Ich bin jetzt 57 Jahre alt“, sagt Sunil. „Und das war das einschneidendste Erlebnis, das ich bisher hatte.“ Der Nepalese spricht über den 25. April vergangenen Jahres, als in Nepal die Erde bebte. Fast 9000 Menschen kamen ums Leben. Sunil nahm gerade in einer Halle in der Hauptstadt Kathmandu an einer Veranstaltung mit 2500 Gästen teil. „Plötzlich schaukelte das gesamte Gebäude. Alle strebten dem Ausgang zu, der viel zu klein für den Ansturm war“, erinnert sich Sunil. „Die Leute fielen übereinander, es gab eine Panik. Ich dachte, es hat keinen Zweck. Ich muss hier drinnen bleiben. Wenn ich es nicht überlebe, sollte es eben so sein.“ Die Halle hielt den Erschütterungen stand. Sunil kam mit dem Schrecken davon.

Visum im Eiltempo

Das Leben in Kathmandu wirkt fast wie immer: chaotisch, laut, bunt. Doch es fällt auf, dass deutlich weniger Touristen in der Stadt sind als sonst üblich. Im Flugzeug, mit dem ich anreiste, saßen nur ungefähr ein Dutzend Urlauber, sonst nur nepalesische Gastarbeiter aus der Golfregion. Noch niemals zuvor erhielt ich mein Visum am Flughafen so schnell wie diesmal. Keine Schlangen vor den Schaltern, bereits nach zehn Minuten stand ich am Gepäckband. Auch Thamel, das Touristenviertel der Stadt, wirkt mittags fast, als hätte bereits die Sperrstunde eingesetzt. Ein paar Backpacker verlieren sich in den Gassen. Wie sollen nur all die Ladenbesitzer über die Runden kommen?

Tod in der Mittagspause

Stupa von Swayambhunath

Stupa von Swayambhunath

Oben in Swayambhunath, einer der ältesten buddhistischen Tempelanlagen überhaupt, zeugen noch einige Trümmer von dem Beben vor fast einem Jahr. „Ein Klostergebäude ist eingestürzt. Sechs Bauarbeiter, die dort arbeiteten, waren gerade zur Mittagspause gegangen“, erzählt einer der selbsternannten Fremdenführer auf dem Tempelhügel, die sich jedem Touristen an die Fersen heften, um ein paar Rupien Trinkgeld abzustauben. „Einer der Arbeiter wollte nicht mitkommen. Er starb in den Trümmern.“ Das Zentrum der Anlage, der buddhistische Stupa, blieb unversehrt. Nur einer der beiden hinduistischen Türme, die ihn flankieren, stürzte ein.

Kopflos

Wegen Wiederaufbaus gesperrt

Wegen Wiederaufbaus gesperrt

Am anderen Ende der Stadt hat es den Stupa in Boudhanath, der zum Weltkulturerbe gehört, schlimmer erwischt. Die komplette Spitze mit den markanten Augen des Bhudda brach ab. Die Aufbauarbeiten haben vor kurzem begonnen. Überhaupt wird viel gebaut in Kathmandu. Die Erdbebenschäden sollen so schnell wie möglich beseitigt werden, damit die Urlauber zurückkehren. Der Himalaya-Staat hängt schließlich an der Nabelschnur des Tourismus. Nach offiziellen Angaben kamen im letzten Jahr ein Drittel weniger Urlauber nach Nepal als 2014. In Wahrheit sei der Tourismusmarkt noch viel deutlicher eingebrochen, erzählt eigentlich jeder, den ich in Kathmandu darauf anspreche.

Zwei Monate im Garten gezeltet

In der Nähe des Flughafens, direkt neben dem riesigen Gelände eines Luxushotels, leben noch immer rund 450 Menschen in einer Zeltstadt. Ihre Häuser waren bei dem Beben zusammengebrochen. Sunil hatte mehr Glück. Nur eine Begrenzungsmauer seines Grundstücks stürzte ein. „Trotzdem haben wir zwei Monate im Zelt im Garten übernachtet – und mit uns viele Nachbarn, die keinen Garten haben“, erzählt Sunil. „Wir sind nur ins Haus gegangen, wenn wir etwas dringend benötigten.“ Auch wenn es jetzt nur noch wenige und sehr schwache Nachbeben gibt, die Angst sei immer noch da. „Schließlich gibt es Wissenschaftler, die für unsere Gegend in naher Zukunft ein noch stärkeres Erdbeben erwarten.“

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Auf geht’s: Power-Pilgern für Nepal! https://blogs.dw.com/abenteuersport/auf-gehts-power-pilgern-fuer-nepal/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/auf-gehts-power-pilgern-fuer-nepal/#comments Tue, 17 Nov 2015 10:01:20 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=31229 Am Kölner Dom geht es los ...

Am Kölner Dom geht es los …

Jeder Kilometer zählt. Am morgigen Mittwoch werde ich zum „Power-Pilgern für Nepal“ aufbrechen. Ich starte meine Sponsorwanderung auf dem Jakobsweg um 8 Uhr früh am Kölner Dom. Mein Ziel ist es, innerhalb von 36 Stunden den etwa 100 Kilometer entfernten Aachener Dom zu erreichen, inklusive einer Übernachtung auf halber Strecke. Inzwischen ist die Spendensumme, die ich pro Kilometer erwandere, auf sieben Euro gestiegen – auf Grundlage der Informationen, die ich direkt von euch erhalten habe. Möglicherweise liegt sie ja sogar noch höher. Toll, schon jetzt vielen Dank!
Natürlich sind weitere Sponsoren jederzeit willkommen, auch noch, nachdem ich mir die Füße wundgelaufen habe. 😉 Ich freue mich über jeden Cent für unser Hilfsprojekt „School up!“, mit dem wir so schnell wie möglich die Schule in Thulosirubari in Nepal wieder aufbauen wollen. Die „Gerlinde-und-Ralf-Schule“ in den Bergen 40 Kilometer Luftlinie östlich von Kathmandu war bei dem Erdbeben am 25. April so schwer beschädigt worden, dass sie abgerissen werden musste.

Sturm und Schauern

Der Erzbischof von Köln, Rainer Maria Kardinal Woelki, hatte mir ja – wie berichtet – für meine Wanderung auf dem Jakobsweg „gutes Wetter und vor allem viele Sponsoren“ gewünscht. Letzteres ist schon eingetroffen, bei ersterem bin ich eher skeptisch.

... hier soll es enden.

… am Aachener Dom soll es enden.

Mit ein bisschen Glück bleibt es laut Wetterprognosen am Mittwoch trocken. Es könnte jedoch stürmisch werden. Das wird sich am Donnerstag kaum ändern, dann muss ich auch noch mit Duschen von oben rechnen. Ich werde euch per Twitter (rechte Seite des Blogs) von unterwegs informieren, wo ich gerade bin und in welchem körperlichen und auch mentalen Zustand ich vor mich hinwandere, später wahrscheinlich schleiche oder mich hinschleppe. Für alle, die direkt bei Twitter nachlesen wollen: Dort heiße ich „Springinsfeld“. Diese Romanfigur war das Pseudonym, unter dem ich vor Jahrzehnten in einer Zeitschrift mit einer Auflage von 500 Exemplaren meinen ersten Artikel veröffentlich habe.

Übrigens war ich (aus anderem Grund) bereits am Montag einmal kurz am Aachener Dom. Just in diesem Augenblick begann es zu regnen. Das war doch sicher ein gutes Omen für „Power-Pilgern für Nepal“, oder? 😉

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https://blogs.dw.com/abenteuersport/auf-gehts-power-pilgern-fuer-nepal/feed/ 4
Power-Pilgern für Nepal https://blogs.dw.com/abenteuersport/power-pilgern-fuer-nepal/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/power-pilgern-fuer-nepal/#comments Wed, 04 Nov 2015 12:26:10 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=31053 Hier stand vor einem halben Jahr noch die Schule

Hier stand vor einem halben Jahr noch die Schule

„Es ist traurig, diesen ‚Ground Zero‘ zu sehen, wo vorher eine so große Schule stand“, sagt Sunil Krishna Shrestha, Verbindungsmann der Nepalhilfe Beilngries in Nepal. Das verheerende Erdbeben vom 25. April hatte die „Gerlinde-und-Ralf-Schule“ in Thulosirubariwie berichtet – so schwer beschädigt, dass sie abgerissen werden musste. Die Ruine war zur Gefahr für die Kinder geworden, die auch nach dem Beben auf dem Schulgelände spielten. Inzwischen ist die Schule, an der vor gut einem halben Jahr noch rund 700 Kinder aus der Bergregion rund um das Dorf unterrichtet wurden, dem Erdboden gleichgemacht worden. „Wir konnten einige Türen, Fenster, Schulpulte und Tafeln retten“, schreibt mir Arjun Gatraj, der Vorsitzende des Schulverwaltungskomitees von Thulosirubari. Die Steine der alten Schule seien nicht mehr zu gebrauchen, weil die Organisation IOM (International Organization for Migration) beim Abriss schweres Gerät eingesetzt habe.

Provisorische Schulräume

Provisorische Schulräume

Der Winter steht vor der Tür. Nach wie vor werden die Kinder in Wellblech-Schuppen unterrichtet. „Wir wissen noch nicht, wie wir die provisorischen Schulräume heizen sollen, weil uns das Geld dafür fehlt“, sagt Arjun. „Die Schuppen sind für den Winter einfach zu kalt.“ Dennoch wollen die Lehrer den Unterricht fortsetzen. Die nach wie vor andauernde Blockade der nepalesisch-indischen Grenze durch Gegner der neuen Verfassung hat auch für Thulosirubari Folgen. „Wichtige Waren und auch Medikamente werden knapp, weil es kaum möglich ist, ein Fahrzeug zu finden, um sie hierher zu transportieren“, berichtet Arjun Gatraj.

Vom Kölner zum Aachener Dom

Kölner Dom

Kölner Dom

Mit unserem seit Ende Juni laufenden Hilfsprojekt „School up!“ wollen wir so schnell wie möglich dafür sorgen, dass die „Gerlinde-und-Ralf-Schule“ wieder aufgebaut werden kann. Die beiden Extrembergsteiger Gerlinde Kaltenbrunner und Ralf Dujmovits sammeln bei ihren Vorträgen und anderen Veranstaltungen Spenden für „School up!“. Meine nächste Aktion für das Projekt steht unter dem Motto „Power-Pilgern für Nepal“. Heute in zwei Wochen, am 18. November, werde ich in meiner Heimatstadt vom Kölner Dom aus zu einer (strammen) zweitägigen Sponsorwanderung auf dem Jakobs-Pilgerweg aufbrechen, bei jedem Wind und Wetter. Ziel ist der Aachener Dom, rund 100 Kilometer entfernt. Wegen meiner nicht mehr ganz neuen Knie werde ich nicht nonstop durchwandern, sondern auf halber Strecke übernachten, um dann früh am nächsten Morgen wieder loszuziehen. Das dürfte immer noch hart genug werden.

Spende pro erwanderten Kilometer

Aachener Dom

Aachener Dom

Ich suche für das Projekt, dessen Einnahmen zu 100 Prozent (!) in „School up!“ fließen, Sponsoren. Und so funktioniert es, wenn ihr mitmacht: Für jeden Kilometer, den ich vom 18. November, 8 Uhr bis zum 19. November, 20 Uhr zurücklege, gebt ihr eine bestimmte Summe, deren Höhe ihr selbst festlegt. Bei zehn Cent würde sich z.B. bei 100 Kilometern eine Gesamtsumme von zehn Euro für „School up!“ ergeben, bei einem Euro pro Kilometer 100 Euro – wenn denn meine Knochen mitspielen und ich wirklich das Ziel in der angegebenen Zeit erreiche. Wer lieber einen festen Geldbetrag beisteuern will, kann dies natürlich auch gerne tun. Ich bin für jeden Euro für die Schule in Thulosirubari dankbar.
Ich werde euch, während ich unterwegs bin, hier im Blog via Twitter auf dem Laufenden halten, wo ich mich gerade befinde und was ich erlebe. Nach Abschluss der Aktion werde ich euch mitteilen, wie weit ich exakt in diesen 36 Stunden gekommen bin. Ich würde euch dann bitten, die von mir erwanderte Summe direkt auf das Spendenkonto von „School up!“ bei der Nepalhilfe Beilngries zu überweisen. Hier ist noch einmal die Kontoverbindung:

Nepalhilfe Beilngries

Volksbank Bayern Mitte eG
IBAN: DE05 7216 0818 0004 6227 07
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Stichwort: Gerlinde-und-Ralf-Schule

Ihr fragt euch vielleicht, warum ich mich ausgerechnet auf eine – wenn auch kurze – Pilgerreise begebe. Ganz einfach, ich bin Christ. Und ein bisschen Beistand von oben für unser Projekt in Nepal kann doch auf keinen Fall schaden. 😉

P.S.: Ihr könnt mir gerne mailen (Adresse findet ihr im Blog rechts unten), mit welchem Betrag ihr mich beim „Power-Pilgern für Nepal“ sponsern wollt – natürlich unter dem Siegel der Verschwiegenheit. Aber als zusätzliche Information und Motivation für mich. Tausend Dank schon jetzt!

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https://blogs.dw.com/abenteuersport/power-pilgern-fuer-nepal/feed/ 1
Habeler: „Geht nach Nepal – aber nicht alle zum Everest!“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/habeler-geht-nach-nepal-aber-nicht-alle-zum-everest/ Wed, 28 Oct 2015 14:15:59 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=30953 Peter Habeler beim Kölner Alpintag

Peter Habeler beim Kölner Alpintag

Die 73 Lebensjahre, die er inzwischen auf dem Buckel hat, sieht man Peter Habeler nicht an. Schlank, drahtig, braungebrannt – eben einer, der immer noch viel in den Bergen unterwegs ist. Er wiederhole derzeit mit Freunden viele Touren in den Alpen, die er in jungen Jahren geklettert sei, erzählt mir der Österreicher aus Mayrhofen im Zillertal, als ich ihn am vergangenen Wochenende beim Kölner Alpintag in Leverkusen treffe: „Es geht mir Gott sei Dank körperlich sehr gut. Aber da beißt sich ja die Katze in den Schwanz: Wenn man viel trainiert und macht, ist man eben auch in besserer konditioneller Verfassung.“ Auch 37 Jahre, nachdem er zusammen mit Reinhold Messner erstmals den Mount Everest ohne Flaschensauerstoff bestieg, lässt ihn der höchste Berg der Erde nicht los – natürlich auch, weil er als einer der Pioniere immer danach gefragt wird.

Unglücke „hausgemacht“

Im Khumbu-Eisbruch

Im Khumbu-Eisbruch

„Es war gut, dass der Berg heuer seine Ruhe hatte“, sagt Habeler, als ich anspreche, dass 2015 erstmals seit 1974 wieder ein Everest-Jahr ohne Gipfelerfolge bleibt: „Der Everest hat tausend Leute einfach nicht verdient.“ Unter den zahlreichen Gipfelanwärtern, so Habeler, seien viele, die dem Berg nicht gewachsen seien. Die Lawinenunglücke der beiden vergangenen Frühjahre seien deshalb gewissermaßen „hausgemacht“, findet der Österreicher.
Die Passage im Khumbu-Eisbruch, an der 2014 eine Eislawine 16 Nepalesen das Leben kostete, sei schon zu seiner aktiven Zeit eine „äußerst sensible Stelle“ gewesen, sagt Habeler: „Als Reinhold (Messner) und ich 1978 durch den Eisbruch stiegen, sind wir und auch alle anderen im rechten Teil geblieben. Auch im Jahr 2000, als ich noch einmal dort war, haben wir die linke Seite gemieden, weil sie zu gefährlich war.“
Das Lawinenunglück im vergangenen Frühjahr, bei dem im Basislager 19 Menschen starben, habe sich ebenfalls nicht ohne Vorwarnung ereignet. Dass die vom Erdbeben ausgelöste Lawine überhaupt das Basislager erreicht habe, liege auch daran, dass sich die Zeltstadt, so Habeler, „wie ein Tatzelwurm“ (Fabeltier im Alpenraum) immer mehr Richtung Pumori ausgebreitet habe: „Man wusste schon seit vielen Jahren, dass von diesem Berg häufig Lawinen abgehen.“

Zahl der Everest-Anwärter begrenzen

Habeler (r.) und Messner (1975, nach der Besteigung des Gasherbrum I im Alpinstil)

Habeler (r.) und Messner (1975, nach der Besteigung des Gasherbrum I im Alpinstil)

Habeler spricht sich dafür aus, die Zahl der Bergsteiger am Everest zu begrenzen, bewertet die Chancen jedoch als gering: „Der Tourismus ist nun einmal das Zugpferd Nummer eins in Nepal. Es wird sehr schwer sein, ausgerechnet am Everest ein Exempel zu statuieren, weil es hier um viel Geld geht. Es ist zwar in der Summe nicht wahnsinnig viel, was durch die Besteigungsgebühren hereinkommt, aber Nepal ist eines der ärmsten Länder der Welt. Da hilft jeder Dollar oder Cent. Dennoch sollte man ein Limit zumindest für den Everest setzen.“

Im nächsten Jahr wieder nach Nepal

Fast 70-mal sei er inzwischen in Nepal gewesen, erzählt Habeler. Er habe dort viele Freunde und versuche, nach dem verheerenden Erdbeben vom letzten Frühjahr zu helfen, wo es möglich sei. Im nächsten Jahr will Habeler wieder nach Nepal reisen und ruft alle Bergfreunde auf, es ihm gleichzutun, um das Land zu unterstützen. „Ich plädiere hundertprozentig dafür: Geht nach Nepal!“, sagt Peter Habeler und schiebt lächelnd nach: „Es müssen ja nicht alle zum Everest gehen.“

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Aufräumen nach Erdbeben im Hindukusch https://blogs.dw.com/abenteuersport/aufraeumen-nach-erdbeben-im-hindukusch/ Tue, 27 Oct 2015 15:40:47 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=30935 Das Dorf Gandao in Nord-Pakistan

Das Dorf Gandao in Nord-Pakistan

Wieder hat es eine Bergregion getroffen. Knapp ein halbes Jahr nach dem verheerenden Erdbeben in Nepal, das fast 9000 Menschen das Leben kostete, bebte gestern im Grenzgebiet zwischen Nord-Afghanistan und Nord-Pakistan die Erde. Die Zahl der registrierten Toten stieg inzwischen auf fast 400, mehrere tausend Menschen sollen verletzt worden sein. Wie nach dem Beben in Nepal sind auch in Pakistan und Afghanistan die Rettungsteams in viele entlegene Bergtäler noch gar nicht vorgedrungen. Straßen sind durch Erdrutsche blockiert. Allein entlang des Karakorum-Highway, der Hauptverbindungsachse nach Norden, wurden 45 Erdrutsche gezählt. Mehr als die Hälfte der dort blockierten Stellen sind inzwischen wieder freigeräumt. Auch aus der vielen Bergsteigern bekannten Gegend um die Stadt Skardu, Ausgangspunkt der meisten Expeditionen in den Karakorum, wurden Erdrutsche gemeldet.

Bis nach Nepal zu spüren

Karte-Beben

Der Stern markiert das Zentrum des Bebens (© USGS)

Das Zentrum des Bebens lag nach Angaben des US Geological Survey und des deutschen Geoforschungszentrums Potsdam 212 Kilometer unter dem Hindukusch: in der afghanischen Provinz Badachschan, knapp 30 Kilometer nördlich des 6843 Meter hohen Kuh-e Bandaka. Das USGS teilte mit, das Beben sei Folge einer „Aufschiebung“, sprich eine Erdscholle schob sich am Rande einer anderen nach oben. Die Erdstöße erreichten eine Stärke von 7,5. Zum Vergleich: das Beben in Nepal am 25. April wurde mit 7,8 gemessen. Auch in Tadschikistan, in der westchinesischen Provinz Xinjiang, in Nordindien und Nepal waren die Erschütterungen noch zu spüren. Das ganze Ausmaß der Schäden wird wohl erst in einigen Wochen absehbar sein. Meine Gedanken sind bei den vom Erdbeben heimgesuchten Menschen in den Bergen Afghanistans und Pakistans.

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Kletterabend für „School up!“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/kletterabend-fuer-school-up/ Tue, 13 Oct 2015 09:18:51 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=30857 Plakat KletterabendIhr wohnt nicht allzu weit weg von Baden-Baden und habt am nächsten Samstag (17. Oktober) noch nichts vor? Dann solltet ihr jetzt einen Termin in euren Kalender eintragen und ihn rot markieren. Die Sektion Baden-Baden/Murgtal des Deutschen Alpenvereins veranstaltet nämlich einen Nepal-Aktionstag, dessen Einnahmen unserem Hilfsprojekt „School up!“ zugute kommen. Ziel des Projekts ist es, die vom Erdbeben am 25. April zerstörte „Gerlinde-und-Ralf-Schule“ in Thulosirubari so schnell wie möglich wieder aufzubauen. Der Aktionstag steigt im Kletterzentrum Baden-Baden.

 

Klettern mit Stirnlampe

Dal Bhat

Dal Bhat

Ab 18.30 Uhr könnt ihr euch am Stand der DAV-Zeltlagerküche mit Dal Bhat stärken, dem traditionellen nepalesischen Linsengericht, stärken. Eine Stunde später beginnt eine Lese-Show mit der Autorin Irmgard Braun und ihrem Mann, dem Bergsteiger und Journalisten Andi Dick. Irmgard wird aus ihrem Bergkrimi „Mutig aber tot – Mord am Grödner Joch“ lesen, Andi dazu singen, herumblödeln und auch ein paar ernste Gedanken über Abenteuer und Risiko im Gebirge beisteuern. Gegen 21 Uhr zeigt Ralf Dujmovits, der erste und bisher einzige deutsche Bergsteiger, der alle Achttausender bestiegen hat, Bilder und Videos zur Situation nach dem Erdbeben in Nepal. Ralf wird auch unser Projekt „School up“ der Nepalhilfe Beilngries vorstellen. Anschließend beginnt eine Kletternacht. Bis zwei Uhr früh könnt ihr euch an den Kletterwänden austoben, zur „Geisterstunde“ ab Mitternacht nur noch im Licht der Stirnlampen.

Dujmovits: „Erdbebenopfer nicht vergessen!“

Ralf Dujmovits

Ralf Dujmovits

Wegen der Flüchtlingkrise in Europa sind die Erdbebenopfer in Nepal aus den Schlagzeilen verschwunden. Doch ihre Not besteht weiter, auch diese Menschen brauchen unsere Hilfe. „Natürlich sind wir alle mit der aktuellen Flüchtlings-Problematik sehr stark im Hier und Jetzt beschäftigt. Trotzdem sollten wir die Erdbebenopfer in Nepal – vor allem die Kinder und Jugendlichen – nicht vergessen“, sagt Ralf Dujmovits. „Nachdem der Monsun überstanden ist, ist es aktuell zwar trocken in Nepal, aber der Winter steht in den Bergdörfern vor der Tür. Die Schulen müssen unbedingt auf Vordermann gebracht oder neu aufgebaut werden. Also denkt unbedingt auch an eine Spende für Nepal.“
Wer am Samstag schon anderweitig verplant ist oder einfach zu weit weg von Baden-Baden lebt, kann seine Spende auch überweisen. Die Kontoverbindung findet ihr auf der rechten Seite des Blogs, Berichte über das Projekt unter „School up“ auf der oberen Blogleiste. Schon jetzt ein dickes Dankeschön an Kalle Weidinger, die anderen Organisatoren und Mitwirkenden des Nepaltags in der Kletterhalle – und natürlich alle, die als Gäste kommen und damit ihre Verbundenheit mit den Menschen in Nepal zeigen.

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Erst das Beben, jetzt die Blockade https://blogs.dw.com/abenteuersport/erst-das-beben-jetzt-die-blockade/ Sat, 10 Oct 2015 21:36:17 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=30835 Run auf den knapp gewordenen Sprit

Run auf den knapp gewordenen Sprit

Na endlich! Viele westliche Regierungen haben jetzt ihre nach dem Erdbeben vom 25. April verhängten generellen Reisewarnungen für Nepal aufgehoben. Sie raten jetzt nur noch von Reisen in bestimmte Gebiete des Himalaya-Staates ab. So nennt das Auswärtige Amt in Berlin die Trekkingregionen Langtang und Manaslu als problematische Gebiete, zu denen der Zugang „gar nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten möglich“ sei. Auch das britische Außenministerium rät von Reisen in diese Regionen ab und nennt zusätzlich noch die Bezirke Sindhupalchowk und Dolakha. Aus Sicht der deutschen Regierung ist bei Reisen in diese und andere von dem Beben hart getroffenen Bezirke „besondere Vorsicht geboten“. Das US-Außenministerium stellt fest, dass die Häufigkeit und Stärke der Nachbeben deutlich nachgelassen habe, rät aber Reisenden dazu, sich gründlich bei den lokalen Reise- und Trekkingagenturen über die konkreten Gefahren schlau zu machen. Alle genannten Regierungen verweisen auf ein neues Problem Nepals – ein politisches.

Alles wird knapp

Seit zwei Wochen sind die Grenzübergänge nach Indien als Folge von Protesten in den Distrikten des Terai quasi dicht. Benzin, Gas, Grundnahrungsmittel, Medikamente – alles wird knapp in Nepal. „Etliche Hotels servieren nur noch Sandwiches und Salat. Viele kleine Restaurants mussten schon schließen“, schreibt Michi Münzberg aus der Hauptstadt Kathmandu. „Zu den Essenszeiten wabern dicke Rauchfahnen durch die Gassen, da die Menschen sich offene Feuerstellen angelegt haben.“

In Kathmandu gestrandet

Michi Münzberg (r.) in Kathmandu

Michi Münzberg (r.) in Kathmandu

Vor drei Jahren reiste die Deutsche, die in der Kleinstadt Wilthen in Sachsen lebt, zum ersten Mal nach Nepal. Seitdem ist das Land für sie so etwas wie eine zweite Heimat geworden. Michi gründete ein privates Hilfsprojekt, „Hope for Nepal“. Sie vermittelt Schulpatenschaften für nepalesische Kinder und unterstützt ein Kinderhaus in Kathmandu. Jetzt reiste Michi erneut nach Nepal, um den Erdbebenopfern zu helfen. Doch seit zwei Wochen sitzt sie wegen der Grenzblockade im Terai in Kathmandu fest.

Keine Materialtransporte möglich

„Klar, wir könnten uns eines der wenigen noch fahrenden Taxis chartern, aber das würde eine dermaßen horrende Summe kosten, dass es einfach sinnlos wäre. Der Transport der Baumaterialien wäre letztendlich damit auch noch nicht bewerkstelligt“, schreibt Michi. „Mir tun die Menschen in diesen Gebieten unendlich leid. Hofften sie doch alle, dass es nach dem Monsun gut vorangehen wird. Es müssen noch dringend wintertaugliche Hütten und sanitäre Einrichtungen gebaut werden. Wie sollen wir das bloß schaffen?“

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Menschen wie Mahesh https://blogs.dw.com/abenteuersport/menschen-wie-mahesh/ Fri, 18 Sep 2015 06:00:57 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=30651 Mahesh Kumar Budha

Mahesh Kumar Budha

Es ist alles andere als leicht, auf dem umkämpften Tourismusmarkt Nepals zu überleben – unter normalen Umständen, aber erst recht nach dem Erdbeben vom letzten Frühjahr. In Kathmandu gibt es Hunderte von Trekking- und Expeditionsveranstaltern, die um jeden einzelnen Kunden kämpfen. Bei den meisten handelt es sich um kleine Agenturen, häufig leben deren Inhaber von der Hand in den Mund. Kleinunternehmer wie mein Freund Mahesh Kumar Budha leiden am meisten unter den wirtschaftlichen Folgen des Erdbebens. Die Regierung schätzt, dass der Tourismus um 50 Prozent eingebrochen ist, Veranstalter aus Nepal sprechen von bis zu 70 Prozent.

Keine Einkünfte seit Januar

Mahesh war mein Trekking-Führer, als ich 2003 eine Woche lang durch das Annapurna-Gebiet wanderte, um für DW Radio über das Annapurna Conservation Area Project (ACAP) berichtete, ein Umweltschutzprogramm in dem Himalaya-Staat. Nachdem Mahesh rund 20 Jahre lang für andere Trekking-Agenturen gearbeitet hatte, gründete er 2011 sein eigenes Unternehmen „Joy Treks“. Sein Büro liegt in Thamel, dem bekannten Touristenviertel in Kathmandu. „Ich habe seit Januar kein Geld mehr verdient”, schreibt mir der 40-Jährige. „Eigentlich wollten eine Gruppe im Mai und eine zweite im Juni nach Nepal reisen, aber das verheerende Beben hat dazu geführt, dass sie nicht gekommen sind.“ Vor dem Erdbeben hatte Mahesh auch ausreichend Anfragen für die Herbst-Saison. „Die meisten von ihnen schweigen jetzt, ich denke, weil sie einfach Angst haben, nach Nepal zu reisen.“

Selbstmorde von Geschäftsleuten

Mahesh vor seinem Büro in Thamel

Mahesh vor seinem Büro in Thamel

Mahesh muss seine Familie ernähren. Seine vier Kinder gehen zur Schule. Die ältesten Zwillinge besuchen die zehnte Klasse und bereiten sich auf ihr letztes Jahr in der High School vor, bevor sie auf das College wechseln. Das kostet Geld. „Auch die Lebenshaltungskosten in Kathmandu sind in den vergangenen Jahren gestiegen“, sagt Mahesh. „Ich mache mir wirklich große Sorgen über alle diese Dinge.“
Er berichtet von einigen Nepalesen, die das Erdbeben zu ihrem Vorteil genutzt haben, indem sie ihren Freunden und Kunden im Ausland gefälschte Informationen zukommen ließen. „Aber meine Moral, mein Charakter verbietet es, mich genauso zu verhalten wie sie. Ich hatte nie mein eigenes Haus in Kathmandu, und ich kann keine Fotos von eingestürzten Häusern schicken und sagen: ‚Das ist mein Haus‘!“
Die erheblichen wirtschaftlichen Folgen des Erdbebens haben auch schon zu menschlichen Tragödien geführt. „Zwei Tourismus-Unternehmer (ihnen gehörten Reiseagenturen) begingen Selbstmord. Und ich bin mir sicher, dass die Zahl der Selbstmorde in naher Zukunft steigen wird”, schreibt mir Mahesh. “Bitter, bitter!”

Es sind Menschen wie Mahesh Kumar Budha, die unsere Unterstützung brauchen. Der beste Weg, dies zu tun, ist, wieder in das Land zu reisen. Don’t forget Nepal!

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Dominik Müller: „Ich fühle mich absolut sicher“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/dominik-mueller-ich-fuehle-mich-absolut-sicher/ Tue, 15 Sep 2015 17:15:46 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=30587 Manaslu, „Berg der Seele“

Manaslu, „Berg der Seele“

Der 8136 Meter hohe Manaslu ist wohl der einzige Berg Nepals, an dem es derzeit fast so ist wie immer im Herbst. „Wir haben etwa 15 Expeditionen hier, viele davon kleine Teams“, erzählt mir Dominik Müller per Satellitentelefon aus dem rund 4800 Meter hoch gelegenen Basislager an dem Achttausender im Westen Nepals. „Alles in allem kommen wohl 120 bis 130 Gipfelaspiranten zusammen.“ Dominik leitet zusammen mit dem Bergführer Rainer Pircher eine Expedition seines Unternehmens Amical Alpin mit zehn Teilnehmern, drei Climbing Sherpas, einem Koch und vier Küchenhelfern. Zu eng sei es im Basislager nicht, sagt Dominik. „Wir haben noch einen sehr schönen Platz gefunden.“ Am Mittwoch werde die Puja abgehalten, die traditionelle buddhistische Zeremonie, bei der die Bergsteiger um den Segen der Götter bitten. Einige Expeditionen – etwa die von Himalayan Experience, die der Neuseeländer Russell Brice leitet – sind schon länger am Berg.

Weder schlechter noch besser

Dominik Müller

Dominik Müller

„Die Route ist schon bis hinauf aufs Plateau (rund 7400 Meter hoch) versichert“, berichtet Dominik. „Es gab eine lange Schönwetterphase. Dementsprechend liegt sehr wenig Schnee.“ Drei jeweils zehn bis 15 Meter hohe Steilstufen im Eisbruch oberhalb von Lager 1 könnten zu Schlüsselstellen der Route werden. Gestern habe es 30 Zentimeter Neuschnee gegeben. „Die Verhältnisse am Manaslu sind nicht schlechter oder besser als die Jahre zuvor“, resümiert der 44-Jährige. Müller ist mit seiner Gruppe von der Annapurna-Seite aus über den Larkya La, einen 5135 Meter hohen Pass, zunächst nach Samagaon gewandert, einem auf 3500 Meter Höhe gelegenen Dorf zu Füßen des Manaslu.

Noch näher zusammengerückt

„Auf unserem Weg dorthin haben wir so gut wie keine Erdbebenschäden gesehen“, erzählt Dominik, „nur ein, zwei kleinere Felsstürze, bei denen aber nicht klar war, ob sie durch die Erdstöße oder den Monsun ausgelöst wurden.“ Schwerere Schäden habe es nur auf der anderen Seite, unterhalb von Samagaon, gegeben. „Die Bewohner haben schon mit dem Wiederaufbau begonnen. Ich habe das Gefühl, sie sind durch das Beben noch näher zusammengerückt.“

Bis zu 70 Prozent weniger Touristen

Während des Trekkings zum Manaslu

Während des Trekkings zum Manaslu

Weder in der Hauptstadt Kathmandu noch während des Trekkings hätten er und seine Teamkollegen Nachbeben gespürt, sagt Dominik: „Ich fühle mich absolut sicher. Es herrschte überall eine sehr friedliche und positive Stimmung. Wir wurden sehr freundlich aufgenommen. Die Menschen sind froh über jeden Trekkingurlauber und Expeditionsbergsteiger, der nach Nepal kommt.“ Der Tourismusmarkt sei offenkundig deutlich mehr eingebrochen als offiziell bekanntgegeben. „Die Regierung beziffert den Rückgang der Besucherzahlen auf 50 Prozent. Die Vertreter der nepalesischen Agenturen, die ich getroffen haben, sprechen dagegen von bis zu 70 Prozent“, erzählt der Amical-Chef. „Wir haben auf dem Teil der Manaslu-Runde, auf dem wir gewandert sind, gerade einmal sieben andere Trekkingurlauber getroffen. Das ist so gut wie nichts, verglichen mit den Vorjahren.“

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Dawa Steven Sherpa: „Ke garne! Wir machen weiter! “ https://blogs.dw.com/abenteuersport/dawa-steven-sherpa-ke-garni-wir-machen-weiter/ Wed, 09 Sep 2015 15:32:55 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=30537 Dawa Steven Sherpa

Dawa Steven Sherpa

Es ist wie verhext. Zwei Frühjahrssaisons am Mount Everest hintereinander blieben ohne Gipfelerfolge (Ich ignoriere dabei die Besteigung durch das Team der Chinesin Wang Jing 2014, bei der sich die Bergsteiger mit dem Hubschrauber ins Hochlager fliegen ließen). 2014 wurden alle kommerziellen Expeditionen vorzeitig abgebrochen, nachdem bei einer Lawine im Khumbu-Eisbruch 16 nepalesische Bergsteiger ums Leben gekommen waren. In diesem Jahr löste das verheerende Erdbeben in Nepal am Siebentausender Pumori eine Lawine aus, die das Everest-Basislager traf und 19 Bergsteiger und Expeditionshelfer tötete. Einmal mehr endete die Frühjahrssaison, bevor sie richtig begonnen hatte. Was bedeutet das für die Sherpas?

Ich habe Dawa Steven Sherpa angerufen. Zusammen mit seinem Vater Ang Tshering Sherpa, dem Präsidenten des Nepalesischen Bergsteigerverbands (NMA)  führt der 31-Jährige in Kathmandu „Asian Trekking“, einen führenden Veranstalter von Expeditionen und Trekkingreisen im Himalaya. Dawa Steven bestieg zweimal den Everest (2007 und 2008) und auch die Achttausender Cho Oyu (2006) und Lhotse (2009). Unter seiner Expeditionsleitung erreichten mehr als 150 Bergsteiger den Gipfel des Everest. Aber Dawa Steven ist auch ein unermüdlicher Kämpfer für Umwelt- und Klimaschutz im Himalaya. Außerdem leitet er „Resilient Homes“, ein Projekt der „Himalayan Climate Initiative“, mit dem Dorfbewohnern im Erdbebengebiet dabei geholfen wird, ihre Häuser und andere Gebäude wieder aufzubauen – ein Grund mehr, um mit ihm über die aktuelle Lage in Nepal zu sprechen.

Südseite des Mount Everest

Südseite des Mount Everest

Dawa Steven, habt ihr in eurem Unternehmen auch eine schwache Nachfrage nach Trekkingreisen und Expeditionen in diesem Herbst registriert?

Ja, wir hatten definitiv eine geringere Nachfrage. Wir hatten zwar keine Stornierungen von Leuten, die schon vor dem Erdbeben gebucht hatten. Aber wir stellten fest, dass es alles in allem weniger Buchungen waren. Ich glaube zum ersten Mal überhaupt haben wir im Herbst keine einzige Expedition. Wir mussten unsere beiden Expeditionen in Tibet absagen, weil die Chinesen für den Herbst keine Permits (Besteigungsgenehmigungen) ausgestellt haben. Wir versuchten, unsere Expeditionen vom Cho Oyu und der Shishapangma zum Manaslu zu verlegen, doch unsere Kunden zeigten kein Interesse daran.

Was bedeutete das für die Sherpa-Berführer, Köche, Küchenhilfen, Träger und auch für die Besitzer der Lodges?

Natürlich sind das keine guten Nachrichten. Wir beschäftigen 62 Sherpas, die von dieser Arbeit abhängig sind. Wenn möglich, geben wir ihnen die Gelegenheit, Trekkingtouren im Everest- oder Annapurna-Gebiet zu führen. Aber damit kann man natürlich nicht genauso viel Geld verdienen wie bei einer Expedition. Das ist für niemanden eine gute Situation.

Rettungsaktion im Everest-Basislager

Rettungsaktion im Everest-Basislager

Wie ist die Stimmung unter den Sherpas nach zwei Everest-Frühlingssaisons mit tödlichen Lawinen, Erdbeben und abgebrochenen Expeditionen?

Nicht gut, wie du dir vorstellen kannst. Die meisten unserer Sherpas sind auch weiterhin bereit, klettern zu gehen. Wir hatten Glück, dass weder im letzten noch in diesem Jahr Sherpas oder Teilnehmer unserer Expeditionen von den Lawinen getroffen wurden. Gott sei Dank gab es keine Toten oder Verletzten in meinem Team. Aber natürlich bekamen unsere Sherpas mit, wie andere Sherpas und Bergsteiger verletzt oder getötet wurden. Viele sind jetzt ein wenig nervös. Die meisten meiner Sherpas sind sehr erfahren. Die Älteren sind emotional stark. Das wirkt positiv auf die jüngeren Sherpas, die erst zum ersten oder zweiten Mal auf Expedition waren. Sie sind deutlich nervöser, wieder in die Berge aufzubrechen, weil sie nur schlimme Erfahrungen gemacht haben. Kein Sherpa kommt zu mir und sagt: „Ich möchte nicht mehr bergsteigen.” Aber ich weiß definitiv, dass einige Sherpas in ihren Familien Druck bekommen, von ihren Frauen, Müttern und Vätern, die sagen: „Hör‘ auf mit dem Bergsteigen, führe doch nur noch Trekkinggruppen!“

Wie ist die finanzielle Lage der Sherpa-Familien nach diesen beiden schlimmen Frühjahren am Everest?

Viele Sherpas wurden sehr hart getroffen, nicht nur weil sie einen Großteil ihres Einkommens eingebüßt haben. Sie müssen auch viel Geld ausgeben, um ihre Häuser nach dem Erdbeben wieder aufzubauen. Glücklicherweise gibt es unter den Sherpas so etwas wie eine starke Kultur des Sparens. Viele von ihnen haben für Zeiten wie diese Geld auf die Seite gelegt. Aus finanzieller Sicht geht es den Sherpas besser als dem Rest Nepals. Sie konnten ihr eigenes Geld nehmen oder sich welches leihen. Die Menschen vertrauen ihnen, weil sie genügend Einkommen haben, um das Geld später wieder zurückzuzahlen. Außerdem haben viele Sherpas direkte Hilfe von früheren Kunden aus dem Ausland erhalten. Insofern sind die Sherpas in einer vergleichsweise glücklichen Lage, weil sie so viel Unterstützung aus aller Welt erhalten.

Seit Mai hat Nepal einen Sherpa als Tourismus-Minister. Ist dadurch die Aufmerksamkeit der Regierung für die Anliegen der Bergbevölkerung größer geworden?

Natürlich ist die Stimmung im Tourismusgewerbe besser geworden, seitdem wir einen Sherpa-Minister haben. Aber er steht vor vielfältigen Herausforderungen, weil er Teil einer politischen Partei ist, die ihre eigenen Prioritäten setzt. Außerdem muss er mit dem bürokratischen Apparat zusammenarbeiten, der seit langem die Dinge auf seine eigene Art regelt. Der Minister hat in kurzer Zeit viele Dinge auf den Weg gebracht, er hat einen guten Blick für die Herausforderungen, vor der das Tourismusgewerbe steht. Einerseits sind wir also zufrieden, andererseits aber auch ein bisschen nervös, weil es Gerüchte über einen neuen Ministerpräsidenten und ein neues Kabinett gibt. Wenn der Posten des Tourismusministers neu besetzt wird, fangen wir wieder bei Null an.

Basislager zu Füßen des Mount Everest

Basislager zu Füßen des Mount Everest

Was ist vor allem nötig, um die Situation im Tourismus zu verbessern?

Zunächst einmal sollte sich die Regierung um die Bedürfnisse der Bergsteiger kümmern, besonders jener, die zum Everest kamen, um neues Vertrauen aufzubauen – dass Nepal nicht einfach nur ihr Geld einkassiert, wie die 11.000 US-Dollar für das Permit. Es sollte nicht der Eindruck an die Bergsteiger und den Rest der Welt vermittelt werden, dass sich Nepal nicht um die Touristen kümmert, die nach Nepal kommen. Nepal muss ganz schnell sagen: „Uns ist klar, es hat ein schweres Erdbeben gegeben, und du musstest deine Expedition abbrechen. Wir werden dein Permit für weitere drei oder fünf Jahre verlängern und keine zusätzlichen Gebühren verlangen.“ Das ist ein Weg, mit dem die Regierung auf einfache Art und Weise Vertrauen zurückgewinnen kann. Die Regierung Nepals hatte im letzten Jahr einen sehr, sehr schlechten Ruf, weil sie nach der Lawine die Situation nicht ernsthaft angegangen ist. Und sie läuft Gefahr, diesen Fehler in diesem Jahr wieder zu machen und noch mehr Image zu verlieren.

Fürchtest du, dass viele Bergsteiger auf die tibetische Nordseite des Everest wechseln?

Ich fürchte es nicht nur, ich weiß, dass viele dorthin wechseln. In diesem Jahr hatte ich zum Beispiel drei Bergsteiger, die auf die Nordseite gingen, nachdem sie im Jahr zuvor auf der Südseite waren. Andere Bergsteiger, die ihre Expeditionen 2014 abbrechen mussten und 2015 nach Nepal zurückkehrten, bitten mich jetzt, sie für nächstes Jahr auf die Tibet-Liste zu setzten. Und ich habe auch einige neue Kunden, die ganz klar zum Ausdruck gebracht haben, dass sie nicht auf die nepalesische, sondern auf die tibetische Seite gehen wollen.

Aber du hast auch immer noch Anfragen für die nepalesische Seite?

Ja, und ich sollte vielleicht sagen, dass ich mehr Anfragen für die nepalesische als die tibetische Seite habe. Aber es fragen heute deutlich mehr Leute nach der chinesischen Seite als früher.

Wie beurteilst du den Medienhype um die Herbst-Expedition des japanischen Bergsteigers Nobukazu Kuriki zum Everest?

Nobukazu wollte ursprünglich auf die tibetische Seite gehen, entschied sich aber für Nepal, weil Tibet geschlossen ist. Ich bin mir nicht sicher, ob er wirklich hergekommen ist, um den Tourismus und das Bergsteigen in Nepal anzukurbeln. Er wollte den Everest so oder so besteigen. Aber es ist schon ein symbolischer Schritt, in einer Zeit, in der die Menschen Angst haben, nach Nepal zu reisen. Ich finde es gut, dass er zurückgekommen ist, um hier bergzusteigen.

Nepal-nowWas würdest du jemand antworten, der dich fragt, ob Nepal jetzt oder im nächsten Frühjahr sicher ist?

Ich würde sagen: „Es ist sicher.” Weil ich selbst in den Bergen war und am 14. dieses Monats auch wieder aufsteigen werde. Meine Freunde sind dort, wir leisten Hilfe. Deshalb wissen wir: Es ist sicher. Ich habe keine Angst vor Gefahren. Dort wo es gefährlich ist, wird es deutlich angezeigt. Die Regierung lässt niemanden in gefährliche Gebiete, etwa im Langtang. Aber der größte Teil Nepals ist sicher.

Bist du optimistisch, dass Nepal wieder auf die Füße kommt?

Ja, früher oder später, weil die Menschen in Nepal eine andere Einstellung haben als die meisten Menschen auf der Welt. Sie haben niemals erwartet, dass ihnen die Regierung hilft. Sie bauten mit eigenen Händen die Häuser, die jetzt zerstört wurden, und sie werden sie auch wieder mit ihren eigenen Händen aufbauen. Möglicherweise greifen ihnen dabei die Regierung oder auch internationale Organisationen ein bisschen unter die Arme, aber die Mehrzahl der Häuser in ganz Nepal wird von den Leuten selbst wieder aufgebaut.

Die Menschen in Nepal sind wirklich pragmatisch. Sie lächeln immer, sie schauen auf die Sonnenseite jeder Situation. In westlichen Ländern ist immer alles durchgeplant und präzise, aber so laufen die Dinge in Nepal nicht. Dort zucken die Leute mit ihren Schultern und sagen: „Ke garne!“ So ist es halt, wo fangen wir an? Diese „Ke garne!“-Haltung ist nach dem Erdbeben ganz wichtig geworden. Die Leute sitzen nicht einfach nur da und klagen: „Alles, was ich gebaut habe, liegt jetzt am Boden, bla, bla, bla.“ Sie sagen einfach: „Wo fangen wir an? So ist halt das Leben. Wir machen weiter!

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Abriss der Schule hat begonnen https://blogs.dw.com/abenteuersport/abriss-der-schule-hat-begonnen/ Tue, 08 Sep 2015 09:51:23 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=30523 Die  Schule von Thulosirubari wird abgerissen

Die Schule von Thulosirubari wird abgerissen

Es war schlicht zu gefährlich. Im Dorf Thulosirubari im nepalesischen Erdbebengebiet haben Einheimische und Helfer der Internationalen Organisation für Migration (IOM) damit begonnen, die Trümmer der Schule abzutragen. Der Grund: Das bei dem Beben am 25. April schwer beschädigte Gebäude steht „gefährlich nahe der Stelle, wo immer wieder Kinder spielen“, schreibt mir Arjun Gatraj, der Vorsitzende des Schulverwaltungskomitees. Das Erdgeschoss der „Gerlinde-und-Ralf-Schule“ war – wie berichtet – bei dem Beben in sich zusammengesackt, die Schule ist nicht mehr zu retten. „Wir stehen im Augenblick vor dem Problem, wie wir das Hauptgebäude abreißen und den Schutt entsorgen sollen“, sagt Arjun. „Uns fehlt dafür das Geld. Und die nepalesische Regierung kann uns nicht helfen.“

Hoch motiviert

Die von der „Nepalhilfe Beilngries“ gebaute und unterhaltene Schule war erst 2009 eingeweiht worden. Die beiden Profibergsteiger Gerlinde Kaltenbrunner und Ralf Dujmovits hatten den Bau mit ihrer finanziellen Unterstützung möglich gemacht. Vor dem Beben gingen dort rund 700 Kinder zur Schule, nicht nur aus Thulosirubari, sondern auch aus anderen kleinen Dörfern der Bergregion im Distrikt Sindhulpalchowk. Unterrichtet werden sie jetzt in Wellblechschuppen, in Gruppen von bis zu 70 Schülern. „Die provisorischen Klassenräume haben sich als nützlich erwiesen“, schreibt Arjun. „Der Unterricht ist der gleiche wie vor dem Erdbeben, doch uns fehlen Schulmöbel und Lehrmaterial. Die Kinder sind dennoch genauso hoch motiviert zu lernen wie vor dem Beben.“

Familien beißen sich durch

Leben und Lernen im Wellblechschuppen

Leben und Lernen im Wellblechschuppen

In Thulosirubari, rund 40 Kilometer Luftlinie östlich der Hauptstadt Kathmandu gelegen, kamen bei den Erdstößen 75 Menschen ums Leben, sieben waren Schüler der „Gerlinde-und-Ralf-Schule“. Den Monsun haben die Dorfbewohner überstanden, die meisten in Baracken mit Wellblechdächern und Planen als Schutz gegen die starken Regenfälle. Trotz der schwierigen Lebensumstände habe noch keine Familie das Dorf wegen des Erdbebens verlassen, sagt Arjun. „Sie beißen sich durch. Die Familien, die sich zwischenzeitlich nach Kathmandu aufgemacht hatten, sind inzwischen zurückgekehrt.“ Die größte Sorge der Menschen in Thulosirubari sei, „wieder ein sicheres Dach über den Kopf zu bekommen – „und die Schule für ihre Kinder wieder aufzubauen“. Doch auch dafür fehle natürlich noch das Geld. „Bitte unterstützt uns!“, appelliert Arjun Gatraj.

Jeder Euro hilft

Genau das ist das Ziel der Spendenaktion „School Up!“, die ich Ende Juni mit Gerlinde und Ralf gestartet habe. Mit eurer Hilfe wollen wir dafür sorgen, dass die Schule in Thulosirubari so schnell wie möglich wieder aufgebaut wird. Die Aktion ist gut angelaufen, aber es ist wie beim Expeditionsbergsteigen: Wenn du das Basislager verlassen hast, bist du noch lange nicht am Gipfel. Du brauchst Geduld und langen Atem. Hier ist noch einmal die Bankverbindung:

Nepalhilfe Beilngries
Volksbank Bayern Mitte eG
IBAN: DE05 7216 0818 0004 6227 07
BIC/SWIFT-Code: GENODEF1INP
Verwendungszweck: Gerlinde-und-Ralf-Schule

Jeder Euro hilft! Schon jetzt vielen Dank an alle Spender!

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