Lawine – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Sherpa stirbt in Lawine am Dhaulagiri https://blogs.dw.com/abenteuersport/sherpa-stirbt-in-lawine-am-dhaulagiri/ Thu, 20 Sep 2018 17:08:06 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=42037

R.I.P.

Tragischer Zwischenfall am Achttausender Dhaulagiri im Westen Nepals: Eine Lawine erfasste gestern ein siebenköpfiges Sherpa-Team des Veranstalters „Seven Summit Treks“, das gerade dabei war, zwischen Lager 2 (6400 Meter) und Lager 3 (7400 Meter) Fixseile zu legen. „Sechs (Sherpas) überstanden den Lawinenabgang unverletzt, doch von dem erst 24 Jahre alten Dawa Gyaljen, geboren in der Nähe des (Achttausenders) Makalu, fehlt jede Spur“, schrieb der Spanier Luis Miguel Lopez Soriano auf Facebook. Luis begleitet seinen 79 Jahre alten Freund Carlos Soria, der in diesem Herbst bereits zum zehnten und nach eigenen Worten wohl letzten Mal versucht, den Dhaulagiri zu besteigen. Der 8167 Meter hohe Berg und die Shishapangma (8027 Meter) sind die letzten beiden Achttausender, die Carlos in seiner Sammlung fehlen.

Billi Bierling und Herbert Hellmuth am Dhaulagiri

Dhaulagiri

Auch Billi Bierling bestätigte den Lawinentod Dawa Gyaljens. Sie habe Lager 2 erreicht, sei aber wegen des Zwischenfalls ins Basislager zurückgekehrt, schrieb Billi heute auf Twitter. Die 51 Jahre alte deutsche Bergsteigerin und Journalistin, die in Kathmandu als Nachfolgerin der verstorbenen legendären Elisabeth Hawley die Bergsteigerchronik „Himalayan Database“ leitet, gehört zu einer Gruppe des Schweizer Expeditionsveranstalters „Kobler & Partner“. Billi hat bereits fünf Achttausender bestiegen: 2009 den Everest, 2011 Lhotse und Manaslu, 2014 den Makalu und 2016 den Cho Oyu. Am Manaslu und Cho Oyu verzichtete sie auf Flaschensauerstoff.

Ebenfalls am Dhaulagiri unterwegs ist der Deutsche Herbert Hellmuth, der mit seinem russischen Teamkollegen Sergey Baranov ein Permit für eine Skiabfahrt vom Gipfel hat. Der 49-Jährige aus Bamberg hatte im vergangenen Mai den Kangchendzönga bestiegen, seinen dritten Achttausender nach Manaslu (2011) und Mount Everest (2013). Am K 2 hatte er 2015 auf 7000 Metern umkehren müssen.

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Ein Toter bei Lawine in Pakistan https://blogs.dw.com/abenteuersport/ein-toter-bei-lawine-in-pakistan/ Sun, 01 Jul 2018 19:09:44 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=41283

Rettungsaktion an Siebentausender

Bei einem Lawinenunglück am 7338 Metern hohen Ultar Sar im Karakorum ist ein österreichischer Bergsteiger ums Leben gekommen. Christian Huber starb, als die Schneemassen am Freitag das Zelt trafen, das er und seine Teamgefährten Bruce Normand und Timothy Miller auf einem Grat in einer Höhe von 5800 Metern aufgeschlagen hatten. Die beiden unverletzten Briten und die Leiche Hubers wurden am heutigen Sonntag mit einem Rettungshubschrauber des pakistanischen Militärs vom Berg gebracht. Ein Armeesprecher sagte, es sei eine „waghalsige“ Rettungsaktion gewesen. Der erste Notruf sei am Samstagmorgen eingegangen.  Schlechtes Wetter habe einen früheren Start des Helikopters verhindert.

Berg mit hoher Lawinengefahr

Ultar Sar (r.)

Die drei Bergsteiger hielten sich seit Ende Mai in Pakistan auf, ihr Permit lief in der ersten Juli-Woche ab. Der Ultar Sar, der im Hunza-Gebiet im Norden des Landes liegt, gilt auch bei normalem Wetter schon als schwierig und stark lawinengefährdet. Die heftigen Schneefälle der vergangenen Tage im Karakorum dürften das Risiko noch erhöht haben. Die beiden Japaner Akito Yamazaki und Kyoshi Matsuoka hatten den Berg im Sommer 1996 im Alpinstil erstmals bestiegen. Beim Abstieg war der völlig erschöpfte Yamazaki in Lager 1 an Höhenkrankheit gestorben.

Huber lebte seit langem in den USA

R.I.P.

Informationen über den jetzt am Ultar Sar ums Leben gekommenen Österreicher sind noch rar. Ein Sprecher des Außenministeriums in Wien sagte der in Klagenfurt erscheinenden „Kleinen Zeitung“, Huber sei etwa 50 Jahre alt gewesen und habe seit langem in den USA gelebt.

Der Schotte Bruce Normand ist in der Kletterszene seit langem eine feste Größe. 2010 wurde der Physiker, der in der Schweiz lebt und arbeitet, mit dem Piolet d’Or ausgezeichnet, dem „Oscar der Bergsteiger“. Gemeinsam mit den beiden US-Amerikanern Kyle Dempster (2016 am Ogre II in Pakistan ums Leben gekommen) und Jed Brown wurde Bruce für die Erstbegehung der Nordwand am 6422 Meter hohen Xuelin West in China geehrt.

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Hayden Kennedy ist tot https://blogs.dw.com/abenteuersport/hayden-kennedy-ist-tot/ Wed, 11 Oct 2017 09:01:20 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=38105

Hayden Kennedy (1990-2017)

Was für ein tragisches Ende eines der besten Kletterer der Welt. Der US-Amerikaner Hayden Kennedy hat sich im Alter von 27 Jahren das Leben genommen. Hayden war am Samstag mit seiner Lebensgefährtin Inge Perkins, wie Kennedy eine erfahrene Kletterin und Skifahrerin, zu einer Skitour am Imp Peak im US-Bundesstaat Montana aufgebrochen. Dabei gerieten sie in eine Lawine. Perkins wurde von den Schneemassen verschüttet, die 23-Jährige konnte von Rettungskräften nur noch tot geborgen werden. Kennedy, der nur teilweise im Schnee steckte, überlebte. Am Sonntag beging er Selbstmord.

„Unerträglicher Verlust“

„Hayden überlebte die Lawine, aber nicht den unerträglichen Verlust seiner Lebenspartnerin“, schrieb sein Vater Michael Kennedy, über mehrere Jahrzehnte Herausgeber der Zeitschrift „Climbing“, auf  Facebook. „Er entschied sich dafür, sein Leben zu beenden. Ich selbst und seine Mutter Julie respektieren traurig seine Entscheidung.“

Zweimal Piolet d’Or

Im Januar 2012 hatte Hayden Kennedy weltweit für Aufsehen gesorgt, als er am Cerro Torre in Patagonien mit seinem Landsmann Jason Kruk die „Kompressor-Route“ des Italiener Cesare Maestri geklettert waren und anschließend einen Großteil der von Maestri 1970 gesetzten Bohrhaken aus der Wand entfernt hatte. Im selben Jahr eröffnete Kennedy im Karakorum in Pakistan mit Kyle Dempster und Josh Wharton eine neue Route durch die Südwand des 7285 Meter hohen Ogre. Mit Dempster erreichte er den Gipfel, es war erst die dritte Besteigung des Bergs. Für ihre Erstbegehung wurden die drei US-Kletterer mit dem Piolet d’Or ausgezeichnet, dem „Oscar der Bergsteiger“. 2016 erhielt er die renommierte Auszeichnung zum zweiten Mal, für die erste Durchsteigung der Südwand des 6176 Meter hohen Cerro Kishtwar im indischen Himalaya mit den Slowenen Marko Prezelj und Urban Novak sowie dem Franzosen Manu Pellissier.

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Lawine am K 2 https://blogs.dw.com/abenteuersport/lawine-am-k-2-2/ Fri, 14 Jul 2017 13:00:48 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=37007

Basislager am K 2

Mit diesem Monarchen ist nicht zu spaßen. Der K 2, der “König der Achttausender”, ist launisch und deshalb gefährlich. „Heute morgen um 8.12 Uhr sahen wir eine große Lawine, die über die Abruzzi-Route abging“, schreibt Mingma Gyalje Sherpa, Chef des nepalesischen Expeditionsveranstalters Dreamers Destination auf Facebook. Die Abruzzi-Route führt, dem Weg der italienischen Erstbesteiger 1954 folgend, über den Südostgrat des Bergs (Bild unten, Route F). „Wir denken, dass Lager 3 (auf etwa 7300 Metern) komplett weggefegt worden ist“, fährt der 31 Jahre alte Nepalese fort. „Ich bin mir sicher, dass unser Materialdepot nahe Lager 4 liegt, weil unser Sherpa-Team es an einem Eisabbruch angelegt hat. Aber es ist ziemlich wahrscheinlich, dass alle Fixseile weggespült worden sind.“ Sein Sherpa-Team werde sich morgen ein Bild von der Lage machen.

Starker Wind im Gipfelbereich

Russell Brice

Laut Mingma ist die Wetterprognose für die kommenden Tage alles andere als rosig. „Der Wetterbericht zeigt Schneefall auf 8000 Metern an jedem Abend und sehr starke Winde am Gipfel. Das verzögert unseren Gipfel-Plan. Wir warten auf gutes Wetter.“ So ergeht es auch den anderen Teams im Basislager zu Füßen des K 2, des mit 8611 Metern zweithöchsten Bergs der Erde. Für viele wird die Zeit allmählich knapp. Russell Brice, Chef des neuseeländischen Expeditionsveranstalters Himalayan Experience, verweist darauf, dass sein Team spätestens am 4. August das Basislager räumen müsse, um die gebuchten Heimflüge zu erreichen. „Wir wissen alle, dass wir mit dem Rücken zur Wand stehen“, schreibt Brice, „Aber jeder ist darauf vorbereitet, hart zu arbeiten, Lasten zu schleppen, Plattformen für die Zelte zu graben und ähnliches, und dies nicht einfach den Sherpas und den pakistanischen Helfern zu überlassen.“

Schlaflose Nächte

Routen am K 2

Auch Russell verweist auf den zu erwartenden starken Wind im oberen Bereich des Bergs, der es wahrscheinlich nicht zulassen werde, die Fixseile bis zum letzten Hochlager auf etwa 8000 Metern vor dem 20. Juli anzubringen. Sein Team will über die Cesen-Route (auf dem Bild Route E) aufsteigen, über den Südsüdostgrat. Brice wirkt nicht gerade euphorisch angesichts der Verhältnisse. „Lasst uns abwarten, was in den nächsten Tagen passiert und welche Abenteuer vor uns liegen“, schreibt der 65-Jährige erfahrene Expeditionsleiter, der mit allen Himalaya- und Karakorumwassern gewaschen ist. „Aber ich bin mir sicher, dass viele schlaflose Nächte vor uns liegen.“ Der König der Achttausender gewährt eben nur selten eine Gipfelaudienz.

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Keine Hoffnung mehr für Zerain und Galvan https://blogs.dw.com/abenteuersport/keine-hoffnung-mehr-fuer-zerain-und-galvan/ Sat, 01 Jul 2017 09:48:38 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=36881

R.I.P.

Die beiden Bergsteiger Alberto Zerain und Mariano Galvan sind höchstwahrscheinlich bei einem Lawinenunglück am Nanga Parbat ums Leben gekommen. Ein Rettungshubschrauber der pakistanischen Armeee entdeckte heute an der Stelle, von der aus am vergangenen Samstag das letzte Signal des GPS-Trackers gesendet worden war, einen Lawinenkegel. Von dem 55 Jahre alte Spanier Zerain und dem 37 Jahre alte Argentinier Galvan fand die Helikopter-Crew bei zwei Flügen keine Spur. „Diese Situation schließt leider die Möglichkeit aus, Überlebende zu finden“, teilte das Team Alberto Zerains mit.

Erfahrene Achttausender-Bergsteiger

Alberto Zerain (r.) und Mariano Galvan (l.)

Zerain und Galvan hatten den 8125 Meter hohen Gipfel des Nanga Parbat über den rund zehn Kilometer langen Mazeno-Grat erreichen wollen, den längsten Grat an den 14 Achttausender. Am Freitag vergangener Woche hatte der Spanier zuletzt mit seinem Team telefoniert. Einen Tag später zeigte das GPS über sechs Stunden lang, dass sich Zerain und Galvan über den Grat bewegten. Danach blieb der Ortungspunkt stehen. Irgendwann erstarb das Signal des GPS-Geräts.

Im Mai hatte Alberto Zerain in Nepal die Annapurna bestiegen, seinen zehnten Achttausender. Mariano Galvan stand auf den Gipfeln von sieben Achttausendern. Im vergangenen Frühjahr hatte er als Bergführer die Australierin Allie Pepper zum Lhotse begleitet. Wegen gesundheitlicher Probleme hatte Pepper den Gipfel nicht erreicht.

 

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Gleiche Route wie im Unglücksjahr 2014 https://blogs.dw.com/abenteuersport/gleiche-route-wie-im-ungluecksjahr-2014/ Tue, 04 Apr 2017 15:04:08 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=35699

Rechts die Route der beiden Vorjahre, links die von 2014 (© madisonmountaineering.com)

Ist die Erinnerung an die Everest-Tragödie von 2014 so schnell verblasst? Nach Informationen der in Kathmandu erscheinenden Zeitung „The Himalayan Times“ haben die „Icefall Doctors“ die Route durch den Khumbu-Eisfall für die anstehende Saison wieder auf die vom Basislager aus gesehen linke Seite des Eislabyrinths verlegt, direkt unterhalb der eisbeladenen Westschulter. Am 18. April 2014 hatte sich von dort eine Eislawine gelöst, 16 nepalesische Bergsteiger waren bei dem Unglück ums Leben gekommen. Die Saison war damals vorzeitig abgebrochen worden. Im Frühjahr 2015 (auch diese Saison endete wegen des verheerenden Erdbebens in Nepal vorzeitig) und 2016 hatten die Sherpas, die für die Absicherung und Instandhaltung der Route durch den Eisbruch zuständig sind, eine Variante auf der von unten gesehen rechten Seite gewählt.   

Gibt es einen richtigen Weg?

Im Khumbu-Eisbruch

Nach dem Unglück 2014 war eine heftige Debatte darüber entbrannt, ob die „Icefall Doctors“ eine Mitschuld an der Tragödie trügen. „Sie haben die Piste an der schwächsten Stelle gebaut, wo die Schwierigkeiten am geringsten, aber die Gefahren am größten sind. Das ist nicht schlau“, sagte seinerzeit Reinhold Messner. Andere verwiesen hingegen darauf, dass der immer stärkere werdende Eisfluss einen Aufstieg durch die Mitte, wie er früher praktiziert worden war, kaum noch ermögliche. Und dass am anderen Rand des Eisbruchs, Lawinen von den Flanken des 7861 Meter hohen Nuptse drohten.

Klimawandel erhöht das Risiko  

Absolut sicher ist, dass der Eisbruch unsicher ist. Die Passage gleich oberhalb des Basislagers war schon immer jene mit den höchsten objektiven Gefahren. Und der fortschreitende Klimawandel erhöht das Risiko, dass sich Lawinen von der Westschulter und den Hängen des Nuptse lösen oder Seracs zusammenbrechen. Die Wahrscheinlichkeit einer neuerlichen Tragödie steigt mit der Zahl der Bergsteiger, die sich gleichzeitig im Eisbruch befinden. Es ist wie bei Blitzeis auf der Autobahn: Je mehr Verkehr, desto mehr Tote. In diesem Frühjahr wird auf der nepalesischen Südseite des Bergs mit rund 500 Everest-Gipfelanwärtern gerechnet.

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Shishapangma, die letzte! https://blogs.dw.com/abenteuersport/shishapangma-die-letzte/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/shishapangma-die-letzte/#comments Thu, 22 Sep 2016 11:29:02 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=33645 Shishapangma

Shishapangma

Ein Kaugummi wird nicht besser dadurch, dass man endlos auf ihm herumkaut. Irgendwann sollte man ihn ausspucken. Ähnlich ist es auch mit Geschichten. Zu einem bestimmten Zeitpunkt ist einfach alles durchgekaut. Dann sollte man den Mut haben, einen Schlussstrich zu ziehen, ehe daraus eine unendliche Geschichte wird, die nur noch nervt. Dies wird mein letzter Artikel zur Lawine an der Shishapangma am Samstag vor genau zwei Jahren sein. Vielleicht ist noch nicht alles gesagt, aber aus meiner Sicht doch genug, um das Kapitel zu schließen. Und hoffentlich daraus zu lernen.

Schiefes Bild

Es war gut, dass Martin Maier – wie berichtet – die Debatte mit seinem Interview mit der Zeitschrift „Bergsteiger“ lostrat. Nun haben wir ein ziemlich genaues Bild davon, was damals geschah, und es stimmt in einigen Details nicht mit dem überein, was zuvor berichtet worden war. Dieses schiefe Bild habe er geraderücken wollen, sagte Martin in einer TV-Dokumentation des Bayerischen Rundfunks über die Ereignisse 2014 an der Shishapangma (s.u.), „weil die Sachen, die einfach irgendwo dastehen, die gesagt worden sind, von den Leuten als wahr und als Fakt hingenommen werden.“

Bei dem Unglück waren der Deutsche Sebastian Haag und der Italiener Andrea Zambaldi ums Leben gekommen. Wie die beiden war auch Maier von der Lawine 600 Meter tief mitgerissen worden, jedoch auf den Schneemassen liegen geblieben. Er hatte sich schließlich, schwer verletzt, aus eigener Kraft ins letzte Hochlager schleppen können. Benedikt Böhm und der Schweizer Ueli Steck, die mit Glück der Lawine entkommen waren, hatten keine Möglichkeit gesehen, zum Lawinenkegel zu queren, und waren zu diesem Zeitpunkt bereits ins Basislager abgestiegen.

Böhm: „Es tut mir leid“

Basti Haag (l.) und Andrea Zambaldi (r.)

Basti Haag (l.) und Andrea Zambaldi (r.)

Maier belegte mit Bildern, die vom Basislager aus mit einer hoch auflösenden Kamera aufgenommen wurden: Nicht Basti Haag spurte, als die Lawine abging, wie Benedikt Böhm bisher behauptet hatte, sondern Böhm selbst ging vorneweg. Nach langem Zögern äußerte sich Benedikt in der BR-Dokumentation erstmals zu dem Vorwurf, er habe mit seiner Darstellung womöglich Haag die Schuld in die Schuhe schieben wollen. „Wenn es so verstanden wurde, tut es mir sehr, sehr leid“, sagte Benedikt. „Es war nie die Intention, irgendwem einen Vorwurf zu machen, die Lawine ausgelöst zu haben. Wenn überhaupt ein einzelner Fuß dafür ausschlaggebend war, ist das vollständig irrelevant, weil wir uns alle zu fünft entschieden haben, da oben reinzugehen, auf eigenes Risiko und aus freien Stücken da oben zu sein.“ Warum er nicht früher die Dinge klar rückte – Maier hatte ihn nach eigenen Angaben mehrfach dazu aufgefordert – bleibt im Dunkeln.

„Schlimmster Moment“

Böhm (r.) und  Haag an der Shishapangma

Böhm (r.) und Haag an der Shishapangma

Neu war auch die Information, dass Böhm und Steck von oben erkannt hatten, dass einer der drei Mitgerissenen auf dem Schnee lag. „Wir haben einen farbigen Punkt gesehen“, sagte Ueli dem BR. „Da war jemand draußen, das hat man gesehen. Der hat sich am Anfang noch ein bisschen bewegt, und irgendwann lag er nur noch im Schnee.“ Wegen der großen Lawinengefahr hätten sie sich gegen einen Versuch entschieden, in den Hang zu queren. „Für mich war es das Schlimmste, was ich jemals erlebt habe. Du siehst, da unten liegt jemand, und du kommst nicht hin.“ Auch Böhm bezeichnete die Entscheidung abzusteigen in dem BR-Beitrag als „schlimmsten Moment meines Lebens. Es war der Umstand, dass die Geschichte so tief in mir sitzt, dass ich das nicht groß breittreten wollte. Aber im Nachhinein war es auch ein Fehler.“

„Ureigene Verantwortung“

Er mache sich Vorwürfe, dass er Martin auf dem Lawinenkegel nicht zu Hilfe geeilt sei, schreibt Ueli Steck unter der Überschrift „Meine Grundsätze am Berg“ auf seiner Homepage. „Ich danke ihm, dass er mir keine Vorwürfe deswegen macht. Und ich werde die aus diesem Unglück gewonnene Erfahrung für Entscheide in vergleichbaren Situationen nutzen – was hoffentlich nie nötig sein wird.“ Und doch kann man Unglücke wie jenes an der Shishapangma niemals ganz ausschließen. „Bergsteigen ist eine der wenigen Tätigkeiten, die nicht komplett reglementiert sind, und damit jedem einzelnen erlaubt, die für ihn tragbaren Risiken weitgehend selbst festzulegen“, schreibt Ueli. „Freiheit heißt aber auch Verantwortung. Wir alle wissen, dass wir letztlich für die Risiken dieses schönen Sports unsere ureigene Verantwortung tragen müssen.“

Und was kann man noch aus der Debatte um die Lawine an der Shishapangma lernen? Man sollte bei der Wahrheit bleiben, sagt Martin Maier. Unbedingt!

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Kontroverse um Lawine an der Shishapangma https://blogs.dw.com/abenteuersport/kontroverse-um-lawine-an-der-shishapangma/ Tue, 12 Jul 2016 08:44:41 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=33193 Vorgeschobenes Basislager an der Shishapangma

Vorgeschobenes Basislager an der Shishapangma

24. September 2014, 6:55 Uhr: Fünf Bergsteiger steigen auf einer Höhe von rund 7900 Metern dem Gipfel des Achttausenders Shishapangma entgegen, als sich eine Lawine löst. Die beiden Deutschen Sebastian Haag und Martin Maier sowie der Italiener Andrea Zambaldi werden mehrere hundert Meter den Hang hinuntergespült. Der Deutsche Benedikt Böhm und der Schweizer Ueli Steck haben Glück und entkommen den Schneemassen. Der 36 Jahre alte Haag und der 32-jährige Zambaldi kommen ums Leben. Maier überlebt wie durch ein Wunder und kann sich aus eigener Kraft ins Hochlager retten. Die Nachricht über das Unglück erscheint zuerst in meinem Blog. Auch die ersten Interviews über die Lawine mit Bene Böhm und Martin Maier sind auf „Abenteuer Sport“ zu lesen.

„Die Zeit heilt nicht alles“

Mehr als anderthalb Jahre danach hat Martin mit einem Interview in der Zeitschrift „Bergsteiger“ eine Debatte über das Unglück losgetreten. Der 41 Jahre alte Wirtschaftsingenieur leidet nach eigenen Worten noch immer an den Spätfolgen, nicht nur gesundheitlicher Art: „Die Zeit heilt nicht alles – weder Verletzungen, die bis heute geblieben sind, noch die Traurigkeit und Erbitterung darüber, dass Menschen ihren Selbstwert auf Kosten anderer steigern möchten.“ Maier wirft den beiden anderen Überlebenden der Lawine, Böhm und Steck, zum einen vor, die Unwahrheit gesagt zu haben, zum anderen, dass sie ihn zu schnell aufgegeben hätten.

Wer ging wo?

Mit Hilfe von Bildern, die mit einer Zeitrafferkamera vom Basislager aus gemacht wurden, dokumentiert Maier, dass Benedikt Böhm offenbar zum Zeitpunkt des Lawinenabgangs an der Spitze der Gruppe ging (siehe Video).

Benedikt hatte mir drei Wochen nach seiner Rückkehr im Interview gesagt: „Basti (Haag) spurte und ging ein bisschen vom Grat weg. Er wollte sich mir gerade wieder zuwenden. In diesem Moment löste sich der ganze Hang. (…) Weil ich nahe am Grat war, konnte ich zur Seite springen. Ebenso Ueli, der knapp unter mir war.“ Nach Erscheinen des Interviews bat mich Böhm, zwei seiner Aussagen (u.a. die am Anfang des Videos zitierte) herauszunehmen, die den Eindruck hätten erwecken können, dass Haag möglicherweise das Unglück verschuldet hätte. Ich kam seiner Bitte nach – auch mit Rücksicht auf Sebastians Eltern, die gerade ihren zweiten Sohn am Berg verloren hatten.
Die Kernaussage blieb jedoch bestehen, Benedikt hatte sie im Verlauf des Interviews noch einmal bestätigt: „Ich war ja schon in Bastis Spur, habe dann aber instinktiv umgedreht und bin ein paar Schritte aus dem Hang herausgegangen.“ Ich habe Böhm um eine Stellungnahme zu Maiers Vorwurf gebeten, er habe „Dinge erfunden und konstruiert, die einfach nicht den Fakten entsprechen. Benedikt antwortete mir, er wolle die ganze Angelegenheit zunächst direkt mit Martin klären und dann an die Öffentlichkeit gehen. Voraussichtlich für Ende Juli, Anfang August sei ein gemeinsamer Fernsehauftritt geplant.

Steck: „Näher zum Grat hin“

Ueli Steck hatte mir gut vier Monate nach dem Unglück auf der ISPO in München die Situation zum Zeitpunkt des Lawinenabgangs so geschildert: „Es war eigentlich nur Glück, dass Beni (Böhm) und ich uns noch etwas weiter oben aufhielten. Wir standen auch in der Lawine, aber eben ein wenig auf der Seite, wo nicht so viel wegrutschte.“ Ähnlich hatte er sich unmittelbar nach der Expedition in der Schweizer „Sonntagszeitung“ geäußert. Auf dem im „Bergsteiger“ veröffentlichten Bild sieht man, dass der Schweizer Top-Bergsteiger als Vorletzter der Gruppe aufstieg. Das sei kein Widerspruch zu seinen Worten, schreibt mir Ueli: „Das war so gemeint, dass ich von meiner Sicht aus weiter oben gegen die Rippe/den Grat war – und nicht oberhalb der anderen. Ich habe es genau so gesagt, wie es auf dem Bild zu sehen ist.“

Rettungsversuch verzögert?

Basti Haag (l.) und Andrea Zambaldi (r.)

Basti Haag (l.) und Andrea Zambaldi (r.) starben in der Lawine

Der zweite Vorwurf Maiers wiegt fast noch schwerer: Böhm und Steck hätten gesehen, dass jemand auf den Schneemassen gelegen habe. Mit ihrer kategorischen Aussage über Funk, es sei unmöglich, zum Lawinenkegel zu queren, hätten sie eine Rettungs- oder Bergungsaktion zumindest verzögert, beinahe sogar verhindert. „Ich will gar nicht sagen, dass mir die beiden selbst hätten helfen müssen“, sagte Maier im „Bergsteiger“-Interview. „Aber man hätte zumindest anderen die Entscheidung selbst überlassen müssen zu helfen oder nicht. Statt zu behaupten, es gibt keine Chance, jeder Rettungsversuch ist aussichtslos, hätten sie sagen können: Wir sind nicht in der Lage, uns ist die Lawinengefahr zu groß.“

Böhm: „Schwierigste Entscheidung meines Leben“

Böhm und Steck widersprechen. Böhm bezeichnet gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“ den Entschluss, nicht zum Lawinenkegel zu queren, als „die schwierigste Entscheidung meines Lebens, die mich ein Leben lang verfolgen wird“. Vielleicht, so Benedikt, hätte er sich über Funk und später auch gegenüber Norbu Sherpa, der ihnen entgegen gestiegen war, differenzierter ausdrücken müssen, er habe jedoch „keinesfalls eine Rettungsaktion verhindern wollen“.

Steck: „Ich hatte Glück, andere weniger“

Wie Böhm verweist auch Steck darauf, dass sie alles versucht hätten, hinüber zu gelangen. Lawinengefahr, so Ueli, könne man leider Gottes nicht messen. „Ich habe hin und her diskutiert mit Suzanne (Hüsser vom Expeditionsveranstalter Kobler & Partner), was wir machen sollten“, schreibt mir Ueli. Jemand, der damals im Basislager Stecks Funkspruch mithörte, schilderte mir, dass der Schweizer damals „emotional wirklich fertig“ gewesen sei. „Im Nachhinein mit dem Finger auf uns zu zeigen, finde ich absolut daneben“, schreibt mir Ueli. „Es ist einfach, hinterher über andere zu urteilen, die oben waren und in dieser Situation die Entscheidung treffen mussten.“ Es sei falsch gewesen, bei diesen Dingen überhaupt aufzusteigen. „Dass wir alle zusammen eine Lawine ausgelöst haben, war der Fehler, für den wir alle die Konsequenzen tragen müssen. Ich hatte Glück, andere weniger.“ Im Herbst 2014 erreichte wegen der Schneemassen am Berg kein Bergsteiger den Gipfel der Shishapangma.

Maier: „Gebraucht, aber in der Darstellung unerwünscht“

Während der Akklimation

Während der Akklimation

Steck hatte damals den Achttausender ursprünglich gemeinsam mit seiner Frau Nicole besteigen wollen. Der Schweizer war nur für diesen Gipfelversuch zum Team der „Double 8“-Expedition gestoßen. Das Ziel der Expedition lautete: Speedbegehung der Shishapangma, Skiabfahrt vom Gipfel, mit dem Mountainbike zum Cho Oyu, auch dort Speedbesteigung und Skiabfahrt. Das Internetportal “Spiegel online” hatte die Expedition zunächst medial begleitet. Maier war der einzige Nicht-Profi im Team, sein Name fiel in der Berichterstattung nicht. Ich erinnere mich, dass ich mich bei seiner Erwähnung in der ersten Nachricht Benedikts über das Unglück fragte: Martin Maier? und dann erst einmal recherchierte, wer das überhaupt sei. „Am Tag des zweiten Gipfelversuches hatte ich von Lager 1 bis knapp unter Lager 3 fast 1000 Höhenmeter alleine gespurt“, sagte Maier im „Bergsteiger“-Interview. „Insofern war ich wohl ein gebrauchter, aber in der Darstellung unerwünschter Teil der Expedition.“

Bitte sachlich!

In der Szene wird heftig über Martins Vorwürfe diskutiert, auch mich erreichten zahlreiche Anfragen. In mehreren Zeitungen wurde über den Streit berichtet. Es fallen Begriffe wie „Bergsteiger-Ehre“, „Lüge“, „Schuld“ und „falscher Stolz“. Unter denen, die sich nun zu Richtern aufschwingen, haben die meisten im Herbst 2014 im warmen Wohnzimmer gesessen. Einige waren wahrscheinlich noch nie an einem hohen Berg unterwegs, geschweige denn sind sie dort in Extremsituationen geraten. Ich habe lange gezögert, ob ich mich zu dem Vorgang äußern sollte. Doch die Debatte hat sich inzwischen verselbstständigt, und ich kann nicht so tun, als würde sie nicht ausgetragen. Einige Fragen sind zu klären, vor allem zwischen Benedikt und Martin. Ich hoffe, dass es auf einer sachlichen Ebene geschieht.

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Schachmatt am Gipfel der Annapurna https://blogs.dw.com/abenteuersport/schachmatt-am-gipfel-der-annapurna/ Fri, 13 May 2016 15:59:11 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=32683 Jost Kobusch an der Annapurna

Jost Kobusch an der Annapurna

Es klingt wie ein Aprilscherz mit einmonatiger Verspätung. Bevor der Deutsche Jost Kobusch am 1. Mai – wie berichtet – auf den 8091 Meter hohen Gipfel der Annapurna stieg, spielte er nach eigenen Worten knapp unterhalb des höchsten Punktes mit dem israelischen Bergsteiger Nadav Ben-Yehuda eine Partie Schach. „Wir hatten zuvor während der Schlechtwetterphasen im Basislager täglich mindestens zwei Partien gegeneinander gespielt“, sagt Jost. Dabei sei die Idee zu einem Schach-Duell am Gipfel geboren worden. Nadav, der mit Flaschensauerstoff aufstieg, erreichte den höchsten Punkt knapp vor Jost, der ohne Atemmaske unterwegs war. „Als wir uns kurz unterhalb des Gipfels begegneten, habe ich ihm gesagt: Moment, wir müssen noch eine Runde Schach spielen“, erzählt mir der 23 Jahre alte Deutsche. „Wir haben auf meinem Smartphone gespielt, 20 Meter unterhalb des Gipfels.“

Einige ziemlich dumme Züge

Die Partie geriet zu einer Art Blitzschach. „Wir haben schnell, schnell gemacht. Nach sieben Minuten hat einer von uns beiden gewonnen.“ Wer, verrät Kobusch nicht. „Das ist Ehrensache.“ Schachspielen in extrem dünner Luft auf 8000 Metern, sagt Jost, sei in etwa so gewesen, „als würdest du versuchen, betrunken ein mathematisches Problem zu lösen: Slow-Motion-mäßig, manchmal auch mit ziemlich dummen Zügen.“ Kobusch will das Spiel als höchste jemals gespielte Schachpartie für das „Guinness-Buch der Rekorde“ anmelden. Ein US-Bergsteiger habe das Spiel gefilmt und könne es auch bezeugen.

Bergsteiger gesehen, wo keine waren

Beim Aufstieg nach Lager 4

Beim Aufstieg nach Lager 4

Für den 23-Jährigen war der Erfolg an der Annapurna der erste an einem Achttausender. „Bis zum Gipfel ist es mir relativ leicht gefallen, erst beim Abstieg habe ich Probleme bekommen“, erzählt Jost. Aufgrund der großen Kälte habe es am Vorabend ewig gedauert, Schnee zu schmelzen. „Zwei Stunden für anderthalb Liter Wasser. Und die habe ich noch geteilt. Also hatte ich nur 750 Milliliter für den gesamten Gipfeltag.“ Völlig dehydriert und erschöpft, habe er sogar einmal kurz halluziniert: „Ich sah vor mir Bergsteiger absteigen, die nicht da waren.“ Kobusch fing sich wieder und erreichte sicher das Basislager.

Vielleicht nächstes Jahr zum Lhotse

Zu Hause in Deutschland schmiedet er bereits wieder Achttausender-Pläne. „Heute dachte ich bei mir, ich habe ja noch ein Permit für den Lhotse, vielleicht könnte ich ja nächstes Jahr noch einmal dorthin gehen.“ Bereits im vergangenen Jahr hatte er in Nepal den vierthöchsten Berg der Erde besteigen wollen. Das Basislager zu Füßen von Everest und Lhotse war jedoch am 25. April von einer riesigen Lawine getroffen worden, die das schwere Erdbeben am Siebentausender Pumori ausgelöst hatte. 19 Menschen waren ums Leben gekommen. Das Video (siehe unten), das Jost von der Lawine gedreht hatte, ging um die Welt. Als Fernziel hat sich Kobusch vorgenommen, alle 14 Achttausender zu besteigen, wenn möglich ohne Atemmaske. „Ich hoffe, dass ich auch die hohen Achttausender ohne Flaschensauerstoff besteigen kann.“

Sein Schachpartner von der Annapurna, Nadav Ben-Yehuda, hatte 2012 für Schlagzeilen gesorgt. Der Israeli war am Mount Everest 300 Meter vor dem Gipfel umgekehrt, um den türkischen Bergsteiger Aydin Imrak zu retten, der kollabiert war. Ben-Yehuda hatte Imrak hinunter nach Lager 4 am Südsattel geholfen und sich dabei selbst Erfrierungen zugezogen.

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Nach 16 ½ Jahren: Leiche von Alex Lowe gefunden https://blogs.dw.com/abenteuersport/nach-16-%c2%bd-jahren-leiche-von-alex-lowe-gefunden/ Mon, 02 May 2016 14:09:21 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=32527 Alex Lowe (l., 1995 mit Conrad Anker)

Alex Lowe (l., 1995 mit Conrad Anker)

Gletscher bewegen sich ständig. Und so spucken sie irgendwann aus, was sie einst verschluckt haben. Der Klimawandel, der die Gletscher schneller abschmelzen lässt, beschleunigt den Prozess. So häufen sich in den letzten Jahren auch Berichte aus aller Welt, dass die Leichen verschollener Bergsteiger entdeckt werden. Ob am Mont Blanc, am Matterhorn, am Mount Everest  – oder jetzt am Achttausender Shishapangma in Tibet. Die Alex-Lowe-Stiftung gab bekannt, dass der Schweizer Ueli Steck und der Deutsche David Göttler während ihrer Akklimatisierung für die Shishapangma-Südwand im Blankeis die Körper zweier Bergsteiger entdeckt hätten. Der Gletscher werde die Leichen bald freigeben. Die Beschreibung der Kleidung und der Rucksäcke lasse keinen Zweifel daran, dass es sich bei den entdeckten Leichen um Alex Lowe und David Bridges handele.

Pilgerreise zur Shishapangma

Die beiden US-Amerikaner waren am 5. Oktober 1999 mit ihrem Landsmann Conrad Anker in der Shishapangma-Südwand von einer Lawine erfasst und verschüttet worden. Nur Anker hatte sich schwer verletzt aus den Schneemassen befreien können. Der damals 40 Jahre alte Lowe, zu jener Zeit einer der besten Kletterer der Welt, hatte mit Skiern die Südwand hinunterfahren wollen. Bridges gehörte als Kameramann zum Team. Später heiratete Conrad Anker Jennifer, die Witwe Lowes, und adoptierte die drei Söhne des Paares. „Conrad, die Jungs und ich werden eine Pilgerreise zur Shishapangma machen“, sagte Jennifer Lowe-Anker, nachdem sie Uelis und Davids Nachricht erhalten hatte. „Es ist Zeit, Alex beizusetzen.“ Und Anker ergänzte: „Nach 16 ½ Jahren bringt dies Abschluss und Entlastung für Jenni, mich und unsere Familie.“

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Hubschrauber-Materialtransport ins Everest-Hochlager https://blogs.dw.com/abenteuersport/hubschrauber-materialtransport-ins-everest-hochlager/ Sat, 23 Apr 2016 10:24:30 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=32449 Hubschrauber hebt vom Flugplatz Syangboche oberhalb von Namche ab

Hubschrauber hebt vom Flugplatz Syangboche oberhalb von Namche ab

Die Zeit bleibt nicht stehen, auch nicht im Khumbu. Zwei Dinge haben sich in dem Gebiet rund um den Mount Everest zwischen meinem ersten Besuch im Jahr 2002 und dem letzten im vergangenen März gravierend verändert. Zum einen sind die sanitären Anlagen – im Schnitt – deutlich moderner und auch sauberer als vor 14 Jahren. Zum anderen hat der Fluglärm erheblich zugenommen. Bei klarer Sicht fliegen, gefühlt regelmäßig, Hubschrauber durch das Tal von Lukla nach Namche Bazaar und dann auch weiter Richtung Everest-Basislager.

Billiger als Maultiere

„Inzwischen wird ein Großteil des Materialtransports mit Hubschraubern erledigt“, erzählte mir Ang Dorjee Sherpa, Lodgebesitzer in Namche. „Das ist fast billiger als der Transport mit Maultieren.“ Doch nicht nur Material wird transportiert, auch Menschen nutzen den Heli-Transfer. Als wir auf der Terrasse des Everest View Hotel, oberhalb von Namche Bazaar, einen (teuren) Milchtee tranken, trafen wir auch ein Ehepaar aus den USA, das förmlich nach Geld roch. Die beiden waren gerade mit dem Helikopter samt eigenem Piloten neben dem Hotel gelandet. „Wir sind über das Basislager und den Khumbu-Eisbruch geflogen und haben hinterher auch noch eine Runde durch das Gokyo-Tal gedreht“, erzählten die beiden begeistert. Ein echtes Gefühl für diese wunderschönen Berge habt ihr dabei aber nicht gewonnen, dachte ich bei mir.

Gut 80 Lasten weniger durch den Eisbruch

Rettungshubschrauber über dem Khumbu-Eisbruch (2014)

Rettungshubschrauber über dem Khumbu-Eisbruch (2014)

Wie der US-Blogger und Bergsteiger Alan Arnette – er will in diesem Frühjahr den Lhotse besteigen – aus dem Basislager zu Füßen des Everest berichtet, hat die nepalesische Regierung in dieser Saison erstmals erlaubt, mit dem Hubschrauber Material nach Lager 1 auf etwa 6000 Metern zu fliegen: Seile, Eis- und Firnanker sowie Flaschensauerstoff. Alles in allem, so Alan, summierten sich die bereits ins Hochlager transportierten Güter auf mehr als 80 Einzellasten, die andernfalls von Sherpas durch den gefährlichen Khumbu-Eisbruch hätten getragen werden müssen. Auch wenn sie ein Beitrag zur Sicherheit sind, bedeuten die Hubschraubertransporte einen weiteren Schritt auf dem Weg der Kommerzialisierung des Everest.

Viele Risse und tiefe Löcher

Bereits nach der riesigen Lawine, die durch das Erdbeben am 25. April 2015 am Siebentausender Pumori ausgelöst worden war, das Everest-Basislager getroffen und dort 19 Menschen das Leben gekostet hatte,  hatte die nepalesische Regierung einem Materialtransport per Helikopter nach Lager 1 zugestimmt. Dazu war es jedoch nicht mehr gekommen, die Saison war beendet worden, wie schon 2014 nach dem Lawinenunglück im Khumbu-Eisbruch mit 16 Toten.

Die Icefall Doctors sprechen in diesem Frühjahr von sehr schwierigen Verhältnissen nach dem Erdbeben, das am Montag vor genau einem Jahr zuschlug. „Ich habe noch nie so viele Risse und tiefe Löcher auf der Route gesehen“, sagte Ang Kami Sherpa, Chef der Spezialisten, die den Weg durch den Eisbruch und weiter hinauf präparieren und sichern. „Es ist in diesem Jahr gefährlich.“ Die Regierung hat nach eigenen Angaben für diese Saison 289 Everest-Permits für ausländische Bergsteiger ausgestellt. Viele nutzen ihre Genehmigungen von 2014 oder 2015, deren Gültigkeit um fünf beziehungsweise zwei Jahre verlängert worden war.

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Dorjes Everest-Sabbatjahr https://blogs.dw.com/abenteuersport/dorjes-everest-sabbatjahr/ Wed, 16 Mar 2016 11:50:47 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=32145 Dorje Sherpa vor seiner Lodge in Phakding

Dorje Sherpa vor seiner Lodge in Phakding

Dorje Sherpa kennt sich aus mit Everest-Katastrophen. 1996, also vor 20 Jahren, bestieg er erstmals den höchsten Berg der Erde. Damals gehörte er zum IMAX-Filmteam des US-Amerikaner David Breashears, als im Gipfelbereich bei einem Sturm innerhalb von 24 Stunden acht Bergsteiger ums Leben kamen. „Wir waren damals in Lager 2 auf 6400 Metern“, erzählt mir der 50-Jährige in seiner „Buddha Lodge“ im Dorf Phakding, das auf der beliebten Trekkingroute zum Everest-Basislager liegt.

Rettungsaktion im Eisbruch

An den Wänden des Gastraums hängen zahlreiche Urkunden, auch ein Dankesschreiben des nepalesischen Bergsteigerverbands NMA für Dorjes Einsatz bei der Rettungsaktion am Everest im Frühjahr 2014. Vor zwei Jahren waren in einer Eislawine im Khumbu-Eisbruch 16 nepalesische Bergsteiger gestorben. Dorje war Sirdar des „Altitude Junkies“-Teams, sprich der Chef ihrer Climbing Sherpas. Vom Basislager aus stieg er zur Unglücksstelle auf und half dabei, die Toten und Verletzten zu bergen.

Familie sagt: Nein!

Kaum ein Entrinnen: Die tödliche Lawine vom Pumori 2015

Kaum ein Entrinnen: Die tödliche Lawine vom Pumori 2015

Und auch 2015 hielt sich der Sherpa zu Füßen des Mount Everest auf, als das Erdbeben am 25. April eine Lawine vom Pumori auslöste, die das Everest-Basislager traf und 19 Menschen tötete. „Wir saßen gerade beim Essen im Gemeinschaftszelt. Es war eine riesige Lawine. Ein Teammitglied rannte nach draußen, stolperte und schlug sich dabei zwei Zähne aus.“ 2014 und 2015 seien zwei schlimme Jahre am höchsten Berg der Erde gewesen, sagt Dorje: „Deshalb werde ich in diesem Jahr auch aussetzen. Meine Familie lässt mich diesmal nicht zum Everest.“ Sechsmal stand der erfahrene Bergsteiger bereits auf dem 8850 Meter hohen Gipfel. Er wolle in diesem Jahr aussetzen, nicht aufhören, betont der Sherpa: „Vielleicht klappt es ja 2017 wieder.“

Bereit für Gäste – wenn sie denn kommen

Bauarbeiten im Khumbu

Bauarbeiten im Khumbu

Seine Frau und sein Sohn leben in der Hauptstadt Kathmandu. Dorje hat in Phakding den Wiederaufbau seiner Lodge überwacht, die bei dem Erdbeben vor knapp elf Monaten zerstört worden war. Überall riecht es noch nach frisch verarbeitetem Holz. Die Außenwände hat Dorje solide mauern lassen. „Jetzt sind wir bereit für neue Gäste“, sagt der Sherpa, als er uns stolz die fertiggestellten Zimmer zeigt. „Hoffentlich kommen sie auch.“

 

Khumbu KoelschP.S.: Die Braukunst meiner Heimatstadt Köln scheint inzwischen auch das Everest-Gebiet erreicht zu haben. Hier gibt es jedenfalls – wie ihr auf dem Bild sehen könnt – „Khumbu-Kölsch“ zu kaufen. 😉

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Habeler: „Geht nach Nepal – aber nicht alle zum Everest!“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/habeler-geht-nach-nepal-aber-nicht-alle-zum-everest/ Wed, 28 Oct 2015 14:15:59 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=30953 Peter Habeler beim Kölner Alpintag

Peter Habeler beim Kölner Alpintag

Die 73 Lebensjahre, die er inzwischen auf dem Buckel hat, sieht man Peter Habeler nicht an. Schlank, drahtig, braungebrannt – eben einer, der immer noch viel in den Bergen unterwegs ist. Er wiederhole derzeit mit Freunden viele Touren in den Alpen, die er in jungen Jahren geklettert sei, erzählt mir der Österreicher aus Mayrhofen im Zillertal, als ich ihn am vergangenen Wochenende beim Kölner Alpintag in Leverkusen treffe: „Es geht mir Gott sei Dank körperlich sehr gut. Aber da beißt sich ja die Katze in den Schwanz: Wenn man viel trainiert und macht, ist man eben auch in besserer konditioneller Verfassung.“ Auch 37 Jahre, nachdem er zusammen mit Reinhold Messner erstmals den Mount Everest ohne Flaschensauerstoff bestieg, lässt ihn der höchste Berg der Erde nicht los – natürlich auch, weil er als einer der Pioniere immer danach gefragt wird.

Unglücke „hausgemacht“

Im Khumbu-Eisbruch

Im Khumbu-Eisbruch

„Es war gut, dass der Berg heuer seine Ruhe hatte“, sagt Habeler, als ich anspreche, dass 2015 erstmals seit 1974 wieder ein Everest-Jahr ohne Gipfelerfolge bleibt: „Der Everest hat tausend Leute einfach nicht verdient.“ Unter den zahlreichen Gipfelanwärtern, so Habeler, seien viele, die dem Berg nicht gewachsen seien. Die Lawinenunglücke der beiden vergangenen Frühjahre seien deshalb gewissermaßen „hausgemacht“, findet der Österreicher.
Die Passage im Khumbu-Eisbruch, an der 2014 eine Eislawine 16 Nepalesen das Leben kostete, sei schon zu seiner aktiven Zeit eine „äußerst sensible Stelle“ gewesen, sagt Habeler: „Als Reinhold (Messner) und ich 1978 durch den Eisbruch stiegen, sind wir und auch alle anderen im rechten Teil geblieben. Auch im Jahr 2000, als ich noch einmal dort war, haben wir die linke Seite gemieden, weil sie zu gefährlich war.“
Das Lawinenunglück im vergangenen Frühjahr, bei dem im Basislager 19 Menschen starben, habe sich ebenfalls nicht ohne Vorwarnung ereignet. Dass die vom Erdbeben ausgelöste Lawine überhaupt das Basislager erreicht habe, liege auch daran, dass sich die Zeltstadt, so Habeler, „wie ein Tatzelwurm“ (Fabeltier im Alpenraum) immer mehr Richtung Pumori ausgebreitet habe: „Man wusste schon seit vielen Jahren, dass von diesem Berg häufig Lawinen abgehen.“

Zahl der Everest-Anwärter begrenzen

Habeler (r.) und Messner (1975, nach der Besteigung des Gasherbrum I im Alpinstil)

Habeler (r.) und Messner (1975, nach der Besteigung des Gasherbrum I im Alpinstil)

Habeler spricht sich dafür aus, die Zahl der Bergsteiger am Everest zu begrenzen, bewertet die Chancen jedoch als gering: „Der Tourismus ist nun einmal das Zugpferd Nummer eins in Nepal. Es wird sehr schwer sein, ausgerechnet am Everest ein Exempel zu statuieren, weil es hier um viel Geld geht. Es ist zwar in der Summe nicht wahnsinnig viel, was durch die Besteigungsgebühren hereinkommt, aber Nepal ist eines der ärmsten Länder der Welt. Da hilft jeder Dollar oder Cent. Dennoch sollte man ein Limit zumindest für den Everest setzen.“

Im nächsten Jahr wieder nach Nepal

Fast 70-mal sei er inzwischen in Nepal gewesen, erzählt Habeler. Er habe dort viele Freunde und versuche, nach dem verheerenden Erdbeben vom letzten Frühjahr zu helfen, wo es möglich sei. Im nächsten Jahr will Habeler wieder nach Nepal reisen und ruft alle Bergfreunde auf, es ihm gleichzutun, um das Land zu unterstützen. „Ich plädiere hundertprozentig dafür: Geht nach Nepal!“, sagt Peter Habeler und schiebt lächelnd nach: „Es müssen ja nicht alle zum Everest gehen.“

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Sieben Tote bei Lawinenunglück am Dôme de Neige https://blogs.dw.com/abenteuersport/sieben-tote-bei-lawinenunglueck-am-dome-de-neige/ Tue, 15 Sep 2015 15:29:03 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=30569 Dôme de Neige (r.)

Dôme de Neige (r.)

Bei einem Lawinenunglück in den französischen Alpen sind heute sieben Bergsteiger ums Leben gekommen. Das Unglück ereignete sich am 4015 Meter hohen Dôme de Neige im Écrins-Massiv südöstlich von Grenoble. Nach Angaben der Behörden handelt es sich bei den Toten um vier Deutsche und drei Tschechen. Eine weitere Bergsteigerin aus Deutschland konnte verletzt geborgen werden. Es soll sich um drei Seilschaften gehandelt haben. Nach Angaben der Retter löste ein Schneebrett die rund 250 Meter lange Lawine aus. Am vergangenen Wochenende hatte es in dem Gebiet heftig geschneit. „Die Bedingungen sind derzeit winterlich“, sagte ein Polizist. In diesem Jahr sind in den französischen Alpen bereits mindestens 39 Menschen bei Lawinenunglücken ums Leben gekommen.

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Temba Tsheri Sherpa: „Die Menschen haben immer noch Angst“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/interview-temba-tsheri-sherpa-erdbeben/ Wed, 27 May 2015 11:22:43 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=29673 Temba Tsheri Sherpa

Temba Tsheri Sherpa

Als Temba Tsheri den Gipfel des Mount Everest erreichte, war er gerade einmal 16 Jahre und 14 Tage alt.  Der nepalesische Schüler aus dem Rolwaling-Tal hatte sich einem französischen Team angeschlossen, das von der tibetischen Nordseite auf den Gipfel des Everest kletterte. Damals, im Jahr 2001, war er der jüngste Bergsteiger aller Zeiten auf dem höchsten Berg der Erde. (Neun Jahre später wurde er vom 13-jährigen US-Amerikaner Jordan Romero abgelöst.) Bereits im Frühjahr 2000 hatte Temba versucht, den Everest von der Südseite aus zu besteigen. Kurz unterhalb des Gipfels hatte er umkehren müssen, weil ihn ein Stau am Hillary-Step zu viel Zeit gekostet hatte. Er bezahlte das Abenteuer mit dem Verlust von fünf Fingern, an denen er sich Erfrierungen zugezogen hatte.

Später studierte Temba Tsheri Sherpa an der Universität der chinesischen Stadt Wuhan, anschließend machte er sich selbstständig und organisierte Expeditionen. Als am 25. April das verheerende Erdbeben Nepal traf, war er Geschäftsleiter von „Dreamers Destination“, einem Veranstalter in Kathmandu, der gerade mit einer großen Expeditionsgruppe am Everest war. Die riesige Lawine, die durch die Erdstöße am Pumori ausgelöst wurde und das Everest-Basislager traf, kostete drei von Tembas ausländischen Kunden und zwei seiner nepalesischen Mitarbeiter das Leben. Ich habe den 30 Jahre alten Sherpa nach der Lage in seinem Heimatland einen Monat nach dem Erdbeben gefragt.

Temba, wie sieht deine persönliche Bilanz der Erdbebenkatastrophe aus?

Ich blicke zum ersten Mal in meinem Leben einer solchen Katastrophe ins Auge. Ich habe es mir niemals vorstellen können. Wir haben zwei Häuser verloren, eines im Dorf Tashinam-Gauri Shankar, in dem ich geboren wurde, und eines in Jagat, wo meine Eltern ein kleines Gasthaus für Trekkingtouristen betrieben. Zusätzlich habe ich mein Geschäft verloren, meine Freunde und Kunden im Everest-Basislager. Ich habe die komplette Ausrüstung verloren, für die wir fünf Jahre lang hart gearbeitet hatten.

Das Basislager nach der Lawine vom Pumori

Das Basislager nach der Lawine vom Pumori

Was bedeutet das für deine Zukunft und für jene deines Unternehmens „Dreamers Destination”?

Ich habe ein wenig Sorgen, dass Trekkingtouristen und andere Reisende befürchten könnten, dass Nepal kein sicheres Reiseziel mehr ist. Aber ich bin sicher, dass sich alles wieder zum Guten wendet. Wir haben immer noch viele Dinge anzubieten, die Touristen genießen können.  Jetzt ist unser kleines Land noch bekannter geworden, die Menschen wissen nach der Katastrophe mehr über Nepal. Deshalb bin ich mir sicher, dass noch mehr Leute hierher kommen wollen. Aber für „Dreamers Destination” arbeite ich nicht mehr. Aus persönlichen Gründen.

Du lebst in Kathmandu, aber du kommst aus dem Rolwaling-Tal und hast Kontakt zu Menschen überall im Land. Wie ist die Lage einen Monat nach dem verheerenden Erdbeben?

Die Menschen haben immer noch Angst, deshalb leben sie draußen in Zelten. Tag für Tag spüren wir die Erdstöße, weiterhin fallen Gebäude in sich zusammen, immer noch sterben Menschen. Die Straßen sind blockiert. Meine Familienmitglieder, die im Dorf leben, haben bisher keine ausreichende Hilfe erhalten. Bald geht ihnen das Essen aus. Sie sind wirklich besorgt, weil der Monsun vor der Tür steht.

Zerstörtes Haus in Sangachok

Zerstörtes Haus in Sangachok

Kommt die Hilfe dort an, wo sie am meisten gebraucht wird? Und wenn nicht, warum?

Ehrlich gesagt, habe ich keine Zeit gehabt, mich intensiv mit den Hilfsaktionen zu beschäftigen, weil ich zu viel mit dem Everest zu tun hatte. Ich musste mich um die Verletzten kümmern, die ganze Angelegenheit regeln, damit bin ich immer noch beschäftigt. Aber natürlich höre ich einiges über die Hilfsaktionen. Ich weiß, dass es viele INGOs (Internationale Nicht-Regierungsorganisationen) und NGOs (Nicht-Regierungsorganisationen) gibt, die helfen wollen. Aber das können sie nur dort, wo ihnen Fahrzeuge zur Verfügung stehen, um die vom Beben betroffenen Orte zu erreichen und ihre Hilfsgüter zu transportieren. Einige Leute verschaffen sich einen Vorteil: Sie horten Geld und Hilfsgüter und verteilen sie an ihre Familien.

Im vergangenen Jahr endete die Bergsteiger-Saison am Everest, nachdem bei einer Lawine im Khumbu-Eisbruch 16 Nepalesen ums Leben gekommen waren. In diesem Jahr war vorzeitig Schluss, weil eine durch das Beben ausgelöste Lawine das Basislager traf und 19 Menschen tötete. Kein Bergsteigen, das bedeutet auch kein Einkommen für viele Familien. Wie ist die Stimmung unter den Sherpas?

In der derzeitigen Lage machen sie sich mehr Sorgen um das Erdbeben, weil sie jetzt ihr Obdach verloren haben.

Zwei Katastrophen in zwei aufeinander folgenden Jahren, wie geht es mit dem Everest-Bergsteigen auf der nepalesischen Seite weiter?

Ich glaube nicht, dass es einen negativen Effekt geben wird. Die Menschen mögen das Bergsteigen immer noch und werden es auch weiterhin tun, weil jeder weiß, das Klettern gefährlich ist und möglicherweise auch Leben kosten kann. Alljährlich sterben Menschen in den Bergen, es mag sein, dass es im vergangenen und in diesem Jahr einige mehr als sonst waren. Aber Jahr für Jahr sterben Menschen in Lawinen.

Der neue nepalesische Tourismusminister (Kripa Sur Sherpa wurde am vergangenen Freitag ernannt.) ist wie du ein Sherpa. Was erwartest du von ihm?

Ich hoffe, dass er für die Sherpa-Bergsteiger kämpft. Sherpas klettern seit Generationen. Sie riskieren ihr Leben und andere streichen den Profit ein. Und dabei werden Sherpas nur als Träger wahrgenommen, was falsch ist. Sie haben ihr Leben verloren, und niemand kümmert sich um ihre Familien und Kinder. Ich erwarte von der Regierung, dass sie ihnen angemessene Unterkünfte verschafft und für die Erziehung der Kinder sorgt.

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