Nepal – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Neue Richtlinien für Hubschrauber-Rettung in Nepals Bergen https://blogs.dw.com/abenteuersport/neue-richtlinien-fuer-hubschrauber-rettung-in-nepals-bergen/ Mon, 03 Sep 2018 13:28:01 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=41919

Rettungsflug am Everest

Ein Komitee soll es richten. Seit Freitag gelten in Nepal neue Richtlinien für die Hubschrauberrettung, mit denen die Regierung künftig Versicherungsbetrug mit „Schummel-Rettungsflügen“ verhindern will. Ein „Touristen-Such-und-Rettungskomitee“ soll alle Rettungsaktionen überwachen. In dem Komitee sind neben dem Gesundheits- und Heimatministerium auch der nepalesische Bergsteiger-Verband (NMA), die Rettungsorganisation „Himalayan Rescue Association“ (HRA), die Zivilluftfahrtbehörde Nepals (CAAN) und die für die Touristen zuständige Polizei vertreten. Hubschrauber-Unternehmen, Expeditions- und Trekkingagenturen, Krankenhäuser und Versicherungsunternehmen sind ab sofort verpflichtet, alle Details über Rettungsflüge und medizinische Versorgung sowie Versicherungsrechnungen zeitnah vorzulegen, damit das Komitee sie prüfen kann. Bei Unregelmäßigkeiten soll das Komitee auch dafür zuständig sein, die schwarzen Schafe der Branche zu bestrafen.

Keine Mittelsmänner mehr

Die Regierung ließ ihren ursprünglichen Plan fallen, die Rettungsaktionen künftig komplett in die Hände  einer Polizeieinheit im Tourismusministerium zu legen. Nun werden die Veranstalter von Expeditionen und Trekkingreisen in die Pflicht genommen. Sie sollen alles Nötige in die Wege leiten, um ihren Kunden im Notfall zu retten. An Bord des Rettungshubschraubers sollen nur noch der Patient und ein Helfer oder Guide genommen werden. Die Krankenhäuser sollen der betroffenen Agentur einen Kostenvoranschlag für die Behandlung des Kunden machen. Mittelsmänner zwischen Versicherungen und Tourismusagenturen werden vollständig aus dem Rettungswesen verbannt.

CAAN soll Kosten für Rettungsflüge deckeln

Rückflug mit dem Hubschrauber

Nach der Frühjahrs-Klettersaison war ein massiver Versicherungsbetrug bei vermeintlichen Rettungsflügen aufgedeckt worden. Immer wieder sollen Guides Bergsteiger und Trekkingtouristen schon beim kleinsten Unwohlsein gedrängt haben, in einen Rettungshubschrauber zu steigen und sich zur Behandlung zurück nach Kathmandu zurückfliegen zu lassen. Diese Flüge wurden den Versicherungen dann – oft völlig überteuert – in Rechnung gestellt. Eine Untersuchungskommission des nepalesischen Tourismusministeriums benannte namentlich elf Unternehmen aus der Hubschrauber- und Trekkingbranche sowie vier Krankenhäuser in Kathmandu, die Versicherungen betrogen haben sollen. Es dürfte aber nur die Spitze des Eisbergs sein.

Die Kommission fand heraus, dass einzelne Bergführer auch Backpulver ins Essen ihrer Kunden gemischt hatten, damit diese Durchfall bekamen und sich vom Rettungshubschrauber ausfliegen ließen. Zudem waren Helikopter mit angeblich kranken Bergsteigern und Trekkingtouristen vollgepackt worden, anschließend hatten die Versicherungen dann für mehrere Einzelflüge zahlen sollen. Allein in den ersten fünf Monaten des Jahres waren laut Regierung mehr als 1300 Hubschrauberrettungen gemeldet worden.

Die Versicherungen hatten damit gedroht, künftig keine Rettungsflüge in Nepal mehr zu decken, falls die Regierung nicht einschreite. Sie forderten, die Kosten zu deckeln: auf 4000 Dollar pro Flug. Die Zivilluftfahrtbehörde CAAN soll jetzt eine Kostenobergrenze festlegen, abhängig von Flugstunden, Entfernung und Rettungshöhe.

Tier mit vier Hinterbeinen

Ob ausgerechnet ein Komitee der Weisheit letzter Schluss ist, um das Problem in den Griff zu bekommen? Ich bin skeptisch. Komitees neigen in der Regel nicht unbedingt dazu, schnell und effektiv zu arbeiten – oder wie der britische Schriftsteller John le Carré (in seinem Spionageroman „Dame, König, As, Spion“) schrieb: „Ein Komitee ist ein Tier mit vier Hinterbeinen.“

]]>
Kampfansage gegen Schummel-Rettungsflüge in Nepal https://blogs.dw.com/abenteuersport/kampfansage-gegen-schummel-rettungsfluege-in-nepal/ Sun, 26 Aug 2018 13:29:30 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=41855

Rettungshubschrauber am Everest-Basislager

Die Luft wird dünner für jene, die sich in Nepal mit Schummel-Rettungsflügen eine goldene Nase verdienen. Nach Informationen der in Kathmandu erscheinenden Zeitung „The Himalayan Times“ haben internationale Versicherungsunternehmen ein Ultimatum bis zum 1. September gesetzt, um den illegalen Machenschaften ein Ende zu setzen. Andernfalls wollen sie die Kosten für Helikopter-Rettungsflüge nicht mehr decken. Die Regierung Nepals plant, eine Polizei-Einheit im Tourismusministerium einzurichten, die allein über die Rettungseinsätze entscheiden soll.

Nicht praktikabel

Lakpa Norbu Sherpa (r.) und Maurizio Folini

Lakpa Norbu Sherpa, der seit 2003 als Basecamp-Manager der Himalayan Rescue Association (HRA) die Rettung am Mount Everest koordiniert, ist skeptisch. „Polizisten sind doch keine Spezialisten dafür“, sagt mir der 37-Jährige, der 2012 in der Schweiz als Hubschrauber-Retter ausgebildet wurde. Ähnlich äußert sich Maurizio Folini: „Die Lösung ist nicht praktikabel. Die Polizei hat doch keine Ahnung von Rettung im Gebirge.“ Der 53 Jahre alte Hubschrauberpilot aus Italien ist ein Pionier für Rettungsflüge an den Achttausendern Nepals. Seit 2011 fliegt Folini regelmäßig Einsätze an den höchsten Bergen der Welt, 2013 gelang ihm am Mount Everest die bis dato höchste Hubschrauberrettung aller Zeiten, als er einen nepalesischen Bergsteiger aus 7800 Metern am langen Seil talwärts beförderte.

Spitze des Eisbergs

Er habe mehrfach darauf hingewiesen, dass viele der in den letzten Jahren in Nepal deklarierten Rettungsflüge in Wirklichkeit gar keine gewesen seien, erzählt mir Maurizio: „Aber als Pilot hast du da wenig Einfluss. Im vergangenen Frühjahr habe ich solche Flüge verweigert. Ich bin nur noch geflogen, wenn ich auch wirkliche Patienten an Bord hatte.“ Eine Untersuchungskommission des nepalesischen Tourismusministeriums hat inzwischen elf Unternehmen aus der Hubschrauber- und Trekkingbranche sowie vier Krankenhäuser in Kathmandu namentlich benannt, die Versicherungen betrogen haben sollen. Es dürfte aber nur die Spitze des Eisbergs sein.

Backpulver ins Essen gemischt

Rettungsflug am Everest

Bergtouristen sollen schon bei leichtem Unwohlsein dazu gedrängt worden sein, in den Rettungshubschrauber zu steigen. Die Kommission berichtet sogar von einzelnen Fällen, in denen lokale Guides Backpulver als Abführmittel ins Essen gemischt hätten, um bei ihren Kunden Durchfall zu provozieren und sie dann zu überreden, per Rettungsflug nach Kathmandu zurückzukehren. Hubschrauber seien mit mehreren Kranken vollgepackt worden, heißt es. Die Unternehmen hätten dann jedoch mit den Versicherungen der jeweiligen Patienten Einzelflüge abgerechnet.

Dreifache Rechnung

Folini weist darauf hin, dass die meisten der „Fake-Rettungsflüge“, wie er sie nennt, auf den Trekkingrouten starten, etwa in Gorak Shep, der letzten bewohnten Siedlung vor dem Everest-Basislager, oder im Gokyo-Tal, einem beliebten Trekkingziel nahe dem höchsten Berg der Erde. „Die Trekkingtouristen oder Bergsteiger werden von den Agenturen beeinflusst“, sagt Maurizio Folini. „Das Geschäft macht die Agentur, die eine bis zu dreifache Rechnung ausstellt, 12.000 statt 4.000 Dollar pro Rettung.“ Auch einige Krankenhäuser in Kathmandu, so Maurizio, hätten „dreckige Finger“. Viele der höhenkranken Patienten, die direkt in die Hauptstadt geflogen würden, könnten genauso gut in der Klinik in Lhukla behandelt werden, dem Eingangstor zum Everest-Gebiet.

Nur Hälfte der Hubschrauber nötig

Maurizio im Cockpit

Laut der Regierungskommission wurden in den ersten fünf Monaten 2018 insgesamt mehr als 1300 Hubschrauberrettungen gemeldet, für die Versicherungen seien Kosten von mehr als 6,5 Millionen Dollar entstanden. „Das größte Geschäft für die Hubschraubergesellschaften ist die Fake-Rettung“, sagt Folini. Er schlägt eine Art „Filter“ vor, um das Problem in den Griff zu bekommen: „Wir bräuchten einen Checkpoint, wie wir ihn im Everest-Basislager mit der HRA schon haben. Ein Arzt müsste bestätigen, dass der Hubschraubertransport wirklich nötig ist.“ Würden die Schummel-Rettungsflüge wegfallen, käme man mit der Hälfte der Hubschrauber aus, glaubt Maurizio: „Das wäre auch gut für den Tourismus im Everest-Gebiet. Es wird dort viel zu viel geflogen. Du kannst im Khumbu ja kaum noch wandern, ohne von Fluglärm gestört zu werden.“

Missstände auch in den Alpen

Folini warnt jedoch davor, das Problem nur durch die westliche Brille zu sehen. „Auch bei uns in den Alpen ist nicht alles toll“, sagt Maurizio und verweist auf Prestigeberge wie den Mont Blanc oder das Matterhorn, an denen deutlich mehr los sei als am Everest und an denen z.B. das Fäkalienproblem ungelöst sei: „Am Mont Blanc landet der Abfall aus den Toiletten häufig auf dem Gletscher. Und versuche mal, das Matterhorn zu besteigen, ohne in einen Haufen zu treten!“ Auch in den Alpen sei nicht jeder Hubschrauberflug eine „saubere Rettung“, sagt der erfahrene Pilot, der seit 1993 mehr als 14.000 Flugstunden absolviert hat. „Rettung ist immer auch Business. Wie können wir mit dem Finger auf ein armes Land wie Nepal zeigen, wenn wir unsere Probleme zu Hause selbst nicht in den Griff bekommen?“

]]>
Neue Everest-Regeln: Mit Kanonen auf Spatzen schießen https://blogs.dw.com/abenteuersport/neue-everest-regeln-mit-kanonen-auf-spatzen-schiessen/ Wed, 03 Jan 2018 13:28:57 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=39019

Mount Everest

Keine Permits mehr für Solobergsteiger, Blinde und beidseitig Beinamputierte – folgt man der Argumentation der nepalesischen Regierung, macht das die höchste Berge der Welt sicherer. Ein Blick auf die Fakten zeigt, dass hier mit Kanonen auf Spatzen geschossen wird. Sehen wir uns beispielsweise das Geschehen am Mount Everest an. Die Himalayan Database (inzwischen für alle frei zugänglich, also auch für die Regierung Nepals) verzeichnet bisher 1967 Expeditionen zum höchsten Berg der Erde. Davon werden nur sechs – sprich 0,3 Prozent – als Soloexpeditionen eingestuft.

Nur Marshalls Soloversuch 1987 endete tödlich

Reinhold Messners Aufstieg im Sommer 1980 auf der tibetischen Nordseite war der erste und bisher einzig erfolgreiche. Im Sommer 1986 und Frühjahr 1987 versuchte es der Kanadier Roger Gough Marshall vergeblich alleine durch die Nordwand. Im ersten Anlauf schaffte er es bis auf 7710 Meter – im zweiten auf 7850 Meter; beim Abstieg stürzte er 300 Meter oberhalb des Zentralen Rongbuk-Gletschers tödlich ab. Im Winter 1992 brach der Spanier Fernando Garrido seinen Soloversuch auf der nepalesischen Südseite auf 7750 Metern ab.

Hinzu kommen die beiden gescheiterten Versuche des Japaners Nobukazu Kuriki im Herbst 2016 (bis auf 7400 Meter in der Nordwand) und im Frühjahr 2017 (bis auf 7300 Meter) auf der tibetischen Nordseite. Seine anderen „Solo“-Versuche auf der Südseite und über den Westgrat werden nicht als Alleingänge gewertet, weil er über den von den „Icefall doctors“ präparierten Khumbu-Eisfall aufgestiegen war und teilweise andere Expeditionsmitglieder mit ihm Lager 2 erreicht hatten.

0,3 Prozent Bergsteiger mit Handicap

Auch der fingerlose Everest-Besteiger Kim Hong Bin gehört zu den erfassten behinderten Bergsteigern

Auch die Zahl behinderter Bergsteiger am Everest ist statistisch gesehen zu vernachlässigen. Die Datenbank weist unter den 13.952 registrierten Everest-Expeditionsmitgliedern gerade einmal 44 Bergsteiger mit Handicap aus, das sind 0,3 Prozent – wobei hier alle Arten von Behinderungen zusammengefasst werden, z.B. auch die neun amputierten Finger Kurikis. 15 der notierten behinderten Bergsteiger erreichten den Gipfel auf 8850 Metern. Zwei starben: 2006 der sehbehinderte Deutsche Thomas Weber (auf 8700 Metern wahrscheinlich an einem Schlaganfall, nachdem er knapp unterhalb des Gipfels umgekehrt war) und 2014 Phur Temba Sherpa, dessen Behinderung in der Datenbank nicht näher spezifiziert ist (er starb beim Lawinenunglück am 18. April 2014 im Khumbu-Eisbruch).

Nimmt man den tödlichen Absturz des Solo-Bergsteigers Marshall hinzu, hätten wir also maximal drei Todesfälle aus der von der Regierung Nepals ausgemachten „Risikogruppe“ – bei insgesamt 290 Toten am Everest sind das rund ein Prozent der Fälle.

Beinamputierter hält an Everest-Plan fest

Hari Budha Magar will auf den Everest

Hari Budha Magar ist einer der Bergsteiger, die nach den neuen Vorschriften in diesem Frühjahr kein Permit erhalten sollen. Der 38 Jahre alte Nepalese hat als Soldat des britischen Gurkha-Regiments bei einer Bombenexplosion 2010 in Afghanistan beide Beine oberhalb der Knie verloren. Hari bezeichnete die Entscheidung der Regierung Nepals auf Facebook als „diskriminierend“ und als „Verletzung der Menschenrechte“. Er werde sich nicht von seinem Vorhaben abbringen lassen. „Ich werde alle Optionen in Erwägung ziehen“, sagte Budha Magar. „Wenn ich von Tibet aus klettern muss, werde ich das tun, wenn ich vor Gericht gehen muss, werde ich auch das machen.“

Rückendeckung erhielt Hari von der US-Botschafterin in Nepal. „Fähigkeit, nicht eine vermeintliche Unfähigkeit muss die Regeln bestimmen, wer zum Mount Everest gehen darf“, twitterte Alaina B. Teplitz. „Bergsteiger wie Hari Budha Magar sollten nicht aufgrund falscher Annahmen über ihre Leistungsfähigkeit ausgeschlossen werden.“

]]>
Nangpai-Gosum II-Erstbesteiger Kobusch: „Sehr schwierig“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/nangpai-gosum-ii-erstbesteiger-kobusch-sehr-schwierig/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/nangpai-gosum-ii-erstbesteiger-kobusch-sehr-schwierig/#comments Tue, 17 Oct 2017 13:09:23 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=38203

Kobuschs Route am Nangpai Gosum II

„Das Gefühl war mehr als überwältigend, an einem Ort zu stehen, den vor mir noch kein Mensch betreten hat“, schreibt Jost Kobusch über seine Erstbesteigung des 7296 Meter hohen Nangpai Gosum II im Osten Nepals. Wie berichtet, hatte der 25 Jahre alte Deutsche vor zwei Wochen den bis dahin vierthöchsten noch unbestiegenen Berg der Erde im Alleingang gemeistert. „Solche Besteigungen sind noch unverfälschter, echter Alpinismus“, schreibt mir Jost. „Das ist genau die Richtung die ich einschlagen möchte – denn ein Solo auf einer Route mit anderen Bergsteigern ist kein wirkliches Solo. Ich möchte Alpinismus in seiner reinsten Form genießen. Für mich ist das maximal minimalistisches Bergsteigen.“ Inzwischen hat Kobusch auch den Verlauf seiner Route bekanntgegeben, die er mir gegenüber mit „TD“ bewertete, also mit „sehr schwierig“ (TD steht im „International French Adjectival System“ (IFAS)  für „Tres Difficile“ mit 65 bis 80 Grad steilen Eis- und Schneepassagen sowie Felskletterei im fünften und sechsten Grad). Er war mit einem sehr kleinen Team unterwegs: Seinem Koch Ngima, dessen Helfer Phurba und Kameramann Raphael Schardt, der laut Jost nur zu Beginn der Expedition einmal mit zum vorgeschoben Basislager kam, dann aber nur noch mit einem großen Teleobjektiv vom Basislager aus filmte.

Beinahe-Absturz

Schwierige Verhältnisse

Er habe ursprünglich vorgehabt, über jene Route durch die Südwand aufzusteigen, auf der ein Team französischer Bergführer zwei Jahre in Folge gescheitert sei, berichtet Jost. Auf einer Höhe von etwa 6300 Metern wäre Kobusch beinahe aus einer Eisflanke abgestürzt. Die starke Sonneneinstrahlung hatte dazu geführt, dass die Eisschraube und das Eisgerät, mit denen er sich am Standplatz gesichert hatte, „in 20 Minuten ausgeschmolzen sind“. Lediglich ein kurz zuvor gerade mal „halb eingeschlagener Haken“ habe gehalten und ihm das Leben gerettet.

Schnee bis zur Hüfte

Kobusch auf dem Gipfel des Nangpai Gosum II

Jost stieg zurück ins Basislager und entschied sich für „ein leichtes und schnelles Solo“ auf einer anderen Route. Vom vorgeschobenen Basislager auf 5600 Metern aus erreichte der deutsche Bergsteiger nach jeweils einer Nacht in Lager 1 (6400 Meter) und Lager 2 (6840 Meter) am dritten Tag den höchsten Punkt des Nangpai Gosum II auf 7296 Metern.  Auf dem letzten Stück, so Kobusch, habe er noch mal richtig beißen müssen: „Auf dem Plateau vor der Spitze traversierte ich 800 Meter und kämpfte mich durch fast taillentiefen Schnee bis zum Gipfel, den ich am 3. Oktober um 10:25 Uhr erreichte. Windgeschwindigkeiten von bis zu 60 km/h machten meinen Aufenthalt an diesem unberührten Ort kurz.“ Die Erstbesteigung des Nangpai Gosum II, schreibt mir Jost, „ist für mich persönlich der Beginn von vielen weiteren Expeditionen in diesem Stil: No Support oberhalb des Basislagers, ganz alleine auf einer Route und natürlich (auch bei höheren Bergen) kein Flaschensauerstoff.“

Annapurna ohne Flaschensauerstoff

Kobusch (r.) mit offizieller Gipfelurkunde

Für den Westfalen Kobusch – geboren in Bielefeld, wo die höchste Erhebung „Auf dem Polle“ kein Berg, sondern eine 320 Meter hoher Kuppe  ist – war es der zweite große Erfolg seiner Höhenbergsteiger-Karriere. Im Frühjahr 2016 hatte Jost ohne Flaschensauerstoff seinen ersten Achttausender bestiegen, die Annapurna. Ein Jahr zuvor war Kobusch auf einen Schlag weltweit bekannt geworden. Der junge Deutsche hatte ein Video der Riesenlawine gedreht, die – ausgelöst durch das verheerende Erdbeben am 25. April 2015 – das Basislager auf der nepalesischen Seite des Mount Everest verwüstet hatte. 19 Menschen waren damals zu Füßen des Everest ums Leben gekommen.

]]>
https://blogs.dw.com/abenteuersport/nangpai-gosum-ii-erstbesteiger-kobusch-sehr-schwierig/feed/ 1
Vermisste Trekker in Nepal nach 47 Tagen gefunden https://blogs.dw.com/abenteuersport/vermisste-trekker-in-nepal-nach-47-tagen-gefunden/ Thu, 27 Apr 2017 14:56:15 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=35997

Der überlebende Taiwanese (l.) im Krankenhaus in Kathmandu

Bergretter in den Alpen klagen häufig ihr Leid über Bergsteiger oder Wanderer, die ihre Fähigkeiten überschätzen, plötzlich am Berg weder vor noch zurück können und aus dieser prekären Lage gerettet werden müssen. So erging es einem Pärchen aus Taiwan, das ohne Führer auf einer Trekkingtour in den Bergen Nepals unterwegs war, genauer gesagt im Langtang. Die beiden wurden seit 47 Tagen vermisst. Jetzt fanden Retter den 21 Jahre alten Mann bewusstlos in einer Höhle am Fuße eines Felsabhangs, seine 19-jährige Freundin war tot. Nach Angaben des Taiwanesen war sie drei Tage zuvor gestorben.

Am Ende nur noch getrunken

Die Retter berichteten, die Trekkingtouristen hätten sich verirrt und wären dann einen steilen Felsabhang hinuntergeklettert, weil sie hofften, auf diesem Weg ein Dorf im Tal zu erreichen. Allerdings schnitt ihnen eine Schlucht mit einem Wasserfall den Weg ab. Umkehren konnten sie nicht, weil sie nicht in der Lage waren, den Felsen wieder hinaufzuklettern. Sie hätten sich zunächst von ihren Vorräten an Nudeln und Kartoffeln ernährt, sagte der Überlebende. Als die Lebensmittel aufgebraucht gewesen seien, hätten sie nur noch Wasser getrunken.

Maden am Bein

Der Anblick des Taiwanesen war nicht gerade appetitlich. Sein rechtes Bein war von Maden befallen, sein Kopf voller Läuse. Der junge Mann soll dreißig Kilo abgenommen haben. Der Vater des Überlebenden war nach Nepal gereist, nachdem das Paar als vermisst gemeldet worden war, und hatte einen Hubschrauber für die Suche nach den beiden angemietet. Es kommt in dem Himalaya-Staat immer wieder vor, dass Wanderer vermisst werden. In fast allen bisherigen Fällen waren die Trekker allein und ohne einheimische Führer unterwegs. Das sollten eigentlich allen Wanderern, die nach Nepal reisen, zu denken geben.

]]>
Schlechtes Bergmanagement in Nepal https://blogs.dw.com/abenteuersport/schlechtes-bergmanagement-in-nepal/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/schlechtes-bergmanagement-in-nepal/#comments Tue, 06 Dec 2016 14:39:36 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=34375 Berg im Gokyo-Tal

Berg im Gokyo-Tal

Einfach losziehen geht nicht. Wer in Nepal Berge besteigen will, sollte sich vorher genau über die Regeln informieren, sonst könnte er eine böse Überraschung erleben. Wie die drei spanischen Bergsteiger, die jüngst zwei neue Routen an Sechstausendern eröffneten. Sie waren ohne Permit unterwegs, die Behörden ermitteln jetzt. Eine saftige Geldbuße und eine 10-jährige Sperre fürs Bergsteigen in dem Himalayastaat drohen. Mein Mitleid hält sich in Grenzen. Die Begründung der Spanier („Wir sind keine Piraten, wir  haben doch schließlich unser Geld in Nepal gelassen“) finde ich fadenscheinig. Folgt man dieser Argumentation, könnte man weltweit jede Nationalparkgebühr prellen. Nichtsdestotrotz gibt es seit langem einige Baustellen im nepalesischen „Bergmanagement“, die angeblich immer wieder bearbeitet werden, an deren Zustand sich aber nichts ändert.

Verbindungsoffiziere ohne Verbindung

Ama Dablam

Ama Dablam

So ist das bisher praktizierte System der Verbindungsoffiziere extrem reformbedürftig, um nicht zu sagen, es gehört in der aktuellen Form schlicht abgeschafft. „Wenn 15, 16 oder vielleicht 17 Expeditionen am gleichen Berg allesamt für Verbindungsoffiziere Geld hingelegt haben und nicht einer von diesen vor Ort ist, dann wirkt das einfach wie eine Gaunerei und grenzt an Betrug”, ereifert sich der britische Expeditionsleiter Tim Mosedale via Facebook nach seiner Ama-Dablam-Expedition in diesem Herbst. Damit nicht genug, habe seine Verbindungsoffizierin dann auch noch beim De-Briefing im Anschluss an die Expedition mehr Geld verlangt. Erst als er mit einer formellen Beschwerde gedroht habe, so Mosedale, habe sie die nötigen Formulare abgezeichnet. Der Expeditionsleiter war auch deshalb besonders empört, weil aus seinem Team – wie berichtet – Lhakpa Thundu Sherpa durch Eisschlag ums Leben gekommen und ein weiterer Bergsteiger verletzt worden war: „Selbst wenn die Verbindungsoffizierin da gewesen wäre, als wir die komplexe Rettungs- und Bergungsaktion auf die Beine stellten, wäre sie garantiert keine Hilfe gewesen.“ Seit Monaten liegt ein Vorschlag des nepalesischen Bergsteigerverbands NMA auf dem Tisch. „Wir haben der Regierung vorgeschlagen, künftig nur noch einen Verbindungsoffizier pro Berg zu entsenden und nicht mehr 30 bis 40 wie bisher am Everest oder anderen Bergen“, sagte mir kürzlich NMA-Präsident Ang Tshering Sherpa.

Falsche Koordinaten, falsche Namen

Eine weitere große Baustelle ist die Freigabe angeblich oder wirklich noch nicht bestiegener Berge in Nepal. Im Frühjahr 2014 hatte die Regierung in Kathmandu eine Liste mit 104 Bergen veröffentlicht, die nun zur Erstbesteigung freigegeben seien. Es stellte sich heraus, dass die angegebenen Satellitenkoordinaten teilweise fehlerhaft oder ungenau waren. Zudem entpuppte sich etwa die vermeintliche Erstbesteigung eines Sechstausenders im Rolwaling-Tal in diesem Herbst als Wiederholung, weil der Berg zuvor unter einem anderen Namen geführt worden war.

Keine Kontinuität

Berg im Khumbu

Berg im Khumbu

Darüber hinaus gibt es in Nepal noch jede Menge Berge, die noch gar nicht auf den offiziellen Listen als mögliche Ziele für Bergsteiger erfasst wurden. Entdeckst du einen solchen namenlosen Berg für dich und möchtest ihn erstmals besteigen, wird es richtig schwierig. Im Tourismusministerium gibt es dafür kein geregeltes Verfahren, um Permits zu erlangen. Was der eine Sachbearbeiter zugesagt hat, kann der nächste widerrufen. Solche Fälle hat es bereits gegeben. Sie werden sicher auch weiterhin vorkommen, berücksichtigt man, wie häufig in Nepal derzeit die Regierungen wechseln. Das derzeitige Kabinett ist bereits das siebte seit Anfang 2011.
Vor diesem Hintergrund ist auch die Tatsache kaum verwunderlich, dass die überfällige Reform der im so genannten „Tourism Act“ festgeschriebenen Regeln für Expeditionen (die dann natürlich auch für den Mount Everest gelten würden) weiter auf sich warten lässt. Alljährlich wird verkündet, dass die Beratungen begonnen hätten. In der Regel folgt darauf nichts – oder der nächste Regierungswechsel.

Verfahren vereinfachen

Was könnte helfen? In einem ersten Schritt sollte der bürokratische Wust entschlackt werden. Ein expeditionserfahrener österreichischer Bergsteiger, mit dem ich mich über das Problem austauschte, schlug beispielsweise vor, die „Logik umzudrehen“: An die Stelle der Liste von Bergen in Nepal, die bestiegen werden dürfen, könnte eine „Black List“ treten, auf der nur noch die verbotenen Gipfel verzeichnet sind. Alle anderen wären dann freigegeben, und die Permits könnten – wie jetzt – mit nach Gipfelhöhe gestaffelten Preisen erteilt werden. Will man einheitliche und dauerhafte Verfahren, würde es auch durchaus Sinn machen, die NMA damit zu beauftragen, alle Permits für Expeditionen in Nepal auszustellen. Bisher ist sie nur für Expeditionen auf Berge bis 6600 Meter Höhe zuständig. Die höheren Gipfel werden vom Tourismusministerium verwaltet. Mit den beschriebenen Folgen.

]]>
https://blogs.dw.com/abenteuersport/schlechtes-bergmanagement-in-nepal/feed/ 1
Zeitbombe Imja Tsho entschärft – vorerst https://blogs.dw.com/abenteuersport/zeitbombe-imja-tsho-entschaerft-vorerst/ Mon, 28 Nov 2016 16:24:38 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=34313 Abflusskanal am Imja-Gletschersee

Abflusskanal am Imja-Gletschersee

Es ist wie bei einer Regentonne. Die Regenmenge ist nicht steuerbar. Willst du verhindern, dass die Tonne überläuft, musst du Wasser ablassen. Nach diesem Muster ist jetzt der Wasserspiegel des Imja Tsho über einen Zeitraum von zwei Monaten um insgesamt 3,40 Meter gesenkt worden. Der Gletschersee im Everest-Gebiet, der an einigen Stellen knapp 150 Meter tief ist, war in den vergangenen Jahren in Folge des Klimawandels immer weiter angewachsen und zu einer Bedrohung für die talwärts gelegenen Dörfer geworden, vor allem Chukhung und Dingboche. Ein Bruch des natürlichen Damms hätte verheerende Folgen haben können. Soldaten der nepalesischen Armee waren an den Bauarbeiten für den Kanal beteiligt, über den insgesamt knapp vier Milliarden Liter Wasser kontrolliert abgelassen wurden. Nach Angaben der Regierung in Kathmandu „profitieren geschätzte 96.562 Menschen, darunter auch Touristen“ – für diese exakte Schätzung gehört Nepal ins Guinness-Buch der Rekorde 😉 – von dem Projekt, das rund drei Millionen US-Dollar kostete und von den Vereinten Nationen finanziert wurde. Daene McKinney, Professor für Umwelttechnik und Wasserbau an der Universität von Texas in Austin, war vor Ort und hat mir meine Fragen beantwortet.

Professor McKinney, Sie waren in das Entwässerungsprojekt am Imja-Gletschersee in der Everest-Region eingebunden. Als wie gefährlich bewerteten Sie die Situation vor dem Beginn des Projekts?

Imja Tsho, fotografiert aus dem All

Imja Tsho, fotografiert aus dem All

Wir haben das Risiko des Imja-Sees nun schon ein paar Jahre lang erforscht. Das schloss Untersuchungen und Messungen vor Ort ein, Rücksprache mit den lokalen Dorf-Gemeinschaften und detaillierte Computersimulationen. Unsere letzte Publikation (David Rounce et. al., 2016), stuft den See in der Kategorie „mittleres Risiko“ ein.  Diese Kategorie ergibt sich aus dem derzeitigen Status eines „niedrigen“ Risikos, das von dem See ausgeht, und der künftigen Einordnung eines „sehr hohen“ Risikos aufgrund der zu erwartenden kontinuierlichen Vergrößerung des Sees, die sich ergibt, sollten sich Lawinen in den See ergießen(die Betonung dabei liegt auf künftig, nicht derzeit).

Denken Sie, dass die Situation nun unter Kontrolle ist?

Die gerade herbeigeführte Absenkung des Wasserspiegels um drei bis dreieinhalb Meter hat natürlich den hydrostatischen Druck des Sees auf die Endmoräne zu einem gewissen Grad reduziert, das hilft. Aber der See wird sich weiter ausdehnen, in der Zukunft werden wir ein Problem bekommen. Außerdem wird sich der Zustand der kleinen Seen verschlechtern, die den Abfluss bilden, und sie werden aufgrund des Eiskerns der Moräne irgendwann mit dem großen See zusammenwachsen. Das wird den Druck auf die Moräne erhöhen, damit steigt auch in gewissem Umfang das Risiko.

Daene McKinney am Imja Tsho

Daene McKinney am Imja Tsho

Die nepalesische Regierung bezeichnete die Absenkung des Imja Tsho als „Meilenstein nicht nur für Nepal, sondern weltweit“. Es war ein Pilotprojekt. Wie realistisch ist es, das Imja-Modell auf andere potentiell gefährliche Gletscherseen zu übertragen?

Die Erfahrung der Bauarbeiten am Imja-See ist für die Region nützlich, zeigt sie doch, dass man solche Arbeiten überhaupt an entlegenen Orten im Hochgebirge ausführen kann. Allerdings wurden die Bemessungsgrundlagen für die Absenkung des Sees (mindestens drei Meter) willkürlich gewählt, ohne wissenschaftliche oder technische Grundlage. Das entsprach der Vorgehensweise am Tsho Rolpa (im Rolwaling Tal), dem bis dahin einzigen See in Nepal, der abgesenkt wurde. Man kann nur hoffen, dass bei Überlegungen für Absenksysteme an weiteren Seen, z.B. dem Thulagi-See (nahe dem Achttausender Manaslu gelegen), eine systematischere und wissenschaftlichere Methode gewählt wird, um zu entscheiden, welcher Wasserspiegel eines Sees als „sicher“ gilt.  

Es ist anzunehmen, dass der Klimawandel zu noch mehr Gletscherseen im Himalaya führen oder die Lage an bereits existierenden Seen verschärfen wird. Glauben Sie, dass man das Problem in den Griff kriegen kann?

Definitiv bilden sich Jahr für Jahr im Himalaya neue Seen und dehnen sich aus. Das wird auch in absehbarer Zukunft so bleiben. Einige dieser Seen werden auf Dauer die stromabwärts lebenden Dorfbewohner und die Infrastruktur bedrohen. Dieses Risiko muss eingeschätzt werden (daran arbeiten wir gerade). Um Menschen und Güter stromabwärts zu schützen, muss eine Definition her, welches Gefahrenniveau annehmbar ist. Wenn das Risiko zu hoch ist, müssen neue Sicherheitssysteme für die Seen mit dem entsprechenden Know-how entwickelt und umgesetzt werden.

]]>
Ang Tshering Sherpa: „Billiganbieter verderben die Branche“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/ang-tshering-sherpa-billiganbieter-verderben-die-branche/ Sat, 15 Oct 2016 21:00:14 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=33965 Ang Tshering Sherpa

Ang Tshering Sherpa

Die Zahlen machen Ang Tshering Sherpa Mut. „Wir hoffen, dass das Bergsteigen in Nepal sehr bald wieder richtig auflebt“, erzählt mir der Präsident des Nepalesischen Bergsteiger-Verbands NMA, als wir uns beim International Mountain Summit in Brixen treffen. Bei den von der Regierung verwalteten Bergen über 6500 Meter Höhe sei man in diesem Jahr, verglichen mit der Zeit vor dem verheerenden Erdbeben im April 2015, bereits wieder auf einem Niveau von 87 Prozent angelangt. Bei den Bergen unter 6500 Meter, die unter der Aufsicht der NMA stehen, habe sich der Markt sogar vollständig erholt. Im Trekkinggewerbe schwankten die Werte zwischen 40 und 50 Prozent, je nach Region, berichtet der NMA-Chef: „Wir müssen die Menschen in aller Welt wissen lassen, dass sie Nepal am meisten helfen, wenn sie unser Land besuchen. Jeder, der Zeit in Nepal verbringt, hilft dabei, die Wirtschaft wiederzubeleben und die Infrastruktur wieder aufzubauen.“

Weniger, dafür echte Verbindungsoffiziere

Mount Everest

Mount Everest

Beim Expeditionsbergsteigen gibt es einige Baustellen, die Ang Tshering als Präsident der NMA bearbeiten muss. So sorgte der Fall eines indischen Ehepaars weltweit für Schlagzeilen, das sich im vergangenen Frühjahr seine Everest-Urkunden erschlich, indem es Gipfelfotos anderer fälschte und als eigene ausgab. „Wir müssen solche Leute strenger und ernsthafter überwachen, weil sie dem Image der Bergsteiger wirklich schaden“, sagt der 62-Jährige. Die nepalesischen Verbindungsoffiziere sind dabei keine allzu große Hilfe. Meist kassieren sie von den Expeditionen ihr Geld, tauchen nicht in den Basislagern auf, bestätigen aber hinterher munter, dass Mitglieder der Teams den Gipfel erreicht haben. „Wir haben der Regierung vorgeschlagen, künftig nur noch einen Verbindungsoffizier pro Berg zu entsenden und nicht mehr 30 bis 40 wie bisher am Everest oder anderen Bergen“, verrät Ang Tshering.

Everest-Kandidaten sollten erfahrener sein

Ang Tshering (2.v.r.) mit Reinhold Messner (l.)

Ang Tshering (2.v.r.) mit Reinhold Messner (l.)

Doch es sei schwierig, solche Reformen durchzusetzen, „weil alle sechs bis acht Monate die Regierung wechselt. Du musst die neuen Verantwortlichen erst einmal überzeugen. Und wenn sie gerade dabei sind, es zu verstehen, werden sie wieder abgelöst.“ Deshalb ziehe sich auch die Diskussion über neue Bergsteiger-Regeln für den Mount Everest so in die Länge, sagt der NMA-Chef. Die Reform sei dringend nötig: „Der Everest ist der höchste Berg der Erde und nicht leicht zu besteigen. Egal, ob die Gipfelanwärter in den europäischen Alpen, sonstwo im Ausland oder auf den Bergen Nepals bergsteigen, sie sollten einfach mehr Erfahrung haben.“

Bergsteiger interessiert nur der Preis“

Wie viele andere, sieht auch Ang Tshering das Problem, dass vor allem neu auf den Markt drängende Expeditionsveranstalter aus Nepal die Kundschaft mit Dumpingpreisen anlocken. „Sie krallen sich auch Leute, die keine Ahnung vom Bergsteigen haben und nicht wissen, wie man mit der Ausrüstung umgeht. Diese Agenturen verderben die Tourismusbranche.“ Der Präsident der NMA leitet gleichzeitig Asian Trekking, einen der größten Expeditionsveranstalter des Landes. „Es darf nicht sein, dass die Sicherheitsmaßnahmen anderer nepalesischer Anbieter dadurch kompromittiert werden“, sagt Ang Tshering Sherpa. Es gebe durchaus erfahrene und gut organisierte Veranstalter in Nepal. „Aber die Bergsteiger schauen nur auf den Preis, nicht auf die Sicherheitsstandards. Das ist das Problem.“

]]>
Dorjee Lama Sherpa ist tot https://blogs.dw.com/abenteuersport/dorjee-lama-sherpa-ist-tot/ Fri, 23 Sep 2016 08:51:46 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=33667 Dorjee Lama Sherpa

Dorjee Lama Sherpa

Bei einem Erdrutsch im Trekkinggebiet um den Achttausender Manaslu in Nepal sind gestern nach Angaben der Rettungskräfte drei Nepalesen und ein spanischer Tourist ums Leben gekommen. Sechs weitere Mitglieder der Trekkinggruppe seien bei dem Unglück im Distrikt Gorkha schwer verletzt worden, hieß es. Unter den Toten ist Dorjee Lama Sherpa, ein in Nepal sehr bekannter Bergsteiger.  Der 35-Jährige war Präsident des nepalesischen Bergführer-Verbands NNMGA

Achtmal auf dem Everest

Dorjee Lama stammte aus dem Dorf Bhakanje im Solukhumbu, das rund 30 Kilometer Luftlinie südwestlich von Lhukla liegt, dem Eingangstor zum Everest-Gebiet. Mit 13 Jahren stieg er als Lastenträger ins Tourismusgeschäft ein. Später arbeitete der Sherpa als Trekkingführer, dann auch als Bergführer. Dorjee Lama bestieg achtmal den Mount Everest, sowohl von der nepalesischen Süd-, als auch von der tibetischen Nordseite aus. Mehrfach erreichte er auch den 8188 Meter hohen Gipfel des Cho Oyu in Tibet. Eine erfolgreiche Besteigung des Achttausenders Makalu stand ebenfalls in seinem Routenbuch.

R.I.P.

R.I.P.

Dorjee Lama galt als äußerst erfahrener Bergführer. Der Sherpa hatte ein Patent der Internationalen Vereinigung der Bergführerverbände IFMGA und bildete in Nepal Landsleute zu Bergführern aus. Auch „der Umweltschutz in der verletzlichen Bergwelt des Himalaya und die Schonung der Ressourcen“ lägen ihm sehr am Herzen, schrieb er einmal über sich. Dorjee Lama Sherpa hinterlässt seine Frau und drei Kinder. Er wird fehlen.

]]>
Die höchste Skischule der Welt https://blogs.dw.com/abenteuersport/die-hoechste-skischule-der-welt/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/die-hoechste-skischule-der-welt/#comments Thu, 25 Aug 2016 15:42:47 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=33541 Skikurs in Nepal

Skikurs in Nepal

Sie werden höchstwahrscheinlich nicht die elegantesten Skifahrer am Mera Peak sein, aber an Motivation und Begeisterung wird es ihnen ganz sicher nicht fehlen. Sechs nepalesische Bergführer haben sich vorgenommen, im September von dem 6476 Meter hohen „Trekkinggipfel“ in Nepal abzufahren. Begleitet werden sie von zwei Skilehrern aus Europa, dem Deutschen Julius Seidenader und dem Österreicher Michael Moik. Das Ungewöhnliche daran: Die Nepalesen standen im Februar zum ersten Mal auf Skiern. „Ich traue es ihnen zu, dass sie mit uns herunterfahren können“, sagt Julius.

Jugendlicher Leichtsinn

Ihre erste Erfahrung an einem Fast-Sechstausender haben diese nepalesischen Bergführer schon hinter sich. Nach dem dreiwöchigen Skitraining im Februar nahe dem Dorf Naa auf 4200 Metern im Rolwaling stiegen sie mit Tourenski auf den 5925 Meter hohen Ramdung Go und fuhren vom Gipfel ins Tal. „Die haben das super gemacht“, erzählt mir Julius, der gemeinsam mit nepalesischen Freunden den Skikurs auf die Beine gestellt hatte. „Es war sicher auch eine Portion jugendlicher Leichtsinn dabei. Nach drei Wochen Skifahren gleich den ersten Sechstausender zu machen, ist schon eine Ansage. Aber sie haben sich nichts gebrochen, und alle sind gut heruntergekommen.“

Total motiviert

Julius Seidenader

Julius Seidenader

Der 24-Jährige gehört zu den Gründungsmitgliedern der „Ski and Snowboarding Foundation Nepal“, die sich das Ziel gesetzt hat, jungen Nepalesen das Skifahren, Snowboarden und Skitourengehen beizubringen. „Ich bin kein verrückter Europäer, der den Nepalesen seine Ideen aufzwingt“, stellt Julius klar. „Es war eine nepalesische Idee, und sie soll auch dort umgesetzt werden. Die Jungs und Mädels sind total motiviert.“ Sein nepalesischer Freund Utsav Pathak, der in Kathmandu Tourismus studiert, sei mit der Idee an ihn herangetreten. „Wir wollten mit Jugendlichen zusammenarbeiten, auch Mädels auf die Ski und Snowboards bringen, das gab es noch nie in Nepal.“ Und so standen im Februar bei mäßigen Schneebedingungen im Rolwaling rund 30 junge Nepalesinnen und Nepalesen unter Anleitung von fünf Skilehrern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz erstmals auf den Brettern. „Die erste Skischule Nepals und die höchste der Welt“, jubelten die Macher des Projekts. Das Material dafür, 25 Paar gebrauchte Ski und vier Snowboards, stammten aus Spenden.

Nepalesen wollen als Skiguides arbeiten

Die jungen Leute träumen davon, einen neuen Tourismuszweig für Nepal zu erschließen. „Wir wollen keinen Ski-Alpinismus wie hier in Europa mit Skiliften und Skikanonen“, sagt Julius, der aus München stammt und jetzt in Wien studiert. „Wir streben einen sanften Tourismus an und setzen auf Skitouren.“ Fernziel sei es, Nepalesen zu Skilehrern auszubilden und auch den einheimischen Bergführern entsprechende Fähigkeiten zu vermitteln. „Die Nepalesen finden es cool, wenn sie langfristig als Skiguides arbeiten können“, berichtet Seidenader.

Schon jetzt gibt es Angebote von Skiexpeditionen in Nepal, etwa am Mera Peak. Doch die werden nicht von einheimischen, sondern ausländischen Bergführern mit Skierfahrung geleitet. Möglichkeiten für Skitouren gebe es viele in Nepal, etwa im Dolpo im Westen des Landes, doch dort fehle noch die nötige Infrastruktur, sagt Julius: „Wir brauchen ein wenig Sitzfleisch und Geduld“ – und Geld. Die „Ski and Snowboarding Foundation Nepal“ sammelt im Internet für ihr Projekt.

Bevor Julius im September erneut nach Nepal fliegt, wird er noch einen Zwischenstopp in Dubai einlegen. Der Leiter der dortigen Skihalle hat sich ihm gemeldet: „Er sagte, es gebe schon nepalesische Skilehrer: bei ihm in der Halle. Und die hätten auch Lust, ein paar Wochen im Jahr in einer Skischule in Nepal zu arbeiten. Für lau!“

]]>
https://blogs.dw.com/abenteuersport/die-hoechste-skischule-der-welt/feed/ 1
Schlag ins Gesicht: Keine Everest-Urkunden für Sherpas https://blogs.dw.com/abenteuersport/schlag-ins-gesicht-keine-everest-urkunden-fuer-sherpas/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/schlag-ins-gesicht-keine-everest-urkunden-fuer-sherpas/#comments Fri, 15 Jul 2016 14:28:09 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=33238 Mount Everest

Mount Everest

Es gibt Dinge, die muss man nicht verstehen. Wie die jüngste Entscheidung des nepalesischen Tourismusministeriums. Nach Informationen der in Kathmandu erscheinenden Zeitung „The Himalayan Times“ hat es das Ministerium abgelehnt, den Climbing Sherpas, die in diesem Frühjahr den Mount Everest bestiegen haben, die obligatorischen Gipfelzertifikate auszustellen.

Keine Expeditionsmitglieder

Die Behörde beruft sich auf die seit 2002 in Nepal geltenden „Regeln für Expeditionen“.  Darin heißt es, ein Gipfelzertifikat stehe jedem „Team-Mitglied einer erfolgreichen Expedition“ zu. Climbing Sherpas, die die Route mit Fixseilen sichern oder Kunden zum Gipfel führen, seien im Sinne des Gesetzes jedoch keine Expeditionsmitglieder und erhielten deshalb keine Urkunden, sagte Laxman Sharma, Direktor im Tourismusministerium, der „Himalayan Times“. In diesem Frühjahr hatten mehr als 250 Sherpas am Everest den höchsten Punkt auf 8850 Metern erreicht. Sie sollen jetzt leer ausgehen, ebenso die Climbing Sherpas an allen anderen Bergen Nepals, die höher als 6500 Meter sind.

Bergsteiger zweiter Klasse?

Es ist das erste Mal, dass Sherpas die Gipfelzertifikate verweigert werden, obwohl das Gesetz bereits 14 Jahre alt ist. Was die Regierung dabei reitet, ist mir völlig schleierhaft. Sie setzt ein schlimmes Signal. Es ist ein Schlag ins Gesicht der Sherpas. Sind sie nach Meinung der Verantwortlichen in Kathmandu etwa Bergsteiger zweiter Klasse? Sollen die Sherpas dafür bestraft werden, dass sie am Everest ihr Geld verdienen? Dann dürfte das Ministerium auch westlichen Bergführern keine Gipfelurkunde mehr ausstellen dürfen.

]]>
https://blogs.dw.com/abenteuersport/schlag-ins-gesicht-keine-everest-urkunden-fuer-sherpas/feed/ 1
Miss Hawley: „Ich bin einfach nur eine Chronistin“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/miss-hawley-ich-bin-einfach-nur-eine-chronistin/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/miss-hawley-ich-bin-einfach-nur-eine-chronistin/#comments Tue, 05 Apr 2016 08:56:04 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=32301 Miss Hawley in ihrem Haus in Kathmandu

Miss Hawley in ihrem Haus in Kathmandu

Als ich den Käfer sah, wusste ich, dass ich richtig war. Ich kannte die Straße, hatte aber keine Hausnummer, nur eine grobe Beschreibung, wo Miss Hawley in Kathmandu wohnt. Doch da stand er im Hof: der hellblaue VW-Käfer, Baujahr 1963. „Klar fährt er noch. Diese Käfer sind wirklich unglaublich langlebig“, sagt die legendäre Chronistin des Himalaya-Bergsteigens. Seit Jahrzehnten fährt die US-Amerikanerin mit dem hellblauen Auto vor den Hotels Kathmandus vor, um Bergsteiger zu ihren Himalaya-Expeditionen zu befragen. Die 92-Jährige sitzt allerdings nicht mehr selbst am Steuer, sondern lässt sich in ihrem Käfer chauffieren. „Ich kann doch mit Gehhilfe kein Auto fahren“, sagt Elizabeth Hawley und lacht verschmitzt. Seitdem sie sich die Hüfte gebrochen habe, sei sie nicht mehr ganz so mobil wie früher.

Mehr Angeber

Seit 1960 lebt Miss Hawley in Kathmandu. Seitdem hat sie in ihrer Chronik „Himalayan Database“ mehr als 4000 Expeditionen erfasst. Anfang arbeitete sie für die Nachrichtenagentur Reuters. „Damals wurde Bergsteigen ein wichtiger Bestandteil der Arbeit ausländischer Korrespondenten in Nepal“, erinnert sich Hawley. Von den Everest-Erstbesteigern Edmund Hillary und Tenzing Norgay, über Reinhold Messner bis zu den Kunden der kommerziellen Expeditionen dieser Tage – die Chronistin hat alle Typen von Bergsteigern getroffen. Ich möchte von ihr wissen, ob heute mehr geflunkert wird als früher. „Ist der Prozentsatz der Lügner pro Expedition wirklich angestiegen? Ich glaube nicht“, sagt Miss Hawley. „Die kommerziellen Bergsteiger prahlen vielleicht eher mit ihren Erfolgen.“

Viele nicht ertappt

Der höchste Berg, den sie selbst je bestiegen habe, sei nur rund 1000 Meter hoch gewesen, erzählt die alte Dame. „In Vermont in New England. Aber ein Berg? Nein, eigentlich war es eher ein Hügel wie die hier rund um Kathmandu.“ Trotzdem gelang es der US-Amerikanerin immer wieder, Bergsteiger, die vorgaben, Achttausender oder andere hohe Gipfel in Nepal bestiegen zu haben, als Lügner zu ertappen. Einige seien von anderen Bergsteigern beobachtet worden, andere hätten sich in Widersprüche verstrickt: „Manch einer klang wirklich verdächtig. Aber ich bin mir sicher, dass mir auch viele durch die Lappen gegangen sind.“

Auf dem Rücken des Sherpas

Nordseite des Mount Everest

Nordseite des Mount Everest

Sie schildert den Fall des Japaners Tomiyasu Ishikawa, der 2002 den Everest von Norden aus bestieg. Der 65-Jährige war „damals der Älteste, der den Gipfel erreicht hatte, aber hatte er ihn auch bestiegen? Wie viele bemerken diesen kleinen Unterschied?“, fragt Miss Hawley. Der Japaner sei im Gipfelbereich müde geworden. „Er erreichte den Gipfel auf dem Rücken eines Sherpas.“ Altersgrenzen für Everest-Bergsteiger nach oben – wie von der nepalesischen Regierung 2015 angekündigt – hält Miss Hawley für überflüssig, für junge Menschen befürwortet sie dagegen strengere Regeln: „Kleine Kinder sollten nicht auf Berge steigen, schon gar nicht auf den Everest. Sie sind nicht stark und entwickelt genug, sowohl körperlich als geistig.“

An den Tisch geklammert

Die anstehende Frühjahrssaison erwartet Miss Hawley mit Spannung: „Ich bin wirklich neugierig, was in diesem Jahr passiert. Wahrscheinlich wird die Zahl der Bergsteiger geringer ausfallen, weil die Leute Angst vor weiteren Erdbeben haben. Wir haben ja immer noch gelegentlich Nachbeben.“ Das verheerende Beben am 25. April 2015 habe sie in ihrem Haus erlebt. „Ich saß am Tisch und habe mich einfach festgehalten. Du wartest, bis es vorbei ist und dann machst du einfach weiter.“ Wie viele andere in Nepal spricht auch Miss Hawley von einem noch stärkeren Beben, das bevorstehen könnte. „Ich hoffe, ich bin dann wieder in der Nähe meines stabilen Tisches“, sagt die 92-Jährige und lacht.

Die Nachfolgerin

Billi Bierling

Billi Bierling

Die Arbeit an ihrer Himalaya-Chronik will Miss Hawley an ihre deutsche Assistentin Billi Bierling übertragen. „Vielleicht weiß sie es, vielleicht auch nicht. Wir arbeiten sehr gut zusammen. Sie ist gut, sie ist verrückt, sie ist schnell.“ So ganz kann sich Elizabeth Hawley allerdings selbst noch nicht vorstellen, sich völlig auszuklinken: „Es hängt davon ab, wie es klappt. Vermutlich werde ich sie auch mal kritisieren. Aber ich hoffe, ich mache es nicht.“

 

Ohne Allüren

Kürzlich hat die nepalesische Regierung einen Sechstausender „Peak Hawley“ getauft. „Kein Berg sollte nach einer Person benannt werden und ganz bestimmt nicht nach mir“, wiegelt Miss Hawley ab. „Ich dachte, es sei ein Scherz.“ Sie solle es als Auszeichnung nehmen, entgegne ich. „Von mir aus, aber eine lustige Auszeichnung“, sagt Hawley kichernd. Mit Spitznamen kann sie auch nichts anfangen. Ich erwähne „Mama Himalaya“, „Miss Marple von Kathmandu“ und „Sherlock Holmes der Berge.“ Miss Hawley grinst: „Ganz ehrlich, diese Bezeichnungen habe ich noch nie gehört. Die kannst du behalten. In einem Buch und einem Dokumentarfilm wurde ich auch schon als ‚Wächterin der Berge‘ bezeichnet. Ich bewache sie doch nicht. Ich bin einfach nur eine Chronistin.“

]]>
https://blogs.dw.com/abenteuersport/miss-hawley-ich-bin-einfach-nur-eine-chronistin/feed/ 2
Everest-Jobs der Zukunft sichern https://blogs.dw.com/abenteuersport/everest-jobs-der-zukunft-sichern/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/everest-jobs-der-zukunft-sichern/#comments Sat, 02 Apr 2016 07:00:34 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=32289 Dawa Gyaljen Sherpa

Dawa Gyaljen Sherpa

Er gehört zu den Sherpas, die in diesem Jahr einen Bogen um den Mount Everest machen. „Ich habe einfach keine Zeit”, sagt Dawa Gyaljen Sherpa, als ich ihn während meines Nepalbesuchs in einem Kaffee in Kathmandu treffe. Der 29-Jährige arbeitet für einen Veranstalter, der Trekkingreisen organisiert. „Vielleicht klappt es ja 2017 wieder. Ich bin gefragt worden, ob ich dann ein Everest-Team leite. Mal sehen, ob ich so viel Urlaub nehmen kann.“ Viermal stand der Sherpa, der im Khumbu-Gebiet in einem kleinen Dorf westlich von Namche Bazaar geboren wurde, bereits auf dem höchsten Punkt der Erde: 2005, 2007, 2008 und 2009. Die anstehende Frühjahrssaison könnte die Weichen für die Zukunft stellen, glaubt Dawa.

An Nachbeben gewöhnt

„Wenn es wieder Unglücke wie 2014 und 2015 geben sollte, dürften die Leute endgültig verschreckt sein“, erwartet Dawa. „Wenn die Expeditionen jedoch erfolgreich sind, wird die Zahl der Bergsteiger am Everest 2017 und auch 2018 bestimmt nach oben gehen.“ Er sei froh, dass inzwischen wieder viele Ausländer bereit seien, nach Nepal zu reisen, um die Wirtschaft des vom Erdbeben gebeutelten Landes anzukurbeln. Dawa denkt nach eigenen Worten kaum noch an das Beben vom 25. April 2015, nicht zuletzt wegen der mehr als 400 Nachbeben der Stärke 4 und höher: „Manchmal registriere ich die Erdstöße der Stärke 4,5 oder 5 gar nicht mehr, weil ich mich daran gewöhnt habe. Es ist für mich fast normal geworden. Wir haben eine sehr gefährliche Situation überlebt, jetzt fühle ich mich sicher. Doch es gibt immer noch Gerüchte, dass uns ein weiteres starkes Erdbeben bevorsteht.“

Unmöglich, unbefangen zu sein

Rettungshubschrauber über dem Khumbu-Eisbruch (2014)

Rettungshubschrauber über dem Khumbu-Eisbruch (2014)

Die Sherpas seien fest entschlossen, die diesjährige Everest-Saison erfolgreich zu gestalten. „Schließlich geht es auch darum, ihre Arbeitsplätze in der Zukunft zu sichern“, sagt Dawa Gyaljen. „Ich würde nicht von Druck sprechen, eher von einer speziellen Herausforderung. Sie werden sich richtig ins Zeug legen, um in diesem Jahr den Gipfel zu erreichen.“ Im Frühjahr 2014 gehörte der junge Sherpa zu den Ersten, die nach dem Lawinenabgang im Khumbu-Eisbruch die Unglücksstelle erreichten und mit der Bergung der Verletzten und Toten begannen. 16 nepalesische Bergsteiger kamen damals ums Leben, drei von ihnen blieben verschollen. Ich frage Dawa, ob er nach dieser Erfahrung wieder unbefangen durch den Eisbruch klettern könnte. „Ich denke, davon kann sich keiner frei machen. Wenn wir jetzt an der Unglücksstelle vorbeikommen, werden wir uns wohl fühlen, als ob da immer noch Blutspuren wären oder jemand in der Spalte hinge.“

Besser ausgebildet

Dawa am Lobuche Peak

Dawa am Lobuche Peak

Dawa Gyaljen findet, dass die Everest-Anwärter inzwischen im Vergleich zu früheren Jahren bessere Bergsteiger seien. „Es gibt nur noch ein paar wenige, die nicht wissen, wie man Steigeisen anlegt“, sagt der 29-Jährige. Zudem seien auch die Sherpas inzwischen viel besser ausgebildet, viele hätten die Praxiskurse durchlaufen, die der nepalesische Bergsteiger-Verband NMA zweimal im Jahr anbiete. Die Sherpas seien schließlich für ihre Kunden verantwortlich, meint Dawa: „Denn wenn etwas Schlimmes passiert, wirft man ihnen vor, nicht auf ihre Schützlinge aufgepasst zu haben. Ich höre immer wieder diese Geschichten von Sherpas, die ihre Kunden auf halbem Weg im Stich gelassen haben.“ Gut ausgebildete und erfahrene Sherpa-Bergführer täten dies nicht. „Wenn die Kunden aber entgegen dem Rat ihres Sherpas weiter aufsteigen und etwas passiert, dann sind sie selbst verantwortlich.“

P.S.: Der gestrige Artikel zur Everest-Castingshow war natürlich ein Aprilscherz, die beteiligten Personen frei erfunden. 🙂 Aber Scherz beiseite, erscheint euch so etwas wirklich unmöglich?

]]>
https://blogs.dw.com/abenteuersport/everest-jobs-der-zukunft-sichern/feed/ 2
Brennende Berge https://blogs.dw.com/abenteuersport/brennende-berge/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/brennende-berge/#comments Tue, 22 Mar 2016 11:19:00 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=32203 Everest, Lhotse, Makalu (v.l.n.r.)

Everest, Lhotse, Makalu (v.l.n.r.)

Perfektes Timing. Gerade als wir den 5380 Meter hohen Gipfel des Aussichtsbergs Gokyo Ri erreichen, färben sich die Wolken um die Spitzen der Achttausender Mount Everest, Lhotse und Makalu orange. „Die Berge brennen“, sagt unser Bergführer Dipak Giri. Nach und nach trifft das erste Sonnenlicht auch die anderen Gipfel um uns herum: den Achttausender Cho Oyu, die Sechstausender Cholatse, Kangtega, Thamserku, in der Ferne den Gaurishankar. Ein 360-Grad-Panorama, das seinesgleichen sucht. Wir waren die Einzigen, die um 4 Uhr früh aus Gokyo auf 4770 Metern aufbrachen, um dieses einzigartige Schauspiel zu bewundern. Jetzt sitzen wir unter den Gebetsfahnen und trauen unseren Augen kaum.

Champions League der Erinnerungen

Cho Oyu im ersten Sonnenlicht

Cho Oyu im ersten Sonnenlicht

Wer nicht an Gott glaubt, hier könnte er vielleicht den Glauben finden. Dieser Augenblick ist so großartig, geradezu magisch. Fast zu schön, um wahr zu sein. Du versuchst, den Moment in dich aufzusaugen und in eine virtuelle Plastiktüte zu stecken, damit du ihn irgendwann wieder auspacken kannst. Leider gelingt das selten. Aber dieser Sonnenaufgang gehört zweifellos in die Champions League meiner Erinnerungen. Ich bin einfach nur dankbar.

]]>
https://blogs.dw.com/abenteuersport/brennende-berge/feed/ 1
„Der Everest-Rekord bedeutet mir nichts“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/der-everest-rekord-bedeutet-mir-nichts/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/der-everest-rekord-bedeutet-mir-nichts/#comments Fri, 18 Mar 2016 13:12:01 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=32181 Phurba Tashi vor seiner Lodge in Khumjung

Phurba Tashi vor seiner Lodge in Khumjung

Phurba Tashi ist kein Mann vieler Worte. Der 45-Jährige antwortet freundlich, aber kurz. „In diesem Jahr werde ich definitiv nicht auf den Mount Everest steigen“, erzählt mir Phurba, als wir für ein paar Minuten auf einer Bank vor seiner „Tashi Friendship Lodge“ im Dorf Khumjung Platz nehmen. Eigentlich hat er gar keine Zeit, denn seine Familie ist zu einer religiösen Zeremonie zusammengekommen, um Phurbas Eltern zu gedenken, die beide im vergangenen halben Jahr gestorben sind. Einige buddhistische Mönche sind dazu in seine Lodge gekommen. „Der Tod meiner Eltern ist auch der Grund, warum ich diesmal auf den Aufstieg verzichte“, sagt Phurba.

Nur im Basislager

Windfahne vom Gipfel des Everest (heute)

Windfahne vom Gipfel des Everest (heute)

21-mal hat er den höchsten Punkt der Erde bereits erreicht. Gemeinsam mit Apa Sherpa (der seine Karriere längst beendet hat) hält Phurba Tashi damit den Rekord der meisten Everest-Besteigungen. Mit 28 Jahren war er erstmals oben, 2013 zum bisher letzten Mal. In einigen Saisons bestieg Phurba den Everest zwei- oder sogar dreimal. In diesem Frühjahr wird er im Basislager bleiben, um die Arbeit der Climbing Sherpas zu koordinieren – für den neuseeländischen Expeditionsveranstalter Himalayan Experience. „Ich habe schon bei 30 bis 40 Expeditionen für Russell Brice  gearbeitet, den Chef von Himex“, erzählt Phurba. In diesem Frühjahr bestehe das Team nur aus sechs Kunden.

Schwarzes Jahr gilt nicht für Bergsteiger

Vom Erdbeben gezeichnet: Stupa in Khumjung

Vom Erdbeben gezeichnet: Stupa in Khumjung

Ich glaube, dass es in dieser Saison Gipfelerfolge geben wird“, sagt Phurba. „In diesem Winter hatten wir wenig Schnee. Und die Icefall Doctors leisten gute Arbeit.“ Die buddhistischen Lamas hätten zwar für die Sherpas ein schwarzes Jahr vorhergesagt, aber das betreffe nicht die Bergsteiger. „2017 werde ich vielleicht wieder selbst aufsteigen – wenn alles zusammenpasst.“ Ob es ihn nicht jucke, alleiniger Everest-Rekordhalter zu werden, will ich wissen. „Nein, der Rekord bedeutet mir nichts“, antwortet Phurba. „Es ist viel wichtiger, wieder gesund herunterzukommen. Schließlich habe ich eine Frau und fünf Kinder, die ich versorgen muss.“

Dann verabschiedet sich Phurba Tashi. Er müsse zurück zur Familie. Als wenig später einer der Mönche an die frische Luft tritt, frage ich ihn, ob das vorausgesagte schwarze Jahr für die Sherpas wirklich nicht für Bergsteiger gelte. Der Mönch lacht und meint: „Alles gut. Die können ruhig dort hinaufsteigen.“

Kokosnuss mit Haaren

Der Yeti-Schädel

Der Yeti-Schädel

In Khumjung bestaunte ich auch den berühmten „Yeti-Schädel“. Der lagert in einem Tresor in der Gompa, dem kleinen Kloster des Dorfes. Für 250 Rupien (etwa 2,50 Euro) öffnet ein alter Angesteller der Gompa, der die Schlüsselgewalt hat, kurz den Tresor. Und da liegt neben ein paar Butterlampen der vermeintliche Schädel des angeblichen Himalaya-Ungeheuers – und sieht doch eher aus wie eine Kokosnuss mit Haaren. 😉

P.S.: Ich werde mich jetzt möglicherweise ein paar Tage lang nicht melden. Geplant ist, zum Gokyo Ri aufzusteigen, einem 5380 Meter hohen Aussichtsberg und dort das grandiose Panorama zu genießen – wenn das Wetter passt. Dann bringe ich euch natürlich auch ein paar schöne Bilder mit.

]]>
https://blogs.dw.com/abenteuersport/der-everest-rekord-bedeutet-mir-nichts/feed/ 1