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Generation-2012

Russische Jugend über Russland und Europa

Teilnehmer

Alexander Gussew ist 24 Jahre alt, kommt aus Rschew (Zentralrussland). Er studiert Verwaltungs- und Politikwissenschaften an der Russischen Universität der Völkerfreundschaft (Moskau) und der Universität Potsdam. In fünf Jahren möchte Alexander sein eigenes Geschäft führen. Um Russland erfolgreich zu modernisieren, müsse man als Erstes die Bürgergesellschaft modernisieren, sagt Alexander. Außerdem sollten die Mittelschicht erweitert, Handelshemmnisse beseitigt und die Korruption bekämpft werden. Die Hochschulausbildung müsse für alle kostenlos werden. Die Visa-Pflicht für russische Bürger bei der Einreise in die EU-Staaten müsse abgeschafft werden.

 

Anastassija Trubnikowa, 22 Jahre alt, wohnt in Flensburg. Sie studiert European Studies im Master-Studiengang. In fünf Jahren möchte sie aktiv bei der Entwicklung der europäisch-russischen Beziehungen mitwirken und in einer internationalen Organisation arbeiten. Ihrer Ansicht nach ist das Engagement jedes einzelnen Bürgers von großer Bedeutung für die Modernisierung Russlands. Die russische Regierung solle mehr Dialogbereitschaft mit ihren eigenen Bürgern zeigen und deren Initiativen unterstützen. Dies sei allerdings nur mit mehr Transparenz und mehr Pluralismus in der Politik möglich, so Anastassija.

 

Artjom Loskutow, 24 Jahre alt, wohnt in Nowosibirsk. Er ist Künstler, TV- und Filmkameramann und einer der Organisatoren von Straßenkunst-Aktionen, die unter dem  Namen „Monstration“ immer wieder für Aufsehen in Russland sorgen. Artjom dreht Filme über die schlechte Qualität der Straßen in Sibirien. Er setzt sich für eine Entkriminalisierung von Drogen ein (in Russland ist der Besitz selbst von kleinen Mengen Rauschgift strafbar). 2009 wurde er von Beamten der Abteilung für Extremismusbekämpfung verhaftet, da bei ihm 11 Gramm Cannabis gefunden wurden. 2010 wurde er dafür zu einer Strafe verurteilt. Artjom ist in Berufung gegangen. Die Drogen seien ihm untergeschoben worden, erklärte er. Das sei ein typisches Mittel, um gegen gesellschaftliche Aktivisten vorzugehen: Die Polizei sorge dafür, dass Drogen bei „unbequemen Bürgern“ gefunden würden. Für die Zukunft hat Artjom keine festen Pläne, „denn in unserem Land kann man nicht mal wissen, was in einem halben Jahr passieren wird“. Um Russland erfolgreich zu modernisieren, sollten als Erstes die Ölreserven des Landes „abgeschafft“ werden.

 

Leonid Krocholew ist 28 Jahre alt, lebt in Sankt Petersburg. Er arbeitet für eine Reiseagentur und lernt Deutsch im Goethe-Institut. Leonid hilft bei der Vorbreitung von Stadtführungen und sportlichen Veranstaltungen. Er engagiert sich auch in einem Verein, der neue Besitzer für streunende Tiere findet. In fünf Jahren möchte er ein Studium in Deutschland abschließen, mehrere Fremdsprachen lernen und sich in einen mobilen und flexiblen Menschen verwandeln, für den ein fremdes Land, eine fremde Sprache und Kultur kein Hindernis, sondern Chance sind. Um Russland zu modernisieren, müssten Patriotismus, Geschlossenheit und das soziale Verantwortungsbewusstsein der Menschen gefördert werden. „Alles fängt mit der Änderung von Werten in der Gesellschaft und bei jedem einzelnen Menschen an“, so Leonid.

 

Michail Schukow, 34 Jahre alt, kommt aus Jaroslawl (Zentralrussland). Dort leitet er das Jugendzentrum „Interaktiv“. Michail engagiert sich im internationalen Jugendaustausch. Er promoviert in Sozialphilosophie an der Russischen Universität der Völkerfreundschaft (Moskau). In fünf Jahren möchte Michail ein gefragter Experte im Bildungsbereich sein. Er will „mehr über Russland und Europa lernen“. In Jaroslawl möchte er ein Bildungszentrum gründen, das ein Treffpunkt für die Jugend sein soll. Seit Oktober macht Michail ein Auslandssemester an der Uni Bamberg. Um Russland zu modernisieren, müsse das Niveau der politischen und gesellschaftlichen Kultur der Russen angehoben werden. Russland müsse in Hochtechnologie-Branchen investieren. Notwendig sei die Liberalisierung aller Lebensbereiche. Außerdem sollten die Russen andere Lebens- und Gesellschaftsmodelle kennenlernen, so Michail.

 

Michail Makarow, 31 Jahre alt, wohnt in Schachty (Südrussland). Michail beschäftigt sich mit Marketing bei dem TV-Sender „Südliche Region Don“. Er organisiert und beteiligt sich gerne an Projekten, die „unser Leben besser, humaner und heiterer machen“. Als Freiberufler bietet er Trainings zu PR- und Präsentationstechniken an. In fünf Jahren sieht er sich als Chef eines international agierenden Medienunternehmens. Die größten Hindernisse für eine erfolgreiche Modernisierung Russlands seien Bürokratie und Korruption. „Um Korruption zu bekämpfen, muss man eine neue Gesellschaft großziehen, weil es vor allem die ältere Generation ist, die Bestechung toleriert und selber praktiziert“, glaubt Michail.

 

Oleg Neumywakin, 26, wohnt in Nowosibirsk und arbeitet für ein großes IT-Unternehmen. Oleg organisierte Protestaktionen gegen die Anhebung der Einfuhrsteuer für gebrauchte Autos sowie eine Kampagne für die Einführung von Betreuungsgeld für Eltern, deren Kinder keinen Kita-Platz bekommen haben. Außerdem hat Oleg als Wahlbeobachter gearbeitet. In fünf Jahren möchte er Englisch fließend beherrschen und sein eigenes Geschäft im Bereich IT-Sicherheit und Beratung gründen. Damit viele russische Probleme gelöst werden können, müssten die Bürger mit dem Faulenzen aufhören, glaubt er.

 

Olga Massjutina, 30 Jahre alt, wohnt in Moskau. Sie hat zwei Hochschulabschlüsse, arbeitet in der Investitionsbranche, mag Putin nicht, spendet regelmäßig Blut. Olga fühlt sich – „wie jeder andere Bürger“ – verpflichtet, Informationen über „ungerechte und absurde Ereignisse, die vor unseren Augen geschehen“ zu verbreiten. In fünf Jahren werde sie immer noch in Russland leben, glaubt Olga. Sie will dann ein kleines, aber feines eigenes Geschäft gründen und ein Gästehaus am Schwarzen Meer besitzen.

 

 

Pawel Mylnikow, 22 Jahre, wohnt in Smolensk. Er studiert auf Lehramt Englisch und Deutsch, nebenbei bildet er sich an der Fakultät für Management der Staatlichen Universität Smolensk weiter. Er nimmt an Aktionen für die Unterstützung von Kinderheimen, den Schutz der Autofahrerrechte sowie an Umweltaktionen teil. In fünf Jahren will er als Lehrer die Fortschritte seiner Schüler beobachten, in mehreren Bereichen gleichzeitig beruflich tätig sein und in einem zivilisierten Land leben. Pawel meint, dass es von seiner Generation abhänge, ob sich Russland in ein solches Land umwandelt „oder, ob wir weiterhin nur Westeuropa, Australien und die USA für zivilisiert halten werden“. Um Russland zu modernisieren, sollte man lernen, selbstständig zu denken, seine eigene Position zu verteidigen, die Partnerschaft mit Anderen anzustreben und nie mit dem Lernen aufhören.

 

Sergej Gorbunow, 23 Jahre alt, wohnt in der Nähe von Göttingen. Er arbeitet als „Au Pair“ und lernt Deutsch. In fünf Jahren möchte Sergej fließend Deutsch und Englisch sprechen, in Europa leben und arbeiten, möglicherweise im politischen Bereich. In seiner Heimatstadt Barnaul besuchte Sergej ein „Zentrum für zivilgesellschaftliche Bildung“, nahm an Protestaktionen gegen den Bau einer Gaspipeline teil, war Unterstützter des WWF Russland. Er ist ein aktiver Anhänger des russischen Oppositionspolitikers Wladimir Ryschkow.

 

Julia Rubzowa, 24, wohnt in Nowosibirsk, arbeitet im Bereich Web-Marketing und promoviert. Julia beteiligt sich gerne an gesellschaftlichen Initiativen. Diese wählt sie aber mit einem gewissen Argwohn aus: „Heutzutage gibt es viele Organisationen, in denen nur viel gelabert, aber nichts getan wird“. In fünf Jahren will sie den Doktortitel erwerben, ein Kind zur Welt bringen und einen Vortrag über Künstliche Intelligenz auf einer Konferenz halten. Um Russland zu modernisieren, muss man als Erstes „das Bewusstsein modernisieren“, meint Julia.

 

Julia Schaeffer, 25 Jahre alt, wohnt in Berlin, arbeitet im internationalen Kolleg für Promotionsstudenten an der TU Berlin, studiert Public Management. Julia engagiert sich in der karitativen Organisation „Vertrauens-Chat“, die psychologische Hilfe für Migranten anbietet. In fünf Jahren möchte Julia ihr Studium zu Ende bringen, eine ganztägige Arbeit des „Vertrauens-Chats“ ermöglichen und beim Aufbau des Dialogs zwischen russischen und europäischen Jugendlichen aktiv mitwirken. Dies könne helfen, den Braindrain aus Russland zu stoppen sowie zu einer erfolgreichen Integration von Einwanderern beizutragen. Um Russland schneller zu modernisieren, müsse gerade die jüngere Generation in diesen Prozess miteinbezogen werden, so Julia.

Datum

Januar 10, 2012

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43 Kommentare

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