David Göttler – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 David Göttler: „Mehrere Achttausender im Visier“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/david-goettler-mehrere-achttausender-im-visier/ Tue, 04 Sep 2018 13:56:14 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=41931

David Göttler

Sie haben zwei Zuhause. Den Winter verbringen der deutsche Profibergsteiger David Göttler und seine Lebensgefährtin Monica Piris in Chamonix am Mont Blanc, den Sommer in Monicas Heimat Nordspanien, zwischen Bilbao und Santander, „da, wo Spanien noch richtig grün ist“, schwärmt David. In diesem Sommer war Göttler – wie berichtet – mit leeren Händen aus Pakistan zurückgekehrt. Das schlechte Wetter hatte ihm und seinem Teamkameraden, dem Italiener Hervé Barmasse, am 7932 Meter hohen Gasherbrum IV im Karakorum einen Strich durch die Rechnung gemacht. Gestern feierte Göttler in Spanien seinen 40. Geburtstag – nicht in den Bergen, sondern auf der Baustelle, wie er mir erzählt, als ich ihm nachträglich gratuliere: „Ich habe meinen Trainingsraum fertiggestellt. Von daher war es auch ein guter Tag.“

40 Jahre, David, das ist schon eine Marke. Viele blicken dann auf ihr Leben zurück oder schmieden Pläne für die Zukunft. Du auch?

Für mich war es eigentlich ein ganz normaler Geburtstag. Allerdings grübelt man schon ein bisschen darüber nach, dass jetzt vielleicht die Mitte des Lebens erreicht ist. Ich habe nicht das Gefühl, etwas verpasst oder falsch gemacht zu haben. Aber ich freue mich auch auf die nächsten 40 Jahre. Mein Vater wird im nächsten Winter 79 Jahre alt und ist noch jeden Tag in den Bergen unterwegs, mit dem Gleitschirm oder Snowboard oder beim Klettern. Wenn ich von diesen Genen nur ein bisschen geerbt habe, dann habe ich noch weitere 40 gute Jahre vor mir. Gerade im Höhenbergsteigen kann ich jetzt noch in den nächsten Jahren gute Sachen machen. Und darauf freue ich mich total.

David mit Ueli Steck (l.) im Frühjahr 2016

Hast du vielleicht gestern auch an Ueli Steck gedacht, mit dem zusammen du im Frühjahr 2016 an der Shishapangma-Südwand warst. Er ist im vergangenen Jahr am Nuptse tödlich abgestürzt – mit vierzig Jahren. Machst du dir Sorgen, du könntest auch selbst einmal die Schraube überdrehen?

Ich versuche eigentlich immer, sehr bewusst mit dem Risiko umzugehen – wie Ueli es übrigens auch getan hat.  Ich habe gestern im Laufe des Tages schon mal an ihn gedacht, aber eher mit Blick auf meine Zukunft: Es wäre so schön gewesen, mit ihm neue Ziele planen zu können.

Welche Ziele hast du dir denn gesteckt?

Ich habe mir erst mal vorgenommen, im Flachland einen Marathon in einer vernünftigen Zeit zu laufen. Das werde ich wahrscheinlich Anfang Dezember angehen. Auf längere Sicht, für die nächsten etwa fünf Jahre, habe ich ein paar Achttausender, die mich besonders interessieren. Auch der Gasherbrum IV, an dem Hervé und ich in diesem Sommer waren, ist noch auf der Liste.

Yoga im Basislager

Welche Achttausender hast du konkret im Visier?

Ich habe mich noch nicht entschieden, in welcher Reihenfolge ich sie angehe. Aber einer der Achttausender auf meiner Liste ist der Kangchendzönga, an dessen faszinierender Nordseite 2003 meine Achttausenderkarriere begann und an dem ich mich gerne noch einmal versuchen möchte. Dann der Nanga Parbat, ein super spannender Berg, an dem ich schon einmal im Winter war (2014 hatte er mit dem Polen Tomek Mackiewicz ein Höhe von 7200 Metern erreicht). Der Mount Everest ohne Sauerstoff ist für mich ebenfalls noch ein Ziel, auch wenn dort so viele Menschen unterwegs sind. Ich würde es gerne mal ausprobieren, wie sich die letzten quasi 400 Höhenmeter mehr anfühlen im Vergleich zu den anderen Achttausendern, die ich bisher gemacht habe (David hat bisher fünf 8000er bestiegen: Gasherbrum II, Broad Peak, Dhaulagiri, Lhotse und Makalu). Auch der Gasherbrum I, den ich mir in diesem Sommer vom G IV aus angesehen habe, bietet noch viele Möglichkeiten für neue oder ungewöhnliche Touren jenseits des Normalwegs.

Mit Herve Barmasse (r.)

Du warst mit Herve Barmasse am Gasherbrum IV. Wie ist es euch dort ergangen?

Es war vom Wetter her eine super merkwürdige Saison im Karakorum. Die Leute wurden vielleicht von der Nachricht geblendet, dass es am K 2 so viele Gipfelerfolge wie nie zuvor gab. Aber auch am K 2 ist der Kommerz inzwischen angekommen: Von unten bis oben wird der Weg gesichert, viele Sherpas sind im Einsatz, treten die Spur und stellen die Lager auf. Fast alle waren mit Sauerstoff oben. An den anderen Achttausendern sah es ganz anders aus. Am Gasherbrum I und am Gasherbrum II etwa waren jeweils nur zwei Bergsteiger am Gipfel, Luis Stitzinger und Gianpaolo Corona am G I, Adam Bielecki und Felix Berg am G II. Das schlechte Wetter und die daraus resultierenden schwierigen Bedingungen am Berg haben uns auch am Gasherbrum IV zu schaffen gemacht und einen wirklichen Gipfelversuch verhindert.

Wie hoch seid ihr gekommen?

Unseren höchsten Punkt haben wir noch während der Akklimatisationsphase mit 7100 Metern erreicht, unterhalb der Ostwand. Beim Gipfelversuch sind wir nur bis Lager 1 auf 6000 Metern gekommen. Es hat die ganze Nacht geschneit, am Morgen immer noch, dazu null Sicht. Wegen zu hoher Lawinengefahr sind wir dann umgekehrt.

Unterwegs am Gasherbrum IV

Nicht nur ihr seid wegen des anhaltend schlechten Wetters mit leeren Händen heimgekehrt. Wie schon in den letzten Jahren waren die Verhältnisse in der klassischen Sommersaison im Karakorum  problematisch. Sollte man wegen der Auswirkungen des Klimawandels später im Jahr anreisen?

Wir haben im Basislager darüber diskutiert. Vielleicht muss man wirklich nicht mehr zu diesen „Old-School-Wetterfenstern“ anreisen, in denen früher die besten Verhältnisse herrschten. Das Klima verschiebt sich. Nicht nur niederschlagsreiche, sondern auch zu heiße und trockene Sommer sind für viele Projekte eher schlecht. Ich denke, man muss vielleicht künftig wirklich experimentieren und zu anderen Zeiten in den Karakorum reisen. In der klassischen Sommersaison scheint es immer schwieriger zu werden. 

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Gasherbrum IV-Gipfelversuche abgebrochen https://blogs.dw.com/abenteuersport/gasherbrum-iv-gipfelversuche-abgebrochen/ Thu, 02 Aug 2018 14:31:44 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=41725

Gasherbrum IV

Die Wetterverhältnisse im Karakorum bleiben schwierig. Der Deutsche David Göttler und der Italiener Herve Barmasse mussten ihren Versuch am Fast-Achttausender Gasherbrum IV aufgeben. Die beiden hatten sich ursprünglich vorgenommen, erstmals die Südwestwand des 7932 Meter hohen Bergs im Karakorum zu durchsteigen. „Für den Augenblick muss der G IV ein Klettertraum bleiben“, schreibt David auf Facebook. „Traurig und frustriert wurden wir durch nicht vorhergesagten Schneefall ins Basislager zurückgetrieben. Die Lawinengefahr ist zu groß.“ Auch die Spanier Oriol Baro, Roger Cararach, Iker Madoz und Marc Toralles brachen ihren Gipfelversuch wegen des schlechten Wetters ab und kehrten aus Lager 2 auf 6500 Metern zurück.  Sie hatten sich vorgenommen, den Gipfel über den noch unbestiegenen Südpfeiler zu erreichen.

Tolle Tour

Felix Bergs Gipfel-Selfie auf dem Gasherbrum II

An den Gasherbrum-Gipfeln hat es in dieser Saison bisher nur zwei Erfolge gegeben. Der Deutsche Luis Stitzinger und der Italiener Gianpaolo Corona erreichten am 18. Juli den 8080 Meter hohen Gipfel des Gasherbrum I, „nach einem Aufstieg durch wadentiefen Neuschnee, im Alpinstil, und ohne Verwendung von künstlichem Sauerstoff“, wie Luis auf Facebook berichtete. Zwei Tage zuvor hatten der Pole Adam Bielecki und der Deutsche Felix Berg den höchsten Punkt des Gasherbrum II auf 8034 Meter erreicht, ebenfalls ohne Flaschensauerstoff. „Es war eine tolle Tour“, erzählt mir Felix, inzwischen wieder zurück bei seiner Familie in der Schweiz. „Und das an einem Berg, der normalerweise überlaufen ist. Insofern war es mit dem Wetter Glück um Unglück.“ Drei Wochen lang habe es zuvor fast ununterbrochen geschneit. Die kommerziellen Expeditionen seien nicht über Lager 1 auf 5900 Metern hinausgekommen, darüber habe es keine Fixseile gegeben.

Logische Linie

Adam Bielecki am Westgrat

Auch Bielecki und Berg hatten ursprünglich zusammen mit Jacek Czech, einem weiteren Polen, den Gasherbrum IV über eine neue Route durch die Ostwand versuchen wollen. Den Gasherbrum II hatten sie eigentlich nur besteigen wollen, um sich zu akklimatisieren. Wegen des anhaltend schlechten Wetters disponierten sie um und beschlossen, im oberen Bereich des Bergs eine neue Routen-Variante durch die Westwand zu versuchen. „Der Normalweg ist bis hinauf nach Lager 3 auf 6900 Metern eine schöne gerade Linie, knickt dann aber nach rechts weg“, erklärt Felix. „Die Westwand ist eigentlich die logische Verlängerung dieser Linie bis zum Gipfel.“ Die brüchigen Felsplatten in der Wand hätten ihnen zu schaffen gemacht, sagt der 37-Jährige. „Wir konnten uns nicht absichern. Wir sind am Seil gegangen, mit ein, zwei Pseudosicherungen zwischen uns. Keiner hätte ausrutschen oder stürzen dürfen.“

Spaltensturz beim Abstieg

Die Spalte, in die Felix stürzte

Berg und Bielecki erreichten den Gipfel, überschritten ihn und stiegen auf dem Normalweg ab. Jacek Czech und der Russe Boris Dedeshko hatten vorzeitig dort umkehren müssen. Auf dem Weg hinunter ins Basislager erlebte Felix Berg noch eine Schrecksekunden. Kurz vor dem Ziel stürzte er 15 Meter tief in eine Gletscherspalte. Glücklicherweise waren Boris und er zu diesem Zeitpunkt angeseilt. „Ich hatte ziemliches Glück“, sagt Felix. „Ich zog mir nur ein paar Prellungen zu und eine Schnittwunde, die genäht werden musste. Aber für einen 15-Meter-Sturz ist es glimpflich ausgegangen.“

P.S.: Ich bin jetzt mal für gut zwei Wochen weg – aktiv die Seele baumeln lassen in den Alpen. 🙂

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Bangen um Alexander Gukov am Latok I https://blogs.dw.com/abenteuersport/bangen-um-alexander-gukov-am-latok-i/ Fri, 27 Jul 2018 13:59:20 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=41579

Alexander Gukov (2014)

Alexander Gukov muss weiter durchhalten. Am heutigen Freitag umhüllten dichte Wolken den 7145 Meter hohen Latok I im Karakorum in Pakistan. Der Hubschrauber der pakistanischen Armee, mit dem der 42 Jahre alte russische Bergsteiger vom Nordgrat gerettet werden soll, blieb am Boden. Wie gestern berichtet, steckt Gukov in 6200 Meter Höhe ohne Ausrüstung fest, sein Seilpartner Sergey Glazunov war beim Abseilen in den Tod gestürzt. „Verdammt! Wo kommen nur all die Lawinen her? Ich kann mir nicht mal Wasser kochen“, schrieb Alexander heute per SMS an Anna Piunova von mountain.ru. Später klang er wieder etwas optimistischer: „Mir ist es gelungen, ein halbes Snickers zu finden und auch etwas Wasser zu trinken.“ Seine Lebensmittelvorräte sind nach mehr als zwei Wochen am Berg längst aufgebraucht.

Mehrere Optionen

Hier wartet Gukov auf Hilfe

Noch ist nicht ganz klar, wie Gukov gerettet werden soll. Es gibt mehrere Optionen. Die Retter könnten versuchen, ihn vom Hubschrauber aus mit einem langen Seil vom Berg zu holen. Oder sie versorgen Alexander aus der Luft mit Lebensmitteln und Ausrüstung, sodass er selbstständig weiter absteigen kann. Eine weitere Möglichkeit wäre, dass andere Bergsteiger ihm auf dem Grat entgegensteigen. Der Italiener Herve Barmasse und der Deutsche David Göttler, derzeit am Fast-Achttausender Gasherbrum IV, haben ihre Hilfe angeboten, konnten bisher aber nicht zum Latok I gebracht werden. „Das schlechte Wetter setzt sich fort. Keine Chance zum Latok I zu fliegen“, schrieb Herve auf Instagram. Laut Wetterprognose könnte sich unter Umständen am Samstagvormittag ein kleines Fenster öffnen. Durchgreifend besser soll das Wetter aber erst ab Sonntag werden.

Update 28. Juli: Auch am heutigen Samstag war wegen Wolken am Berg kein Rettungsflug möglich. Die Batterie von Gukovs Satellitentelefon ist inzwischen leer, sodass er keine SMS mehr versenden kann. Ein Licht zeichnet sich am Horizont ab:  Das Wetter hat sich verbessert, hier und da ist der Himmel schon sichtbar, aber der Berg ist noch verhüllt. Für morgen sieht es gut aus“, berichtet Viktor Koval aus dem Latok I-Basislager.

Wetter am Sonntag

Update 29. Juli: Wieder nichts. In der Nacht von Samstag auf Sonntag fielen 20 Zentimeter Neuschnee. Der Latok I blieb in Wolken. Erst am Nachmittag konnte der Rettungshubschrauber aufsteigen. Sichtkontakt zu Gukov hatten die Piloten offenbar nicht. „Heute werden die Hubschrauber nicht mehr fliegen. Ich hoffe, Sascha hat uns gehört. Er hört, dass wir ihn nicht verlassen, nicht vergessen haben .Wir tun alles, was möglich ist, auch bei schlechtem Wetter. Morgen wird es laut Vorhersage von morgens bis abends klar sein. Hilf uns, Herr!“, schrieb Anna Piunova hinterher auf mountain.ru. 

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Drama am Siebentausender Latok I in Pakistan https://blogs.dw.com/abenteuersport/drama-am-siebentausender-latok-i-in-pakistan/ Thu, 26 Jul 2018 20:04:00 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=41553

Gukovs Position am Nordgrat des Latok I (s. Pfeil)

Daumendrücken für Alexander Gukov! Nach Informationen von Anna Piunova von der Internetseite mountain.ru sitzt der 42 Jahre alte russische Bergsteiger am Nordgrat des 7145 Meter hohen Latok I im Karakorum auf einer Höhe von 6200 Metern fest. Gukov habe am Mittwoch einen Notruf  abgesetzt: „Ich brauche Hilfe. Ich muss evakuiert werden. Ich hänge ohne Ausrüstung in der Wand.“ Sein 26 Jahre alter Kletterpartner Sergey Glazunov sei beim Abseilen in den Tod gestürzt.  

Rettung am langen Seil?

Offenbar waren die beiden am Dienstag auf einer Höhe von knapp 7000 Metern umgekehrt. Wegen schlechten Wetters mit Regen und Schneefall konnte ein Rettungshubschrauber der pakistanischen Armee bisher noch nicht aufsteigen. Es soll versucht werden, Gukov am langen Seil vom Berg zu holen. Einige Bergsteiger haben angeboten, sich an der Rettungaktion zu beteiligen – darunter der Italiener Herve Barmasse und der Deutsche David Göttler, die sich in diesem Sommer an der Südwestwand des 7925 Meter hohen Gasherbrum IV versuchen. Sie müssten mit dem Hubschrauber zum Latok I geflogen werden.

Vor zwei Wochen aufgebrochen

Alexander Gukov (l., 2014 mit Aleksei Lonchinsky)

Am 12. Juli waren Gukov und Glazunov aufgebrochen, um den Nordgrat erstmals bis zum Gipfel zu klettern. Spitzenkletterer aus aller Welt haben sich an dieser Aufgabe schon die Zähne ausgebissen. Seit dem legendären ersten Versuch 1978, als die US-Amerikaner Jeff und George Henry Lowe, Michael Kennedy und Jim Donini  im Sturm rund 150 Meter unterhalb des Gipfels hatten umkehren müssen, sind rund 30 Versuche gescheitert, die Route zu meistern. Gukov hat in der Szene einen Namen. 2015 erhielt er mit seinem Landsmann Aleksei Lonchinsky  für ihre neue Route durch die Südwand des 6618 Meter hohen Thamserku in Nepal den Piolet d’Or, den „Oscar der Bergsteiger“.

Mit gebrochenen Knochen zurück aus der Nordwand

Andere Mitglieder  der russischen Expedition zum Latok I hatten versucht, die Nordwand zu durchklettern. Wegen Steinschlags waren sie umgekehrt. „Wir haben den Abstieg ins Basislager überlebt, aber Helm, Rippe und Knochen sind gebrochen“, meldete Victor Koval nach Russland. „Am Ende traf uns eine Lawine.“  Eine slowenische Expedition ist ebenfalls vor Ort, um die Nordwand anzugehen.  Die beiden deutschen Kletterer Thomas Huber (der ältere der beiden „Huberbuam“ – der jüngere, Alexander Huber, ist derzeit mit Fabian Buhl am 6166 Meter hohen Choktoi Ri unterwegs, ebenfalls im Karakorum) und Rainer Treppte sowie der Südtiroler Simon Gietl sitzen quasi auf gepackten Koffern. Auch ihr Ziel: die Nordwand des Latok I.

Update 27. Juli, 11 Uhr: Alexander Gukov hat sich erneut bei Anna gemeldet: „Verdammt! Wo kommen nur die ganzen Lawinen her? Ich kann mir nicht mal Wasser kochen.“ Inzwischen wird erwogen, den Bergsteiger vom Hubschrauber aus mit Material zu versorgen. Möglicherweise wäre Alexander dann noch in der Lage, selbstständig abzusteigen. Herve Barmasse schreibt aus dem Gasherbrum-Basislager: „Das schlechte Wetter setzt sich fort. Keine Chance zum Latok I zu fliegen.“

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Italienischer Bergsteiger stirbt am Gasherbrum IV https://blogs.dw.com/abenteuersport/italienischer-bergsteiger-stirbt-am-gasherbrum-iv/ Wed, 11 Jul 2018 12:50:44 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=41379

Maurizio Giordano (1986 – 2018), R.I.P.

Dritter Todesfall der Sommersaison im Karakorum: Die italienische Nachrichtenagentur ANSA berichtet, Maurizio Giordano sei heute am 7925 Meter hohen Gasherbrum IV von einem Eisbrocken erschlagen worden. Das Unglück habe sich auf einer Höhe von rund 6300 Metern ereignet, als der 32-Jährige mit seinen Teamgefährten Marco Majori, Marco Farina und Daniele Bernasconi von Lager 2 aus abgestiegen sei. Die vier Mitglieder der italienischen Armee hatten sich vorgenommen, als Erste die Route ihrer Landsleute Walter Bonatti und Carlo Mauri über den Nordostgrat zu wiederholen, die vor 60 Jahren den Gasherbrum IV erstbestiegen hatten.

Drei Expeditionen am G IV

Gasherbrum IV

Im Jubiläumsjahr versuchen sich zwei weitere Expeditionen an dem technisch äußerst anspruchsvollen Berg im Karakorum. Die beiden Polen Adam Bielecki und Jacek Czech sowie der Deutsche Felix Berg wollen eine neue Route durch die Ostwand eröffnen. Der Deutsche David Göttler und der Italiener Hervé Barmasse planen, erstmals durch die Südwestwand zu klettern. – Am vergangenen Samstag war am K 2, dem zweithöchsten Berg der Erde, der Kanadier Serge Dessureault in den Tod gestürzt. Eine Woche zuvor war der Österreicher Christian Huber am Siebentausender Ultar Sar bei einem Lawinenunglück ums Leben gekommen.

 

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„Schönwetter-Störung“ im Karakorum https://blogs.dw.com/abenteuersport/schoenwetter-stoerung-im-karakorum/ Thu, 05 Jul 2018 14:28:23 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=41307

Viel Schnee am Gasherbrum II

Kurze Schneepause im Karakorum –oder, wie es Felix Berg am Gasherbrum II mit einem Augenzwinkern beschreibt, eine „kleine Schönwetter-Störung“.  Zeit für die Bergsteiger, die Nase endlich mal wieder in den Wind zu halten und die eigenen Pläne zu überdenken. Dominik Müller, Chef und Expeditionsleiter des deutschen Veranstalters Amical Alpin hat beschlossen, die Zelte am 8051 Meter hohen Broad Peak abzubrechen und heimzukehren. „Das gesamte Material aus Lager 1 konnte geborgen werden“, schreibt Dominik heute auf Facebook. „Im Moment schneit es schon wieder, und im Aufstieg gingen einige Lawinen ab!“ Für Sonntag seien die Träger bestellt.

Stitzinger: „Zu viel Schnee in den Flanken und Rinnen“

Auch das von Luis Stitzinger geleitete Amical-Team, das den 7082 Meter hohen Urdok Kangri II erstmals besteigen wollte, hat das Handtuch geworfen. „Seit unserer Ankunft im BC hat es tagelang durchgeschneit. Es liegt nun ein halber Meter Neuschnee, auf 6.000 oder 7.000 m Höhe bis eineinhalb Meter“, schreibt Luis auf Facebook. „Die Route sieht elegant aus, aber es liegt viel zu viel Schnee in Flanken und Rinnen.“ Für die nächsten drei Tage werde nochmals über ein halber Meter Neuschnee erwartet, so Luis. Deshalb werde die Expedition frühzeitig  beendet: „So eine Saison mit derart beständigem Schlechtwetter habe ich im Karakorum noch nicht erlebt.“

Wie Russisch Roulette

Alex Gavan (l.) und Tunc Findik

Auch an den anderen Achttausendern Pakistans haben die Schneefälle die Lawinengefahr erhöht. Ein weiterer Aufstieg sei derzeit wie „Russisches Roulette“, schrieb etwa der Rumäne Alex Gavan vor drei Tagen. Alex hatte mit seinem türkischen Teampartner Tunc Findik die Aktivitäten am Nanga Parbat unterbrochen. Die beiden wollen den 8125 Meter hohen Berg ohne Flaschensauerstoff besteigen.

Bargiel und Golab ziehen zum K 2 um

Am Achttausender Gasherbrum II erklärten die Polen Andrzej Bargiel und Janusz Golab ihre Akklimationsphase dort „wegen des heftigen Schneefalls“ für beendet. „Es wird Zeit, ins K 2-Basislager umzuziehen und uns auf unser Hauptziel zu fokussieren“, schreibt Bargiel auf Instagram. Der 30-Jährige plant die erste komplette Skiabfahrt vom 8611 Meter hohen Gipfel des K 2. Im vergangenen Jahr war Bargiel mit diesem Vorhaben am zweithöchsten Berg der Erde gescheitert – wegen zu schlechten Wetters.

Göttler und Barmasse wollen G IV-Südwestwand durchsteigen

Gasherbrum IV

Der deutsche Bergsteiger David Göttler und der Italiener Hervé Barmasse werden froh sein, sich erst spät auf den Weg in den Karakorum gemacht zu haben. Die beiden befinden sich noch auf dem Anreise-Trekking. Verpasst haben sie definitiv nichts. Göttler und Barmasse wollen am 7925 Meter hohen Gasherbrum IV erstmals die Südwestwand durchsteigen – im Alpinstil, also ohne Flaschensauerstoff, Hochlager und Hochträger.

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Japanern gelingt Coup am Shispare https://blogs.dw.com/abenteuersport/japanern-gelingt-coup-am-shispare/ Fri, 01 Sep 2017 14:30:37 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=37357

Kazuya Hiraide (l.) und Kenro Nakajima

Legt mal die Achttausender-Brille zur Seite! An einem nur unwesentlich niedrigeren Berg im Westen des Karakorum in Pakistan ist zwei japanischen Bergsteigern am 22. August eine außergewöhnliche Besteigung gelungen. Nach Angaben des Weltverbands der Bergsteiger und Kletterer (UIAA) durchstiegen Kazuya Hiraide und Kenro Nakajima als Erste die Nordostwand des 7611 Meter hohen Shispare.  In vier Tagen seien die beiden im Alpinstil durch die 2700 Meter hohe Wand zum Gipfel geklettert und anschließend über den Nordostgrat abgestiegen, hieß es.

Dramatische Rettungsaktion

Neue Japaner-Route auf den Shispare

Vor allem Hiraide ist in der Szene eine bekannte Größe.  Für die erste Durchsteigung der Südostwand des 7756 Meter hohen Kamet in Indien 2008 wurden er und seiner Landsfrau Kei Taniguchi mit dem Piolet d’Or ausgezeichnet. Taniguchi war die erste Frau, die den „Oscar der Bergsteiger“ erhielt.  Sie starb Ende 2015 im Alter von 43 Jharen bei einem Absturz in Japan.

In Deutschland wird sich vielleicht noch der eine oder andere im Zusammenhang mit Hiraide an eine dramatische Rettungsaktion im Herbst 2010 an der 6812 Meter hohen Ama Dablam im Khumbu-Gebiet erinnern:  Der Japaner und der deutsche Bergsteiger David Göttler waren nach der Durchsteigung der Nordwand über eine neue Route am Nordgrat in Bergnot geraten und hatten um eine Rettung per Hubschrauber gebeten.  Nachdem Göttler bereits sicher ins Tal gebracht worden war, touchierte der Hubschrauber beim Versuch, Hiraide an Bord zu nehmen, den Grat und stürzte ab. Die beiden Piloten kamen uns Leben. Der Japaner wurde einen Tag später von einer anderen Hubschrauber-Crew gerettet.

Viermal auf dem Everest

Am 25. Mai 2017 erreichte Kazuya als Kameramann einer japanischen Expedition exakt an seinem 38. Geburtstag bereits zum vierten Mal in seiner Karriere den Gipfel des Mount Everest. An der Nordostwand des Siebentausenders Shispare hatte sich Hiraide 2007 erstmals versucht,  2012 und 2013 an der Südwestwand. Jetzt wurde er für seine Hartnäckigkeit belohnt.

Todesfall nach Erstbesteigung

Shispare (hinten)

Der formschöne Shispare liegt im Hunza-Tal und ist ein echter Blickfang. Erstmals bestiegen wurde der Berg am 21. Juli 1974 von einer polnisch-deutschen Expedition  über den Nordostgrat.  Zu den sieben Erstbesteigern gehörten neben Leszek Cichy –  dem 1980 zusammen mit Krzysztof Wielicki die erste Winterbesteigung des Mount Everest gelang – auch die beiden Deutschen Hubert Bleicher und Herbert Oberhofer. Die beiden Letztgenannten schafften zwei Jahre später auch die Erstbesteigung des nahe gelegenen 7795 Meter hohen Batura Sar. Der Erfolg am Shispare 1974 wurde von einem Todesfall überschattet: Beim Gipfelversuch einer zweiten Gruppe wurde der deutsche Bergsteiger Heinz Borchers von einer Lawine erfasst und in eine Gletscherspalte geschleudert. Er blieb verschollen.

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Göttler und Barmasse klettern durch Shishapangma-Südwand https://blogs.dw.com/abenteuersport/goettler-und-barmasse-klettern-durch-shishapangma-suedwand/ Tue, 23 May 2017 06:52:28 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=36353

David Göttler am höchsten erreichten Punkt (im Hintergrund der Gipfel)

Wenige Meter haben bis ganz oben gefehlt, aber die Wand haben sie durchklettert. David Göttler und Hervé Barmasse stiegen am Sonntagmorgen in die Shishapangma-Südwand ein und kletterten in 13 Stunden bis knapp unter den 8027 Meter hohen Gipfel. „Eine letzte etwa zehn Meter lange Traverse und dann noch fünf Meter hoch auf den Gipfel waren uns von der Lawinengefahr her zu heikel“, schreibt mir David nach der Rückkehr ins Basislager. Ursprünglich hatten der 38-Jährige Deutsche und sein ein Jahr älterer Teampartner aus Italien eine neue Route durch die Südwand eröffnen wollen. Wie schon im Vorjahr, als David es mit dem Schweizer Ueli Steck versucht hatte, vereitelte das Wetter auch diesmal den Plan.

In Uelis Stil

David Göttler (l.) und Herve Barmasse (r.)

Wir hatten nur ein sehr kurzes Wetterfenster von ca. 24 Stunden mit wenig Wind und ohne Niederschlag“, schreibt Göttler. „Deshalb haben wir uns entschlossen, super leicht und schnell über die Girona-Route den Gipfel zu probieren.“ Die Route war 1995 von einem spanischen Team erstbegangen worden. Auch im Frühjahr 2016 war David mit Steck auf diesem Weg aufgestiegen, allerdings nur bis auf eine Höhe von 7800 Meter. Im vergangenen Februar hatten sich Steck, Göttler und Barmasse bei einem Intensiv-Trainingslager in Nepal gemeinsam auf ihre Expeditionen vorbereitet. Ueli war am 30. April am Nuptse in den Tod gestürzt. In ihren Gedanken sei er in der Shishapangma-Südwand mit dabei gewesen, sagt David. „Was mich persönlich glücklich macht ist, dass ich dieses Mal in dem Stil, den ich von Ueli gelernt habe, nach ganz oben gekommen bin. Und, dass Hervé und ich dort oben noch einen klaren Kopf hatten und auf die letzten Meter verzichtet haben. Diese Meter waren einfach, aber eben unserer Meinung nach bei diesen Bedingungen zu gefährlich.“

Wir wollen wiederkommen“

Einen weiteren Versuch, doch noch eine neue Route durch die Shishapangma-Südwand zu eröffnen, wird es nicht mehr geben – zumindest nicht in diesem Jahr. „Der Wetterbericht ist für die kommende Woche bis hin zum Ende des Monats nicht vielversprechend. Es kommt zwar um den 27. Mai herum nochmal weniger Wind, dafür aber Niederschlag“, schreibt Göttler. „Deshalb denken wir, dass wir keine Chance mehr für die neue Route haben. Wir werden hier für dieses Jahr zusammenpacken. Wir wollen aber wiederkommen.“ Beide kehren zufrieden aus Tibet heim, sagt David: „Für Hervé und mich war es eine der besten Leistungen, die wir bisher erbracht haben.“

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David Göttler an der Shishapangma: 4 Fragen, 4 Antworten https://blogs.dw.com/abenteuersport/david-goettler-an-der-shishapangma-4-fragen-4-antworten/ Sun, 14 May 2017 07:19:55 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=36187

Akklimatisierungsaufstieg für die Shishapangma-Südwand

David Göttler und Hervé Barmasse warten auf ihre Chance. Auf das Schönwetterfenster, das es ihnen erlaubt, in die Shishapangma-Südwand einzusteigen, wo sie – wie berichtet – eine neue Route klettern wollen. Im Gegensatz zum Mount Everest, wo sich derzeit auf beiden Seiten des Bergs Hunderte von Bergsteiger tummeln, sind der 38 Jahre alte Deutsche und der 39 Jahre alte Italiener in ihrem Basislager auf der Südseite der Shishapangma alleine. Ich habe David vier Fragen geschickt.

David, in welcher Phase befindet sich eure Expedition?

Wir haben unsere Akklimatisation am 9. Mai abgeschlossen. Da waren wir für eine Nacht auf einem Col (Pass) rechts der Shishapangma auf 6900 Metern. Jetzt sind wir im Basislager und warten auf ein gutes Wetterfenster. Die Möglichkeit für die neue Route haben wir uns gut aus dem ABC (dem vorgeschobenen Basislager) angeschaut und es hängt jetzt davon ab, was das Wetter hergibt.

David Göttler (l.) und Herve Barmasse (r.)

Wie sind die Verhältnisse am Berg?

Die Verhältnisse scheinen nicht so schlecht zu sein. Auf dem Pass waren sie sehr gut. Hoffentlich sind sie auch so in der Südwand. Da wir das Ganze ja im Alpinstil angehen wollen, waren wir dort ja noch nicht. 

Wie funktioniert ihr beide als Team? Wie ist eure Stimmung?

Die Stimmung ist super und positiv. Wir sind beide glücklich, das wir so gut und ohne Probleme auf 6900 Metern schlafen konnten. Auch die Route da hoch und runter war ein super Test für die Südwand. Wir haben viel Spaß, und es ist irgendwie etwas Besonderes für uns beide, hier so alleine zu sein. 

Wann wird es richtig ernst mit der neuen Route?

Das ist schwer zu sagen. Wir sind in ständigem Kontakt mit Karl Gabl (Meteorologe aus Österreich) und hoffen auf ein baldiges Wetterfenster. Im Moment ist es zwar endlich wärmer geworden (davor hatte es nachts minus 13 Grad im Basislager-Zelt), und es hat wenig Wind. Dafür aber täglich unberechenbare Bewölkung und Niederschlag. Nicht viel, aber für uns sind leider schon fünf Zentimeter Neuschnee und null Sicht wirklich schlecht. Hier sind keine Fixseile oder Wegmarkierungen, die uns den Weg weisen. Deshalb wird ein bisschen Neuschnee schnell zu einer ernsten Gefahr, wenn man sich in einer 2000 Meter hohen Wand befindet.  

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Siegrist: „Nur das Schwierigste war Ueli gut genug“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/siegrist-nur-das-schwierigste-war-ueli-gut-genug/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/siegrist-nur-das-schwierigste-war-ueli-gut-genug/#comments Mon, 01 May 2017 14:22:53 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=36039

R.I.P., Ueli!

Die Bergsteigerszene ist noch immer wie paralysiert. So richtig begreifen kann es noch niemand, dass Ueli Steck nicht mehr unter uns ist. Der 40 Jahre alte Schweizer war gestern in unmittelbarer Nähe des Mount Everest tödlich abgestürzt. Seine Leiche wurde zu Füßen des Nuptse West gefunden und nach Kathmandu geflogen. Dort werden seine Frau, seine Eltern und weitere Verwandte erwartet. Nach Informationen der Zeitung „Himalayan Times“ soll Ueli in Nepal beigesetzt werden. Warum Steck abstürzte, wird wahrscheinlich niemals geklärt werden können. Schließlich war er wieder alleine unterwegs, um sich weiter auf die geplante Everest-Lhotse-Überschreitung vorzubereiten. Sein Teampartner Tenjing Sherpa hatte sich Erfrierungen zugezogen und Ueli nicht begleiten können.

„Wir hatten mehr als einmal Glück“

Ueli Steck

„Uns verband die gleiche Passion und unzählige gemeinsame Erlebnisse“, schreibt mir Stephan Siegrist. Der 44-jährige Schweizer lebt im selben Dorf wie Steck, in Ringgenberg am Brienzer See. Gerade in jungen Jahren waren die beiden häufig als Team unterwegs. „Wir haben viele Tage und Monate im In- und Ausland zusammen verbracht, manche Biwak-Nächte gemeinsam ‚durchfroren‘. Einige Erstbegehungen sind uns zusammen gelungen. Wir hatten auch mehr als einmal Glück, dass wir nicht gemeinsam abgestürzt sind.“

Inspirierender Ausnahmesportler

Stephan Siegrist

Ueli und er hätten „viele lustige Stunden beim Bergsteigen wie auch privat“ verbracht, erinnert sich Stephan. „Solche Erlebnisse und Seilschaften verbinden – auch wenn unsere Wege im Sport  über die Jahre andere Richtungen einschlugen. Auch waren wir nicht immer gleicher Meinung und verstanden den Alpinismus nicht immer gleich.“ Dennoch habe er Ueli „für sein kompromissloses Verfolgen eines Projekts, seinen Ehrgeiz und seinen Durchhaltewillen“ bewundert, sagt Siegrist. „Nur das Schwierigste war ihm gut genug – bis zum Schluss. Das machte seine Persönlichkeit als Bergsteiger aus. Er war ein inspirierender Ausnahmesportler.“

Göttler: „Auf ihn war hundertprozentig Verlass“

Ueli Steck (l.) und David Göttler (2016)

Das würde auch der deutsche Bergsteiger David Göttler unterschreiben. „Ich schätze mich glücklich, die letzten zwei Jahre mit Ueli immer wieder unterwegs gewesen zu sein und von seiner Art gelernt zu haben“, schreibt mir der 38-Jährige aus dem Basislager zu Füßen der Shishapangma-Südwand, durch die er gemeinsam mit dem 39 Jahre alten Italiener Hervé Barmasse eine neue Route eröffnen will. Im Frühjahr 2016 war David mit Ueli Steck an diesem Projekt gescheitert, weil das Wetter nicht mitgespielt hatte. Göttler, Barmasse und Steck hatten sich in diesem Februar mit einem Intensivtrainingslager im Khumbu-Gebiet gemeinsam auf ihre jeweiligen Expeditionen vorbereitet. „Ich verliere mit Ueli einen Freund und Seilpartner, auf den immer hundertprozentig Verlass war und mit dem ich noch viele gemeinsame Träume teilen wollte. Danke Ueli, für dieses kurze Stück gemeinsamen Wegs!“

Der Preis des Abenteuers

Für Oswald „Bulle“ Oelz, einen alten Weggefährten Reinhold Messners, ist Ueli Steck ein weiterer Freund, den er am Berg verloren hat. „Irgendwann einmal passiert es auch den Allerbesten“, sagte der 74 Jahre alte gebürtige Österreicher, der in der Schweiz lebt, dem Sender SRF. „Das ist der Preis des wirklichen Abenteuers. Da ist das tödliche Scheitern immer inbegriffen.“

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Shishapangma-Südwand, die Zweite! https://blogs.dw.com/abenteuersport/shishapangma-suedwand-die-zweite/ Wed, 05 Apr 2017 13:04:00 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=35705

Shishapangma-Südwand

Diese Wand hat ihn gepackt. Das zweite Frühjahr in Folge wird der deutsche Profibergsteiger David Göttler versuchen, eine neue Route durch die Südwand der 8027 Meter hohen Shishapangma in Tibet zu eröffnen. Nach seinem gescheiterten Anlauf 2016 mit dem Schweizer Ueli Steck ist der 38-Jährige diesmal mit Hervé Barmasse unterwegs. Der 39 Jahre alte Italiener ist ein sehr erfahrener Kletterer, der in den letzten Jahren vor allem mit neuen Routen an seinem Hausberg, dem Matterhorn, für Schlagzeilen gesorgt hat. Auch im Karakorum und in Patagonien gelangen Hervé bereits spektakuläre Erstbegehungen. Auf einem Achttausender hat Barmasse bisher noch nicht gestanden. Ich erwische Göttler per Telefon am Tag seiner Abreise in den Himalaya, auf dem Weg zum Flughafen.

David, du bist auf dem Sprung nach Nepal. Mit welchem Gefühl startest du?

David Göttler

Ich bin sehr, sehr positiv gestimmt und total motiviert. Ich glaube, ich habe selten so viel an Zeit, Training und Vorbereitung für eine Expedition investiert. Es könnte eine neue Route an einem Achttausender herausspringen. Ich war im letzten Jahr schon einmal an der Shishapangma-Südwand und weiß, wie es dort aussieht, und dass es absolut möglich ist. Ich empfinde eine ziemliche Anspannung, aber in einem sehr positiven Sinn.

Du hat im Februar mit Hervé Barmasse und Ueli Steck intensiv im Khumbu-Gebiet trainiert. Hat sich dieses Vortraining in Nepal aus deiner Sicht bewährt?

Erst wenn wir jetzt nach zwei Wochen wieder aus dem Khumbu zurückkehren werden, kann ich sagen, ob es sich wirklich so ausgezahlt hat, wie wir uns das erhoffen. Aber wenn ich davon ausgehe, wie es sich zu Hause in den Bergen um Chamonix auf 4000 Metern angefühlt hat, kann ich schon jetzt sagen, dass ich einen sehr positiven Effekt spüre.

Barmasse, Steck, Tenji Sherpa und Göttler (v.l.n.r.)

Ihr werdet noch gut zwei Wochen in Nepal verbringen, bevor ihr nach Tibet zur Shishapangma weiter reist. Was genau plant ihr, um euch weiter zu akklimatisieren?

Wir wollen nicht so eine trainingsintensive Zeit wie im Februar verbringen, als wir wirklich viel herumgerannt sind, sondern wir wollen diesmal ein bisschen mit den Kräften haushalten. Aber natürlich werden wir uns bewegen. Wir haben unsere Sachen vom Februar in Chukhung [4730 Meter hoch gelegenes Dorf im Khumbu-Gebiet] deponiert. Dort werden wir wieder unser „Basislager“ aufschlagen. Von dort aus werden wir auf jeden Fall wieder den Island Peak [technisch relativ einfacher 6180 Meter hoher Berg] besteigen und die üblichen Pässe überqueren. Aber wir werden nichts wirklich Anspruchsvolles machen. Das heben wir uns für die Shishapangma auf.

Im vergangenen Jahr warst du mit Ueli Steck an der Südwand, jetzt mit Hervé Barmasse. Dasselbe geographische Ziel, auch exakt dasselbe sportliche Ziel?

Ich möchte die Idee aus dem letzten Jahr von der neuen Route durch die Shishapangma-Südwand jetzt mit Hervé realisieren. Das ist unser Ziel. 2016 endete es ja, bedingt durch das instabile Wetter, mit zwei Eintagesversuchen. Ich hoffe, dass wir in diesem Frühjahr in Tibet stabileres Wetter haben und diese neue Route wenigstens mal ernsthaft versuchen können – und hoffentlich auch schaffen.   

Steck und Göttler in der Shishapangma-Südwand (2016)

Ihr wart im letzten Jahr sehr schnell unterwegs. Nehmt ihr euch diesmal mehr Zeit?

Auf der neuen Route können wir nicht so schnell sein. Es ist technisches Gelände, die Schlüsselstelle, die man auf Fotos erkennt, ist ziemlich weit oben. Wir planen, insgesamt etwa drei Tage in der Wand zu sein. Da hat man automatisch nicht mehr diese hohe Geschwindigkeit, weil man Zelt, Schlafsack, Matte, Kocher und Essen braucht. Das ist ein riesiger Klotz am Bein, oder besser gesagt auf dem Rücken, und macht einen langsamer. Es wird nicht realisierbar sein, diese technisch doch anspruchsvolle Route in einem Tag hinaufzuklettern und abzusteigen. 

Erwägt ihr, wie Ueli und du im letzten Jahr, im Erfolgsfall eine Überschreitung des Gipfels und den Abstieg über die Nordseite der Shishapangma?

Wir wollen eher über die Südseite absteigen. Auch weil ich jetzt aus dem letzten Jahr zwei Abstiegs-Optionen kenne. Das ist vom Logistischen her deutlich einfacher. Eine Überschreitung haben wir diesmal jedenfalls nicht vordergründig im Sinn.

David auf dem Shishapangma-Grat

Glaubst du, dass sich eure Chancen dadurch erhöht haben, dass du im letzten Jahr schon mal dort warst?

Auf alle Fälle. Für solche anspruchsvollen Ziele muss man vielleicht immer zwei, drei Jahre investieren, um die Bedingungen besser kennenzulernen. Ich glaube, ich habe jetzt ein viel besseres Gespür für die Wand. Ich weiß ganz genau, was uns dort erwartet. Das ist zum einen mental ein Vorteil. Zum anderen konnte mich dementsprechend auch anders vorbereiten.

Aber das Wetter könnt ihr nicht beeinflussen.

Natürlich nicht. Ich hadere immer wieder damit, weil ich so viel in die Vorbereitung investiere und versuche, alle Unwägbarkeiten auszuschalten. Aber am Ende lasse ich mich auf ein Spiel ein, bei dem ich viele Komponenten nicht beeinflussen kann, wie das Wetter oder die Verhältnisse. Wenn so etwas passiert wie das Erdbeben 2015, ist man machtlos.

Die Spielregeln haben sich nicht geändert: Egal wie gut oder fit ich bin, am Ende hängt es davon ab, ob wir ein Wetterfenster von drei, vier Tagen bekommen, währenddessen wir einen ordentlichen Versuch machen können. Auf der einen Seite hadere ich damit ein bisschen, auf der anderen Seite ist es das, was das Expeditionsbergsteigen auch ausmacht, dass man eben nicht diese Sicherheit hat.

Hervé Barmasse

Du bist nun erstmals mit Hervé auf Expedition? Stimmt die Chemie zwischen euch beiden?

Ja. Es ist einfach immer gut, mit einem Italiener unterwegs zu sein, da hast du immer eine Gaudi. Wir sind etwa gleich alt, wir haben auch viele Gemeinsamkeiten im Leben, so wie wir aufgestellt sind. Wir kennen uns schon länger, haben zusammen trainiert und waren auch schon gemeinsam unterwegs. So etwas Großes haben wir jedoch noch nie zusammen gemacht. Aber ich habe ein super Gefühl. Ich glaube, wir funktionieren sehr gut als Team. Das wird dieses Mal auch sehr wichtig sein. Außer Hervé und mir werden nur noch ein Koch und ein Küchenjunge im Basislager sein. Das wird einsamer als zum Beispiel am Nanga Parbat im Winter. Ich freue mich schon riesig darauf, dieses ungefilterte, pure Expeditions-Feeling in so einem kleinen Team zu erleben.

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Expeditionsvorbereitung der besonderen Art https://blogs.dw.com/abenteuersport/expeditionsvorbereitung-der-besonderen-art/ Tue, 21 Feb 2017 11:00:30 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=35115

Barmasse, Steck, Tenji Sherpa und Göttler (v.l.n.r.)

Was für eine hochkarätige Trainingsgruppe! Der Schweizer Ueli Steck, der Nepalese Tenji Sherpa, der Deutsche David Göttler und der Italiener Hervé Barmasse bereiteten sich zehn Tage lang gemeinsam im Dorf Chukhung im Everest-Gebiet auf ihre Expeditionen im Frühjahr vor. Steck und Tenji Sherpa planen die Überschreitung von Mount Everest und Lhotse. Ohne Flaschensauerstoff ist das bisher noch niemandem gelungen. Göttler und Barmasse wollen in Tibet eine neue Route durch die Shishapangma-Südwand eröffnen. Beim gemeinsamen Training standen Bergläufe im Vordergrund. „Ich bin drei Mal von Chukhung (4730 Meter) aus auf den Gipfel des Island Peak (6180 Meter) gerannt“, schreibt Ueli. Er sei insgesamt rund 12.000 Höhenmeter geklettert und gelaufen und habe dabei eine Distanz von rund 150 Kilometern zurückgelegt. „Meinem Körper und meiner Seele geht es großartig“, sagt Steck. „Ich genieße es wirklich, mit so guten Freunden hier in Nepal zu sein. Einfach klettern und rennen und sonst nichts.“

„Persönliches Experiment“

Ueli (l.) und Tenji auf dem Island Peak

Derzeit setzen die vier Bergsteiger ihr Trainingsprogramm in der Gegend rund um Namche Bazaar fort, dem 3440 Meter hoch gelegenen Hauptort der Khumbu-Region. Anschließend werden sie für vier Wochen nach Europa zurückkehren. Eine ungewöhnliche Form der Vorbereitung. „Es ist ein persönliches Experiment von uns allen“, schreibt mir David Göttler auf meine Frage, ob in der Zwischenzeit nicht der Akklimatisierungseffekt wieder verpufft. „In der Zeit daheim wollen wir möglichst oft maximal hoch schlafen oder bergsteigen. Wir sind uns fast sicher, dass es was bringt in Sachen schnellere Akklimatisation, wenn wir dann im April wieder hierherkommen für die eigentlichen Expeditionen. Wir werden sehen, ob der Plan aufgeht.“

Hervés Traum

Training für die Shishapangma-Südwand

David und Ueli waren im Frühjahr 2016 bei ihrem Versuch, eine neue Route durch die Shishapangma-Südwand zu eröffnen, vom schlechten Wetter gestoppt worden. „Mich hat die Südwand wirklich begeistert, und ich will da einfach nochmal hin“, schreibt Göttler. „Hoffentlich haben wir dieses Jahr besseres Wetter!“ Da Steck wegen seines Everest-Lhotse-Projekts diesmal nicht als Partner zur Verfügung stand, hat sich David mit Hervé Barmasse zusammengetan. Der 39-Jährige ist ein sehr erfahrener Kletterer, der in den letzten Jahren vor allem mit neuen Routen an seinem Hausberg, dem Matterhorn, für Schlagzeilen gesorgt hat. Auch im Karakorum und in Patagonien gelangen Hervé bereits spektakuläre Erstbegehungen. Im vergangenen Jahr hatte sich Barmasse zweimal operieren lassen müssen. „Er ist wieder zurück im Spiel“, schreibt David über den Italiener, der noch nie auf einem Achttausender gestanden hat. „Es bleibt mein Traum, meinen ersten Achttausender auf einer neuen Route zu besteigen“, hatte mir Hervé bei einem Treffen im November 2012 erzählt. Daran dürfte sich nichts geändert haben.

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Ueli Steck: „Wenn du zu weit gehst, bist du tot“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/ueli-steck-wenn-du-zu-weit-gehst-bist-du-tot/ Sat, 15 Oct 2016 00:55:54 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=33935 Ueli Steck beim IMS in Brixen

Ueli Steck beim IMS in Brixen

Wäre „The Fast and the Furious“ ein Bergsteiger-Film, könnte Ueli Steck die Hauptrolle spielen. Der Schweizer ist einfach rasend schnell unterwegs. Die Eiger-Nordwand in zwei Stunden und 22 Minuten, die 82 Viertausender der Alpen in 61 Tagen, solo durch die Annapurna-Südwand auf den 8091 Meter hohen Gipfel und zurück in 28 Stunden, im Alleingang in zehneinhalb Stunden durch die Shishapangma-Südwand – nicht umsonst trägt Ueli den Spitznamen „The Swiss Machine“. Als hätte er einen getunten Motor wie die Autos in „The Fast and the Furious“. Gerade erst ist Steck aus Indien zurückgekehrt. Ich habe ihn beim International Mountain Summit (IMS) in Brixen in Südtirol getroffen und mit ihm über seinen Hang zur Geschwindigkeit, das Altern und seine nächsten Pläne gesprochen.

Ueli, du bist gerade 40 Jahre alt geworden und warst nicht zu Hause. Wie hast du deinen runden Geburtstag verbracht?

Ich war mit meiner Frau am Shivling in Indien (ein 6543 Meter hoher extrem formschöner und anspruchsvoller Berg im Norden des Landes) bergsteigen. Es war eine sehr schöne Reise und ein gebührendes Fest für meinen 40. Geburtstag.

Und du hast dir einen Gipfelerfolg geschenkt?

Ja, wir hatten super Wetterglück. In sieben Tagen waren wir auf dem Shivling. Es war perfekt.

Gerade hat sich dort ein Bergdrama abgespielt. Zwei polnische Bergsteiger sind ums Leben gekommen.

Als ich hier nach Brixen gefahren bin, hat mir mein indischer Verbindungsoffizier per Whatsapp die schlechte Nachricht übermittelt. Ich habe nur gedacht: Nicht schon wieder! Wir waren zusammen im Basislager, echt nette Kerle. Es ist einfach traurig. Du fragst dich dann schon immer: Warum? Der Greg (Grzegorz Kukurowski) ist gestorben, weil er höhenkrank wurde. Da denkst du schon, das ist doch heutzutage nicht mehr nötig. Warum passiert das immer wieder? Ich finde es einerseits traurig, andererseits ärgert es mich.

Ueli auf dem Gipfel des Eiger (die Zeit steht oben)

Ueli auf dem Gipfel des Eiger (die Zeit steht oben)

Zurück zu dir. Andere Leute werden mit 40 langsamer. Bei dir hat man das Gefühl, du wirst immer schneller.

Im Moment geht es noch bergauf. (lacht) Man muss sein Alter akzeptieren und nicht traurig sein, dass es nicht mehr so ist wie vor 15 Jahren. Ich brauche ein bisschen mehr Erholung, mehr Ruhe. Aber das kann man ja auch positiv sehen. Da habe ich mal mehr Zeit, auf dem Sofa zu sitzen. Ich glaube, das Alter ist nur eine Einstellungssache.

Du warst schon immer superschnell unterwegs, trotzdem habe ich das Gefühl, du hast die Geschwindigkeit noch einmal neu für dich entdeckt.

Ich habe es schon ein bisschen optimiert und mein Training darauf ausgerichtet. Ich weiß, ich kann die nächsten vier, fünf Jahre noch einige Peaks (Spitzen) setzen.

Schnell unterwegs

Schnell unterwegs

Im letzten Frühjahr, als du mit David Göttler versucht hast, die Shishapangma-Südwand über eine neue Route zu klettern, hatte man das Gefühl, ihr seid ständig „auf Speed“. Erst habt ihr euch zum Akklimatisieren fast totgelaufen, und dann seid ihr in der Wand weiter gelaufen.

Wir waren immer unterwegs. Das ist das, was mir gefällt. Wir haben von Anfang an gesagt: Wir wollen bergsteigen und nicht im Basislager herumsitzen. Wir wollten uns bewegen und Spaß haben. Das ist uns gelungen.

Ihr hattet wenig Ausrüstung in der Wand dabei. Eben Leicht und schnell. Doch man wird dadurch auch verletzlicher.

Man muss schon aufpassen und vorsichtig sein. Wir waren ja bereits auf dem Gipfelplateau, von hinten zog das schlechte Wetter rein, vorne war noch blauer Himmel. Dann kannst du schon weitergehen. Aber du weißt genau, du hast keine Marge. Wenn du weiter pushst und zum Gipfel gehst, und dann kommt der Sturm und du musst biwakieren, bist du tot. Weil du nichts dabei hast. Da muss man einfach vorsichtig sein.

Das ist ein Thema, das mir auf dem Herzen liegt. Im Moment ist es ein Trend, vom Tal mit Turnschuhen auf den Gipfel des Mont Blanc zu rennen. Die Leute sehen das und denken, das geht immer. Aber man kann nicht jeden Tag mit Turnschuhen dort hinauflaufen. Ich denke, wir müssen die Leute für dieses Problem sensibilisieren. Wann ist es möglich, wann nicht, und wann dreht man besser um?

Man muss allgemein beim Bergsteigen vorsichtig sein. Ich war jetzt mit meiner Frau in sieben Tagen auf dem Shivling. Das ist möglich, aber du bist natürlich nicht voll akklimatisiert. Dir muss bewusst sein: Wenn du Kopfschmerzen bekommst und es schlimmer wird, musst du absteigen. Und wenn du es nicht machst, stirbt jemand. Man kann schon schnell, leicht und effizient unterwegs sein, aber man muss die Risiken und Gefahren bewusst wahrnehmen.

Ueli Steck In der Annapurna-Südwand

Ueli Steck in der Annapurna-Südwand

Hilft dir dabei die große Erfahrung eines Extrembergsteigers, der immerhin schon seinen 40. Geburtstag erlebt hat?

Logisch, und das kann ich auch ausspielen. Speziell beim Höhenbergsteigen. Ich habe so viele Expeditionen gemacht, ich weiß genau, wo ich stehe, was ich machen muss und wie viel ich pushen kann. Aber man muss eben auch umdrehen können. An der Shishapangma gab es zwischen David und mir keine endlosen Diskussionen. Wir haben beide viel Erfahrung und wissen, was es heißt, wenn du zu weit gehst. Dann kommst du eines Tages nicht mehr zurück. Wenn du so schon oft erlebt hast, wie Bergsteiger gestorben sind, ist dir das viel bewusster als jemandem, der es zum ersten Mal macht und dann sagt: „Es schneit, na und? Wir gehen weiter, wir sind ja keine Weicheier!“

Wirst du jetzt häufiger mit deiner Frau im Himalaya unterwegs sein?

Wir haben schon sehr viele schöne Expeditionen zusammen gemacht. Das weiß nur niemand. Das sind immer unsere Ferien. Und wir haben die Abmachung, dass ich es nicht publik mache. Wir werden auch weiterhin gemeinsam auf Expedition gehen. Solange es geht.

Ueli 2012 auf dem Everest

Ueli und Tenji (r.) 2012 auf dem Everest

Verrätst du mir dein nächstes Projekt?

Ich probiere noch einmal die Everest-Lhotse-Überschreitung.

Ich brauche ja wohl nicht zu fragen, ob mit oder ohne Flaschensauerstoff.

Mit Flaschensauerstoff ist das Projekt doch gar nicht interessant.

Alleine oder mit einem Partner?

Die Idee ist, mit Tenji Sherpa als Team zu klettern. (Mit ihm hatte Steck 2012 den Everest ohne Atemmaske bestiegen. Auch bei späteren Expeditionen Uelis in Nepal war Tenji mit dabei.)

Versuchst du wieder, früh in der Saison unterwegs zu sein, um den Massen aus dem Weg zu gehen?

Ich bin da relativ gelassen. Wenn man ein Bergsteiger ist, kann man auch neben der Spur hochgehen. Selbst am Hillary-Step kann man rechts vorbei, wenn man will. Ich lasse mich davon nicht stressen.

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Steck und Göttler nach der Shishapangma-Südwand: „Nur aufgeschoben“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/steck-und-goettler-nach-der-shishapangma-suedwand-nur-aufgeschoben/ Mon, 30 May 2016 10:10:14 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=32839 Ueli Steck und David Göttler in der Shishapangma-Südwand

Ueli Steck und David Göttler in der Shishapangma-Südwand

Es war eines der spannendsten Projekte der Frühjahrssaison im Himalaya. Der Schweizer Topkletterer Ueli Steck und der Deutsche David Göttler wollten eine neue direkte Route durch die Südwand der 8027 Meter hohen Shishapangma eröffnen. Sie konnten es nicht in die Tat umsetzen. Die beiden kletterten „nur“ die so genannte „Girona-Korridor-Route“, die 1995 von einem spanischen Team erstbegangen worden war, bis hinauf zum Grat auf 7800 Metern und bei ihrem letzten Versuch dann noch die Route der britischen Erstdurchsteiger der Wand 1982, Doug Scott, Alex MacIntyre und Roger Baxter-Jones, bis auf eine Höhe von 7600 Metern. Obwohl ihr Plan einer neuen Route scheiterte, kehren Ueli und David nicht mit leeren Händen zurück. Ich habe den 39 Jahre alten Schweizer und den 37 Jahre alten Deutschen in ihrem Hotel in der nepalesischen Hauptstadt Kathmandu angerufen.

Zufrieden, enttäuscht, von jedem ein bisschen? Wo sortiert ihr euch nach dieser Expedition ein?

Ueli Steck (l.) und David Göttler

Ueli Steck (l.) und David Göttler

(David) Eher auf der zufriedenen Seite. Natürlich denkt man: Wenn das Wetter und die Verhältnisse ein bisschen mehr auf unserer Seite gewesen wären, hätten wir den Gipfel bestimmt geschafft. Das schwingt ein bisschen mit. Aber je mehr Zeit vergeht, desto positiver sehen wir das Ganze. Wir haben viel gelernt, waren ständig unterwegs, haben nicht viel herumgesessen. Verglichen mit anderen Expeditionen haben wir viel gemacht.

Eigentlich hattet ihr euch vorgenommen, eine neue Route durch die Shishapangma-Südwand zu klettern. Woran ist das Vorhaben letztlich vor allem gescheitert?

(Ueli) Wenn man so eine Erstbegehung machen will, braucht man wenigstens zwei bis drei Tage stabiles Wetter. Das hatten wir einfach nie. Wenn du es trotzdem probierst, kommst du vielleicht 300, 400 Meter hoch und musst wieder abseilen. Von daher war es also utopisch. Aber darüber muss man sich von vornherein klar sein. Wenn du an einem Achttausender in so einer Wand eine Erstbegehung machen willst, muss einfach vieles stimmen. Dann musst du auch den Mut haben, mehr als einmal hinzufahren, es zu probieren und auf das Glück zu warten.

Windige Südwand

Windige Südwand

Als ihr zum ersten Mal am Wandfuß wart, habt ihr mir noch gesagt, die Verhältnisse sähen richtig gut aus. Wann habt ihr realisiert, dass es nicht möglich sein würde?

(David) Wir hatten eigentlich bis zum Ende, also bis zum letzten Wetterfenster um den 22. Mai herum, die Option, in die Route einzusteigen, wenn es drei oder vier Tage gutes Wetter gegeben hätte. Wir hatten bis zuletzt unser Material dafür im ABC (im vorgeschobenen Basislager). Und wir haben auch bis zuletzt daran geglaubt. Als wir anfangs am Wandfuß waren, sahen die Verhältnisse super aus, die Voraussetzungen waren wirklich perfekt. Nur die Windverhältnisse haben noch nicht gestimmt, und es war brutal kalt. Gegen Ende der Expedition, vor dem letzten Wetterfenster, hat es sich dann jedoch abgezeichnet, dass es einfach zu instabil war. Auch Karl (Gabl, Meteorologe aus Österreich), der uns mit den Wetterberichten versorgte, hat gesagt, er habe noch nie so eine feuchte und durchwachsene Vormonsunzeit in Tibet erlebt – auf der Seite des Himalaya, auf der es sonst ja eher trocken ist. Eigentlich ist dieser Traum also erst am Ende geplatzt.

Bei eurem letzten Versuch seid ihr über die Route der britischen Südwand-Erstbegeher aufgestiegen. Hattet ihr die neue Route zu dem Zeitpunkt schon abgeschrieben?

(Ueli) Am Ende war das Wetterfenster gerade mal einen halben Tag lang. Da war die Entscheidung klar, es über die Engländer-Route zu probieren. Zu diesem Zeitpunkt wussten wir noch nicht, ob wir vielleicht noch länger bleiben würden. Theoretisch hätten wir noch bis Ende des Monats auf ein Wetterfenster warten können. Aber schlussendlich machte es keinen Sinn.

Schwierige Verhältnisse

Schwierige Verhältnisse

Schnell und leicht, also mit möglichst wenig Gepäck – das war eure Taktik. Was setzt sie voraus?

(Ueli) Zunächst einmal muss bei beiden die Grundfitness stimmen, sonst geht das einfach nicht. Wenn du nicht genug trainiert bist, um 2000 Höhenmeter in dieser Höhe, in diesem technischen Gelände aufzusteigen, ist es unmöglich. Aber du musst auch bereit sein, das Spiel kompromisslos zu spielen. Da gibt es kein „Vielleicht nehme ich noch einen Schlafsack und einen Kocher mit“, damit man doch noch biwakieren könnte. Du musst sagen können: Wir nehmen nichts mit, und vielleicht geht es oder eben nicht. Du musst dir auch bewusst sein, wie exponiert du bist. Beide Male mussten wir entscheiden: Jetzt müssen wir runter, sonst wird es ungemütlich und gefährlich. Du bist dann halt limitiert, du kannst nicht einfach warten und am nächsten Tag auf den Gipfel gehen.

Außer euch war niemand auf der Südseite der Shishapangma. Habt ihr die Einsamkeit genossen?

(David) Das gehört wirklich zu den ganz speziellen Dingen dieser Achttausender-Expedition. Das Basislager lag auf einer Wiese mit einem kleinen See davor, ein genial schöner Platz. Den hatten wir für uns alleine. Wir hatten auch nicht diesen Druck, wenn mehrere Teams am Berg auf derselben Route unterwegs sind, die sich dann gegenseitig bei den Entscheidungen beeinflussen, wo man dann auch schnell mal unter Zugzwang gerät. Das alles nicht zu haben, war Luxus für uns beide. Wir haben es sehr genossen.

Ihr seid jetzt zwei Monate lang zusammen unterwegs gewesen. Da kann man sich auch schon mal auf die Nerven gehen. Habt ihr nie Lagerkoller gehabt?

David auf dem Shishapangma-Grat

David auf dem Shishapangma-Grat

(David) Nein, es war total entspannt. Wir haben uns gut verstanden. Das lag daran, dass wir in vielen Dingen sehr ähnlich ticken und dann auch immer unterwegs oder in Bewegung waren. Ueli hat gebouldert, ich habe Yoga gemacht. So hat sich jeder ausgetobt. Und dann sind wir wieder zum Berg gegangen. Wir hatten selten Tage, an denen wir herumsitzen und ausharren mussten, wo ein Lagerkoller hätte entstehen können. Das war für mich etwas Neues auf einer Expedition, immer in Bewegung zu sein. Für Ueli ist das normal. Aber ich glaube, er hat es auch genossen.

Ist das Projekt einer neuen Route durch die Shishapangma Südwand nun aufgeschoben oder aufgehoben?

(Ueli) Sag niemals nie! Wenn man so etwas machen will, muss man den Mut haben und es auch akzeptieren können, dass man auch dranbleiben muss – nicht das Gefühl, es klappt beim ersten Mal. Ich würde eher sagen, es ist aufgeschoben.

Seid ihr jetzt als Team so weit zusammengewachsen, dass ihr sagt: Wir ziehen wieder gemeinsam los?

(David) Ja, von meiner Seite aus schon. (Beide lachen)
(Ueli) Das war ja das Geniale an dieser Expedition. Wir waren das erste Mal gemeinsam unterwegs, und es hat so genial funktioniert. Wir werden hoffentlich noch viele Expeditionen zusammen machen. Ich habe selten erlebt, dass es mit einem Partner so gut funktioniert und man auch dieselbe Einstellung hat.

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Nach 16 ½ Jahren: Leiche von Alex Lowe gefunden https://blogs.dw.com/abenteuersport/nach-16-%c2%bd-jahren-leiche-von-alex-lowe-gefunden/ Mon, 02 May 2016 14:09:21 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=32527 Alex Lowe (l., 1995 mit Conrad Anker)

Alex Lowe (l., 1995 mit Conrad Anker)

Gletscher bewegen sich ständig. Und so spucken sie irgendwann aus, was sie einst verschluckt haben. Der Klimawandel, der die Gletscher schneller abschmelzen lässt, beschleunigt den Prozess. So häufen sich in den letzten Jahren auch Berichte aus aller Welt, dass die Leichen verschollener Bergsteiger entdeckt werden. Ob am Mont Blanc, am Matterhorn, am Mount Everest  – oder jetzt am Achttausender Shishapangma in Tibet. Die Alex-Lowe-Stiftung gab bekannt, dass der Schweizer Ueli Steck und der Deutsche David Göttler während ihrer Akklimatisierung für die Shishapangma-Südwand im Blankeis die Körper zweier Bergsteiger entdeckt hätten. Der Gletscher werde die Leichen bald freigeben. Die Beschreibung der Kleidung und der Rucksäcke lasse keinen Zweifel daran, dass es sich bei den entdeckten Leichen um Alex Lowe und David Bridges handele.

Pilgerreise zur Shishapangma

Die beiden US-Amerikaner waren am 5. Oktober 1999 mit ihrem Landsmann Conrad Anker in der Shishapangma-Südwand von einer Lawine erfasst und verschüttet worden. Nur Anker hatte sich schwer verletzt aus den Schneemassen befreien können. Der damals 40 Jahre alte Lowe, zu jener Zeit einer der besten Kletterer der Welt, hatte mit Skiern die Südwand hinunterfahren wollen. Bridges gehörte als Kameramann zum Team. Später heiratete Conrad Anker Jennifer, die Witwe Lowes, und adoptierte die drei Söhne des Paares. „Conrad, die Jungs und ich werden eine Pilgerreise zur Shishapangma machen“, sagte Jennifer Lowe-Anker, nachdem sie Uelis und Davids Nachricht erhalten hatte. „Es ist Zeit, Alex beizusetzen.“ Und Anker ergänzte: „Nach 16 ½ Jahren bringt dies Abschluss und Entlastung für Jenni, mich und unsere Familie.“

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