Kuriki – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Everest-Saison: Erfolge, Rekorde, Todesfälle und mehr https://blogs.dw.com/abenteuersport/everest-saison-erfolge-rekorde-todesfaelle-und-mehr/ Wed, 07 Jun 2017 12:10:25 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=36587

Everest-Nordseite im letzten Tageslicht

Wenn ein Berg aufatmen könnte, der Mount Everest würde es wahrscheinlich jetzt tun. Insgesamt mehr als 1000 Bergsteiger auf beiden Seiten des höchsten Bergs der Erde haben die Basislager geräumt und sind heimgekehrt. Es kehrt wieder Ruhe ein am Chomolungma, wie die Sherpas den Everest nennen. Zeit, Bilanz zu ziehen. Die genauen Zahlen liegen noch nicht vor, aber geschätzt dürften in diesem Frühjahr rund 600 Gipfelerfolge gelungen sei, insgesamt wurde der Everest damit seit der Erstbesteigung im Jahr 1953 mehr als 8000-mal bestiegen.

Diskussion um Jornets Doppelbesteigung

Kilian Jornet am Everest

Für die wohl spektakulärste Leistung sorgte der spanische Bergläufer Kilian Jornet, der zweimal innerhalb einer Woche ohne Flaschensauerstoff zum Gipfel aufstieg, beim ersten Mal sogar in einem Zug vom Kloster Rongbuk aus, mit nur einem kurzen Zwischenstopp im vorgeschobenen Basislager (ABC) auf 6400 Metern. Dorthin kehrte er nur 38 Stunden nach dem Aufbruch wieder zurück. Wenige Tage später ließ er einen zweiten Aufstieg folgen. 17 Stunden brauchte er vom ABC bis zum Gipfel auf 8850 Metern. Hinterher entbrannte eine Diskussion, weil der 29-Jährige zunächst weder Gipfelfotos noch GPS-Informationen vorlegte, um seine Aufstiege zu dokumentieren. Jornet versprach, die Daten seiner GPS-Uhr nachzureichen. Bereits 2007 hatte Pemba Dorje Sherpa eine Everest-Doppelbesteigung ohne Atemmaske innerhalb einer Woche geschafft.

Drei Achttausender in fünf Tagen?

Nirmal Purja

Auch Nirmal Purja, ein Soldat des britischen Gurkha-Regiments bestieg den Everest in diesem Frühjahr zweimal, wenn auch mit Flaschensauerstoff: am 15. und 27. Mai. Acht Stunden nach seinem zweiten Gipfelerfolg stand der 34-Jährige auf dem Lhotse – und am 1. Juni auch noch auf dem Makalu. Drei Achttausender innerhalb von fünf Tagen? Die Angaben würden noch geprüft, heißt es beim nepalesischen Tourismusministerium.

Kuriki will wiederkommen

Insgesamt gab es in dieser Saison mindestens fünf erfolgreiche Everest-Aufstiege ohne Flaschensauerstoff, möglicherweise sogar neun: Nach indischen Medienberichten erreichten auch vier Mitglieder einer indischen Armee-Expedition den Gipfel, ohne zur Flasche zu greifen. Andere Bergsteiger scheiterten, wie der Deutsche Ralf Dujmovits in seinem achten und nach seinen Worten „definitiv letzten“ Everest-Versuch ohne Atemmaske. Auch der Japaner Nobukazu Kuriki kehrte ohne Gipfelerfolg zurück, von seinem inzwischen siebten Versuch. Er hatte über den Westgrat und das Hornbein-Couloir zum Gipfel steigen wollen. „Ich komme wieder“, verkündete der 34-Jährige.

Sieben Todesfälle

Insgesamt sieben Menschen kehrten in diesem Frühjahr nicht vom Everest zurück. Sechs Bergsteiger und ein Basislager-Koch starben. Vor allem der Tod des Schweizer Topbergsteigers Ueli Steck sorgte weltweit für Schlagzeilen. Der 40-Jährige stürzte bei einem Akklimatisierungs-Anstieg vom Nuptse in den Tod. Als Falschmeldung erwies sich die Nachricht, am Südsattel seien in einem Zelt vier tote Bergsteiger gefunden worden.

Zum 21. Mal auf dem Everest

Kami Rita Sherpa auf dem Gipfel

Für Rekorde sorgten zwei Sherpas. Der 46 Jahre alte Kami Rita Sherpa aus dem Dorf Thame im Khumbu-Gebiet bestieg den Everest zum 21. Mal. Damit zog er mit Apa Sherpa (ebenfalls in Thame geboren), und Phurba Tashi Sherpa aus dem Dorf Kumjung gleich, die ebenfalls 21-mal auf dem Dach der Welt standen. Lhakpa Sherpa war auch bisher schon die Frau mit den meisten Everest-Besteigungen. Die 43 Jahre alte Nepalesin, die in den USA lebt, setzte ihren achten Gipfelerfolg drauf.

Und sonst? Als zweiter blinder Bergsteiger nach dem US-Amerikaner Erik Weihenmayer erreichte der Österreicher Andy Holzer den Gipfel des Everest. Die 26 Jahre alte Britin Mollie Hughes reihte sich als Nummer 15 in den Kreis der Bergsteigerinnen ein, die den höchsten Berg der Erde von beiden Seiten bestiegen haben.

10-Jahre-Bann für Bergsteiger ohne Permit

Dass es mit der Moral am Everest nicht gerade zum Besten gestellt ist, zeigte sich auch in dieser Saison. Einige Bergsteiger vermissten Sauerstoffflaschen, die sie zuvor in Hochlagern deponiert hatten. Der Südafrikaner Ryan Sean Davy wurde auf der Südseite bei dem Versuch ertappt, den höchsten Berg der Welt ohne Permit zu besteigen. Auch der Pole Janusz Adamski, der von Norden her zum Gipfel aufstieg und dann über die Südroute abstieg, hatte für die nepalesische Seite keine Genehmigung. Beide dürfen in den nächsten zehn Jahren nicht mehr zum Bergsteigen nach Nepal kommen. Die eigentlich fällige Strafe von 22.000 Dollar wurde beiden erlassen. Warum, blieb offen.

Wo ist der Hillary Step?

Ja, wo ist er denn?

Viel diskutiert wurde in diesem Frühjahr auch über das Wetter am Everest, das nach Aussagen der Meteorologen so schwer vorhersehbar war wie noch niemals zuvor. Und natürlich über den Hillary Step, der nach Ansicht des sechsmaligen Everest-Besteigers Tim Mosedale schlichtweg verschwunden ist. Sherpas widersprachen, und die nepalesische Regierung meinte, feststellen zu müssen: „Der Hillary Step ist noch intakt und mit Schnee bedeckt.“ Bereits im vergangenen Jahr war darüber spekuliert worden, dass das schwere Erdbeben von 2015 die markante Felsstufe im Gipfelbereich verändert haben könnte.

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Kommt Kuriki beim nächsten Mal im Winter? https://blogs.dw.com/abenteuersport/kommt-kuriki-beim-naechsten-mal-im-winter/ Thu, 20 Oct 2016 14:51:47 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=34043 Kuriki auf 6800 Metern in der Everest-Nordwand

Kuriki auf 6800 Metern in der Everest-Nordwand

Und tschüss. Nachdem der Spanier Kilian Jornet bereits Mitte September dem Mount Everest den Rücken gekehrt hatte, hat auch der Japaner Nobukazu Kuriki seine Zelte auf der tibetischen Nordseite des höchsten Bergs der Erde abgebrochen. Eindeutig zu viel Schnee, befand der 34-Jährige. Bei seinem Gipfelversuch vor zwei Wochen sei er bis zu den Hüften im Schnee eingesunken. Kuriki war – wie berichtet – alleine und ohne Flaschensauerstoff bis auf eine Höhe von 7400 Metern aufgestiegen, ehe er vor den Schneemassen kapituliert und umgedreht hatte.

Tränen im Küchenzelt

Everest-Nordwand

Everest-Nordwand

Nach seiner Rückkehr ins vorgeschobene Basislager versuchte Kuriki noch, seine Besteigungsgenehmigung und sein Visum verlängern zu lassen. Vergeblich. „Ich habe mich in die Ecke des Küchenzeltes verkrochen und geweint“, berichtet der Japaner, dem nun endgültig klar war, dass auch sein sechster Versuch, den Everest im Herbst zu besteigen, gescheitert war. 2012 hatte er sich so schwere Erfrierungen zugezogen, dass ihm neun Finger hatten amputiert werden müssen.

Teil des Inventars

Kuriki wäre nicht Kuriki, wenn er nicht gleich ankündigen würde, dass er zurückkehren will. Aufgrund seiner Erfahrung von diesem Jahr denke er auch über einen Versuch im Winter nach, sagt Nobukazu. Dann sei wegen der eiskalten Temperaturen die Luft zwar noch dünner. Aber der starke Wind im Herbst habe dann wenigstens den Schnee aus der Wand geblasen. Wir werden ihn also wohl wiedersehen am Mount Everest, ob im Herbst oder Winter.  Irgendwie gehört er ja auch schon fast zum Inventar – zu Zeiten, in denen sich sonst niemand oder kaum jemand am höchsten Berg der Erde versucht.

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Kurikis zweiter Everest-Gipfelvorstoß gescheitert https://blogs.dw.com/abenteuersport/kurikis-zweiter-everest-gipfelvorstoss-gescheitert/ Thu, 08 Oct 2015 09:14:46 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=30813 Nächtlicher Aufbruch

Nächtlicher Aufbruch

Der Japaner Nobukazu Kuriki ist erneut umgekehrt. Auf 8150 Metern, rund 200 Meter oberhalb des Südsattels, brach der 33-Jährige seinen zweiten Gipfelversuch am Mount Everest ab. „Tiefer Schnee und starke Winde“ hätten ihn gestoppt, twitterte Kuriki. “Ich habe mein Bestes gegeben. Ich bin wirklich enttäuscht.“ Erschöpft und frustriert klang er auch beim Funkkontakt mit seinem Team.

Marathon endet vorzeitig

Kurikis Route

Kurikis Route

Der Japaner stieg zu seinem letzten Lager auf 7800 Metern und von dort aus weiter ab. Sein erster Vorstoß vor anderthalb Wochen war unterhalb des Südsattels zu Ende gegangen, auch damals wegen der Schneemenge und der Zeit, die ihm davonlief. Kuriki stieg erneut ohne Flaschensauerstoff. Ihm selbst war klar, dass die Gipfeletappe über rund 1100 Höhenmeter „ein Marathon“ würde. Das Ziel sah er nicht. Damit bleibt der Mount Everest in diesem Jahr weiter unbestiegen, nachdem die Frühjahrssaison wegen des Erdbebens am 25. April und dem dadurch ausgelösten Lawinenunglück mit 19 Toten im Basislager ohne Gipfelerfolg abgebrochen worden war.

Respektable Leistung

Nobukazu Kuriki

Nobukazu Kuriki

Kuriki ist bereits zum fünften Mal in der Nach-Monsun-Zeit am Everest unterwegs. Bei seinem letzten Versuch über den Westgrat im Herbst 2012 hatte er sich schwere Erfrierungen zugezogen. Neun Finger hatten fast auf ganzer Länge amputiert werden müssen, ihm blieben nur Stummel. Vor diesem Hintergrund und der Tatsache, dass in diesem Herbst oberhalb des Khumbu-Eisbruchs die Route nicht präpariert war, verdienen seine beiden Versuche Respekt. An sechs der 14 Achttausender hätte eine Höhe von 8150 Metern zum Gipfelerfolg gereicht, bei drei weiteren hätten nur ein, zwei Dutzend Höhenmeter gefehlt. Doch der Mount Everest ist eben noch einmal 800 Meter höher.

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Kuriki dreht am Everest um https://blogs.dw.com/abenteuersport/kuriki-dreht-am-everest-um/ Sun, 27 Sep 2015 12:44:43 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=30671 Nobukazu Kuriki

Nobukazu Kuriki

Es wäre ein echter Paukenschlag gewesen. Und die Schlagzeile war sicher schon vorbereitet: „Historischer Everest-Aufstieg mit nur einem kompletten Finger“. Doch diese Schlagzeile verschwindet zunächst einmal wieder in der Schublade. Nobukazu Kuriki hat seinen ersten Gipfelversuch am Mount Everest abgebrochen. „Ich habe alle meine Kraft zusammengenommen, aber es dauerte einfach zu lange, mich durch den tiefen Schnee hindurch zu wühlen“, twitterte der 33-Jährige. „Mir wurde klar, dass ich nicht lebend zurückkehren würde, wenn ich weitermachte. Deshalb beschloss ich abzusteigen.“ Welche Höhe er genau erreichte, ist noch unklar. Nach Angaben seines GPS-Signalgebers stieg er nicht bis zum Südsattel auf. Sein, wie er schrieb, „letztes Lager“ hatte Kuriki auf 7700 Metern aufgeschlagen, also etwa auf Höhe des Genfer Sporns aufgeschlagen, 200 Meter unterhalb des Südsattels. Von dort wäre es noch eine echte Marathonetappe bis auf den 8850 Meter hohen Gipfel gewesen – zumal der Japaner oberhalb von Lager 2 allein aufstieg, auf Flaschensauerstoff verzichtete und die Route weder gespurt noch gesichert war.

Solo ab 6400 Metern

Südseite des Mount Everest

Südseite des Mount Everest

Streng genommen wäre es dennoch kein Everest-Alleingang gewesen, da Kuriki auf einer von den „Icefall Doctors“ präparierten Route durch den Khumbu-Eisbruch stieg und erst ab einer Höhe von etwa 6400 Metern seine Begleiter zurückließ. Doch wann überhaupt ist schon einmal ein Kletterer wirklich allein am Everest unterwegs, und dann auch noch auf der Normalroute? Insofern kam Kurikis Versuch einem Solo schon recht nahe. Den bisher einzigen reinen Alleingang am Everest ohne Flaschensauerstoff darf nach wie vor Reinhold Messner für sich beanspruchen. Der Südtiroler bestieg im August 1980 mitten im Monsun, also außerhalb der Klettersaison, solo und auf einer neuen Route über die Nordseite den höchsten Berg der Erde.

Nur noch ein kompletter Finger

Kuriki nach seinem gescheiterten Versuch 2012

Kuriki nach seinem gescheiterten Versuch 2012

Es war bereits Kurikis fünfter Versuch, den Mount Everest im Herbst zu besteigen. Im Oktober 2012 hatte der Japaner weltweit für Schlagzeilen gesorgt, als er über den selten begangenen Westgrat aufgestiegen war. Der damals 30-Jährige musste wegen Sturms nach eigenen Angaben auf etwa 8000 Meter Höhe umkehren. Beim Abstieg sandte Kuriki einen Notruf. Sherpas stiegen ihm entgegen, der Japaner wurde von Lager 2 auf 6400 Metern mit einem Rettungshubschrauber ausgeflogen. Kuriki bezahlte sein Abenteuer mit schweren Erfrierungen. Neun Finger mussten fast auf ganzer Länge amputiert werden, ihm blieben nur Stummel – und lediglich ein kompletter Finger.

Noch ein Versuch?

Wagt Kuriki jetzt noch einen weiteren Versuch? Zeit hätte er noch. Doch es stellt sich die Frage, ob er sich für einen zweiten Anlauf ausreichend erholen und noch einmal die nötige Spannung und Konzentration aufbauen kann. Die letzte Besteigung im Herbst ohne Flaschensauerstoff liegt schon 22 Jahre zurück.  Sie gelang am 9. Oktober 1993 dem Franzosen Hubert Giot. Der erste, der im Nach-Monsun ohne Atemmaske den Gipfel des Everest erreichte, war übrigens ein Deutscher: Hans Engl, am 14. Oktober 1978.

Update 28. September: Kuriki will es angeblich erneut versuchen. „Er wird ein paar Tage im Basislager bleiben und am 1. Oktober wieder Richtung Gipfel aufbrechen“, sagte Tikaram Gurung, Geschäftsführer des nepalesischen Expeditionsveranstalters Bochi-Bochi Trek, gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. „Er ist in guter körperlicher Verfassung und sehr erfahren. Er hatte während des Aufstiegs keine nennenswerten Probleme.“ Bochi-Bochi Trek organisiert die Expedition Kurikis.

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Dawa Steven Sherpa: „Ke garne! Wir machen weiter! “ https://blogs.dw.com/abenteuersport/dawa-steven-sherpa-ke-garni-wir-machen-weiter/ Wed, 09 Sep 2015 15:32:55 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=30537 Dawa Steven Sherpa

Dawa Steven Sherpa

Es ist wie verhext. Zwei Frühjahrssaisons am Mount Everest hintereinander blieben ohne Gipfelerfolge (Ich ignoriere dabei die Besteigung durch das Team der Chinesin Wang Jing 2014, bei der sich die Bergsteiger mit dem Hubschrauber ins Hochlager fliegen ließen). 2014 wurden alle kommerziellen Expeditionen vorzeitig abgebrochen, nachdem bei einer Lawine im Khumbu-Eisbruch 16 nepalesische Bergsteiger ums Leben gekommen waren. In diesem Jahr löste das verheerende Erdbeben in Nepal am Siebentausender Pumori eine Lawine aus, die das Everest-Basislager traf und 19 Bergsteiger und Expeditionshelfer tötete. Einmal mehr endete die Frühjahrssaison, bevor sie richtig begonnen hatte. Was bedeutet das für die Sherpas?

Ich habe Dawa Steven Sherpa angerufen. Zusammen mit seinem Vater Ang Tshering Sherpa, dem Präsidenten des Nepalesischen Bergsteigerverbands (NMA)  führt der 31-Jährige in Kathmandu „Asian Trekking“, einen führenden Veranstalter von Expeditionen und Trekkingreisen im Himalaya. Dawa Steven bestieg zweimal den Everest (2007 und 2008) und auch die Achttausender Cho Oyu (2006) und Lhotse (2009). Unter seiner Expeditionsleitung erreichten mehr als 150 Bergsteiger den Gipfel des Everest. Aber Dawa Steven ist auch ein unermüdlicher Kämpfer für Umwelt- und Klimaschutz im Himalaya. Außerdem leitet er „Resilient Homes“, ein Projekt der „Himalayan Climate Initiative“, mit dem Dorfbewohnern im Erdbebengebiet dabei geholfen wird, ihre Häuser und andere Gebäude wieder aufzubauen – ein Grund mehr, um mit ihm über die aktuelle Lage in Nepal zu sprechen.

Südseite des Mount Everest

Südseite des Mount Everest

Dawa Steven, habt ihr in eurem Unternehmen auch eine schwache Nachfrage nach Trekkingreisen und Expeditionen in diesem Herbst registriert?

Ja, wir hatten definitiv eine geringere Nachfrage. Wir hatten zwar keine Stornierungen von Leuten, die schon vor dem Erdbeben gebucht hatten. Aber wir stellten fest, dass es alles in allem weniger Buchungen waren. Ich glaube zum ersten Mal überhaupt haben wir im Herbst keine einzige Expedition. Wir mussten unsere beiden Expeditionen in Tibet absagen, weil die Chinesen für den Herbst keine Permits (Besteigungsgenehmigungen) ausgestellt haben. Wir versuchten, unsere Expeditionen vom Cho Oyu und der Shishapangma zum Manaslu zu verlegen, doch unsere Kunden zeigten kein Interesse daran.

Was bedeutete das für die Sherpa-Berführer, Köche, Küchenhilfen, Träger und auch für die Besitzer der Lodges?

Natürlich sind das keine guten Nachrichten. Wir beschäftigen 62 Sherpas, die von dieser Arbeit abhängig sind. Wenn möglich, geben wir ihnen die Gelegenheit, Trekkingtouren im Everest- oder Annapurna-Gebiet zu führen. Aber damit kann man natürlich nicht genauso viel Geld verdienen wie bei einer Expedition. Das ist für niemanden eine gute Situation.

Rettungsaktion im Everest-Basislager

Rettungsaktion im Everest-Basislager

Wie ist die Stimmung unter den Sherpas nach zwei Everest-Frühlingssaisons mit tödlichen Lawinen, Erdbeben und abgebrochenen Expeditionen?

Nicht gut, wie du dir vorstellen kannst. Die meisten unserer Sherpas sind auch weiterhin bereit, klettern zu gehen. Wir hatten Glück, dass weder im letzten noch in diesem Jahr Sherpas oder Teilnehmer unserer Expeditionen von den Lawinen getroffen wurden. Gott sei Dank gab es keine Toten oder Verletzten in meinem Team. Aber natürlich bekamen unsere Sherpas mit, wie andere Sherpas und Bergsteiger verletzt oder getötet wurden. Viele sind jetzt ein wenig nervös. Die meisten meiner Sherpas sind sehr erfahren. Die Älteren sind emotional stark. Das wirkt positiv auf die jüngeren Sherpas, die erst zum ersten oder zweiten Mal auf Expedition waren. Sie sind deutlich nervöser, wieder in die Berge aufzubrechen, weil sie nur schlimme Erfahrungen gemacht haben. Kein Sherpa kommt zu mir und sagt: „Ich möchte nicht mehr bergsteigen.” Aber ich weiß definitiv, dass einige Sherpas in ihren Familien Druck bekommen, von ihren Frauen, Müttern und Vätern, die sagen: „Hör‘ auf mit dem Bergsteigen, führe doch nur noch Trekkinggruppen!“

Wie ist die finanzielle Lage der Sherpa-Familien nach diesen beiden schlimmen Frühjahren am Everest?

Viele Sherpas wurden sehr hart getroffen, nicht nur weil sie einen Großteil ihres Einkommens eingebüßt haben. Sie müssen auch viel Geld ausgeben, um ihre Häuser nach dem Erdbeben wieder aufzubauen. Glücklicherweise gibt es unter den Sherpas so etwas wie eine starke Kultur des Sparens. Viele von ihnen haben für Zeiten wie diese Geld auf die Seite gelegt. Aus finanzieller Sicht geht es den Sherpas besser als dem Rest Nepals. Sie konnten ihr eigenes Geld nehmen oder sich welches leihen. Die Menschen vertrauen ihnen, weil sie genügend Einkommen haben, um das Geld später wieder zurückzuzahlen. Außerdem haben viele Sherpas direkte Hilfe von früheren Kunden aus dem Ausland erhalten. Insofern sind die Sherpas in einer vergleichsweise glücklichen Lage, weil sie so viel Unterstützung aus aller Welt erhalten.

Seit Mai hat Nepal einen Sherpa als Tourismus-Minister. Ist dadurch die Aufmerksamkeit der Regierung für die Anliegen der Bergbevölkerung größer geworden?

Natürlich ist die Stimmung im Tourismusgewerbe besser geworden, seitdem wir einen Sherpa-Minister haben. Aber er steht vor vielfältigen Herausforderungen, weil er Teil einer politischen Partei ist, die ihre eigenen Prioritäten setzt. Außerdem muss er mit dem bürokratischen Apparat zusammenarbeiten, der seit langem die Dinge auf seine eigene Art regelt. Der Minister hat in kurzer Zeit viele Dinge auf den Weg gebracht, er hat einen guten Blick für die Herausforderungen, vor der das Tourismusgewerbe steht. Einerseits sind wir also zufrieden, andererseits aber auch ein bisschen nervös, weil es Gerüchte über einen neuen Ministerpräsidenten und ein neues Kabinett gibt. Wenn der Posten des Tourismusministers neu besetzt wird, fangen wir wieder bei Null an.

Basislager zu Füßen des Mount Everest

Basislager zu Füßen des Mount Everest

Was ist vor allem nötig, um die Situation im Tourismus zu verbessern?

Zunächst einmal sollte sich die Regierung um die Bedürfnisse der Bergsteiger kümmern, besonders jener, die zum Everest kamen, um neues Vertrauen aufzubauen – dass Nepal nicht einfach nur ihr Geld einkassiert, wie die 11.000 US-Dollar für das Permit. Es sollte nicht der Eindruck an die Bergsteiger und den Rest der Welt vermittelt werden, dass sich Nepal nicht um die Touristen kümmert, die nach Nepal kommen. Nepal muss ganz schnell sagen: „Uns ist klar, es hat ein schweres Erdbeben gegeben, und du musstest deine Expedition abbrechen. Wir werden dein Permit für weitere drei oder fünf Jahre verlängern und keine zusätzlichen Gebühren verlangen.“ Das ist ein Weg, mit dem die Regierung auf einfache Art und Weise Vertrauen zurückgewinnen kann. Die Regierung Nepals hatte im letzten Jahr einen sehr, sehr schlechten Ruf, weil sie nach der Lawine die Situation nicht ernsthaft angegangen ist. Und sie läuft Gefahr, diesen Fehler in diesem Jahr wieder zu machen und noch mehr Image zu verlieren.

Fürchtest du, dass viele Bergsteiger auf die tibetische Nordseite des Everest wechseln?

Ich fürchte es nicht nur, ich weiß, dass viele dorthin wechseln. In diesem Jahr hatte ich zum Beispiel drei Bergsteiger, die auf die Nordseite gingen, nachdem sie im Jahr zuvor auf der Südseite waren. Andere Bergsteiger, die ihre Expeditionen 2014 abbrechen mussten und 2015 nach Nepal zurückkehrten, bitten mich jetzt, sie für nächstes Jahr auf die Tibet-Liste zu setzten. Und ich habe auch einige neue Kunden, die ganz klar zum Ausdruck gebracht haben, dass sie nicht auf die nepalesische, sondern auf die tibetische Seite gehen wollen.

Aber du hast auch immer noch Anfragen für die nepalesische Seite?

Ja, und ich sollte vielleicht sagen, dass ich mehr Anfragen für die nepalesische als die tibetische Seite habe. Aber es fragen heute deutlich mehr Leute nach der chinesischen Seite als früher.

Wie beurteilst du den Medienhype um die Herbst-Expedition des japanischen Bergsteigers Nobukazu Kuriki zum Everest?

Nobukazu wollte ursprünglich auf die tibetische Seite gehen, entschied sich aber für Nepal, weil Tibet geschlossen ist. Ich bin mir nicht sicher, ob er wirklich hergekommen ist, um den Tourismus und das Bergsteigen in Nepal anzukurbeln. Er wollte den Everest so oder so besteigen. Aber es ist schon ein symbolischer Schritt, in einer Zeit, in der die Menschen Angst haben, nach Nepal zu reisen. Ich finde es gut, dass er zurückgekommen ist, um hier bergzusteigen.

Nepal-nowWas würdest du jemand antworten, der dich fragt, ob Nepal jetzt oder im nächsten Frühjahr sicher ist?

Ich würde sagen: „Es ist sicher.” Weil ich selbst in den Bergen war und am 14. dieses Monats auch wieder aufsteigen werde. Meine Freunde sind dort, wir leisten Hilfe. Deshalb wissen wir: Es ist sicher. Ich habe keine Angst vor Gefahren. Dort wo es gefährlich ist, wird es deutlich angezeigt. Die Regierung lässt niemanden in gefährliche Gebiete, etwa im Langtang. Aber der größte Teil Nepals ist sicher.

Bist du optimistisch, dass Nepal wieder auf die Füße kommt?

Ja, früher oder später, weil die Menschen in Nepal eine andere Einstellung haben als die meisten Menschen auf der Welt. Sie haben niemals erwartet, dass ihnen die Regierung hilft. Sie bauten mit eigenen Händen die Häuser, die jetzt zerstört wurden, und sie werden sie auch wieder mit ihren eigenen Händen aufbauen. Möglicherweise greifen ihnen dabei die Regierung oder auch internationale Organisationen ein bisschen unter die Arme, aber die Mehrzahl der Häuser in ganz Nepal wird von den Leuten selbst wieder aufgebaut.

Die Menschen in Nepal sind wirklich pragmatisch. Sie lächeln immer, sie schauen auf die Sonnenseite jeder Situation. In westlichen Ländern ist immer alles durchgeplant und präzise, aber so laufen die Dinge in Nepal nicht. Dort zucken die Leute mit ihren Schultern und sagen: „Ke garne!“ So ist es halt, wo fangen wir an? Diese „Ke garne!“-Haltung ist nach dem Erdbeben ganz wichtig geworden. Die Leute sitzen nicht einfach nur da und klagen: „Alles, was ich gebaut habe, liegt jetzt am Boden, bla, bla, bla.“ Sie sagen einfach: „Wo fangen wir an? So ist halt das Leben. Wir machen weiter!

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PR mit Permit https://blogs.dw.com/abenteuersport/pr-mit-permit/ Tue, 25 Aug 2015 20:06:25 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=30425 Begeisterung in Nepal um Bergsteiger Kuriki

Begeisterung in Nepal um Bergsteiger Kuriki

Die Verzweiflung in Nepal muss groß sein. Anders ist nicht zu erklären, dass die Regierung in Kathmandu dieser Tage eine Pressekonferenz einberufen hat, nur um ein Permit für eine Expedition zu übergeben. Aus der Hand von Tourismusminister Kripasur Sherpa erhielt der Japaner Nobukazu Kuriki die schriftliche Erlaubnis, in diesem Herbst den Mount Everest zu besteigen. „Kuriki geht in einer Zeit bergsteigen, in der es in der Welt Verwirrung über die Sicherheit des Landes nach dem Erdbeben gibt“, sagte der Minister. „Er gibt ein Beispiel dafür ab, das Land wieder zu besuchen.“ Ins gleiche Horn stieß auch der 33 Jahre alte japanische Bergsteiger: „Ich besteige den Berg, um Nepal in dieser schwierigen Zeit beizustehen und die Botschaft zu verbreiten, dass das Land für Touristen sicher ist.“

Kuriki will – wie berichtet – versuchen, den Everest über die nepalesische Seite zu besteigen, nachdem die chinesischen Behörden allen Expeditionen in Tibet die kalte Schulter gezeigt hat. Heute ist Kuriki von Kathmandu aus ins Khumbu-Gebiet geflogen, um sich dort zu akklimatisieren. Bei seinem letzten Versuch, den Everest im Herbst zu besteigen, hatte sich der Japaner 2012 schwere Erfrierungen zugezogen, neun Fingern hatten amputiert werden müssen. Wie damals will Kuriki auch diesmal alleine und ohne Flaschensauerstoff aufsteigen. Die „Icefall doctors“ präparieren für ihn den Weg durch den Khumbu-Eisfall.

Eine Handvoll Expeditionen

Trekkingroute zum Mount Everest

Trekkingroute zum Mount Everest

Die PR-Offensive der nepalesischen Regierung hat nichts damit zu tun, dass sie Kurikis Versuch angesichts seiner Vorgeschichte für besonders bewundernswert oder sportlich herausragend und deshalb unterstützungswürdig hielte. Die Verantwortlichen in Kathmandu befürchten vielmehr, dass der Tourismusmarkt nach dem Erdbeben in der Herbstsaison um die Hälfte einbricht. Nicht viel mehr als eine Handvoll Permits hat sie für Herbst-Expeditionen ausstellen müssen. Das alleine wäre noch nicht dramatisch, doch auch die Nachfrage nach Trekkingtouren in Nepal, Haupteinnahmequelle in der Nach-Monsun-Zeit, war mäßig.

Licht am Horizont

Das bestätigt auch meine Anfrage bei deutschen Veranstaltern. Amical Alpin verzeichnet für den Herbst einen Rückgang der Buchungen von Trekkingreisen nach Nepal von etwa 30 Prozent, bei Expeditionen von 50 Prozent. Auch der DAV Summit Club beziffert den Markteinbruch für Nepal auf etwa 50 Prozent. Beide Agenturen sehen jedoch Licht am Horizont. „Seit einigen Wochen können wir feststellen, dass Nepal und hier vor allem die Annapurna-Region und das Everest-Gebiet wieder verstärkt nachgefragt werden“, schreibt mir Marcus Herrmann, Produktmanager beim Summit Club. „Für das Frühjahr 2016 gehen wir von einer deutlichen Belebung aus.“ Auch Amical registriert seit Anfang August wieder Buchungen für Nepal und ist für die nächste Saison „guter Dinge“. Dem gebeutelten Land und seinen von der Katastrophe geschlagenen Menschen wäre es zu wünschen. Vielleicht ist die Regierung in Kathmandu dann auch nicht mehr gezwungen, Presserummel um Permits zu veranstalten.

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Mit neun Fingerstummeln auf den Everest? https://blogs.dw.com/abenteuersport/mit-neun-fingerstummeln-auf-den-everest/ Wed, 19 Aug 2015 07:57:28 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=30379 Südseite des Mount Everest

Südseite des Mount Everest

Es ist aus der Mode gekommen, den Mount Everest im Herbst zu besteigen. Dabei wurden einige der spektakulärsten Gipfelerfolge am höchsten Bergs der Erde in der Nach-Monsun-Zeit verzeichnet. Erinnert sei nur an die erstmalige Durchsteigung der Everest-Südwestwand durch die Briten Doug Scott und Dougal Haston im September 1975 oder den Erfolg der US-Amerikaner Carlos Buhler, Kim Momb und Lou Reichardt über die Ostwand im Oktober 1983. Mit dem Einzug des kommerziellen Bergsteigens am Everest verlegte sich jedoch die Klettersaison immer mehr ins Frühjahr – wegen der im Vergleich zum Herbst höheren Temperaturen und der meist niedrigeren Lawinengefahr. Seit dem Jahr 2000 wurden nur 36 Gipfelerfolge im September oder Oktober verzeichnet, so gut wie nichts verglichen mit mehr als 5000 Besteigungen im Frühjahr seit der Jahrtausendwende. Die letzten Aufstiege im Herbst liegen schon fünf Jahre zurück: Im Oktober 2010 erreichten der US-Amerikaner Eric Larsen und fünf Sherpas den höchsten Punkt auf 8850 Metern. In diesem Jahr soll es wieder einen Versuch geben, den Everest im Herbst von der nepalesischen Südseite aus zu besteigen.

Kurikis Rückkehr

Kuriki hat einen hohen Preis bezahlt

Kuriki nach seinem Versuch 2012

Nach Informationen der „Himalayan Times“ sind die so genannten „Icefall doctors“, eine Gruppe hochspezialisierter Sherpas, im Basislager eingetroffen, um eine Route durch den Khumbu-Eisfall zu legen. Die Japaner Nobukazu Kuriki und Masaru Kadotani wollten versuchen, den Everest im Herbst zu besteigen, berichtet die Zeitung und beruft sich auf Tika Ram Gurung vom nepalesischen Expeditionsveranstalter Bochi-Bochi Trek. Kuriki hatte im Herbst 2012 versucht, den Everest im Alleingang ohne Flaschensauerstoff über den selten begangenen Westgrat zu besteigen. Der damals 30-Jährige hatte nach eigenen Angaben wegen Sturms auf etwa 8000 Meter Höhe umkehren müssen. Beim Abstieg sandte Kuriki einen Notruf. Sherpas stiegen ihm entgegen, der Japaner wurde von Lager 2 auf 6400 Metern mit einem Rettungshubschrauber ausgeflogen. Kuriki bezahlte sein Abenteuer mit schweren Erfrierungen. Neun Finger mussten fast auf ganzer Länge amputiert werden, ihm blieben nur Stummel. Der Japaner wollte dennoch seinen Traum von weiteren Achttausender-Abenteuern nicht begraben. Im Juli 2014 bestieg Nobukazu nach eigenen Angaben ohne Flaschensauerstoff den Broad Peak in Pakistan (s. sein Gipfelvideo unten). Eigentlich wollte Kuriki im kommenden Herbst den Mount Everest von der tibetischen Nordseite aus angehen. Doch die chinesischen Behörden machten ihm einen Strich durch die Rechnung, indem sie – wie berichtet – bekannt gaben, dass es vor dem Frühjahr 2016 keine Permits mehr für Expeditionen in Tibet geben werde.

Auch Lhotse-Expedition am Berg

Die Icefall-Doctors werden die Route nicht nur für die Japaner vorbereiten. Nach Angaben von Gyanendra Shrestra vom Tourismus-Ministerium will eine südkoreanische Expedition im Herbst den Lhotse besteigen. Zweimal in Serie war zuletzt die Frühjahrsaison am Mount Everest abgebrochen worden: 2014 nach dem Lawinenunglück im Khumbu-Eisbruch mit 16 Toten, in diesem Jahr nach dem verheerenden Erdbeben in Nepal. Die Erdstöße hatten eine Lawine ausgelöst, die im Basislager mindestens 18 Menschen das leben gekostet hatte.

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Besser Koala als tot https://blogs.dw.com/abenteuersport/besser-koala-als-tot/ Wed, 24 Oct 2012 20:35:53 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=17601

Kuriki hat einen hohen Preis bezahlt

Nicht nur ich bin heimgekehrt (aus Südtirol), auch der Japaner Nobukazu Kuriki (aus Nepal). Allerdings in deutlich schlechterem Zustand als ich. Der 30-Jährige bezahlte seinen Versuch, den Gipfel des Mount Everest im Alleingang und ohne Flaschensauerstoff über die anspruchsvolle Westgrat-Route zu erreichen, mit schweren Erfrierungen im Gesicht, an Händen und Füßen. Inzwischen liegt Kuriki in einer japanischen Klinik. 

Hubschrauber-Rettung 

Der Bergsteiger aus Nippon hatte nach eigenen Angaben seinen Vorstoß wegen orkanartiger Böen etwa in Höhe des Einstiegs zum Hornbein-Couloir auf 8000 Meter Höhe abbrechen müssen. Beim Abstieg sandte Kuriki einen Notruf an sein Team im Basislager. Sherpas liefen ihm entgegen. Schließlich wurde der Japaner von Lager 2 auf 6400 Metern mit einem Rettungshubschrauber ins Krankenhaus nach Kathmandu geflogen. „Ich fühle mich mental erfrischt, weil ich hier unten genug Sauerstoff atme“, twitterte Kuriki von dort. „Meine Erfrierungen sind sehr ernst.“ Wenig später hatte er seinen Humor wiedergefunden. „Mein Gesicht sieht aus wie das eines Koalas.“ 

Mut oder Harakiri? 

In fast allen Kommentaren im Internet wird Kuriki wegen seines Mutes in den (Bergsteiger-) Himmel gehoben. Ich sehe das kritischer. Den Mut spreche ich ihm nicht ab und auch nicht die Leistung, auf dieser schwierigen Route so weit gekommen zu sein. Doch meiner Meinung nach grenzte es an Harakiri, unter den herrschenden Bedingungen überhaupt in die Nordwand einzusteigen. Schließlich hatten die Meteorologen übereinstimmend Orkanböen auf beiden Seiten des Everest vorhergesagt. Diese Prognosen dürfte Kuriki gekannt haben. Sein Vorstoß war zum Scheitern verurteilt, bevor er überhaupt begann. Und der Japaner kann wirklich froh sein, dass sein Name jetzt nicht auf der Liste der Everest-Toten steht. Weniger Glück hatte Pemba Sherpa. Der 38 Jahre alte Nepalese stürzte – wie berichtet – beim  Gipfelversuch der polnischen Lhotse-Expedition in den Tod. Die Gruppe unter Leitung des erfahrenen Artur Hajzer brach anschließend ihre Zelte ab.

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Everest-Gipfelversuch abgebrochen https://blogs.dw.com/abenteuersport/everest-gipfelversuch-abgebrochen/ Thu, 18 Oct 2012 10:55:16 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=17455

Route über Westgrat und Hornbein-Couloir

Nobukazu Kuriki hat seinen Gipfelversuch am Mount Everest abgebrochen. Der 30 Jahre alte Japaner hatte sich vorgenommen, den 8850 Meter hohen Gipfel im Alleingang und ohne Flaschensauerstoff über die selten begangene, weil gefährliche Westgrat-Route zu erreichen. Nach Angaben seines Teams im Basislager kehrte Kuriki in über 8000 Meter Höhe um, weil der Wind zu einem Sturm angewachsen und ein weiterer Aufstieg daher zu gefährlich gewesen sei. Das deckt sich mit den Wetterprognosen, die sogar Orkanböen von 44 Meter pro Sekunde auf der Nord- und Südseite des Everest vorhergesagt hatten. Einige Stunden zuvor hatte der Japaner via Twitter mitgeteilt, er habe die Traverse vom Westgrat nun hinter sich und befinde sich unterhalb des Hornbein-Couloirs. Die beiden US-Amerikaner Tom Hornbein und Willi Unsoeld hatten die Rinne in der Everest-Nordwand 1963 erstmals durchstiegen.  Kuriki hatte angekündigt, er wolle von seinem Lager vier in 7500 Meter Höhe in einem Zug den Gipfel erreichen. Für jemand, der in den vergangenen drei Jahren bei seinen Everest-Versuchen jeweils unterhalb von 8000 Metern scheiterte und auch sonst bisher nicht als Top-Bergsteiger in Erscheinung getreten ist, nimmt er den Mund recht voll, dachte ich noch.

„Gewöhnlicher Fernsehdarsteller“

Hirotaka Takeuchi

Kuriki ist in der japanischen Bergsteigerszene alles andere als beliebt. „Ich denke, dass sich viele der echten japanischen Kletterer nicht mit ihm befassen wollen, mich eingeschlossen“, schreibt mir Hirotaka Takeuchi, der erste Japaner, der alle 14 Achttausender bestiegen hat. Kuriki sei ein „gewöhnlicher Fernsehdarsteller“, der am Everest „sein eigenes PR-Video“ drehe, meint Hiro, mit dem ich 2005 an der Everest-Nordwand und 2007 am Manaslu das Basislager teilte: „Sein ‚Solo‘ bedeutet ‚kein Gespräch mit jemandem auf der Route‘. Sein Sherpa folgt ihm immer im Abstand von zehn Metern.“ Kuriki nehme es generell mit der Wahrheit nicht so genau, behauptet Hiro. Den Cho Oyu habe er wirklich bestiegen, doch weder am Manaslu noch am Dhaulagiri habe er die jeweils höchsten Punkte erreicht.

Nur am Manaslu-Vorgipfel

Ich habe mich bei Billi Bierling, der „rechten Hand“ von Himalaya-Chronistin Elizabeth Hawley erkundigt, ob sie das bestätigen könne. Kurikis Besteigung des Dhaulagiri am 18. Mai 2009 werde nicht angezweifelt, antwortete Billi, aber „am Manaslu war er am 12.10.2008 nur auf dem Vorgipfel. So steht es zumindest in der Datenbank“.

Und wie allein ist Kuriki bei seinen propagierten„Solo-Besteigungen“ wirklich unterwegs? Bei seinem Aufstieg durch den Khumbu-Eisbruch nutzte der Japaner die Route, die von den Sherpa-„Icedoctors“ versichert wurde. Insofern gilt sein Solo nur noch als „supported“, also „mit Unterstützung“.  Immerhin schaffte es Kuriki jedoch weiter als die beiden US-Expeditionen, die sich in diesem Frühjahr an der Westgrat-Route die Zähne ausgebissen hatten. Nach Angaben von Jake Norton, der eine der beiden US-Gruppen leitete, gab es bisher neun Everest-Expeditionen über den Westgrat mit insgesamt 21 Gipfelerfolgen und 23 Todesfällen.

P.S. Auch der Hersteller Mammut hat jetzt wegen des tödlichen Unfalls in Walchsee im August vorsorglich vier Klettersteig-Sets zurückgerufen. Lest hier, um welche Produkte es sich handelt.

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Tödlicher Absturz am Lhotse https://blogs.dw.com/abenteuersport/todesfall-am-lhotse/ Tue, 16 Oct 2012 09:37:05 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=17411

Geplante Route der Polen

Das Basislager auf der nepalesischen Seite des Mount Everest gleicht derzeit einem winzigen Dorf. Im Frühjahr war es noch eine Kleinstadt gewesen. Insgesamt 913 Bergsteiger, Climbing Sherpas und andere Helfer der 30 Expeditionen hatten sich im April und Mai zu Füßen des Khumbu-Eisbruchs gedrängelt. In diesem Herbst haben dort nur drei Gruppen ihre Zelte aufgeschlagen. Der Japaner Nobukazu Kuriki will den Everest über die selten begangene Westgratroute besteigen, angeblich solo und ohne Flaschensauerstoff. Am Normalweg über den Südsattel versucht sich eine südkoreanische Expedition. Und polnische Bergsteiger haben sich den Lhotse vorgenommen. Bei einem Gipfelversuch stürzte jetzt ein Sherpa tödlich ab. 

Große Kälte 

Koreanische Bergsteiger hätten die Leiche Temba Sherpas in etwa 6700 Metern Höhe am Fuße der Lhotse-Westwand entdeckt, heißt es heute auf der Internetseite der polnischen Expedition, die von dem sehr erfahrenen Artur Hajzer geleitet wird. Hajzer selbst war auf 8300 Metern Höhe umgekehrt, nachdem sich herausgestellt hatte, dass sich ein anderer Sherpa schwere Erfrierungen an den Händen zugezogen hatte. Wegen der großen Kälte hatten auch mehrere andere polnische Bergsteiger den Gipfelversuch abgebrochen. Temba stieg offenbar langsam weiter auf, ehe er abstürzte. Mit der Besteigung des Lhotse sollten junge polnische Bergsteiger unter Leitung Hajzers Himalaya-Erfahrung sammeln. 

Einsamer Japaner 

Der 30 Jahre alte Japaner Nobukazu Kuriki wollte nach Angaben seines Basislager-Teams bei seinem Solo-Versuch von Lager drei auf 7200 Metern heute nach Lager vier auf 8000 Metern aufsteigen. In den vergangenen drei Jahren war Kuriki jeweils mit seinen Versuchen am Everest gescheitert. Kritiker halten ihn für einen Schaumschläger. 

Nachtrag 17.10.: Nach Angaben der nepalesischen Polizei handelt es sich bei dem zu Tode Gestürzten um den 38 Jahre alten Pemba Sherpa, der aus der Gegend um den Achttausender Makalu stammte. Die polnische Expedition hatte den Namen Temba Sherpa genannt. 

P.S. Während meines Urlaubs in der vergangenen Woche ereignete sich am Achttausender Annapurna ein Lawinenunglück. Die beiden Usbeken Ilyas Tukhvatullin (54 Jahre alt) und Ivan Lobanov (51) wurden verschüttet und nicht mehr gefunden. Tukhvatullin hatte 2007 als Mitglied einer russischen Expedition eine neue Route durch die extrem schwierige K 2- Westwand eröffnet. R.I.P.

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