Tamara Lunger – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Tamara Lunger: „Ich bin zurzeit suchend“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/tamara-lunger-ich-bin-zurzeit-suchend/ Tue, 16 Oct 2018 14:42:00 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=42375

Tamara Lunger während des IMS

„Ich wünsche mir oft: Wäre ich doch vor hundert Jahren auf die Welt gekommen!“, sagt Tamara Lunger. „Wenn ich die 90-Jährigen reden höre, denke ich mir: Oh, das waren noch Abenteurer! Dagegen sind wir heute nur noch Weicheier.“ Dabei stand die Profibergsteigerin aus Südtirol 2010 mit 23 Jahren als damals jüngste Frau auf dem Gipfel des Achttausenders Lhotse und bestieg 2014 ohne Flaschensauerstoff den K 2, den zweithöchsten Berg der Erde.

Tamara Lunger: Wir sind dagegen doch Weicheier

Während des „International Mountain Summit“ in Brixen wandere ich mit Tamara vom Latzfonserkreuz aus talwärts. Ihre Eltern führen die dortige Schutzhütte. Wir sprechen über Tamaras Abenteuer der vergangenen Jahre. Die 32-Jährige ist eine ehrliche Haut und nimmt kein Blatt vor den Mund: „Die Leute sagen mir: ‚Du hast leicht reden, du kannst das leben, was dir Freude bereitet.‘ Dabei steckt auch in meiner Freude manchmal etwas Negatives, das ich annehmen und daraus lernen muss. Das ist eigentlich das Wichtige.“

Dem Tod nahe

Tamara (2.v.l.) mit den Wintererstbesteigern des Nanga Parbat, Alex Txikon, Simone Moro und Muhammad Ali „Sadpara“(v.l.)

Im Februar 2016 kehrte Tamara Lunger in Pakistan knapp unter dem Gipfel des Nanga Parbat um. Nur 70 Höhenmeter fehlten ihr zum Ruhm, als erste Frau zu den Wintererstbesteigern eines Achttausenders zu gehören. Während des gesamten Gipfeltags war es ihr schlecht gegangen, sie hatte sich den Berg regelrecht hinaufgeschleppt. Dann habe Gott zu ihr gesprochen, erzählt Tamara: „Normalerweise bekomme ich immer, was ich erbitte. Aber an dem Tag hat zehn Stunden Beten nichts geholfen. Da habe ich gewusst, da ist etwas faul.“ Sie drehte um. Im Abstieg geriet sie ins Rutschen. „Es war mein bisher todesnächstes Erlebnis. Auch beim Absturz habe ich mit dem Herrgott geredet: ‚Ich hätte nicht gedacht, dass es jetzt schon so schnell passiert. Aber wenn es so sein muss, bin ich eben bereit, und das passt.‘“ Nach 200 Metern blieb Tamara im lockeren Schnee liegen.

Tamara Lunger: Gespräche mit Gott

Viel gelernt

Sie überlebte, mit Verletzungen an der Schulter und am Sprunggelenk. Sie hatte Schmerzen, durfte keinen Sport treiben. Und die Medien überfielen sie mit Interviewanfragen. Es sei eine „schwierige Zeit“ gewesen, sagt die Bergsteigerin. „Erst mit der Zeit habe ich verstanden, was der Nanga Parbat mir geschenkt hat.“ Sie wisse jetzt, dass es nicht immer der Gipfel sein müsse. „Ich habe auch viel über mich gelernt. Zum Beispiel, wie ich mich in Todesangst verhalte. Werde ich panisch oder bin ich ruhig? Kann ich noch klar denken? Diese Erkenntnisse sind extrem wichtig, weil sie in unserem Beruf oder unserer Berufung zum Spiel mit dazugehören.“

Vielen fehlt der Respekt

Ein starkes Team: Tamara Lunger mit Simone Moro (r.)

Ihre nächste Achttausender-Expedition führte sie im Frühjahr 2017 zum Kangchendzönga, dem dritthöchsten Berg der Erde. Mit ihrem Teampartner und Mentor Simone Moro wollte sie alle Gipfel des Massivs überschreiten. Doch dazu kam es nicht, weil Moros Gesundheit nicht mitspielte. Die Erlebnisse im Basislager, das sich die beiden Profibergsteiger mit den Mitgliedern kommerzieller Expeditionen teilten, verleideten Lunger erst einmal das Achttausender-Bergsteigen. „Unglaublich, was einige Leute da so treiben“, sagt Tamara und schüttelt den Kopf. „Ich habe mich teilweise für sie geschämt. Denen ging es nur darum, irgendwie raufzukommen. Sie haben keinen Respekt mehr, weder vor dem Berg, noch vor den anderen Leuten. In den Hochlagern wird gestohlen.“

Nie mehr ein Basislager mit anderen

Einem Sherpa des nepalesischen Veranstalters „Seven Summit Treks“ sei es oben ziemlich schlecht gegangen, er sei unfähig gewesen abzusteigen. „Dem Chef der Sherpas war das total scheißegal. Er spielte unten lieber mit dem Handy auf Facebook herum anstatt zu helfen.“ Das, so Tamara, verstoße so sehr gegen ihre Prinzipien, dass sie ihre ganze Kraft verliere: „Ich habe mir zu der Zeit geschworen: Nie mehr in ein Basislager mit anderen Leuten! Ich hoffe, ich kann das durchziehen. Künftig gehe ich eben im Winter oder den Berg von einer anderen Seite an, mit einem Basislager, in dem ich meine Ruhe habe.“

Tamara Lunger: Die haben keinen Respekt mehr

Befreiung in der Kälte Ostsibiriens

Bei der Wintererstbesteigung des Gora Pobeda

Im vergangenen Februar gelang Lunger und Moro im eiskalten Osten Sibiriens bei Temperaturen um minus 50 Grad Celsius die erste Winterbesteigung des 3003 Meter hohen Gora Pobeda (auch Pik Pobeda genannt). Nach dem Scheitern im Winter 2015 am Manaslu, ihrer Umkehr im Winter 2016 am Nanga Parbat und dem erfolglosen Versuch am Kangchendzönga 2017 habe sie sich unter großem Druck gefühlt, erzählt Tamara. Sie habe versucht, jeden Schritt in der wunderschönen Natur Sibiriens zu genießen und nicht daran zu denken, was irgendwelche Leute von ihr erwarteten. „Das habe ich relativ gut geschafft und es hat mich richtig befreit. Als ich am Gipfel angekommen bin, habe ich aufgeatmet. Endlich!“

Das leben, was sie fühlt

Bei ihren künftigen Abenteuern wolle sie mehr auf ihre innere Stimme hören, verrät Tamara Lunger: „Ich versuche, das zu leben, was ich fühle. Ich kann nicht sagen, was morgen oder in einer Woche ist. Ich bin zurzeit suchend.“ Und dabei nicht nur auf die Berge fixiert. „Mir würde auch gefallen, mit einem Segelboot aufzubrechen.“

Tamara Lunger: Ich bin zurzeit suchend

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10 Jahre IMS: Die letzte Wanderung https://blogs.dw.com/abenteuersport/10-jahre-ims-die-letzte-wanderung/ Sun, 14 Oct 2018 14:16:44 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=42347

IMS-Wanderung zum Latzfonserkreuz

Der IMS wird mir fehlen. Nach zehn Jahren „International Mountain Summit“ in Brixen ist Schluss. Die Macher, Alex Ploner und Markus Gaiser, die ehrenamtlich und mit sehr viel Berg-Herzblut alljährlich dieses außergewöhnliche Bergfestival auf die Beine gestellt hatten, werfen das Handtuch. Der Grund: Mangelnde Unterstützung von außen. Wirklich schade! Jahr für Jahr gaben sich beim IMS frühere und aktuelle Stars der Szene die Klinke in die Hand: Reinhold Messner, Sir Chris Bonington, Doug Scott, die Huberbuam, Steve House, Alex Honnold, Ueli Steck, Gerlinde Kaltenbrunner, Ralf Dujmovits und, und, und. Sie hielten nicht nur Vorträge, sondern gingen auch, ganz uneitel, mit anderen Bergfreunden in den Bergen Südtirols wandern. Das machte den besonderen Reiz des IMS aus. Ich habe dieses „Walk and Talk“ immer sehr genossen.

Fremdschämen am Kangchendzönga

Tamara Lunger (im Hintergrund die Wallfahrtskirche Latzfonserkreuz)

Gestern zum Beispiel stiegen wir mit der Südtiroler Profibergsteigerin Tamara Lunger hinauf zum Latzfonserkreuz auf 2305 Metern. Die dortige Hütte wird (noch) von ihren Eltern betrieben. Ich sprach mit Tamara über ihre Erlebnisse bei der Wintererstbesteigung des Nanga Parbat im Februar 2016. Während ihre Teamkollegen Simone Moro, Alex Txikon und Muhammad Ali „Sadpara“ den Gipfel erreicht hatten, war Lunger 70 Meter unterhalb des Gipfels umgekehrt. Den ganzen Gipfeltag über war es ihr schlecht gegangen. Gott habe ihr ein Zeichen gegeben, erzählt mir Tamara: „An dem Tag hat zehn Stunden Beten nichts geholfen. Da habe ich gewusst, da ist etwas faul.“ Im Frühjahr 2017 war sie wieder an einem Achttausender: Mit Simone Moro wollte sie alle Gipfel des Kangchendzönga-Massivs überqueren. Dazu kam es nicht, diesmal hatte Moro gesundheitliche Probleme. Nach der Expedition hatte Tamara erst einmal die Nase voll von den Achttausendern. Was sie im Basislager, in dem auch kommerzielle Expeditionen ihre Zelte aufgeschlagen hatten, erlebte, hat Narben hinterlassen. „Unglaublich, was einige Leute da so treiben. Ich habe mich teilweise für sie geschämt“, sagt Tamara. „Mit tat dort das Herz weh.“

Wellnessurlaub für die Seele

IMS-Organisator Markus Gaiser, Tamara Lunger und Robert Jasper (v.l.)

Auch Robert Jasper wanderte gestern mit zum Latzfonserkreuz. Der 50 Jahre alte deutsche Top-Kletterer war in diesem Sommer auf einer Solo-Expedition auf Grönland. Mit dem Faltkajak fuhr er von der letzten bewohnten Siedlung durch einen Fjord in Richtung des Berges, den er sich für eine Erstbegehung ausgeguckt hatte. „Mit dem Faltboot unterwegs zu sein, dann eine neue Route in einer Bigwall zu eröffnen, das Ganze mit reduzierten Mitteln – das war ein absolut geniales Abenteuer“, schwärmt mir Robert vor. Auch wenn er vor dem Start ein mulmiges Gefühl gehabt habe, sei er mit dem Alleinsein gut zurechtgekommen. „Über die Stille gelangst du sehr schnell zu dir selber. Das war Wellnessurlaub für die Seele.“ Bei der Rückkehr in die Zivilisation nach vier Wochen, so Robert, habe er jedoch ein paar Tage gebraucht, bis er wieder richtig habe sprechen können.

Keine Zeit verschwenden

Beat Kammerlander

Beat Kammerlander sucht sich seine Kletterziele bevorzugt vor der eigenen Haustür, im Rätikon. Der 59 Jahre alte Österreicher aus Feldkirch ist eine lebende Kletterlegende. Seit Jahrzehnten betreibt er alpines Sportklettern auf Weltklasse-Niveau. Noch im vergangenen Jahr eröffnete er mit der „Kampfzone“ am Kleinen Turm eine extrem schwierige Route. Ich frage Beat auf der IMS-Wanderung, ob er heute mehr kämpfen müsse als früher. „Man kämpft immer so gut, wie man kann“, antwortet Kammerlander und lacht. „Aber ich habe heute wohl noch mehr Motivation als früher und mehr Konsequenz, um ein Ziel zu erreichen. Ich verschwende keine Zeit mehr.“ Ans Ende seiner Karriere als Extremkletterer denkt Beat noch nicht. „Do what you love! Warum sollte ich mit etwas aufhören, was ich am liebsten mache?“

Wenn das bei Veranstaltungen wie dem „International Mountain Summit“ doch auch immer so leicht wäre …

P.S.: Ausführliche Artikel über meine Gespräche mit Tamara Lunger, Robert Jasper und Beat Kammerlander lasse ich folgen. Der IMS wird also noch nachwirken.

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Schlechtes Wetter bremst Winterexpeditionen https://blogs.dw.com/abenteuersport/schlechtes-wetter-bremst-winterexpeditionen/ Tue, 13 Feb 2018 15:59:21 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=39561

Auf der Abruzzi-Route am K 2

„Das Wetter ist nicht gerade das beste“, schreibt Krzysztof Wielicki, der Leiter der polnischen Winterexpediton am K 2 auf Facebook. „Voller Wolken und Wind.“  Denis Urubko sei am Abruzzi-Sporn bis auf eine Höhe von 6500 Metern aufgestiegen, um den Zustand der Route zu überprüfen. Einige alte Seile müssten ausgetauscht werden. Die polnischen Bergsteiger hatten ihren ursprünglichen Plan, über die Basken-Route (auch Cesen-Route genannt) aufzusteigen, „aus Gründen der Sicherheit“ aufgegeben. Zuvor waren Adam Bielecki und Rafal Fronia durch Steinschlag verletzt worden. Während Bielecki weitermachen kann, musste Fronia wegen eines gebrochenen Unterarms die Expedition abbrechen.

Txikon und Co. warten im Basislager

Alex Txikon Ende Januar in der Lhotse-Flanke

Am Mount Everest warten der Spanier Alex Txikon, der Pakistani Muhammad Ali „Sadpara“ und ihr Sherpa-Team auf die Chance auf einen Gipfelversuch.  „Es sieht aus, als ob sich das Wetter nicht gerade zu unseren Gunsten entwickelt“, schreibt Alex. Ausreichend akklimatisiert sind die Bergsteiger. Ende Januar hatten Txikon und Ali den 7161 Meter hohen Pumori bestiegen. Einige Tage später waren Alex und Co. am Everest bis auf eine Höhe von 7850 Meter vorgedrungen, ehe das Wetter umschlug.

Erste Winterbesteigung des Gora Pobeda vermeldet

Gora Pobeda in Ostsibirien

Derweil vermeldeten der Italiener Simone Moro und seine Südtiroler Teampartnerin Tamara Lunger die erste Winterbesteigung des 3003 Meter hohen Gora Pobeda (auch Pik Pobeda genannt) im eiskalten Osten Sibiriens. „Es hat den ganzen Tag lang geschneit, aber die Sicht war gut”, ließen die beiden Bergsteiger auf Facebook wissen. “Es war extrem kalt! Wie kalt, wissen wir noch nicht. Wir werden es überprüfen und euch dann informieren.” Der Gora Pobeda liegt nur rund 140 Kilometer südlich des Polarkreises. Einheimische Rentier-Hirten hatten Moro und Lunger von der letzten bewohnten Siedlung bis zum Basislager begleitet.

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Txikon zum Everest, Lunger und Moro nach Sibirien https://blogs.dw.com/abenteuersport/txikon-zum-everest-lunger-und-moro-nach-sibirien/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/txikon-zum-everest-lunger-und-moro-nach-sibirien/#comments Fri, 22 Dec 2017 14:59:59 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=38975

Lunger, Moro, Ali und Txikon (v.l.) 2016 am Nanga Parbat

Ich lag falsch mit meiner Vermutung. Das Dream Team vom Nanga Parbat 2016 wird sich in diesem Winter nicht am Mount Everest zusammenfinden, sondern getrennte Wege gehen. Heute verkündete der Spanier Alex Txikon, dass er zusammen mit dem 41 Jahre alten Pakistani Muhammad Ali „Sadpara“ versuchen werde, den höchsten Berg der Erde ohne Flaschensauerstoff zu besteigen. Die anderen beiden Mitglieder des Nanga-Gipfelteams, den Italiener Simone Moro und die Südtirolerin Tamara Lunger, zieht es dagegen ins eiskalte Sibirien.

Kräfte für oben schonen

Alex Txikon Everest-Basislager (Februar 2017)

Alex Txikon wird nach seinem gescheiterten Versuch im vergangenen Winter einen neuen Anlauf am Everest machen. Damals war der Baske mit einem Sherpa-Team einmal bis zum Südsattel auf 7950 Meter Höhe aufgestiegen, hatte dann aber wegen stürmischer Winde umdrehen müssen. „Das Problem ist nicht die Kälte, sondern der Wind“, sagte der 36-Jährige. „Es werden Windgeschwindigkeiten von bis zu 140 km/h herrschen und Temperaturen von minus 60 Grad Celsius. Am Gipfeltag darf der Wind aber nicht mit mehr als 40 km/h wehen.“ Zwischen dem 1. und 3. Januar werde das laut Alex „kleine Team“ im Basislager auf rund 5300 Meter Höhe eintreffen. Txikon will sich diesmal die Kräfte besser einteilen. „Wir werden versuchen, uns nicht zu viel Gewicht aufzuladen. Der Schlüssel wird darin liegen, nicht wie im letzten Jahr neun Tage in Folge zu arbeiten und sich schon in den unteren Bereichen aufzureiben, sondern die Kräfte für oben zu schonen.“

Im Grenzbereich des Möglichen

Mount Everest

Im meteorologischen Winter gab es am Mount Everest bisher 15 Gipfelerfolge. Für die Wetterforscher beginnt die kalte Jahreszeit bereits am 1. Dezember, während der kalendarische Winter erst mit der Wintersonnenwende am 21. oder 22. Dezember startet. Die Polen Krzysztof Wielicki und Leszek Cichy erreichten am 17. Februar 1980 den Gipfel des Everest, ihnen gelang damit die erste Winterbesteigung eines Achttausenders überhaupt. Seit Ende 1993 war kein Mensch mehr im Winter auf dem 8850 Meter hohen Gipfel. Der Einzige, der den höchsten Berg der Erde bisher im Winter ohne Atemmaske bestieg, war der Sherpa Ang Rita am 22. Dezember 1987. Das Wetter an diesem Tag war ungewöhnlich gut. Die große Kälte im Winter sorgt normalerweise dafür, dass der Luftdruck im Gipfelbereich noch weiter absinkt. Ein Aufstieg ohne Atemmaske liegt dann im absoluten Grenzbereich des Möglichen.

Saukalter Berg

Pik Pobeda in Ostsibirien

Auch die 31 Jahre alte Tamara Lunger und der 50-jährige Simone Moro werden in Grenzbereiche vordringen müssen. Sie haben sich vorgenommen, den 3003 Meter hohen Pik Pobeda im Osten Sibiriens zu besteigen. Der Berg (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen 7439 Meter hohen Gipfel in Kirgistan) liegt nur rund 140 Kilometer südlich des Polarkreises. Dass es „sau-, sau-, saukalt“ wird, wie Tamara mir verraten hatte, scheint garantiert. Das 250 Kilometer südwestlich des Pobeda gelegene Oimjakon gilt als die kälteste Stadt der Welt. Umstritten ist, ob dort wirklich einmal minus 71,2 Grad Celsius gemessen wurden, unstrittig ist jedoch, dass die Durchschnittstemperatur (!) in der russischen Stadt im Winter bei minus 50 Grad liegt. „Ich kann mir noch gar nicht vorstellen, wie es dann auf dem Berg sein wird“, schreibt Simone Moro auf Facebook. „Niemand hat diesen Berg bisher im Winter bestiegen und ich kann mir leicht denken, warum.“ Am 22. Januar geht es los.

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Lunger/Moro: Erst beim Papst – und dann? https://blogs.dw.com/abenteuersport/lungermoro-erst-beim-papst-und-dann/ Tue, 19 Dec 2017 23:03:47 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=38905

Tamara Lunger (l.) und Simone Moro (r.) mit Papst Franziskus

Am Donnerstag beginnt der (kalendarische) Winter – und damit stellt sich auch wieder die Frage: Wer versucht sich in der kalten Jahreszeit an welchem Berg? Eine hochkarätig besetzte polnische Expedition unter Leitung von Altmeister Krzysztof Wielicki wird versuchen, den K 2 zu besteigen, den letzten im Winter noch unbestiegenen Achttausender. Der Pole Tomek Mackiewicz und die Französin Elisabeth Revol sind angeblich bereits in Pakistan eingetroffen, um erneut den Nanga Parbat anzugehen.

Und was machen die Südtirolerin Tamara Lunger und der Italiener Simone Moro? Beide gelten als extrem „winterfest“. Der 50 Jahre alte Simone hat gleich vier Wintererstbesteigungen von Achttausendern auf dem Konto (Shishapangma 2005, Makalu 2009, Gasherbrum II 2011, Nanga Parbat 2016). Die 31-jährige Tamara versuchte sich mit Moro im Winter 2015 vergeblich am Manaslu. Ein Jahr später am Nanga Parbat musste sie nur 70 Meter unterhalb des Gipfels umkehren, weil es ihr schlecht ging. In diesem Advent hatten Lunger und Moro bereits ein Gipfeltreffen: mit dem Papst. Ich habe bei Tamara nachgefragt:

Tamara, zwei Profibergsteiger (Simone und du) machen ein Selfie mit Papst Franziskus, wie kam es dazu?

Don Marco Pozza, ein Gefängnispriester aus Padua, hat uns zu einer Sendung eingeladen, die „Padre nostro“ heißt, also „Vaterunser“. Davon gab es sechs Folgen, jeweils mit anderen Persönlichkeiten. Dazu wurden Geschichten aus dem Leben erzählt, Schicksale, und es gab zu jeder Sendung auch einen Kommentar des Papstes. Das war ein Riesenerfolg, nicht nur in Italien, auch international. Der Papst hat gesagt: „Alle diese Leute haben uns ihre Zeit geschenkt, was könnten wir ihnen im Gegenzug schenken?“ Marco antwortete: „Vielleicht eine Messe im Vatikan, inklusive Händeschütteln mit dem Papst.“ Der Papst meinte dann: „Das können wir nicht machen, weil ja nicht alle an Gott glauben. Eine Privataudienz ist besser.“ So kam es dazu. Ungefähr 30 Leute – das ganze Produktionsteam und die Teilnehmer – waren beim Papst im Vatikan. Das war wirklich eine schöne Stunde. Mir hat es persönlich sehr viel gegeben, weil ich sehr gläubig bin.

Hattet ihr Gelegenheit, mit dem Papst auch ein paar Worte zu wechseln?

Jeder von uns musste sich kurz vorstellen, was er in seinem Leben macht. Dann hat der Papst über die Passion gesprochen, über die Leidenschaft: „Ihr habt mir heute viel geschenkt, weil jeder von euch – ob Gläubiger oder nicht – das, was ihr tut, mit so einer großen Leidenschaft macht. Das ist auch göttlich.“ Anschließend hat er uns noch den Segen gegeben und allen ein Buch über das Vaterunser, das er zusammen mit Marco Pozza geschrieben hat, und einen Rosenkranz geschenkt.

Tamara Lunger

Was bedeutet dir persönlich die Begegnung?

Für mich war es natürlich sehr schön, weil ich sehr gläubig bin. Aber ich habe auch gesehen, dass er nur ein normaler Mann ist. Er gibt sich so normal, dass er fast nicht auffällt. Sein Umfeld ist zwar bemüht, alles organisatorisch so super wie möglich ablaufen zu lassen, aber er selbst würde es wahrscheinlich ganz anders machen. Ich habe in seine Augen gesehen und er in meine, dabei habe ich etwas ganz Schönes gespürt. Deshalb wäre es noch viel schöner, wenn man mit diesem Mann einfach mal so bei einem Glas Wein sitzen und mit ihm ratschen könnte.

Am Nanga Parbat im Winter 2016 musstest du 70 Meter unter dem Gipfel umkehren. Das war bitter. Am Kangchendzönga im letzten Frühjahr platzte die geplante Überschreitung der vier Gipfel des Massivs, weil es Simone schlecht ging. Brauchst du für deine Motivation mal wieder ein Erfolgserlebnis?

Nein, weil ich gesehen habe, dass ich auch ohne Gipfel immer mit einer großen Lehre nach Hause komme. Am Nanga Parbat war mein Erlebnis für mich viel wertvoller als „nur“ ein Gipfel. Der Weg ist das Ziel. Natürlich ist der Gipfel das Tüpfelchen auf dem i. Aber die Erfahrung und das, was man daraus lernt, werden einem während der Reise geschenkt. Wenn es nicht so einfach ist, den Gipfel zu erreichen und es gewisse Schwierigkeiten gibt, ist es zwar währenddessen etwas unschön. Aber wenn man nach Hause kommt, versteht man, dass es das Beste war, das einem passieren konnte.

In den Alpen hat der Winter schon Einzug gehalten, der Beginn des kalendarischen Winters steht vor der Tür. Wirst du in der kalten Jahreszeit auf Expedition gehen? Und wenn ja, wohin?

Ja, ich gehe wieder auf Expedition, Ich habe zwei Monate gebraucht, um mich dafür zu entscheiden. Ich werde wieder mit Simone unterwegs sein. Leider kann ich nicht mehr dazu sagen. Aber es wird sau-, sau-, saukalt. Ich habe schon begonnen, mich im Kopf darauf vorzubereiten. Schauen wir mal, wie es wird.

Wie verbringst du die Weihnachtstage?

Ich werde viele gute Kekse von meiner Mama essen. (lacht) Ich freue mich einfach, bei meiner Familie zu sein und vielleicht mit ihnen etwas zu unternehmen, Skitouren zu gehen, Eisklettern und so weiter.

Erfolgsteam: Txikon, Lunger, Moro, Ali (v.l.)

Auch Simone Moro hatte mir Ende Oktober mitgeteilt, dass die nächste Expedition „wahrscheinlich die kälteste Besteigung wird, die ich jemals versucht habe“. Ohne jetzt spekulieren zu wollen 🙂 – am Mount Everest fällt das Thermometer im Januar schon mal auf bis zu minus 60 Grad Celsius. Und hatte nicht Alex Txikon nach seinem gescheiterten Winterversuch in diesem Jahr Simone und Tamara eingeladen, es 2018 mit ihm zu versuchen? Der pakistanische Bergsteiger Muhammad Ali Sadpara hat jedenfalls heute ein „großes Everest-Projekt 2017/18“ angekündigt. Liege ich mit meiner Vermutung richtig, wäre das erfolgreiche Winterteam vom Nanga Parbat 2016 wieder komplett. Ich fände es toll und spannend.

P.S.: Für alle, die meinen Buchtipp zu Tamaras Erstling verpasst haben: Ich kann euch die Lektüre wirklich nur empfehlen.

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Gelesen: Meine Glückseligkeit an der Grenze zum Tod https://blogs.dw.com/abenteuersport/gelesen-meine-glueckseligkeit-an-der-grenze-zum-tod/ Wed, 06 Dec 2017 18:09:31 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=38761 Ein Buch wie eine Direttissima durch eine Felswand – immer geradeaus, keine Ausflüchte, keine Kompromisse. Tamara Lunger mag vieles sein, aber sicher keine Diplomatin. „Ehrlichkeit“, schreibt die 31 Jahre alte Extrembergsteigerin aus Südtirol, stehe „ganz oben auf der Liste der Dinge, die für mich eine Bedeutung haben“. Das dürfte einerseits den Umgang mit ihr nicht immer bequem machen, andererseits wird wohl niemand behaupten können, er wisse nicht, woran er bei ihr sei. Das gilt auch für „Meine Glückseligkeit an der Grenze zum Tod“, Tamaras erstes Buch, dessen Lektüre ich euch – trotz des etwas sperrigen Titels – unbedingt empfehle. Weil es spannend, gut geschrieben und eben grundehrlich ist.

Gott im Ohr

Erfolgsteam: Alex, Tamara, Simone, Ali (v.l.)

Tamara Lunger ist die Fast-Wintererstbesteigerin des Nanga Parbat. Nur 70 Meter unter dem 8125 Meter hohen Gipfel in Pakistan kehrt sie um, weil ein Satz „dröhnend meinen Geist umschließt“, wie die Südtirolerin schreibt: „Wenn du auf den Gipfel steigst, wirst du nicht mehr nach Hause kommen …“.  Es geht ihr schlecht an diesem 26. Februar 2016. Alles, was sie isst oder trinkt, erbricht sie sofort wieder. Trotzdem kämpft sie sich weiter hoch – bis zu dem Umkehrpunkt knapp unterhalb des Gipfels. Gott habe in diesem Augenblick zu ihr gesprochen, ist Tamara überzeugt. Sie steigt ab – auch um ihre Teampartner Simone Moro, Alex Txikon und Muhammad Ali „Sadpara“, die an diesem Tag den Gipfel erreichen und Alpingeschichte schreiben, nicht in Schwierigkeiten zu bringen.

Zwischen Leben und Tod

Tamara Lunger

Kurz vor dem letzten Hochlager rutscht Tamara nach dem Sprung über eine Gletscherspalte aus und stürzt den steilen Hang hinab. Sie sieht dem Tod ins Auge. „Im Grunde habe ich immer gewusst, dass es eines Tages passieren könnte und jedes Mal, wenn ich auf Expedition gehe, bereite ich mich darauf vor. Aber meine Liebe zu den Bergen ist viel stärker. Die Berge geben mir so viel, um nicht zu sagen alles, und im Gegenzug bin ich bereit, für all dies zu sterben“, beschreibt Lunger diesen Moment zwischen Leben und Tod. „Ich schreie nicht, fluche nicht, ich stürze, aber in meinem Innern bin ich unbeschwert und gelassen.“

Dominante Liebe

Die Winterexpedition zum Nanga Parbat steht im Mittelpunkt von Tamaras Buch, doch der Leser erfährt auch, warum sie so geworden ist, wie sie heute ist. Offen beschreibt sie, wie sie als Kind eine Riesenangst vor Männern hatte; wie sie lernen musste, mit ihrem unbändigen Ehrgeiz umzugehen; wie schwer sie sich mit Beziehungen tut, weil ihre Liebe zu den Bergen so dominant ist. Eigentlich wollte ich an dieser Stelle ein weiteres Zitat einfügen, lasse es aber. Lest das Buch doch einfach selbst! Es lohnt sich. Ehrlich!

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Simone Moro wird 50: „Ich lebe noch“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/simone-moro-wird-50-ich-lebe-noch/ Thu, 26 Oct 2017 11:56:39 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=38283

Simone Moro

Es tut nicht weher als sonst. Das kann ich aus eigener Erfahrung sagen. Es ist eher eine mentale Herausforderung, die ersten 50 Jahre voll zu machen. Schließlich ist klar, dass dann definitiv die zweite Lebenshälfte beginnt. Zeit, Bilanz zu ziehen. An diesem Freitag feiert Simone Moro seinen 50. Geburtstag. Der Italiener kann schon jetzt mit seiner Karriere als Höhenbergsteiger mehr als zufrieden sein. Niemand sonst hat wie Simone vier Winter-Erstbesteigungen von Achttausendern auf dem Konto.

Mit dem Polen Piotr Morawski erreichte Moro 2005 erstmals in der kalten Jahreszeit den 8027 Meter hohen Gipfel der Shishapangma. Drei weitere Winter-Erstbesteigungen folgten: 2009 mit dem gebürtigen Kasachen Denis Urubko am Makalu (8485 Meter), 2011 mit Urubko und dem US-Amerikaner Cory Richards am Gasherbrum II (8034 Meter) und 2016 mit dem Spanier Alex Txikon und dem Pakistaner Muhammad Ali „Sadpara“ am Nanga Parbat (8125 Meter). Simone verzichtete bei allen diesen Aufsteigen auf Flaschensauerstoff. Im vergangenen Frühjahr hatte sich Moro gemeinsam mit der Südtirolerin  Tamara Lunger vorgenommen, die vier Gipfel des Kangchendzönga-Massivs zu überschreiten. Zwei Vorstöße endeten auf 7200 Metern, weil Simone an Bauchschmerzen litt.

Moro ist mit der Südtiroler Kletterin Barbara Zwerger verheiratet und hat eine 19 Jahre alte Tochter und einen siebenjährigen Sohn. Simone hat sich auch als Rettungshubschrauberpilot im Himalaya Verdienste erworben.

Simone, ein halbes Jahrhundert in den Knochen, wie fühlt sich an?

Na ja, ich lebe noch, habe noch alle Finger und Zehen und bin immer noch motiviert. Mein Gewicht ist dasselbe wie damals, als ich 25 Jahre alt war. Auch mein Trainingsumfang hat sich nicht geändert. Deshalb bin ich einfach glücklich. 

Simone mit Muhammad Ali (l.) auf dem Gipfel des Nanga Parbat

Dir sind Wintererstbesteigungen an den Achttausendern Shishapangma, Makalu, Gasherbrum II und Nanga Parbat gelungen. Ist dir eine unter diesen Pioniertaten besondern wichtig und wenn ja, warum?

An der Shishapangma habe ich nach 17 Jahren “Ruhe” die Winterspiele an den Achttausendern wieder eröffnet. Unser Erfolg am Makalu kam nach 39 Jahren Winterversuchen dort, und wir waren gerade mal zu zweit und in superleichtem Stil unterwegs. Die Winter-Erstbesteigung am Gasherbrum II war die erste überhaupt an einem Achttausender im ganzen Karakorum. Und am Nanga Parbat wurde ich der Erste mit Winter-Erstbesteigungen an vier verschiedenen Achttausendern. Also, wie sollte ich da eine herausheben können?

Was macht für dich die Faszination aus, die höchsten Berge der Erde im Winter zu besteigen?

Einsamkeit, Wildnis, Abenteuer, das Gefühl des Entdeckens, geringe Erfolgschancen, kein Rabatt bei den Schwierigkeiten, Wind, selten Schönwetterfenster. Eine Winterexpedion ist NICHT einfach die kalte Version einer Sommerexpedition. 

Im vergangenen Frühjahr am Kangchendzönga hattest du gesundheitliche Probleme. Müssen wir uns Sorgen machen?

Nicht wirklich. Ich habe einfach viele dumme Fehler gemacht. Ich trank im Basislager Coca Cola, Sprite und anderes Mistzeug und anschließend am Berg nicht ausreichend. Also macht euch keine Sorgen! Derzeit fühle ich mich und bin auch stark und gesund.

Ein starkes Team: Moro mit Tamara Lunger (l.)

Zuletzt warst du regelmäßig mit der Südtirolerin Tamara Lunger unterwegs. Siehst du dich in der Rolle ihres Mentors?

Ja, das war ich lange Zeit. Jetzt aber ist Tamara 31 Jahre alt, hat eine Menge gelernt und ist absolut unabhängig. Aber wir arbeiten so gut zusammen. Das findet man nicht oft. Deshalb ist es besser, unseren Teamgeist als zusätzliche Kraft zu erhalten.

Wohin wird dich deine nächste Expedition führen?

Leider kann ich noch nicht verraten, wohin ich gehe. Ich kann aber so viel sagen, dass ich im kommenden Winter unterwegs sein werde und dass es wahrscheinlich die kälteste Besteigung wird, die ich jemals versucht habe.

Wenn du drei Wünsche für die zweite Lebenshälfte offen hättest, welche wären das?

Gesundheit, Gesundheit und Gesundheit. Für den Rest sorge ich selbst. Ich hatte und habe alles. Und nur GOTT kann mir Gesundheit schenken, auch wenn ich schon so viel wie möglich tue, um ein gesundes Leben zu führen …

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Felix Berg: „Extrem spontane Expedition“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/felix-berg-extrem-spontane-expedition/ Fri, 02 Jun 2017 06:52:39 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=36541

Gipfel der Annapurna

Unwägbarkeit ist ein wesentlicher Bestandteil des Abenteuers. Und je ambitionierter ein Bergprojekt ist, desto größer ist auch die Unsicherheit, ob es wirklich mit einem Erfolg endet. So mussten die Italiener Tamara Lunger und Simone Moro, die sich die Überschreitung der vier Gipfel des Kangchendzönga-Massivs ohne Atemmaske vorgenommen hatten, umkehren, ohne auch nur einen einzigen der Gipfel erreicht zu haben. Zwei Vorstöße endeten auf 7200 Metern, weil Simone an Bauchschmerzen litt. Vom Makalu kehrte der Deutsche Thomas Lämmle mit leeren Händen zurück, nach vier (!) gescheiterten Gipfelversuchen ohne Flaschensauerstoff und Sherpa-Unterstützung, immer wieder vom schlechten Wetter zurückgeschlagen. Und auch an der Nordwestwand der Annapurna mussten der 33 Jahre alte Pole Adam Bielecki, der 63-jährige Brite Rick Allen und der 36 Jahre alte Deutsche Felix Berg auf halber Strecke kapitulieren. „Es war komplett die richtige Entscheidung umzudrehen“, erzählt mir Felix. „Am Tag unseres Abstiegs hat es heftig geschneit. Mit den Wetterverhältnissen wäre es nicht möglich gewesen.“

Ersatzziel gesucht und gefunden

Bielecki, Berg, Rousseau, Allen (v.l.)

Die Expedition hatte von Beginn an unter keinem guten Stern gestanden. Nach der Ankunft in Kathmandu musste das Team, zu dem damals noch der 40 Jahre alte Kanadier Louis Rousseau gehörte, kurzfristig umdisponieren. Eigentlich hatten die vier Bergsteiger eine neue Route durch die Cho-Oyu-Nordwand eröffnen wollen, doch die Chinesen verweigerten allen, die sich in den vergangenen drei Jahren länger als einen Monat am Stück in Pakistan aufgehalten hatten, das Einreisevisum für Tibet. Die schwierige Suche nach einem Ersatzziel begann. „Wo findet man an einem Achttausender noch eine schöne Wand?“, fragten sich Felix und Co. Sie entschieden sich für die selten begangene Nordwestwand der Annapurna, mit dem Ziel, auch dort einen neuen, direkten Weg zum Gipfel zu finden. Ein erster Versuch, zur Akklimatisierung den Siebentausender Tilicho Peak nahe der Annapurna zu besteigen, schlug wegen schlechten Wetters fehl. Dann musste Rousseau heimkehren, weil sein Zeitbudget erschöpft war. Bielecki, Allen und Berg schafften es im zweiten Anlauf, den Gipfel des Tilicho Peak zu erreichen und wandten sich der Annapurna-Nordwestwand zu.

Zelt gerissen, Schlafsack verloren

Am zweiten Tag in der Wand

„Wir hatten Essen für acht Tage mit, als wir einstiegen“, erzählt Felix. „Die Wand hatte fast durchgängig eine Steigung von 50 Grad, nie weniger als 40 Grad. Wir hatten Mühe, Biwakplätze zu finden.“ Für die erste Nacht gelang es dem Trio, auf einer kleinen Plattform ihr Zelt so aufzustellen, dass sie wenigstens in einer Reihe nebeneinander sitzen konnten. Für das zweite Biwak  musste ein schmaler, abschüssiger Felsvorsprung auf 6500 Meter Höhe herhalten. „Dagegen war das Sitzbiwak der vorherigen Nacht Luxus“, schreibt der Brite Rick Allen. „Ein Portaledge wäre eher angebracht gewesen als ein Zelt“, sagt Felix. Das Zelt riss, und durch das Loch verschwand einer der Schlafsäcke in der Tiefe. Das war das endgültige Signal zur Umkehr. Zurück im Basislager wollten sich die drei Bergsteiger nach Kathmandu ausfliegen lassen. Doch zunächst gab es keine Hubschrauber. „Die waren alle am Everest, für Rettungsflüge“, sagt Felix Berg.

Schließlich fand sich doch noch ein Helikopter, der Bielecki, Allen und Berg zurück nach Kathmandu brachte. „Es war eine extrem spontane Expedition“, bilanziert Felix. „Aber obwohl wir ein ziemlich bunt zusammengewürfelter Haufen waren, haben wir uns gut verstanden und bestens zusammengearbeitet. Wir waren bestimmt nicht zum letzten Mal gemeinsam unterwegs.“

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Moro und Lunger planen Kangchendzönga-Traverse https://blogs.dw.com/abenteuersport/moro-und-lunger-planen-kangchendzoenga-traverse/ Fri, 07 Apr 2017 11:19:56 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=35735

Tamara Lunger (l.) und Simone Moro

„Es ist ein wunderbares Projekt”, schwärmt Simone Moro. „Es ist die höchstmögliche Traverse auf dem Planeten.“ Via Facebook live aus Kathmandu haben der 49 Jahre alte Italiener und seine 30 Jahre alte Südtiroler Teampartnerin Tamara Lunger gestern das Geheimnis um ihr neuestes Projekt gelüftet. Und das hat es wirklich in sich: Simone und Tamara wollen in diesem Frühjahr die vier Gipfel des Kangchendzönga-Massivs, die höher als 8000 Meter sind, überschreiten: vom West- (8505 Meter) zum Hauptgipfel (8586 Meter) und dann über den Mittel- (8473 Meter) zum Südgipfel (8476 Meter). Das Ganze im Alpinstil, also ohne Hochlager, ohne Sherpa-Unterstützung und ohne Flaschensauerstoff. 1989 war einer russischen Expedition die Traverse erstmals geglückt, allerdings mit Atemmaske.

Erinnerung an Boukreev

Er wolle mit dem Projekt auch an seinen „besten Freund und Kletterpartner“ Anatoli Boukreev erinnern, sagt Moro. Boukreevs Todestag, 1997 während einer Winterexpedition mit Simone an der Annapurna, jährt sich am 25. Dezember zum 20. Mal. Der Russe hatte acht Jahre zuvor zu dem erfolgreichen Team am Kangchendzönga gehört, war aber nach der Besteigung des ersten Gipfels von seinem Expeditionsleiter gedrängt worden, Flaschensauerstoff zu benutzen. „Anatoli sagte mir damals, es sei vielleicht eines Tages auch möglich, alle vier Gipfel ohne Atemmaske zu besteigen“, erinnert sich Simone.

Fünfeinhalb Kilometer

West-, Haupt-, Mittel- und Südgipfel des Kangchendzönga (v.l.n.r.)

Moro und Lunger wollen über eine neue Route durch die Flanke des 7902 Meter hohen Kangbachen auf den Grat und dann zum Gipfel des 8505 Meter hohen Yalung Kang steigen, dem Westgipfel des Massivs. „Ganz ehrlich, schon das wäre ein Riesenprojekt“, sagt Simone. „Wir könnten schon feiern, wenn wir im Alpinstil eine neue Route auf den Yalung Kang eröffnet haben. Aber wir haben uns entschieden, das Spiel auch danach offen zu halten.“ Mindestens drei Tage haben die beiden für die fünfeinhalb Kilometer lange Gratwanderung veranschlagt, permanent auf einer Höhe von über 8200 Metern. „Das Projekt ist wirklich eines auf des Messners Schneide, sehr, sehr, sehr schwierig. Mal sehen, wie weit wir kommen“, sagt Moro.

Entschlossen und fähig zu träumen

Zumal Tamara Lunger noch immer an den Folgen einer Schulterverletzung laboriert, die sie sich beim Skifahren zugezogen hat. Doch die Südtirolerin hat schon häufig bewiesen, dass sie „beißen“ kann. Ein Erfolg am Kangchendzönga, dem dritthöchsten Berg der Erde, wäre Tamara wirklich zu gönnen, da sie Ende Februar 2016 am Nanga Parbat knapp unterhalb des Gipfels hatte umdrehen müssen. Simone Moro, Alex Txikon und Muhammad Ali (auch „Ali Sadpara) hatten ohne sie den höchsten Punkt erreicht und damit die erste Winterbesteigung dieses Achttausenders geschafft.  „Alles Trainieren und Planen dieser Welt kann dich nicht auf ein Abenteuer wie dieses vorbereiten“, sagt Tamara über ihre „Kangchendzönga Skyline Expediton“ mit Moro. „Aber Simone und ich haben die nötige Entschlossenheit und Fähigkeit zu träumen, um so ein Projekt erfolgreich abzuschließen.“

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Tamara Lunger: „Es war ein Traum“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/tamara-lunger-es-war-ein-traum/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/tamara-lunger-es-war-ein-traum/#comments Mon, 07 Mar 2016 09:38:05 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=32049 Tamara Lunger

Tamara Lunger

Es war doppelt knapp. Erst verpasste Tamara Lunger die erste Winterbesteigung des Nanga Parbat denkbar knapp, dann kam die 29 Jahre alte Südtirolerin knapp mit dem Leben davon. Knapp unterhalb des 8125 Meter hohen Gipfels, informierte Tamara entkräftet ihren italienischen Teampartner Simone Moro, dass sie wohl herauf-, aber ohne Hilfe nicht mehr herunterkommen würde. Wenig später drehte sie um. Simone, der Spanier Alex Txikon und der Pakistaner Muhammad Ali (nach seinem Heimatdorf auch „Ali Sadpara“ genannt) erreichten ohne sie den Gipfel. Beim Abstieg verlor Lunger dann kurz vor dem obersten Lager nach einem Sprung über eine Gletscherspalte den Halt. Sie rutschte rund 200 Meter dem Abgrund entgegen, ehe sie mit viel Glück im lockeren Schnee zum Halten kam. Inzwischen ist die Bergsteigerin wieder daheim in Südtirol.

Tamara, zunächst einmal herzlichen Glückwunsch zu deiner Leistung. Hast du dich inzwischen von den Strapazen erholt?

Vielen Dank, Stefan. Ich muss sagen, die Strapazen vom „fast-Gipfel“ habe ich schon überstanden, aber die Folgen meines Sturzes noch nicht. Es hat mich, denke ich, recht zusammengehauen, und auch mein Sprunggelenk ist immer noch geschwollen. Das werde ich am Montag gleich abklären, aber da ist sicher was in Fetzen. 🙁

Tamara mit Simone Moro

Tamara mit Simone Moro

Das Wetter am Gipfeltag war perfekt, aber der Weg zum höchsten Punkt lang, je rund 1000 Höhenmeter waren noch im Auf- und Abstieg zu überwinden. Wie groß hast du vor dem Aufbruch aus Lager 4 eure Chance bewertet, den höchsten Punkt zu erreichen?

Ich bin ehrlich, wenn ich sage, dass ich am Vorabend zu Simone gesagt habe: „Das ist ja sehr nahe, das rocken wir gewiss!“ Ich wusste es wirklich mit hundertprozentiger Sicherheit. Und auch wenn es für mich nicht geklappt hat, es war mehr das Pech einer etwas schlechten Tagesverfassung.

Nach den Worten Simones warst du gerade einmal 60, 70 Meter unterhalb des Gipfels. Wie schwer ist dir die Entscheidung gefallen, dort umzukehren?

Überhaupt nicht. Ich musste mich den ganzen Tag übergeben, und der starke Wind hat mir viel Energie geraubt. Als ich an meine Umkehrstelle gelangte und ich Ali mir schon vom Gipfel zuwinken sah, schoss mir auf einmal dieser Satz in meinen Kopf: „Wenn du jetzt auf den Gipfel gehst, dann siehst du deine Leute nicht mehr!“ Ohne darüber nachzudenken, machte ich kehrt und bin ausgestiegen, weil ich wusste, dass ich vom Gipfel bis zum Lager 4 bei jedem Schritt ausrutschen könnte und in den Tod stürzen könnte. Wir hatten nicht mal einen Meter Seil dabei, da wäre eine Hilfe unmöglich gewesen, und auch der Rest vom Team war recht angeschlagen von den Strapazen.

Ali (l.) und Simone (r.) am höchsten Punkt

Ali (l.) und Simone (r.) am höchsten Punkt

Du hast dich bereits am Morgen des Gipfeltags übergeben, bist aber trotzdem aufgebrochen. Hast du gehofft, dass sich die Beschwerden mit der Zeit geben?

Noch davor habe ich gespürt, dass ich muskulär nicht einen guten Tag hatte, aber ich war noch in der Hoffnung, dass sich das legt. Als ich mich das erste Mal übergeben habe, fühlte ich mich nachher fast etwas befreit, aber mit jede Schluck Getränk und jedem Bissen Essen hat sich das wiederholt, und meine Kraft wurde immer weniger. Ich wusste, das würde sich heute nicht mehr ändern.

Glaubst du, dass mangelnde Akklimatisierung die Ursache für deine Beschwerden war?

Könnte sein, immerhin haben Simone und ich zuvor nur eine Nacht auf Lager 2 (ca. 6100m) geschlafen. Es könnte aber auch der ganze Aufstieg an sich gewesen sein. Ich konnte kaum schlafen, da wir zu viert nur zwei Isomatten hatten. Und wir hatten von Lager 3 bis 4 noch Fixseile anzubringen, was uns alle Kraft und Zeit gekostet hat.

Abstieg

Abstieg

Das Bild der verschiedenen Aufstiegswege, das Alex veröffentlicht hat, zeigt, dass du dich kurz unterhalb des Gipfels von Simones und Alex‘ Route entfernt und seitlich gequert hast. Warum?

Ich wollte versuchen, dem Wind auszustellen, vergeblich. Meine Füße waren schon wieder so kalt, und ich wollte die Batterien in meinem Sohlen-Heizsystem austauschen. Ich hatte keine Chance, es war zu kalt, und ich traute mich nicht meine Fäustlinge auszuziehen.

In welchem Zustand hast du am Abend Lager 4 erreicht?

Ich war fertig, hatte Schüttelfrost die ganze Nacht. Die Schrecksekunden bei meinem Sturz haben mir nochmal einiges an Energie und Nerven gekostet.

Erfolgsteam Tamara, Simone, Alex und Ali (v.r.n.l.)

Erfolgsteam Tamara, Simone, Alex und Ali (v.r.n.l.)

Mit welchem Gefühl kehrst du vom Nanga Parbat nach Südtirol zurück, was nimmst du an Erfahrungen mit?

Es war ein Traum. Alles kam so, wie es kommen sollte. In den drei Monaten hat sich wahnsinnig viel getan. Nach der Abreise von Daniele Nardi fühlten wir uns alle frei. Es ist nicht so, dass ich ihn nicht ausstehen kann, im Gegenteil, aber im ganzen Basislager war eine fehlende Harmonie, die einfach nur zum Kotzen war, und das hat mich fertig gemacht. Ich muss frei sein im Kopf, wenn ich so was machen will. Anschließend war das Team perfekt, alle vier gleichwertig, das Wetter gut. Und dann war nur noch Ruhe von uns gefragt. Ich gönne es meinem Team, ich weiß, was wir dafür gegeben haben. Und ich bin auch sehr stolz auf mich, dass ich den Mut hatte, auf meinen Bauch zu hören. Ich sehe es als Geschenk, so etwas in mir zu tragen, und ich werde es hüten und beschützen wie einen Schatz, damit es mir immer und immer wieder den richtigen Weg zeigt, meinen Weg.

Simone hat angekündigt, dass er dem Winterbergsteigen an den Achttausendern adieu sagt. Wie sieht es bei dir aus?

Ich kann dazu noch nichts sagen. 😉

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Ein Stück Bergsteiger-Geschichte am Nanga Parbat https://blogs.dw.com/abenteuersport/ein-stueck-bergsteiger-geschichte/ Sun, 28 Feb 2016 20:10:11 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=31993 Erfolgsteam: Alex, Tamara, Simone, Ali (v.l.)

Erfolgsteam: Alex, Tamara, Simone, Ali (v.l.)

Der Nanga Parbat wird bald wieder ungestört Winterschlaf halten können. Nachdem der 8125 Meter hohe Berg in Pakistan in den vergangenen Wintern zunehmend zum Objekt der Begierde von Profibergsteigern aus aller Welt wurde, dürfte nun an dem Achttausender in der kalten Jahreszeit Ruhe einkehren. Ein weiteres der „letzten großen Probleme“ des Bergsteigens ist gelöst, nachdem dem Italiener Simone Moro, dem Spanier Alex Txikon und dem Pakistaner Muhammad Ali am Freitag die erste Winterbesteigung des Nanga Parbat gelungen ist. Ali stieg über felsiges Terrain zum höchsten Punkt, die anderen beiden über eine vereiste Rinne. Die Vierte im Bunde, die Südtirolerin Tamara Lunger, kehrte rund 100 Meter unterhalb des Gipfels um. Auch sie wählte im Gipfelbereich einen anderen Weg als Simone und Alex. Die 29-Jährige war schließlich am Ende ihrer Kräfte, nachdem sie sich schon am Morgen des Gipfeltags hatte übergeben müssen.

Auch der Abstieg ein Kraftakt

Ali (l.) und Alex (r.) auf dem Gipfel

Ali (l.) und Alex (r.) auf dem Gipfel

Der Weg von Lager 4 auf etwa 7100 Metern zum Gipfel sei „sehr hart und lang“ gewesen, sagte Alex Txikon. Das Gipfeltrapez habe sich als „steiler als erwartet“ erwiesen und als „wirklich eisig“. Nach einer weiteren Nacht im letzten Hochlager stiegen die vier Bergsteiger in einem Rutsch bis ins Basislager auf 4300 Metern ab – auch das ein Kraftakt.
Das Viererteam, das sich erst gewissermaßen auf der Zielgeraden zusammengefunden hatte, schrieb Bergsteiger-Geschichte. Insgesamt mehr als 30 Expeditionen hatten sich in den letzten Jahrzehnten am Nanga Parbat im Winter die Zähne ausgebissen. Damit ist nun auch der 13. von 14 Achttausendern in der kalten Jahreszeit bestiegen. Nur der K 2, mit 8611 Metern der zweithöchste Berg der Erde, hat noch eine weiße Winterweste.

Erste große Wintererfolge für Ali und Txikon

Die unterschiedlichen Aufstiegswege

Die unterschiedlichen Aufstiegswege

Der 40-jährige Muhammad Ali, nach seinem Heimatort auch Ali „Sadpara“ genannt, ist der erste Pakistaner, dem eine Winterbesteigung eines Achttausenders gelungen ist. Für den 34 Jahre alten Alex Txikon war der Nanga Parbat bereits Nummer elf in seiner Achttausender-Sammlung und sein erster großer Winter-Erfolg. 2011 und 2012 hatte sich Alex im Winter vergeblich am Gasherbrum I versucht. Beim zweiten Anlauf waren seine Mitstreiter, der Österreicher Gerfried Göschl, der Schweizer Cedric Hählen und der Pakistaner Nisar Hussain während eines Gipfelversuchs spurlos verschwundenIm Winter 2015 hatte Txikon gemeinsam mit Muhammad Ali und dem Italiener Daniele Nardi am Nanga Parbat eine Höhe von 7850 Metern erreicht. Nardi gehörte auch in diesem Winter zum Team, reiste aber – wie berichtet – im Streit ab.

König der Winterbergsteiger

Ali (l.) und Simone (r.) am höchsten Punkt

Ali (l.) und Simone (r.) am höchsten Punkt

Simone Moro ist der König der Winter-Höhenbergsteiger. Der 48-Jährige kann seine bereits vierte Wintererstbesteigung eines Achttausenders feiern. Vor seinem Coup am Nanga Parbat war dem Italiener dieses Kunststück bereits an der Shishapangma (2005), am Makalu (2009) und am Gasherbrum II (2011) gelungen. „Wenn du dich im Winter an irgendeinem Berg im Himalaya versuchst, fühlst du dich nicht einfach nur als Bergsteiger, sondern wie ein Entdecker“, sagte mir Moro einmal in einem Interview. „Du kletterst nicht nur, du betrittst Neuland. Das ist Alpinismus pur, wie in früheren Zeiten.“

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Eilmeldung: Erste Winterbesteigung des Nanga Parbat https://blogs.dw.com/abenteuersport/erste-winterbesteigung-nanga-parbat/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/erste-winterbesteigung-nanga-parbat/#comments Fri, 26 Feb 2016 11:19:16 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=31969 Gipfel des Nanga Parbat, heute morgen vom Basislager aus

Gipfel des Nanga Parbat, heute morgen vom Basislager aus

Sie haben es geschafft! Der Spanier Alex Txikon, der Pakistaner Ali Sadpara und der Italiener Simone Moro haben Geschichte geschreiben. Ihnen gelang die erste Winterbesteigung des Nanga Parbat. „15.37 Uhr (pakistanischer Zeit). GIPFEL! Wir haben gerade die Bestätigung per Funk erhalten: Alex Txikon, Ali Sadpara and Simone Moro haben erstmals im Winter den Gipfel des Nanga Parbat erreicht. Tamara Lunger stoppte einige Meter unterhalb. Sie werden die Nacht in Lager 4 (7200 Meter) verbringen und morgen zurück im Basislager sein“, schreibt Igune Mariezkurrena aus dem Basislager auf der Diamir Seite des Bergs. Herzlichen Glückwunsch an alle zu dieser tollen Leistung und einen sicheren Abstieg! Mehr als zwei Dutzend Expeditionen hatten sich in den letzten Jahrzehnten an dieser Aufgabe die Zähne ausgebissen.

Ali, Alex, Simone und Tamara (v.l.n.r.)

Ali, Alex, Simone und Tamara (v.l.n.r.)

Für Simone war es bereits die vierte Wintererstbesteigung eines Achttausenders. Vor dem heutigen Erfolg am Nanga Parbat war ihm dieses Kunststück bereits an der Shishapangma (2005), am Makalu (2009) und am Gasherbrum II (2011) gelungen. Jetzt ist der K 2, der zweithöchste Berg der Erde, der einzige Achttausender, der bisher noch nie im Winter bestiegen wurde.

Update 16.45 Uhr MEZ: Alex, Ali, Simone und Tamara sind wohlbehalten in Lager 4 auf ca. 7100 Metern eingetroffen. Hoffentlich wartet dort ein Gipfelschnaps auf sie. 😉 Den hätten sie sich redlich verdient!

Update 27.2.: Die vier Bergsteiger sind wohlbehalten im Basislager angekommen. Das macht den Gipfelerfolg am Nanga Parbat erst vollständig. „Sie sind sehr müde, aber auch sehr glücklich! Jetzt brauchen sie Schlaf um sich zu erholen und neue Kraft zu schöpfen“, lässt Tamara über Facebook mitteilen. Offenbar ist sie auf einer Höhe von etwa 8000 Metern umgekehrt. Nichtsdestoweniger eine beachtliche Leistung, Tamara! Ein Teil des Erfolgs gehört dir.

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https://blogs.dw.com/abenteuersport/erste-winterbesteigung-nanga-parbat/feed/ 1
Gipfelvorstoß am Freitag https://blogs.dw.com/abenteuersport/gipfelvorstoss-am-freitag/ Thu, 25 Feb 2016 16:51:08 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=31961 Lager 4 in der Bazhin-Mulde

Lager 4 in der Bazhin-Mulde

Showdown am Nanga Parbat! Das internationale Bergsteiger-Team auf der Diamir-Seite des Bergs hat Lager 4 erreicht, auf etwa 7100 Metern, in der Bazhin-Mulde, einem großen Gletscherkessel unterhalb des Gipfeltrapezes. Morgen früh wollen der Spanier Alex Txikon, der Pakistaner Ali Sadpara, der Italiener Simone Moro und die Südtirolerin Tamara Lunger zu ihrem Gipfelvorstoß aufbrechen, um die erste Winterbesteigung des 8125 Meter hohen Bergs in Pakistan zu vollenden – obwohl der Wind im Gipfelbereich wahrscheinlich erst Freitagnacht abflauen wird.  „Optimale Windbedingungen werden für den späten Abend des 26. und den ganzen 27. Februar erwartet. Bis dahin zu warten, würde jedoch eine Extra-Nacht in Lager 4 auf über 7000 Metern bedeuten“, schreibt Igone Mariezkurrena aus dem Basislager. “Obwohl der Wind heute Nacht und auch morgen früh mit 35 Stundenkilometern aus Nordwesten blasen wird (deshalb bietet das Gipfeltrapez keinen Schutz), haben sich die vier Teammitglieder entschlossen, zwischen 5.30 und 6 Uhr (Ortszeit) Richtung Gipfel zu starten, um sich nicht extrem niedrigen Temperaturen auszusetzen.“ Hals und Beinbruch – und viel Glück!

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Am Freitag zum Gipfel des Nanga Parbat? https://blogs.dw.com/abenteuersport/am-freitag-zum-gipfel-des-nanga-parbat/ Wed, 24 Feb 2016 11:25:28 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=31951 Zum Greifen nahe? Noch gut 1400 Höhenmeter entfernt

Zum Greifen nahe? Noch gut 1400 Höhenmeter entfernt

Der Nanga-Zug rollt wieder. Nachdem sie wegen starken Windes einen Tag in Lager 2 auf 6100 Metern festgesessen hatten, stiegen der Spanier Alex Txikon, der Pakistaner Ali Sadpara, der Italiener Simone Moro und die Südtirolerin Tamara Lunger heute auf der Kinshofer-Route – der Normalroute auf der Diamir-Seite des Nanga Parbat – nach Lager 3 auf 6700 Metern auf. „Der Gipfel sieht von hier schon richtig nahe aus“, funkte Simone ins Basislager.  Am Donnerstag will das Quartett das letzte geplante Hochlager auf 7200 Metern erreichen. Wenn alles passt, planen die vier Bergsteiger dann für Freitag ihren Gipfelversuch.

Es ist angerichtet

Die Wetterprognose ist günstig. Für Freitag und auch Samstag wird ruhiges Winterwetter erwartet: klare Sicht, keine Niederschläge, wenig Wind. Von daher wäre eigentlich alles angerichtet für die erste Winterbesteigung des 8125 Meter hohen Bergs in Pakistan. Doch noch fehlen dem internationalen Team gut 1400 Meter bis zum höchsten Punkt. Ein weiter und harter Weg. Nicht umsonst sind bisher schon mehr als zwei Dutzend Versuche gescheitert, den Nanga Parbat im Winter zu besteigen. Also, Daumen drücken!

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Nächster Gipfelversuch am Nanga Parbat https://blogs.dw.com/abenteuersport/naechster-gipfelversuch-am-nanga-parbat/ Mon, 22 Feb 2016 15:06:11 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=31933 Aufbruch zum Gipfelversuch: Ali, Alex, Tamara und Simone (v.l.)

Aufbruch zum Gipfelversuch: Ali, Alex, Tamara und Simone (v.l.)

Das Wetterfenster am Nanga Parbat öffnet sich. „Es sieht aus, als ob das Fenster da wäre, das gute, das definitive“, schreibt Igone Mariezkurrena aus dem Basislager auf der Diamirseite des 8125 Meter hohen Bergs in Pakistan. „Wenn alles gut läuft und ihre Körper mitspielen, könnte es Alex Txikon, Ali Sadpara, Simone Moro und Tamara Lunger eine Chance für die erste Winterbesteigung des Nanga Parbat eröffnen.“ Das Quartett ist heute vom Basislager aus auf der Kinshofer-Route direkt bis Lager zwei auf 6100 Metern aufgestiegen.

Sturm soll abflauen

Nach drei Schlechtwetter-Wochen im Basislager, in denen die Bergsteiger mehr oder weniger zur Tatenlosigkeit verdammt waren, erwarten die Wetterfrösche für den Nanga Parbat bis zum Wochenende stabiles Winterwetter ohne weitere Niederschläge. Ab Mittwoch soll der starke Wind im Gipfelbereich abflauen. Alex, Ali, Simone und Tamara hoffen, dass der Sturm den größten Teil des Neuschnees aus den oberen Bereichen der Route geweht hat. In den vergangenen Tagen waren zudem häufig Lawinen (s. Video) abgegangen. Gewissheit werden die Bergsteiger jedoch erst bei ihrem Aufstieg erhalten. Dasselbe gilt für die Frage, wie gut die vier Gipfelaspiranten noch akklimatisiert sind.

Ab nach Hause

Andere Anwärter gibt es nicht mehr am Nanga Parbat. Tomek Mackiewicz hat in der vergangenen Woche (in der ich mich nebenbei bemerkt – absolut offline – beim Skifahren in Tirol ausgetobt habe) seinen Plan aufgegeben, zum Basislager zurückzukehren und einen weiteren Gipfelversuch zu wagen. Der Pole, für den bei einer Geldsammelaktion umgerechnet fast 6000 Euro zusammengekommen waren, befindet sich inzwischen auf der Rückreise. Auch die in Brasilien geborene US-Amerikanerin Cleo Weidlich hat sich angeblich entschlossen, ihre Zelte auf der Rupalseite des Bergs abzubrechen, nachdem zwei ihrer drei nepalesischen Climbing Sherpas die Expedition verlassen haben. Über die Gründe lässt sich nur spekulieren. Cleo, Pema Tshiring Sherpa, Temba Bhote und Dawa Sangay Sherpa waren erst Ende Januar am Nanga Parbat eingetroffen. Kurz darauf hatte die Schlechtwetterperiode eingesetzt, während der Weidlich und die drei Sherpas – wie die Bergsteiger auf der Diamirseite – wohl kaum das Basislager verlassen haben dürften.

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