Everest-Ski-Permit – eine Farce!
Auf die Idee musst du erst einmal kommen. Wenn du den Mount Everest besteigen und dabei irgendwann auch mal die Ski anschnallen willst, benötigst du ein spezielles Permit. Diese Erfahrung mussten der 20 Jahre alte US-Amerikaner Matt Moniz und sein Mentor, der 49-jährige Argentinier Willie Benegas, machen. Die Zeitung „Himalayan Times“ berichtet unter Berufung auf Quellen im Tourismusministerium, den beiden Bergsteigern drohe jetzt sogar, dass ihnen die Erlaubnis, in diesem Frühjahr Everest und Lhotse zu besteigen, entzogen werde. Dabei hatte alles so gut begonnen. „Nach 10 Jahren, in denen ich davon geträumt habe, ist es passiert! Ich habe es geschafft, mit Skiern von Lager 3 am Everest auf 7200 Metern nach Lager 2 auf 6400 Metern abzufahren“, freute sich Benegas. „Gar nicht so schwierig, aber du brauchst definitiv gute Augen, um das Gelände zu lesen. Eine Eisplatte zu erwischen, wäre eine schlechte Sache.“ Dass sie sich mit ihrer Abfahrt aber auf bürokratisches Glatteis begeben hatten, ahnten Matt und Willie nicht.
Kein Grund für ein schlechtes Gewissen
Plötzlich sahen sie sich mit dem Vorwurf des Tourismusministeriums konfrontiert, sie seien illegal abgefahren, weil sie nur ein Besteigungspermit für Everest und Lhotse hätten, nicht aber das erforderliche „Ski-Permit“. „Wir wussten nicht, dass es ein solches Permit gibt“, twitterte Moniz und kündigte demütig an, dass sie umgehend die geforderten 1000 Dollar pro Mann plus eine Müllgebühr von 500 Dollar bezahlen würden. Ein schlechtes Gewissen müssen die beiden nicht haben. Ihr Verbindungsoffizier war (oh Wunder!) nicht im Basislager. Andere Vertreter des Ministeriums zu Füßen des Everest sagten nichts, als Matt und Moniz mit Skiern loszogen. Die große Mehrheit der ausländischen Bergsteiger dürfte in Sachen Existenz eines solchen Ski-Permits auch völlig ahnungslos gewesen sein. Im „Tourism Act, 2035“, in dem die Regierung Nepals die Expeditionsregeln zusammengefasst hat, findet sich schließlich nichts über die Notwendigkeit, für Skiabfahren eine gesonderte Genehmigung zu erwerben. Einen ähnlichen Fall hatte es lediglich im Herbst 2013 gegeben. Damals hatten die beiden italienischen Skibergsteiger Federico Colli und Edmond Joyeusaz am Lhotse ebenfalls Ärger wegen eines zunächst fehlenden Ski-Permits bekommen.
Stitzinger: „Reine Geldschinderei“
Der Argentinier Willie Benegas ist ein „alter Hase“ im Himalaya. Seit über 20 Jahren organisiert er mit seinem Zwillingsbruder Damian Expeditionen. Elfmal hat Willie bereits den Everest bestiegen. Wenn selbst er nicht wusste, dass es überhaupt Ski-Permits gibt, sagt dies einiges aus. Auch für den deutschen Ski-Bergsteiger Luis Stitzinger, der sieben Achttausender bestiegen hat und in dessen Gepäck seine Skier eigentlich nie fehlen, ist die Existenz eines solchen Spezial-Permits völlig neu. „Wir sind niemals auf so etwas hingewiesen worden“, schreibt mir der 49-Jährige. „Das halte ich auch für reine Geldschinderei, was sollte an Skifahren so viel anders sein?“
Informationen nur auf Nepali
Julius Seidenader ist einer der wenigen aus der Himalaya-Szene, die über Ski-Permits überhaupt Bescheid wissen. Der 26 Jahre alte Deutsche gehört zu den Gründungsmitgliedern der „Ski and Snowboarding Foundation Nepal“, die sich das Ziel gesetzt hat, jungen Nepalesen das Skifahren, Snowboarden und Skitourengehen beizubringen. Nach Seidenaders Worten werden Ski-Permits für Gruppen von maximal 20 Personen ausgestellt und sind nur zehn Tage gültig. Für die ersten zehn Expeditionsmitglieder kostet das Permit 1000 Dollar, ab der 11. Person je 100 Dollar. Zudem muss ein zusätzlicher Verbindungsoffizier engagiert werden. Diese Informationen gebe es jedoch nur auf Nepali, nicht auf Englisch, sagt Julius. Vor diesem Hintergrund wäre es ein Skandal, sollten Matt Moniz und Willie Benegas ihre Permits für Lhotse und Everest wirklich verlieren. Eine Farce ist es schon jetzt.
Update 10. Mai: 150 Climbing Sherpas haben die Regierung Nepals in einem Brief aufgefordert, Benegas und Moniz nicht die Permits für Everest und Lhotse zu entziehen. Sie wiesen auf die Verdienste der Benegas-Brüder um Nepal in den vergangenen beiden Jahrzehnten hin. Die beiden Argentinier hätten vielen Nepalesen Arbeit gegeben und sich zudem am Everest an zahlreichen Rettungsaktionen beteiligt.