Himalayan Experience – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Lawine am K 2 https://blogs.dw.com/abenteuersport/lawine-am-k-2-2/ Fri, 14 Jul 2017 13:00:48 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=37007

Basislager am K 2

Mit diesem Monarchen ist nicht zu spaßen. Der K 2, der “König der Achttausender”, ist launisch und deshalb gefährlich. „Heute morgen um 8.12 Uhr sahen wir eine große Lawine, die über die Abruzzi-Route abging“, schreibt Mingma Gyalje Sherpa, Chef des nepalesischen Expeditionsveranstalters Dreamers Destination auf Facebook. Die Abruzzi-Route führt, dem Weg der italienischen Erstbesteiger 1954 folgend, über den Südostgrat des Bergs (Bild unten, Route F). „Wir denken, dass Lager 3 (auf etwa 7300 Metern) komplett weggefegt worden ist“, fährt der 31 Jahre alte Nepalese fort. „Ich bin mir sicher, dass unser Materialdepot nahe Lager 4 liegt, weil unser Sherpa-Team es an einem Eisabbruch angelegt hat. Aber es ist ziemlich wahrscheinlich, dass alle Fixseile weggespült worden sind.“ Sein Sherpa-Team werde sich morgen ein Bild von der Lage machen.

Starker Wind im Gipfelbereich

Russell Brice

Laut Mingma ist die Wetterprognose für die kommenden Tage alles andere als rosig. „Der Wetterbericht zeigt Schneefall auf 8000 Metern an jedem Abend und sehr starke Winde am Gipfel. Das verzögert unseren Gipfel-Plan. Wir warten auf gutes Wetter.“ So ergeht es auch den anderen Teams im Basislager zu Füßen des K 2, des mit 8611 Metern zweithöchsten Bergs der Erde. Für viele wird die Zeit allmählich knapp. Russell Brice, Chef des neuseeländischen Expeditionsveranstalters Himalayan Experience, verweist darauf, dass sein Team spätestens am 4. August das Basislager räumen müsse, um die gebuchten Heimflüge zu erreichen. „Wir wissen alle, dass wir mit dem Rücken zur Wand stehen“, schreibt Brice, „Aber jeder ist darauf vorbereitet, hart zu arbeiten, Lasten zu schleppen, Plattformen für die Zelte zu graben und ähnliches, und dies nicht einfach den Sherpas und den pakistanischen Helfern zu überlassen.“

Schlaflose Nächte

Routen am K 2

Auch Russell verweist auf den zu erwartenden starken Wind im oberen Bereich des Bergs, der es wahrscheinlich nicht zulassen werde, die Fixseile bis zum letzten Hochlager auf etwa 8000 Metern vor dem 20. Juli anzubringen. Sein Team will über die Cesen-Route (auf dem Bild Route E) aufsteigen, über den Südsüdostgrat. Brice wirkt nicht gerade euphorisch angesichts der Verhältnisse. „Lasst uns abwarten, was in den nächsten Tagen passiert und welche Abenteuer vor uns liegen“, schreibt der 65-Jährige erfahrene Expeditionsleiter, der mit allen Himalaya- und Karakorumwassern gewaschen ist. „Aber ich bin mir sicher, dass viele schlaflose Nächte vor uns liegen.“ Der König der Achttausender gewährt eben nur selten eine Gipfelaudienz.

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Mit dem Müllsack auf den Everest https://blogs.dw.com/abenteuersport/mit-dem-muellsack-auf-den-everest/ Wed, 29 Mar 2017 13:45:09 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=35635

Müllsammeln am Everest

So große Müllsäcke sind garantiert noch nicht vom Mount Everest heruntergebracht worden. Die Vereinigung der Expeditionsveranstalter in Nepal (EOA) hat Leinensäcke ins Basislager bringen lassen, die 80 Kilogramm fassen. Damit sollen vor allem Altlasten aus Lager zwei auf 6400 Metern ins Tal befördert werden, die sich dort aufgrund des vorzeitigen Abbruchs der Klettersaisons 2014 und 2015 angesammelt haben. 80-kg-Säcke sind natürlich zu schwer, um von Trägern geschultert und durch den Khumbu-Eisbruch ins Basislager gebracht zu werden.

Zwei Dollar pro Kilo

Dafür sollen die Hubschrauber genutzt werden, die derzeit für die anstehende Frühjahrssaison Material der Expeditionsteams nach Lager zwei fliegen. Auf dem Rückflug ins Basislager sind sie leer und können die Müllsäcke aufnehmen. Der Neuseeländer Russell Brice, Chef des Veranstalters Himalayan Experience, bezahlt seinen Sherpas nach eigenen Worten zwei US-Dollar pro Kilo Müll, den sie auf dem Rückweg von Lager drei (7300 Meter) oder vier (7950 Meter) hinunter nach Lager zwei bringen. Auch die „Eco Everest Expedition“ des Veranstalters Asian Trekking hat sich wieder auf die Fahnen geschrieben, „alten Müll, zusätzlich zu unserem eigenen“ vom Berg zu bringen.

Vergleichsweise niedrige Kaution

Südseite des Mount Everest

Seit vielen Jahren sind die Bergsteiger am Everest verpflichtet, ihren Bio-Abfall zu vergraben oder verbrennen. Recycelbares Material wie Plastik oder Glas muss ebenso nach Kathmandu zurückgebracht werden wie verbrauchte Sauerstoffflaschen oder leere Batterien. Ein Expeditionsteam, das gegen die Auflagen verstößt, riskiert, seine Umweltkaution in Höhe von 4000 US-Dollar nicht zurückzuerhalten. Ob diese – verglichen mit dem Gesamtumsatz am Everest – eher niedrige Summe Umweltsünder wirklich abzuschrecken vermag, sei dahingestellt.

Gletscherschmelze fördert Altlasten zutage

Natürlich gibt es auch Altlasten am Berg aus Zeiten, in denen Umweltschutz noch ein Fremdwort war. Auch die zunehmende Gletscherschmelze am Everest infolge des Klimawandels sorgt dafür, dass jetzt alte Zelte oder Sauerstoffflaschen aus den 1990er Jahren oder von noch früher wieder auftauchen, die Bergsteiger einst in Gletscherspalten „entsorgt“ hatten.

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Everest-Saison „so normal, wie sie sein konnte“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/everest-saison-so-normal-wie-sie-sein-konnte/ Fri, 10 Jun 2016 14:31:48 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=32913 Mount Everest

Mount Everest

Vor der Saison waren sich eigentlich alle einig: Noch ein Jahr mit Unglücken und ohne Gipfelerfolge am Mount Everest würde das kommerzielle Bergsteigen am höchsten Berg der Erde kaum verkraften. Es kam anders. Mehr als 400 Besteigungen auf der nepalesischen Südseite des Everest, über 100 auf der tibetischen Nordseite, fünf Todesfälle im Gipfelbereich. Alles wieder normal? Irgendwelche Probleme, auf die man hinweisen sollte? Das habe ich einige Expeditionsveranstalter gefragt, die im Frühjahr am Everest waren. Die ersten drei haben bereits geantwortet. Es gibt einige Übereinstimmungen. Aber lest selbst!

Crampton: „Warum keine Regeln wie bei den Chinesen?“

Für Phil Crampton, der in Großbritannien geboren wurde und in den USA lebt, war es die 14. und letzte Saison am Everest. Er hatte schon im Vorfeld angekündigt, dass sich sein Unternehmen Altitude Junkies ab 2017 auf „weniger überfüllte“ Berge wie die Achttausender Makalu, Dhaulagiri und Kangchendzönga konzentrieren werde. Crampton selbst stand sechsmal auf dem Gipfel des Mount Everest. In dieser Saison verbuchte das Altitude-Junkies-Team 16 Gipfelerfolge. Hier ist Phils Bilanz:

Phil Crampton

Phil Crampton

„Die Frühjahrssaison am Everest war so normal, wie sie nach den Katastrophen-Saisons 2014 und 2015 sein konnte. Der Berg war in diesem Jahr nicht so überfüllt wie sonst. Und doch wurden am Gipfeltag 19. Mai wieder Engpässe wegen Massen von Bergsteigern gemeldet. Expeditionsveranstalter und die Regierung in Kathmandu sprechen bereits davon, dass sie für die Saison 2017 eine höhere Zahl ausländischer Bergsteiger erwarten, weil immer noch viele Leute Permits aus den vergangenen beiden Jahren haben. Ich habe wieder einmal Bergsteiger mit unzureichender Höhenerfahrung an den Flanken des Everest gesehen. Und die meisten von ihnen waren mit Billiganbietern unterwegs, die über weniger Erfahrung verfügen. Auch die Frage der alpinen Erfahrung der Everest-Bergsteiger wird von der Regierung nicht geregelt. Es scheint, als dürfe jeder losklettern, der bereit ist, die 11.000 Dollar für das Permit zu zahlen. Warum macht man es nicht so wie die Chinesen, die von allen ihren Staatsbürgern fordern, vorher einen anderen Achttausender bestiegen zu haben, bevor sie ein Permit für die Nordseite erhalten?“

Barringer: „Müll auf dem Berg, unerfahrene Bergsteiger“

Adrian Ballinger versuchte in diesem Frühjahr zusammen mit seinem US-Landsmann Cory Richards, den Everest von Norden aus ohne Flaschensauerstoff zu besteigen. Per Snapchat ließen sie unter dem Hashtag #everestnofilter die Welt in Echtzeit an ihrem Aufstieg teilhaben. Adrian drehte auf etwa 8500 Metern um, als er bei sich erste Symptome der Höhenkrankheit feststellte, Cory erreichte den Gipfel. Ballingers Unternehmen Alpenglow Expeditions war auch mit einem kommerziellen Team am Berg. Das schrieb mir Adrian:

Adrian Ballinger

Adrian Ballinger

„2016 war eine großartige Saison für Alpenglow am Everest. 100 Prozent unserer kommerziellen Kunden (vier Kletterer, drei Sherpas) erreichten den Gipfel, bei sehr guten Bedingungen. Die Route auf der Nordseite war in einem sehr guten Zustand, und viel sicherer, als ich es auf der Südseite in den vergangenen acht Saisons erlebt habe. Das Fixseil-Team der CTMA (Chinese Tibet Mountaineering Association) hat größtenteils ausgezeichnete Arbeit geleistet. Dennoch gibt es Probleme am Berg, die angesprochen werden müssen. Verantwortlich dafür sind Billiganbieter ohne westliche Bergführer. Zu diesen Problemen gehört, dass sie Müll und Fäkalien am Berg zurücklassen, unerfahrene Bergsteiger in ihren Teams zulassen und die Ressourcen anderer Teams nutzen, die ihnen selbst fehlen. Keines dieser Probleme ist unüberwindbar, aber es ist notwendig, Regeln für die kommerziellen Veranstalter aufzustellen und diese auch durchzusetzen.“

Brice: „Neue nepalesische Veranstalter mit zu wenig Sherpas“

Auch der Neuseeländer Russell Brice kann aus seiner Sicht als Chef des Veranstalters Himalayan Experience mit der Everest-Saison zufrieden sein. Sechs seiner Kunden, darunter auch der Deutsche Andreas Friedrich, erreichten mit ihren Sherpas, von Süden aufsteigend, den höchsten Punkt. Russ hat mich ermuntert, seine Saisonbilanz auf der Himex-Homepage zusammenzufassen. Das habe ich getan:

Russell Brice

Russell Brice

„Nachdem ich gesehen hatte, wie viele Menschen aufbrachen, um am 19. Mai den Gipfel zu erreichen, hat es mich nicht überrascht, was später in der Saison geschah. Es war „Business as usual auf dem Everest“, wie es in der Schlagzeile eines Artikels hieß. Aber ich frage mich wirklich, ob wir denn niemals aus den Fehlern der Vergangenheit lernen! Es gibt hier jetzt viele neue nepalesische Expeditionsanbieter. Wir stellen fest, dass sie nur über eine begrenzte Anzahl von Sherpas verfügen. Sehr häufig sind diese Teams nicht in der Lage, Sherpas bereitzustellen, um Ausrüstung auf den Berg zu schaffen und Fixseile anzubringen. Es war zwar eine demokratische Entscheidung, dass sich Sherpas aus neun verschiedenen Teams um das Anbringen der Fixseile bis zum Gipfel kümmerten, aber effizient war es nicht. Es wäre besser gewesen, wenn zwei oder drei Veranstalter für diese Aufgabe Sherpas abgestellt hätten, die sich gekannt und gut zusammengearbeitet hätten, und wenn es einen Sirdar oder Anführer gegeben hätte, dessen Anweisungen sie befolgt hätten. So wäre das Anbringen der Fixseile effizienter verlaufen. Es wäre schneller gegangen und hätte deswegen die Sherpas weniger in Gefahr gebracht.“

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„Der Everest-Rekord bedeutet mir nichts“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/der-everest-rekord-bedeutet-mir-nichts/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/der-everest-rekord-bedeutet-mir-nichts/#comments Fri, 18 Mar 2016 13:12:01 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=32181 Phurba Tashi vor seiner Lodge in Khumjung

Phurba Tashi vor seiner Lodge in Khumjung

Phurba Tashi ist kein Mann vieler Worte. Der 45-Jährige antwortet freundlich, aber kurz. „In diesem Jahr werde ich definitiv nicht auf den Mount Everest steigen“, erzählt mir Phurba, als wir für ein paar Minuten auf einer Bank vor seiner „Tashi Friendship Lodge“ im Dorf Khumjung Platz nehmen. Eigentlich hat er gar keine Zeit, denn seine Familie ist zu einer religiösen Zeremonie zusammengekommen, um Phurbas Eltern zu gedenken, die beide im vergangenen halben Jahr gestorben sind. Einige buddhistische Mönche sind dazu in seine Lodge gekommen. „Der Tod meiner Eltern ist auch der Grund, warum ich diesmal auf den Aufstieg verzichte“, sagt Phurba.

Nur im Basislager

Windfahne vom Gipfel des Everest (heute)

Windfahne vom Gipfel des Everest (heute)

21-mal hat er den höchsten Punkt der Erde bereits erreicht. Gemeinsam mit Apa Sherpa (der seine Karriere längst beendet hat) hält Phurba Tashi damit den Rekord der meisten Everest-Besteigungen. Mit 28 Jahren war er erstmals oben, 2013 zum bisher letzten Mal. In einigen Saisons bestieg Phurba den Everest zwei- oder sogar dreimal. In diesem Frühjahr wird er im Basislager bleiben, um die Arbeit der Climbing Sherpas zu koordinieren – für den neuseeländischen Expeditionsveranstalter Himalayan Experience. „Ich habe schon bei 30 bis 40 Expeditionen für Russell Brice  gearbeitet, den Chef von Himex“, erzählt Phurba. In diesem Frühjahr bestehe das Team nur aus sechs Kunden.

Schwarzes Jahr gilt nicht für Bergsteiger

Vom Erdbeben gezeichnet: Stupa in Khumjung

Vom Erdbeben gezeichnet: Stupa in Khumjung

Ich glaube, dass es in dieser Saison Gipfelerfolge geben wird“, sagt Phurba. „In diesem Winter hatten wir wenig Schnee. Und die Icefall Doctors leisten gute Arbeit.“ Die buddhistischen Lamas hätten zwar für die Sherpas ein schwarzes Jahr vorhergesagt, aber das betreffe nicht die Bergsteiger. „2017 werde ich vielleicht wieder selbst aufsteigen – wenn alles zusammenpasst.“ Ob es ihn nicht jucke, alleiniger Everest-Rekordhalter zu werden, will ich wissen. „Nein, der Rekord bedeutet mir nichts“, antwortet Phurba. „Es ist viel wichtiger, wieder gesund herunterzukommen. Schließlich habe ich eine Frau und fünf Kinder, die ich versorgen muss.“

Dann verabschiedet sich Phurba Tashi. Er müsse zurück zur Familie. Als wenig später einer der Mönche an die frische Luft tritt, frage ich ihn, ob das vorausgesagte schwarze Jahr für die Sherpas wirklich nicht für Bergsteiger gelte. Der Mönch lacht und meint: „Alles gut. Die können ruhig dort hinaufsteigen.“

Kokosnuss mit Haaren

Der Yeti-Schädel

Der Yeti-Schädel

In Khumjung bestaunte ich auch den berühmten „Yeti-Schädel“. Der lagert in einem Tresor in der Gompa, dem kleinen Kloster des Dorfes. Für 250 Rupien (etwa 2,50 Euro) öffnet ein alter Angesteller der Gompa, der die Schlüsselgewalt hat, kurz den Tresor. Und da liegt neben ein paar Butterlampen der vermeintliche Schädel des angeblichen Himalaya-Ungeheuers – und sieht doch eher aus wie eine Kokosnuss mit Haaren. 😉

P.S.: Ich werde mich jetzt möglicherweise ein paar Tage lang nicht melden. Geplant ist, zum Gokyo Ri aufzusteigen, einem 5380 Meter hohen Aussichtsberg und dort das grandiose Panorama zu genießen – wenn das Wetter passt. Dann bringe ich euch natürlich auch ein paar schöne Bilder mit.

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Brice: “Es ist einfach, etwas zu verkünden und dann nichts zu tun” https://blogs.dw.com/abenteuersport/brice-es-ist-einfach-etwas-zu-verkuenden-und-dann-nichts-zu-tun/ Mon, 18 Jan 2016 15:52:51 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=31673 Russell Brice

Russell Brice

Er ist der Doyen der westlichen Expeditionsveranstalter. Der Neuseeländer Russell Brice leitet seit 1974 Expeditionen im Himalaya. Kaum einer seiner Kollegen kann so viel Erfahrung vorweisen wie der 63 Jahre alte Chef der Agentur Himalayan Experience – nicht nur wenn es darum geht, Aufstiege auf Achttausender zu organisieren, sondern auch im Umgang mit den Behörden. Fast in Vergessenheit ist geraten, dass Russell in seinen jüngeren Jahren ein exzellenter Höhenbergsteiger war – und auch ein Pionier am Everest: 1988 gelang ihm zusammen mit dem Briten Harry Taylor die erstmalige Überschreitung der „Three Pinnacles“ am Nordostgrat. Ich wollte von Brice wissen, wie er über die aktuelle Lage in Nepal denkt.

Russ, in diesem Frühjahr bietet Himalayan Experience Expeditionen zum Mount Everest und Lhotse an. Wie groß ist die Nachfrage?

Verglichen mit den letzten Jahren sehr gering.

Hat sich die Einstellung deiner Kunden wegen der Ereignisse 2014 (Lawine im Khumbu-Eisfall) und 2015 (Erdbeben und Lawine, die das Everest-Basislager traf) verändert?

Ja, sehr stark. Viele Leute wollen erst einmal abwarten, ob es eine sichere und erfolgreiche Saison wird, bevor sie buchen. Deshalb wird die Saison 2016 sehr wichtig, als Zeichen, dass wir den Everest immer noch relativ sicher besteigen können.

Everest-Südseite

Everest-Südseite

2015 haben die nepalesischen Behörden strengere Regeln für Everest-Aspiranten angekündigt – Altersbeschränkungen (keine Permits für Bergsteiger, die jünger als 18 und älter als 75 Jahre sind), ein Mindestmaß an alpinistischer Erfahrung (mindestens ein Gipfelerfolg an einem Berg, der höher als 6500 Meter ist) und an körperlichen Voraussetzungen. Was hältst du davon?

Die Behörden in Nepal kündigen immer irgendetwas an, und dann dauert es ewig, bis sie es auch umsetzen. Ich halte ein Alterslimit für junge und alte Bergsteiger für eine gute Idee, um dem absurden Streben einiger Leute einen Riegel vorzuschieben.

6500 Meter zu erreichen, bedeutet noch gar nicht. Du kannst einen relativ leichten Berg wie den Aconcagua  [mit 6962 Metern der höchste Berg Südamerikas] besteigen und es würde reichen, nicht dagegen, wenn du den Gipfel eines schwierigeren Bergs wie des Denali [mit 6190 Metern der höchste Berg Nordamerikas] erreichst. Glaubst du etwa, dass die nepalesischen Behörden wirklich nachprüfen würden, ob die Leute diese Berge bestiegen haben oder nicht? Natürlich nicht. Sie haben überhaupt kein Interesse daran, und die meisten Leute werden einfach lügen. Es wäre viel besser zu fragen, ob die Bergsteiger, die zum Everest wollen, bereits einen anderen Achttausender bestiegen haben. Das könnten die Behörden in Nepal dann wirklich nachprüfen.

Zweieinhalb Monate vor dem Beginn der Frühlingssaison sind diese neuen Regeln ebenso wenig in Kraft wie die versprochene Verlängerung der Permits (Besteigungsgenehmigungen) von 2015.  Ärgerst du dich über die Tatenlosigkeit der Regierung? Vielleicht bist du ja auch schon daran gewöhnt.

Absolut. Ich bin extrem enttäuscht darüber, dass die Regierung sich nicht dafür einsetzt, die Erdbeben-Hilfsgelder an die Menschen zu verteilen, die dringend Hilfe brauchen, und dass sie kein Interesse daran zeigt, den Tourismussektor wieder aufzubauen. Es ist so einfach, etwas zu verkünden und dann nichts zu tun.

Ich habe zwar gehört, dass die Permits für die Bergsteiger, die im vergangenen Jahr auf Expedition in Nepal waren, um zwei Jahre verlängert werden sollen. Aber wieder einmal hat diese Initiative noch nicht das Parlament erreicht, und wir kennen auch noch nicht die Details, wie sie umgesetzt werden soll. Wie sollen wir das unseren Kunden vermitteln?

Im vergangenen Jahr erhielten wir die Bestätigung, dass die alten Permits weiter gültig blieben, erst um acht Uhr abends am Tag, bevor wir morgens um 6 Uhr ins Basislager aufbrechen wollten. Wir als Veranstalter haben das große Risiko getragen, diese Kunden nach Nepal zu bringen, ohne jede Unterstützung der Behörden.

Everest-Nordseite

Everest-Nordseite

Obwohl es in den vergangenen beiden Jahren keine Gipfelerfolge von der nepalesischen Seite aus gab, bist du nicht auf die Nordseite gewechselt. Warum nicht?

Ich bin derzeit nicht dafür gerüstet, in Tibet zu arbeiten, aber ich traue auch den chinesischen Behörden nicht, nachdem sie in der vergangenen Herbstsaison wieder einmal Tibet geschlossen haben. Als sie genau das auch 2008 drei Tage vor unserer Anreise machten, habe ich eine Viertelmillion Dollar verloren. Das kann ich mir nicht noch einmal leisten.

Aber ich versuche auch, den Menschen in Nepal, so gut ich kann, zu helfen, weil es die Regierung ganz gewiss nicht tut.

Die Situation in Nepal ist immer noch schwierig, auch wegen der andauernden Blockade der Grenze zu Indien. Siehst du der bevorstehenden Frühlingssaison optimistisch oder mit gemischten Gefühlen entgegen?

Ich bin beschämt und bestürzt, dass die neue nepalesische Regierung es in so vielen Monaten nicht geschafft hat, das Problem der Blockade zu lösen. Ich bin ausgesprochen beunruhigt, dass es auch zu Beginn der Bergsteiger-Saison noch so sein könnte. Das würde uns Veranstalter heftig treffen, wegen der Kosten für Lebensmittel, Treibstoff, Transport und so weiter.

Ich freue mich nicht gerade auf die nächste Saison, aber wir müssen einfach dort sein, mit einer positiven Einstellung. Wenn die einheimischen Behörden das nicht leisten können, müssen dafür eben wir einspringen und unser Bestes geben. Zu viele Menschen verlassen sich darauf, dass wir Touristen nach Nepal bringen. Deshalb müssen wir alles versuchen, um dieses Geschäft wiederzubeleben.

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15 Bergsteiger auf dem Gipfel des Manaslu https://blogs.dw.com/abenteuersport/15-bergsteiger-auf-dem-gipfel-des-manaslu/ Wed, 30 Sep 2015 18:09:40 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=30735 Manaslu (l.) und Pinnacle East (r.)

Manaslu (l.) und Pinnacle East (r.)

Die ersten Gipfelerfolge des Jahres am Manaslu werden vermeldet: Chhang Dawa Sherpa, Chef des nepalesischen Expeditionsveranstalters Seven Summit Treks, teilte mit, neun ausländische Bergsteiger und sechs Climbing Sherpas hätten heute Morgen den achthöchsten Berg der Erde bestiegen. Weitere Teams sind unterwegs nach oben und planen, den höchsten Punkt auf 8156 Metern am Donnerstag oder Freitag zu erreichen. Dan Mazur, Leiter des Teams von Summit Climb, meldete sich per Twitter aus Lager 4 auf 7450 Metern und verkündete, dass er diese Nacht Richtung Gipfel starten wolle. In Lager 4 hält sich auch Rainer Pircher von Amical Alpin auf. Amical-Chef Dominik Müller verbringt derweil die Nacht mit seinen Teammitgliedern in Lager 3 auf 6800 Metern und will am Donnerstag nach Lager 4 aufsteigen.

Einige Teams fanden: Zu riskant

Andere Teams wie jene von Himalayan Experience und Altitude Junkies hatten in den letzten Tagen ihre Expeditionen am Manaslu abgebrochen – unter Hinweis auf große Lawinengefahr in den oberen Bereichen der Route und auf eine problematische große Gletscherspalte unterhalb von Lager 4. Am Dienstag war es einer Gruppe von Sherpas gelungen, jene Spalte zu überwinden und Fixseile zu legen. Drückt allen, die noch am Berg sind, die Daumen!
Mehr als 100 Bergsteiger hatten in diesem Herbst Besteigungsgenehmigungen für den Manaslu beantragt. Damit war es wahrscheinlich der einzige Berg Nepals, an dem es nach dem verheerenden Erdbeben vom 25. April mit fast 9000 Toten halbwegs normal zuging.

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Nepal hofft auf Comeback im Herbst https://blogs.dw.com/abenteuersport/nepal-hofft-auf-comeback-im-herbst/ Wed, 03 Jun 2015 15:22:06 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=29689 Manaslu, „Berg der Seele“

Manaslu, „Berg der Seele“

„Come back! Damit Nepal ein Comeback feiert.“ So könnte man die Appelle all jener überschreiben, die in irgendeiner Form vom Tourismus in Nepal leben oder damit zu tun haben. Die Veranstalter von Trekkingreisen und Expeditionen signalisieren, dass sie die meisten ihren für die Nach-Monsun-Saison im Herbst geplanten Touren realisieren wollen. „Das verheerende Erdbeben hatte das Leben in Nepal erschüttert, aber so langsam kehrt das Leben wieder zur Normalität zurück“, schreibt Dominik Müller, Chef des deutschen Veranstalters Amical alpin.

Manaslu-Expeditionen finden statt

Die ausgeschriebenen Trekkingtouren im Khumbu-Gebiet am Mount Everest seien ebenso wenig gefährdet wie jene im Gebiet um die Achttausender Annapurna, Dhaulagiri und Kangchendzönga. Massive Schäden gebe es auf der Manaslu-Runde. Da Amical dort aber ohnehin kein Lodge-, sondern ein Zelttrekking plane, sei auch diese Tour „machbar“, so Dominik. Die Expedition auf den 8163 Meter hohen Manaslu werde ebenfalls durchgezogen. Auch der neuseeländische Veranstalter Himalayan Experience steuert den achthöchsten Berg der Erde an. „Ich veranstalte wie sonst auch eine Manaslu-Expedition im Herbst“, schreibt mir Russell Brice, der Chef von Himex.

Ama Dablam

Ama Dablam

Der US-Anbieter Alpenglow Expeditions lockt seine Kunden mit Preisnachlässen nach Nepal. Für alle, die bis Ende Juni buchen, wird die Herbst-Expedition zum Siebentausender Ama Dablam um zehn Prozent, die zum Achttausender Makalu um fünf Prozent billiger. „Massenweise Stornierungen von Reisen nach Nepal wären für die ohnehin zerstörte Wirtschaft des Landes verheerend“, heißt es bei Alpenglow.

Probleme in Langtang-Gebiet

Eine Delegation des Veranstalters DAV Summit Club, die sich vor Ort ein Bild von der Lage in den Trekkinggebieten Nepals gemacht hatte, ist inzwischen nach Deutschland zurückgekehrt. „Trekkingtourismus im Everest-Gebiet kann ab Oktober ohne Einschränkungen stattfinden“, heißt in einem ersten Fazit des Summit-Clubs. Das gelte auch für das Annapurna-Gebiet, wo die Erdbeben-Schäden bis Oktober repariert sein dürften. Östlich des Everest und westlich der Annapurna sei das Beben glimpflich ausgegangen. „Im starken Maße betroffen sind dagegen sind die Regionen Langtang und Manaslu mit dem nördlich angrenzenden Tsum Valley. In diesen Regionen werden im Herbst keine Trekking-Reisen stattfinden können“, so die Vertreter des Summit Club.

Botschafter des guten Willens

Der neue nepalesische Tourismusminister Kripa Sur Sherpa hat 14 bekannte Bergsteiger aus aller Welt nominiert, die als „Botschafter des guten Willens“ Werbung für Nepal machen sollen. Dazu gehören der Südtiroler Reinhold Messner, die Japanerin Junko Tabei (die erste Frau auf dem Everest), Peter Hillary und Jamling Tenzing Norgay (die Söhne der Everest-Erstbesteiger) und auch Ralf Dujmovits, der erste und bisher einzige Deutsche, der alle 14 Achttausender bestiegen hat.

P.S. Sorry, dass ich in der letzten Woche nichts gepostet habe. Die FIFA-Krise hat mich extrem beschäftigt. Hier noch ein Film, den der deutsche Bergsteiger Jost Kobusch vor einigen Tagen in einem vom Erdbeben getroffenen Dorf in Nepal gedreht hat:

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Brice: „Das schadet Nepals Tourismus“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/brice-das-schadet-nepals-tourismus/ Sat, 21 Mar 2015 18:15:37 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=28747 Russell Brice

Russell Brice

Nicht nur spät, sehr spät kam die Entscheidung der nepalesischen Regierung, die Permits von 2014 für den Mount Everest bis 2019 zu verlängern. „Die Everest-Saison beginnt in ein paar Tagen. Meine Mitarbeiter sind bereits auf dem Weg zum Basislager. Unsere Planungen laufen nun schon seit Monaten“, schreibt mir Russell Brice, Chef des neuseeländischen Expeditionsveranstalters Himalayan Experience. „Lebensmittel, Sauerstoff und Ausrüstung sind bereits im Khumbu, die Expeditionsmitglieder treffen von Montag nächster Woche an in Kathmandu ein.“ Einige von ihnen seien bereits im vergangenen Jahr mit dabei gewesen, sagt Russ. 2014 war die Saison nach dem Lawinenunglück im Khumbu-Eisbruch mit 16 Toten vorzeitig abgebrochen worden. Brice findet deutliche Worte für die zögerliche Haltung der Regierung in der Frage der Permits. Von Euphorie ist bei ihm keine Spur: „Dass die Regierung für ihre Entscheidung so lange gebraucht hat, schadet Nepals Tourismusbranche und ist verheerend für die Beschäftigungsmöglichkeiten der einheimischen Bevölkerung und die lokale Wirtschaft.“ Es sei nicht akzeptabel, sagt Brice, dass die Expeditionsveranstalter ihre Vorbereitungen unter  einem „riesigen finanziellen Risiko“ hätten vorantreiben müssen.

Kleines Papier

Der 62 Jahre alte Neuseeländer leitet bereits seit 1974 Expeditionen in den Himalaya. Wegen seiner immensen Erfahrung gilt er als die Stimme der ausländischen Veranstalter. Offensichtlich hat Russell Brice den Glauben an die Kompetenz der Verantwortlichen in Kathmandu längst verloren: „Was willst du von einer Regierung erwarten, die es in neun Jahren nicht schafft, die Verfassung Nepals umzuschreiben? Da können wir von Glück reden, dass sie so ein kleines Papier in einem Jahr durchgebracht haben.“

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Russell Brice klagt an https://blogs.dw.com/abenteuersport/russell-brice-klagt-an/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/russell-brice-klagt-an/#comments Wed, 04 Jun 2014 19:46:58 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=26401 Russell Brice

Russell Brice

Er hat wochenlang geschwiegen, jetzt findet er deutliche Worte. „Das ist mein zwanzigstes Jahr als Expeditionsveranstalter für Himalayan Experience, aber niemals zuvor habe sich so unterschiedliche Emotionen durchlebt wie in diesem Jahr“, schreibt Russell Brice zu Beginn seiner fünfteiligen Serie über das, was am und um den Mount Everest in diesem Frühjahr geschehen ist. In meinem Blog kann ich den Inhalt nur kurz zusammenfassen, aber ich empfehle wirklich, euch die Zeit zu nehmen, um Russells Berichte aus erster Hand in voller Länge zu lesen. Der Neuseeländer befand sich im Everest-Basislager, als am 18. April die verheerende Lawine über dem Khumbu-Eisbruch niederging und 16 Nepalesen tötete. „Offenbar gab es in diesem Bereich zur Zeit der Lawine einen Stau, so dass es nicht überrascht, dass so viele getötet und verletzt wurden.“

Wo floss das Geld hin?

Mehr als 150 Menschen hätten sich zu dieser Zeit im Eisbruch befunden, schätzt Brice. Er lobt alle, die sich bei der Rettungsaktion engagierten, die unmittelbar nach der Lawine begann. „So viele Menschen zu sehen, die ohne zu zögern den Berg hinauflaufen und sich selbst in Gefahr bringen, um anderen zu helfen, das kann gar nicht hoch genug bewertet werden.“ Russell wirft dem nepalesischen Tourismusministerium vor, dass sich am Tag der Lawine nur drei der 39 Verbindungsoffiziere wirklich im Basislager aufgehalten hätten. „Zur Erinnerung: Jeder Verbindungoffizier erhält 2500 Dollar plus Reisespesen, so dass wir als Expeditionsteams fast 100.000 Dollar für nichts gezahlt haben, was zu der Frage führt: Wohin ist das Geld eigentlich geflossen?“

„Korrupte Leute“

Rettungshubschrauber über dem Khumbu-Eisbruch

Rettungshubschrauber über dem Khumbu-Eisbruch

„Ohne Absprache“ habe das Ministerium einen großen Militärhubschrauber nach Pheriche geschickt, um die Leichen der Lawinenopfer abzuholen und nach Lukla zu fliegen, wo sie von der Polizei identifiziert werden sollten, berichtet der 61-Jährige. „Eine Aufgabe, die auch die Verbindungsoffiziere im Basislager hätten erledigen können. Dann hatte der Militärhubschrauber einen technischen Defekt und musste über Nacht am Boden bleiben, was zu großer Empörung unter den trauernden Familien führte.“ Russell lässt kein gutes Haar am Ministerium, vor allem an Unterstaatssekretär Madhu Sudan Burlakoti: „Manchmal sitzt auf diesem Posten ein guter Mensch, der verständnisvoll ist. Manchmal aber haben wir dort, wie jetzt gerade, auch korrupte Leute, die nicht helfen wollen. Nachdem ich in der letzten Woche verschiedene Treffen mit dem Unterstaatssekretär hatte, bin ich entsetzt über seinen absoluten Mangel an Verständnis und über das aufgeblasene und ausfällige Auftreten dieses Mannes gegenüber meinen Mitarbeitern und gegenüber anderen Menschen mit beachtlichem Ruf.“

Dieselben Gesichter, dieselben Probleme

Südseite des Mount Everest

Südseite des Mount Everest

Der Expeditionsveranstalter aus Neuseeland bestätigt, dass es im Basislager einige gewaltbereite Sherpas gab. Russell fragte seinen Sirdar, Phurba Tashi, ob die Sherpas weiter bereit seien, auf Everest und Lhotse zu klettern. „Er sagte mir, dass sie alle bereit seien. Aber er meinte auch, dass es nicht klug sei, wenn Himalayan Experience die Expedition fortsetze, da darüber geredet werde, dass andere Sherpas unseren Mitarbeitern die Beine brechen und unsere Büroräume in Kathmandu in Brand setzten würden, falls wir weitermachten. Mit großer Sorge und widerwillig entschied ich schließlich, dass es das Beste wäre, unsere Expeditionen zu beenden.“ Brice benennt einige Sherpas, die er beschuldigt, die Atmosphäre nicht nur in diesem Frühjahr vergiftet zu haben, sondern auch schon nach der Lawine am Manaslu im Herbst 2012, bei der elf Bergsteiger ums Leben gekommen waren, und im Streit mit Simone Moro und Ueli Steck im Frühjahr 2013. „Ich sehe dieselben Gesichter, die für Probleme sorgen.“

Diese Sherpas  hätten sich nicht an die Vereinbarungen gehalten, dass jedes Team selbst entscheiden können sollte, ob es weitermacht oder nicht, und dass kein Druck auf die Teams ausgeübt werden sollte, sagt Russell. „Deshalb habe ich vor genau diesen Sherpas, die sich durchgesetzt und die Everest Saison gekidnappt haben, jeden Respekt verloren.“

Vor schweren Zeiten

Nach wochenlangen Verhandlungen mit dem Tourismusministerium in Kathmandu ist der Neuseeländer ernüchtert. „Es war die beste Gelegenheit, die das Ministerium jemals gehabt hat, um sinnvolle und fortschrittliche Reformen einzuleiten, die von den Sherpas geschätzt worden wären und die der internationalen Gemeinschaft gezeigt hätten, dass die Regierung das wichtige Tourismusgeschäft seriös verwaltet“, schreibt Russell Brice. „Aber nein, sie haben nichts getan, das ist enttäuschend. Noch schlimmer aber ist, dass die Mitarbeiter des Ministeriums in Korruption, Lügen und Täuschung verwickelt sind.“

Russell sieht schwierige Zeiten für Nepal aufziehen. „Bergsteigern und Sponsoren fällt es jetzt schwer, Vertrauen in die für den Bergtourismus in Nepal zuständigen Behörden zu haben. Die langfristigen Folgen werden wahrscheinlich ziemlich drastisch sein. Und das wird sich darauf auswirken, wie viele Nepalesen Arbeit haben: nicht nur Sherpas, sondern auch Angestellte von Hotels, Lodges, Fluglinien und Lebensmittelherstellern, Träger, Taxifahrer, selbst Postkartenverkäufer.“

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Phurba Tashi stellt Everest-Rekord ein https://blogs.dw.com/abenteuersport/phurba-tashi-stellt-everest-rekord-ein/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/phurba-tashi-stellt-everest-rekord-ein/#comments Fri, 24 May 2013 21:22:52 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=21883

Phurba Tashi

Das Jubiläumsjahr könnte ein Rekordjahr am Mount Everest werden. 60 Jahre nach dem Erfolg von Edmund Hillary und Tenzing Norgay standen in diesem Frühjahr schon mehr als 600 Bergsteiger auf dem Gipfel. Und die Saison endet erst in einer Woche. Phurba Tashi, der Sirdar sprich leitende Sherpa des Expeditionsveranstalters Himalayan Experience, erreichte zum zweiten Mal in diesem Jahr den höchsten Punkt, zum 21. Mal insgesamt. Damit egalisierte der 1971 in Khumjung geborene Phurba den Rekord des legendären Apa Sherpa, der seine Everest-Karriere 2011 beendet hatte. Der US-Amerikaner Dave Hahn stand zum 15. Mal auf dem Dach der Welt, so oft wie kein anderer Nicht-Sherpa.

Spektakuläre Rettungsaktion

Rettungsflug am Everest

Ich hatte euch vor einigen Tagen über den Gipfelerfolg von Sudarshan Gautam berichtet, des in Kanada lebenden gebürtigen Nepalesen, der als Jugendlicher bei einem Unfall beide Hände verloren hatte. Jetzt heißt es, der 30-Jährige sei beim Abstieg in etwa 8000 Meter Höhe in Schwierigkeiten geraten. Sherpas hätten ihn bis unterhalb des Südsattels gebracht. Aus einer Höhe von etwa 7800 Metern sei Sudarshan dann von einem Rettungshubschrauber am langen Seil geborgen worden. Pilot sei der Italiener Maurizio Folini gewesen. Sollten die Angaben bestätigt werden, handelt es sich um den höchsten Helikopter-Rettungsflug aller Zeiten. Erst vor wenigen Tagen hatte  – wie berichtet – Simone Moro einen koreanischen Bergsteiger aus etwa 7000 Metern gerettet und damit einen Rekord aufgestellt.

Drei Tote, zwei Vermisste am Kangchendzönga

Traurige Nachrichten erreichen uns vom dritthöchsten Berg der Erde. Am 8586 Meter hohen Kangchendzönga starben zwei Sherpas und ein Koreaner in einer Lawine. Die beiden Ungarn Zsolt Eröss und Peter Kiss werden vermisst. Sie hatten den Gipfel erreicht und anschließend beim Abstieg per Funk durchgegeben, dass sie nur langsam vorwärts kämen. Dann riss der Kontakt ab. Eröss ist (oder war) der erfolgreichste Höhenbergsteiger Ungarns. Der 45-Jährige bestieg zehn der 14 Achttausender – die letzten beiden mit einer Prothese, nachdem ihm nach einem Lawinenunglück 2010 das rechte Bein unterhalb des Knies hatte amputiert werden müssen.

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Brice: Everest ist der ‚versteckte Riese’ Nepals https://blogs.dw.com/abenteuersport/russell-brice-everest-jubilaeum/ Fri, 05 Apr 2013 13:33:45 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=20905

Russell Brice

Russell Brice hat dieser Tage viel um die Ohren. Bereits zum 18. Mal leitet der 60 Jahre alte Neuseeländer eine kommerzielle Expedition zum Mount Everest. Evelyne Binsack ist die bekannteste Teilnehmerin unter den zehn Kunden von Himalayan Experience, die in diesem Jahr den höchsten Berg der Erde besteigen wollen. 2001 war sie die erste Frau aus der Schweiz auf dem Everest, damals stieg sie über die tibetische Nordseite auf. Diesmal will es die 45-Jährige von der Südseite aus versuchen und dabei einen Dokumentarfilm drehen.

Als Expeditionschef betreut Russell im Basislager unterhalb des Khumbu-Eisbruchs auch sechs Bergsteiger, die sich den Achttausender Lhotse vorgenommen haben, sowie vier Bergsteigerinnen, deren Ziel des 7861 Meter hohen Nuptse ist. Zu diesem Frauen-Team gehört auch die deutsche Journalistin und Bergsteigerin Billi Bierling. Obwohl Russell nach eigenen Worten „sehr beschäftigt“ ist, hat er sich die Zeit genommen, mir seine Gedanken zum 60-Jahr-Jubiläum der Erstbesteigung des Mount Everest zu schicken. 

Hillary eine „Führungspersönlichkeit mit Weitblick“ 

„Nepal ist ein extrem armes Land, aber glücklicherweise hat es den ‚versteckten Riesen’ Everest“, schreibt Russell. „Diese eine bedeutende Besonderheit Nepals ist praktisch für alle touristischen Einkünfte des Landes verantwortlich, ob direkt oder indirekt.“ Sir Edmund Hillary, der mit dem Sherpa Tenzing Norgay 1953 den Everest erstmals bestieg, habe sich „als große Führungspersönlichkeit mit Weitblick erwiesen“. Er habe seinen Ruhm genutzt, um der einheimischen Bevölkerung Nepals zu helfen. „Wir können sehr leicht außerhalb von Nepal sitzen und tolle eigene Ideen zum Everest haben. Aber es ist viel schwieriger, einen wirklich bedeutsamen Beitrag für die einheimische Bevölkerung zu leisten“, findet Brice. „Ich hoffe, dass der Everest eine Einkommensquelle für die armen Menschen Nepals bleibt, auf eine respektvolle Weise.“ (Seine Äußerungen findet ihr ungekürzt auf den beiden Everest-60-Pinnwänden auf der rechten Seite des Blogs). 

Genug Platz für alle 

Gründete 1996 Himalayan Experience

Als Anbieter kommerzieller Expeditionen sieht Russell den großen Auflauf von Bergsteigern auf den Normalrouten verständlicherweise weniger problematisch als andere. „Das können wir als Veranstalter miteinander regeln“, schrieb er mir bereits im Februar. Jetzt verweist Brice darauf, dass es am Everest auch für Bergsteiger, die im Alpinstil klettern wollten, reichlich Platz gebe. „Aber ich sehe nicht viele Teams oder auch Einzelne, die sich diesen Herausforderungen stellen. Es gibt immer noch neue Routen am Everest zu entdecken und die eine oder andere schon bestehende bis zum Gipfel zu vollenden.“

Russell ermahnt Bergsteiger und Medien zu Respekt vor dem Mount Everest. Er wünsche sich für die Zukunft auch, dass die Bergsteiger zu ihrer Leidenschaft stünden, statt sich damit entschuldigen zu müssen, „der Älteste, Jüngste, Schnellste oder was auch immer zu sein. Jede Besteigung ist eine beachtliche Leistung.“ Von den Medien erwartet der Neuseeländer, dass sie „den Berg respektieren anstatt ihn als Vorwand für wilde Geschichten zu nehmen, um ihre Publikationen zu verkaufen“.

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Brice: „Natürlich kehre ich zum Everest zurück“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/interview-russell-brice-everest/ Fri, 01 Feb 2013 14:48:49 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=19433

Russell Brice

Im Frühjahr 2012 zog Russell Brice die Notbremse. Weil ihm die Verhältnisse im Khumbu-Eisbruch und auch in der Lhotse-Flanke zu heikel waren, packte der wohl erfahrenste Veranstalter kommerzieller Expeditionen zum Mount Everest vorzeitig die Koffer und erklärte die Expedition für beendet. „Die Gefahr liegt deutlich über dem, was ich verantworten kann“, meinte Brice, der seit 1974 Expeditionen in den Himalaya führt. Für das Frühjahr 2013 hat seine Agentur Himalayan Experience den Aufstieg zum Mount Everest von der Südseite her wieder im Angebot. Ich habe bei dem 60 Jahre alten Neuseeländer per Email nachgefragt:

„Russell, im vergangenen Jahr hast du deine Everest-Expedition wegen der gefährlichen Bedingungen und der Menge an Bergsteigern in der Route abgebrochen. Das wird sich aller Voraussicht nach in dieser Saison kaum ändern. Was hat dich trotzdem motiviert zurückzukehren?

Ich habe die Expedition wegen der gefährlichen Bedingungen abgebrochen und nicht wegen des großen Auflaufs an Bergsteigern. Den können wir als Veranstalter miteinander regeln. Ich erwarte auch nicht, dass die Bedingungen in diesem Jahr so schlecht sind wie im vergangenen. Ich glaube, das letzte Jahr war ein besonderes, wegen des Schneemangels und des Steinschlags. Ich habe noch immer Kunden, die den Everest besteigen und mit einem zuverlässigen Veranstalter unterwegs sein wollen. Deshalb werde ich selbstverständlich in diesem Jahr dorthin zurückkehren. Ich habe auch eine Verantwortung, den Menschen in Nepal Arbeit zu verschaffen.

Glaubst du, dass es möglich ist, die Risiken auf ein verantwortbares Maß zu reduzieren?

Den Everest zu besteigen oder in dieser Hinsicht auch jeden anderen Berg der Erde, schließt auch ein Risiko mit ein. Wichtig ist, wie man damit umgeht. Wir können nicht die Umwelt verändern, aber wir können verändern, wie wir als Bergsteiger reagieren.

Du hast viele Jahre lang Expeditionen auf der tibetischen Seite des Mount Everest angeboten. Warst du versucht, nach deinen Erfahrungen 2012 auf der Südseite zur Nordseite zurückzukehren?

Nein, nicht wirklich. Die politische Lage auf der tibetischen Seite ist nicht gerade stabil. Ich kümmere mich lieber um die natürlichen Verhältnisse als um die politischen.

Nachdem im Frühjahr 2012 am Everest zehn Menschen starben, forderten prominente Bergsteiger, die Zahl der Kletterer zu begrenzen – etwa, indem nur noch derjenige eine Genehmigung für den Everest erhält, der die Besteigung eines anderen Achttausenders nachweisen kann. Was hältst du von diesen Vorschlägen?

Wir haben uns bei den Behörden viele Jahre lang für diese Ideen eingesetzt, nicht erst seit dem letzten Jahr. Aber es ist eine Sache, Dinge vorzuschlagen, und eine andere, dass die Behörden auch wirklich zuhören und die Regeln ändern.“

P.S. Ich bin wiederholt gebeten worden, meine Blog-Artikel auch in Englisch anzubieten. Das wird aus Zeitgründen sicher nicht immer möglich sein, aber wenigstens ab und zu. Also wundert euch nicht, wenn ihr künftig einige Artikel „doppelt“ seht. Und auch nicht, wenn einige Formulierungen holprig sind. Mein Englisch reicht aus, damit ich nicht verhungere.  😉

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Brice: „Of course I will return this year“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/interview-russell-brice-everest-english/ Fri, 01 Feb 2013 14:30:19 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=19479 In spring 2012 Russell Brice put the brakes on. The probably most experienced operator of commercial expeditions to Mount Everest cancelled his expedition, because he considered the conditions in the Khumbu icefall and on the Lhotse face as too hazardous. „The danger is certainly past my parameters“, Brice said. Russell has been leading expeditions to the Himalayas since 1974. For this spring his agency Himalayan Experience offers Everest South Side again. I asked the 60 years old New Zealander per email: 

Russell Brice

„Russell, last year you cancelled your Everest expedition due to dangerous conditions and crowds of climbers in the route. Most likely this won’t change this season. But for all that, what has motivated you to come back?

I cancelled because of dangerous conditions, and not because of crowding. Crowding we as operators can deal with between ourselves. I disagree, I do not expect the conditions to be as bad as last year again this year. I feel that last year was a very special year because of the lack of snow and the stone fall. 
I have clients who still want to climb Everest and they still want to go with a safe operator, so of course I will return this year. I also have a responsibility to establish work for the local people of Nepal.

Do you think it’s possible to minimalize the risks to a responsible level?

Climbing Everest or for that matter any mountain in the world involves risk. How to manage this is important, we cannot change the environment, but we can change how we react as climbers.

For many years you offered expeditions from the Tibetan side of Mount Everest. Were you tempted to return to the north side after your experiences on the south side in 2012?

No, not really, the political environment on the Tibet side is not so stable either. I would prefer to deal with the natural circumstances rather than the political ones.

After ten people died on Everest in spring 2012, prominent climbers demanded to limit the number of climbers, for example by requiring another 8000-m-peak-climb before someone can get a permit for Everest. What do think of these proposals?

Yes, we have been promoting these ideas to the authorities for many years, not just after last year. But it is one thing to propose such things and another for the authorities to listen and change rules.

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