Icefall Doctors – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Gleiche Route wie im Unglücksjahr 2014 https://blogs.dw.com/abenteuersport/gleiche-route-wie-im-ungluecksjahr-2014/ Tue, 04 Apr 2017 15:04:08 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=35699

Rechts die Route der beiden Vorjahre, links die von 2014 (© madisonmountaineering.com)

Ist die Erinnerung an die Everest-Tragödie von 2014 so schnell verblasst? Nach Informationen der in Kathmandu erscheinenden Zeitung „The Himalayan Times“ haben die „Icefall Doctors“ die Route durch den Khumbu-Eisfall für die anstehende Saison wieder auf die vom Basislager aus gesehen linke Seite des Eislabyrinths verlegt, direkt unterhalb der eisbeladenen Westschulter. Am 18. April 2014 hatte sich von dort eine Eislawine gelöst, 16 nepalesische Bergsteiger waren bei dem Unglück ums Leben gekommen. Die Saison war damals vorzeitig abgebrochen worden. Im Frühjahr 2015 (auch diese Saison endete wegen des verheerenden Erdbebens in Nepal vorzeitig) und 2016 hatten die Sherpas, die für die Absicherung und Instandhaltung der Route durch den Eisbruch zuständig sind, eine Variante auf der von unten gesehen rechten Seite gewählt.   

Gibt es einen richtigen Weg?

Im Khumbu-Eisbruch

Nach dem Unglück 2014 war eine heftige Debatte darüber entbrannt, ob die „Icefall Doctors“ eine Mitschuld an der Tragödie trügen. „Sie haben die Piste an der schwächsten Stelle gebaut, wo die Schwierigkeiten am geringsten, aber die Gefahren am größten sind. Das ist nicht schlau“, sagte seinerzeit Reinhold Messner. Andere verwiesen hingegen darauf, dass der immer stärkere werdende Eisfluss einen Aufstieg durch die Mitte, wie er früher praktiziert worden war, kaum noch ermögliche. Und dass am anderen Rand des Eisbruchs, Lawinen von den Flanken des 7861 Meter hohen Nuptse drohten.

Klimawandel erhöht das Risiko  

Absolut sicher ist, dass der Eisbruch unsicher ist. Die Passage gleich oberhalb des Basislagers war schon immer jene mit den höchsten objektiven Gefahren. Und der fortschreitende Klimawandel erhöht das Risiko, dass sich Lawinen von der Westschulter und den Hängen des Nuptse lösen oder Seracs zusammenbrechen. Die Wahrscheinlichkeit einer neuerlichen Tragödie steigt mit der Zahl der Bergsteiger, die sich gleichzeitig im Eisbruch befinden. Es ist wie bei Blitzeis auf der Autobahn: Je mehr Verkehr, desto mehr Tote. In diesem Frühjahr wird auf der nepalesischen Südseite des Bergs mit rund 500 Everest-Gipfelanwärtern gerechnet.

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Selbst ein Icefall Doctor https://blogs.dw.com/abenteuersport/selbst-ein-icefall-doctor/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/selbst-ein-icefall-doctor/#comments Wed, 11 Jan 2017 13:13:03 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=34673 Alex Txikon mit Aluleiter auf dem Rücken

Alex Txikon mit Aluleiter auf dem Rücken

Ein bisschen wie Edmund Hillary darf sich derzeit Alex Txikon am Mount Everest fühlen. Wie der Erstbesteiger aus Neuseeland und seine Mitstreiter 1953 muss auch der Baske aktiv dabei mithelfen, einen Weg durch den gefährlichen Khumbu-Eisbruch oberhalb des Basislagers zu finden und Material zu transportieren, das zur Sicherung der Route benötigt wird. Etwa Aluminiumleitern, um die tiefen Spalten des Eisbruchs zu überwinden. So eine Leiter ist mit etwa fünf Kilogramm Gewicht nicht allzu schwer, aber verdammt sperrig, wenn es gilt, damit durchs Eis zu klettern. Richtige Knochenarbeit, wie das Video zeigt, das der 35-Jährige heute aus dem Basislager geschickt hat:

Wie berichtet, will Alex mit seinem spanischen Landsmann Carlos Rubio versuchen, den Mount Everest erstmals seit 1993 wieder einmal im Winter zu besteigen – und das ohne Flaschensauerstoff. Zusammen mit neun Sherpas bahnen sich die beiden zunächst den Weg durch den Eisbruch. Bis zu vier Wochen Zeit hat Txikon für diese Arbeit veranschlagt.

Ziemlich exklusive Erfahrung

Wie zu Hillarys Zeiten ist die spanische Expedition derzeit die einzige am höchsten Berg der Erde. Was für ein Kontrast zum Frühjahr, wenn mehrere hundert Bergsteiger aus Dutzenden von kommerziellen Expeditionen das Basislager in eine Zelt-Kleinstadt verwandeln!

Gefährlicher Eisbruch

Gefährlicher Eisbruch

Wenn die zahlenden Kunden dort im April auf gut 5300 Metern Höhe eintreffen, haben die so genannten „Icefall Doctors“ die Route durch den Eisfall normalerweise bereits vorbereitet und gesichert. Dieses Team von meist acht Sherpas sorgt bis zum Ende der Saison Anfang Juni auch dafür, dass der Weg durch das Eislabyrinth begehbar bleibt. Ausgewählt und bezahlt werden diese Sherpas vom Sagarmatha Pollution Control Commitee (SPCC), einer Organisation, die sich ursprünglich nur um den Umweltschutz im Everest-Nationalpark kümmerte. Seit 2000 ist das SPCC im Auftrag der Regierung Nepals auch für die Route durch den Khumbu-Eisbruch zuständig. Im Frühjahr 2014 waren bei einer Lawine im Eisbruch 16 nepalesische Bergsteiger ums Leben gekommen.

Selbst wenn Alex Txikon den Gipfel auf 8850 Metern in diesem Winter nicht erreichen sollte – die Erfahrung, als Nicht-Sherpa als Icefall Doctor gearbeitet zu haben, hat er schon jetzt ziemlich exklusiv.

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Mit neun Fingerstummeln auf den Everest? https://blogs.dw.com/abenteuersport/mit-neun-fingerstummeln-auf-den-everest/ Wed, 19 Aug 2015 07:57:28 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=30379 Südseite des Mount Everest

Südseite des Mount Everest

Es ist aus der Mode gekommen, den Mount Everest im Herbst zu besteigen. Dabei wurden einige der spektakulärsten Gipfelerfolge am höchsten Bergs der Erde in der Nach-Monsun-Zeit verzeichnet. Erinnert sei nur an die erstmalige Durchsteigung der Everest-Südwestwand durch die Briten Doug Scott und Dougal Haston im September 1975 oder den Erfolg der US-Amerikaner Carlos Buhler, Kim Momb und Lou Reichardt über die Ostwand im Oktober 1983. Mit dem Einzug des kommerziellen Bergsteigens am Everest verlegte sich jedoch die Klettersaison immer mehr ins Frühjahr – wegen der im Vergleich zum Herbst höheren Temperaturen und der meist niedrigeren Lawinengefahr. Seit dem Jahr 2000 wurden nur 36 Gipfelerfolge im September oder Oktober verzeichnet, so gut wie nichts verglichen mit mehr als 5000 Besteigungen im Frühjahr seit der Jahrtausendwende. Die letzten Aufstiege im Herbst liegen schon fünf Jahre zurück: Im Oktober 2010 erreichten der US-Amerikaner Eric Larsen und fünf Sherpas den höchsten Punkt auf 8850 Metern. In diesem Jahr soll es wieder einen Versuch geben, den Everest im Herbst von der nepalesischen Südseite aus zu besteigen.

Kurikis Rückkehr

Kuriki hat einen hohen Preis bezahlt

Kuriki nach seinem Versuch 2012

Nach Informationen der „Himalayan Times“ sind die so genannten „Icefall doctors“, eine Gruppe hochspezialisierter Sherpas, im Basislager eingetroffen, um eine Route durch den Khumbu-Eisfall zu legen. Die Japaner Nobukazu Kuriki und Masaru Kadotani wollten versuchen, den Everest im Herbst zu besteigen, berichtet die Zeitung und beruft sich auf Tika Ram Gurung vom nepalesischen Expeditionsveranstalter Bochi-Bochi Trek. Kuriki hatte im Herbst 2012 versucht, den Everest im Alleingang ohne Flaschensauerstoff über den selten begangenen Westgrat zu besteigen. Der damals 30-Jährige hatte nach eigenen Angaben wegen Sturms auf etwa 8000 Meter Höhe umkehren müssen. Beim Abstieg sandte Kuriki einen Notruf. Sherpas stiegen ihm entgegen, der Japaner wurde von Lager 2 auf 6400 Metern mit einem Rettungshubschrauber ausgeflogen. Kuriki bezahlte sein Abenteuer mit schweren Erfrierungen. Neun Finger mussten fast auf ganzer Länge amputiert werden, ihm blieben nur Stummel. Der Japaner wollte dennoch seinen Traum von weiteren Achttausender-Abenteuern nicht begraben. Im Juli 2014 bestieg Nobukazu nach eigenen Angaben ohne Flaschensauerstoff den Broad Peak in Pakistan (s. sein Gipfelvideo unten). Eigentlich wollte Kuriki im kommenden Herbst den Mount Everest von der tibetischen Nordseite aus angehen. Doch die chinesischen Behörden machten ihm einen Strich durch die Rechnung, indem sie – wie berichtet – bekannt gaben, dass es vor dem Frühjahr 2016 keine Permits mehr für Expeditionen in Tibet geben werde.

Auch Lhotse-Expedition am Berg

Die Icefall-Doctors werden die Route nicht nur für die Japaner vorbereiten. Nach Angaben von Gyanendra Shrestra vom Tourismus-Ministerium will eine südkoreanische Expedition im Herbst den Lhotse besteigen. Zweimal in Serie war zuletzt die Frühjahrsaison am Mount Everest abgebrochen worden: 2014 nach dem Lawinenunglück im Khumbu-Eisbruch mit 16 Toten, in diesem Jahr nach dem verheerenden Erdbeben in Nepal. Die Erdstöße hatten eine Lawine ausgelöst, die im Basislager mindestens 18 Menschen das leben gekostet hatte.

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