Dawa Steven Sherpa – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Moniz/Benegas: Doch noch Everest-Gipfelerfolg https://blogs.dw.com/abenteuersport/monizbenegas-doch-noch-everest-gipfelerfolg/ Sun, 20 May 2018 14:32:06 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=40833

Willie Benegas (l.) und Matt Moniz (r.)

Ende gut, alles gut. Heute erreichten der 20 Jahre alte US-Amerikaner Matt Moniz und sein Mentor, der 49 Jahre alte Argentinier Willie Benegas, den 8850 Meter hohen Gipfel des Mount Everest. „4.59 Uhr, Gipfel! Wir stehen auf dem Dach der Welt“, twitterte Matt. Am Mittwoch wollen die beiden auch noch den benachbarten Lhotse besteigen, den mit 8516 Metern vierthöchsten Berg der Erde. Wie berichtet, hatte das nepalesische Tourismusministerium zwischenzeitlich erwogen, Moniz und Benegas ihr Permit zu entziehen. Der Grund: Sie waren während eines Akklimatisierungsanstiegs mit Skiern die Lhotseflanke abgefahren – ohne ein so genanntes „Ski-Permit“ zu besitzen. Von dessen Existenz wussten jedoch nur wenige Eingeweihte. Nachdem sich auch rund 150 Climbing Sherpas in einem offenen Brief an das Tourismusministerium für Matt und Willie stark gemacht hatten, lenkten die Verantwortlichen ein und bewerteten das Vergehen als „sehr unschuldig begangenen Fehler“. Der Weg für den heutigen Everest-Gipfelversuch war frei.

Bulgare stirbt in Lager 3

R.I.P.

Seit dem ersten Gipfelerfolg der Saison am 13. Mai wurden inzwischen, Nord- und Südseite zusammengerechnet, knapp 500 Besteigungen gezählt. Derweil gab es am Everest einen weiteren Todesfall. Ein 62 Jahre alter Mazedonier kollabierte in Lager 3 und verstarb. Es war der fünfte Todesfall in dieser Saison an den Achttausendern.

Weitere Gipfelerfolge am Kangchendzönga

Kangchendzönga

Am 8586 Meter hohen Kangchendzönga erreichten heute mindestens elf Bergsteiger den höchsten Punkt. Das Team des Veranstalters „Asian Trekking“ wurde von Dawa Steven Sherpa angeführt. Am vergangenen Mittwoch hatten – wie berichtet – bereits fünf Bergsteiger auf dem dritthöchsten Berg der Erde gestanden, darunter auch der Deutsche Herbert Hellmuth. Maya Sherpa, die versucht hatte, als erste nepalesische Frau den Kangchendzönga zu besteigen, musste auf einer Höhe von rund 8500 Metern umkehren. Sie sei zu spät dran gewesen, zu müde und dann sei ihr auch noch der Flaschensauerstoff ausgegangen, berichtete die 40-Jährige auf Facebook.

Die drei höchsten Berge Nepals in einer Saison?

Nima Jangmu Sherpa (r.) und Mingma Gyalje Sherpa (l.)

In den nächsten Tagen versucht sich auch Nima Jangmu Sherpa am Kangchendzönga. Die 27-Jährige will gemeinsam mit Mingma Gyalje Sherpa, Chef des Veranstalters „Imagine“ aufsteigen. Gelangt sie bis zum Gipfel, hätte sie das Kunststück fertig gebracht, innerhalb einer Saison die drei höchsten Berge Nepals und damit drei der vier höchsten Gipfel der Welt bestiegen zu haben. Am 29. April hatte Nima Jangmu auf dem Lhotse gestanden, am 14. Mai auf dem Mount Everest.

Soria bricht Zelte am Dhaulagiri ab

Der spanische „Oldie“ Carlos Soria hat seine Dhaulagiri-Expedition für beendet erklärt. Der 79-Jährige war mit seinem Team bis auf eine Höhe von 7250 Metern aufgestiegen. Starker Wind hatte einen weiteren Aufstieg verhindert. Carlos will sich im Herbst an der Shishapangma versuchen, die ihm neben dem Dhaulagiri noch in seiner Achttausender-Sammlung fehlt. Für das Frühjahr 2019 plant Soria bereits seinen nächsten Versuch am Dhaulagiri. Es wäre sein zehnter.

Update 21. Mai: Matt Moniz und Willie Benegas erreichten auch den Gipfel des Lhotse, einen Tag nachdem sie auf dem Mount Everest gestanden hatten.

]]>
Dawa Steven Sherpa: „Es gibt eine Menge Druck“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/dawa-steven-sherpa-es-gibt-eine-menge-druck/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/dawa-steven-sherpa-es-gibt-eine-menge-druck/#comments Wed, 30 Mar 2016 08:38:26 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=32225 Dawa Steven Sherpa

Dawa Steven Sherpa

Eine 15 Meter hohe Kletterwand mitten im wuseligen Touristenviertel Thamel in Kathmandu, wer hätte das gedacht? „Die Wand ist der Kindergarten des Klettersports in Nepal“, erzählt mir Dawa Steven Sherpa. „Alle jungen ambitionierten Sherpa-Kletterer haben hier trainiert.“ Ich treffe den 32-Jährigen im Büro von „Asian Trekking“. Zusammen mit seinem Vater Ang Tshering Sherpa leitet Dawa Steven den führenden Expeditionsveranstalter Nepals. Ich spreche mit ihm über die anstehende Frühjahrssaison am Mount Everest – nach dem Lawinenunglück 2014 im Khumbu-Eisbruch mit 16 Toten und dem Erdbeben 2015, das eine Lawine am Siebentausender Pumori auslöste, die das Everest-Basislager traf und 19 Menschen in den Tod riss.

Dawa Steven, Asian Trekking bietet auch in diesem Frühjahr eine Öko-Everest-Expedition an. Wird sie stattfinden?

Ja, wir werden am 6. April von Kathmandu aus starten. Bisher haben wir 14 ausländische Mitglieder und 21 Sherpas, aber diese Zahl wird sich bis Ende des Monats noch ändern.

Stellst du eine niedrigere Nachfrage in diesem Jahr fest?

Es gibt keine niedrigere Nachfrage nach dem Everest, aber es sind diesmal dieselben Leute wie 2015 und 2014, die jetzt zurückkehren. Die große Frage stellt sich nicht in diesem, sondern im nächsten Jahr: Wird es dann immer noch eine so große Expedition geben?

Die Everest.-Südwestwand

Die Everest-Südwestwand

Wir hatten zwei Jahre mit Lawinenunglücken und ohne Gipfelerfolge von der Südseite des Everest aus. Was erwartest du von dieser Frühjahrssaison?

Naturkatastrophen lassen sich nicht voraussagen. Aber was die Stimmung angeht, spüren alle, die Bergsteiger, die Sherpas und auch die Expeditionsveranstalter, dass es einfach ein gutes Jahr werden muss, egal wie wir es anstellen. Drei Jahre in Serie würden der Tourismusbranche und dem Ruf des Everest dauerhaft schaden und damit auch der lokalen und nationalen Wirtschaft. Deshalb spürt man eine große Entschlossenheit. Die Expeditionen müssen erfolgreich sein, egal wie. Alle stehen in diesem Jahr unter großem Druck.

Dawa Steven Sherpa: Viel Druck in diesem Jahr

In dem Sinne, dass diese Saison über die Zukunft des Everest-Bergsteigens auf der nepalesischen Seite entscheidet?

Ich denke, dass schon jetzt viele Kunden, die in den letzten beiden Jahren in Nepal waren, für sich entschieden haben, dass China für sie sicherer ist. Viele Leute denken, dass die Nordseite weniger Gefahren birgt als die Südseite. Aber das ist nur eine Meinung. Die chinesische Seite hat ihre eigenen Herausforderungen, beispielsweise dass die Bergsteiger länger der großen Höhe ausgesetzt sind.

Die nepalesische Regierung hat die Gültigkeit der Permits, also der Besteigungsgenehmigungen von 2015 um zwei Jahre verlängert. Die Entscheidung fiel ziemlich spät – wie gewohnt?

Wie gewohnt. Das hat uns nicht überrascht. 2014 waren wir noch wirklich besorgt und auch gestresst, weil sich die Regierung so viel Zeit für ihre Entscheidung zu den Everest-Permits nahm. In diesem Jahr hatten wir schon diese Erfahrung von 2014 gemacht. Ich sagte zu meinen Kunden: „Macht euch keine Sorgen, die nepalesische Regierung macht ihre Arbeit immer erst auf die letzte Minute.“ Das ist nicht wie in Europa oder Amerika. Dinge werden nicht zeitig geregelt, sondern erst, wenn sie unbedingt erledigt werden müssen.

Dawa-Steven-Sherpa-IIWie steht es mit den angekündigten neuen Regeln für das Everest-Bergsteigen wie Alterslimits, keine Permits mehr für schwerbehinderte Bergsteiger und so weiter? Werden diese Regeln kommen?

Sie werden nicht kommen, zumindest nicht jetzt. Ich denke, es ist wichtig, Kriterien zu haben, Auswahlprozesse, wer am Berg unterwegs sein soll, nicht nur für Bergsteiger, sondern auch für Veranstalter, Bergführer und Sherpas. Aber die Regeln, die du erwähnst, das war nur eine Äußerung des Tourismusministers bei einer öffentlichen Veranstaltung, ohne gesetzlichen Hintergrund. Es gab keinen Schriftsatz, es folgte auch nichts darauf. Aber die Medien griffen die Äußerung auf, und sie schadete dem Ruf Nepals als Ziel für Bergsteiger sehr.

Dawa Steven Sherpa zu den neuen Everest-Regeln

Meiner Ansicht nach ist es ein falsches Kriterium zu sagen, dass eine behinderte Person nicht klettern darf. Ich finde, das ist Diskriminierung. Ich kenne viele Behinderte, die bessere Kletterer sind, als ich es bin. Und dann gibt es auch noch die Diskriminierung bezüglich des Alters. Alter ist doch kein Faktor. Ich verstehe, dass man Minderjährige nicht zum Klettern anhalten sollte. Kinder sollten nicht einer gefährlichen Umgebung ausgesetzt werden. Aber es ist falsch zu sagen, dass ein 60-, 70- oder 80-Jähriger generell nicht leistungsfähig sei. Es gibt Leute in ihren Sechzigern, die sind fitter als ich. Solange ein Arzt ihnen bescheinigt, dass sie fit genug sind, um auf den Berg zu steigen, wäre das doch eine gute Grundlage, ihnen das Klettern zu erlauben.

Aber auch der nepalesische Bergsteigerverband NMA fordert strengere Regeln für den Everest. Denkst du, dass es wichtig ist einzugreifen, damit nicht die falschen Leute am Berg unterwegs sind?

Es gibt definitiv die Notwendigkeit zu regulieren, wer auf den Berg geht. Aber gleichzeitig müssen wir es sehr vorsichtig angehen, weil es eine wirtschaftliche Angelegenheit ist und so viele Jobs dranhängen. Um es sicherer zu machen, muss man sich vor allem auf die Bergsteiger fokussieren. Es sollten bessere Kletterer sein. Aber nach meiner eigenen Erfahrung sind es in der Regel nicht einmal die Amateure, sondern vielmehr die erfahrenen Bergsteiger, die in Schwierigkeiten geraten. Sie kennen den Berg nicht, viele kommen aus den Alpen und den Anden und kennen sich nicht wirklich mit großer Höhe aus. Sie wählen preisgünstige Anbieter und suchen nicht nach leistungsfähigen Sherpas, die sie unterstützen könnten. Im Gegensatz zu einer Felskletterei oder einem niedrigen Gipfel ist der Everest jedoch eine richtige Expedition. Er erfordert ganz unterschiedliche Fertigkeiten, logistischer Art, beim Bergführen, natürlich auch beim Klettern. Die Mischung dieser Fähigkeiten muss stimmen.

Viel Verkehr auf der Normalroute

Viel Verkehr auf der Normalroute

Aber Amateurbergsteiger sind häufig sehr langsam und verantwortlich für die Staus an den Schlüsselstellen der Route.

Amateurbergsteiger können langsam sein, aber das kann genauso für die Erfahrenen gelten, denn es nicht die technische Schwierigkeit des Everest, die die Leute langsam macht, sondern die Höhe. Du kannst ein fantastischer Felskletterer oder ein fantastischer Bergsteiger aus den Schweizer Alpen sein. In dem Augenblick, in dem du die 8000 Meter knackst, arbeitet dein Körper nicht mehr wie gewohnt. Deshalb ist es nicht notwendigerweise richtig zu sagen, dass die Amateurbergsteiger diejenigen sind, die die anderen ausbremsen. Aber natürlich stimmt es, dass du die Leute ausbremst, wenn dir die technischen Fertigkeiten fehlen und du dazu noch Schwierigkeiten mit der Höhe hast.

Die zweite Sache ist das Management am Berg. Staus passieren, wenn zu viele Leute zur selben Zeit an derselben Stelle unterwegs sind. Gründe sind schlechtes Management von der Regierungsseite und schlechte Koordination zwischen den Teams. Zunächst einmal müssen wir uns die Wettervorhersagen anschauen. Wie viele Wetterfenster werden wir im Mai haben, vielleicht fünf, vier oder auch nur zwei? Entsprechend können sich die Leute aufteilen. Wetterfenster dauern zwischen zwei und manchmal sogar fünf Tagen. Es müssen also nicht alle Leute am gleichen Tag starten, sie können es zeitversetzt tun. So kann das Ganze gemanagt werden. An einem schönen Sommertag stehen mehr Menschen auf dem Mont Blanc als auf dem Everest im ganzen Jahr. Es wird einen Punkt geben, an dem wir sagen müssen, es sind zu viele Leute. Aber diesen Punkt haben wir meiner Meinung nach noch nicht erreicht. Lass uns erst einmal diese Leute und ihre Gipfelaufstiege managen und erst dann über Quoten oder ähnliches reden!

Basislager zu Füßen des Mount Everest

Basislager zu Füßen des Mount Everest

Einige westliche Veranstalter haben angekündigt, dass sie keine Everest-Expeditionen mehr anbieten wollen, weil sich der Konkurrenzkampf mit den nepalesischen Anbietern zu einem regelrechten Preiskrieg entwickelt hat. Kannst du sie verstehen?

Absolut. Aber dieser Wettbewerb kommt ja nicht nur von den nepalesischen, sondern auch von den internationalen Veranstaltern selbst. Es gibt viele nepalesische Unternehmen, die billigere Angebote machen. In der Vergangenheit hatten sie gar nicht die Möglichkeit, Expeditionen zu organisieren und zu leiten. Inzwischen haben wir sie. Jetzt haben wir nepalesische Bergsteiger, die Bergführer mit internationalen Zertifikaten sind. Es gibt Unternehmen, sie sehr leistungsfähig sind, die dieselbe Infrastruktur, dasselbe Kapital und Personal haben wie die westlichen Veranstalter. Dazu sind sie auch noch vor Ort, ihre Fixkosten sind niedriger, und deshalb können sie günstigere Preise anbieten.

Die westlichen Veranstalter verlieren also die Kunden, die auf den Preis gucken, an diese Unternehmen. Gleichzeitig gibt es immer noch viele ausländische Bergsteiger, die ihren Seelenfrieden finden und zufriedener sind, wenn sie mit einem Anbieter aus dem eigenen Land unterwegs sind. Diese Leute kümmern sich nicht so um den Preis und suchen eher nach internationalen Veranstaltern, die teurer sind, aber einen besseren Ruf haben. Es wird also so kommen, dass die internationalen Anbieter aus dem preislichen Mittelfeld ihre preisbewussten Kunden an die nepalesischen Unternehmen verlieren und die eher teuer orientierten an die hochpreisigen internationalen Veranstalter. Das ist der Grund, warum sie nicht mehr mithalten können.

Würdest du sagen, dass eine neue Ära bevorsteht, in der nur noch nepalesische Veranstalter Everest-Expeditionen abwickeln?

Ja, diese Ära wird kommen, aber es gibt immer noch eine Nische für internationale Wettbewerber. Nur die Besten werden überleben. Letztendlich werden die nepalesischen Veranstalter die westlichen überholen, weil sie von Jahr zu Jahr besser werden. Das kann in fünf Jahren geschehen oder in zehn. Das bedeutet aber nicht, dass die internationalen Veranstalter bedeutungslos werden. Wir sehen schon jetzt, dass westliche Unternehmen, die ihre Expeditionen in Nepal bisher gewöhnlich selbst organisierten, jetzt ihre Kunden zu nepalesischen Anbietern schicken. Sie übernehmen nur noch das Marketing, die nepalesischen Unternehmen wickeln die Expeditionen ab. Das Geschäft ändert sich ständig. Wenn du dich nicht anpasst, wirst du nicht überleben.

Dawa Steven Sherpa: Vor einer neuen Ära

Einige Experten erwarten, dass es bald nur noch High-End-Expeditionen auf der einen und Discount-Expeditionen auf der anderen Seite geben wird und nichts mehr dazwischen. Teilst du diese Einschätzung?

Nein, das glaube ich nicht. Es kommt auf das ganze Spektrum an. Wenn ein Profibergsteiger zu uns kommt und sagt, er brauche nur einen Koch und ein Zelt im Basislager, alles andere werde er selbst machen, dann organisiere ich seine Expedition dementsprechend. Wenn ein reicher Anwalt aus Hongkong aufschlägt, der drei Sherpas haben will, keinen Rucksack tragen möchte und will, dass alles für ihn getan wird, kann ich ihm auch weiterhelfen. Aber die meisten Leute bewegen sich irgendwo dazwischen. Ich denke, es wird immer die ganze Bandbreite geben. In der Vergangenheit haben die Nepalesen den Niedrigpreis-Bereich abgedeckt. In der Mitte und an der Spitze der Preisskala standen die westlichen Veranstalter. Jetzt haben die Nepalesen das untere und das Mittelfeld übernommen, und nur noch die teureren Expeditionen werden von westlichen Unternehmen angeboten. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Nepalesen auch diesen Bereich übernehmen werden.

Was hältst du von diesen Luxus-Expeditionen: Akklimatisierung in Sauerstoffzelten in niedrigeren Bereichen, Flug mit dem Helikopter ins Basislager, nur Lebensmittel aus westlichen Ländern, ein Kunde, ein Sherpa und so weiter? Kannst du mit dieser Art Expedition leben?

Absolut. Ich denke, es ist für alles Platz. Wenn wir über die Philosophie des Bergsteigens reden, ist das große Problem, dass wir es meistens aus einer westlichen Perspektive tun, in der Bergsteigen eine Freizeitbeschäftigung ist, eine philosophische Übung. Die Leute reden über die richtige oder falsche Art zu klettern. In Nepal aber ist Bergsteigen eine wirtschaftliche Angelegenheit. Jeder Bergsteiger sorgt für Jobs, für Sherpas, Köche, Träger, Bauern. Es ist also ein komplett anderer Ansatz. Warum sollte Nepal das Bergsteigen an Ausländer verkaufen, wenn das Land nicht davon profitiert? Da muss man ganz vorsichtig sein. Sherpas sind schnell dabei zu sagen: Wenn wir keine Jobs mehr am Berg bekommen, warum kommen die Ausländer dann überhaupt hierher und besteigen einfach unsere heiligen Berge? Wenn jemand aus dem Westen sagt, das ist gegen die Philosophie des Bergsteigens, dann ist es vielleicht gegen die westliche Philosophie, aber ist es auch gegen die nepalesische? Das fragt sich niemand.

Dawa Steven Sherpa über die Philosophie des Bergsteigens

]]>
https://blogs.dw.com/abenteuersport/dawa-steven-sherpa-es-gibt-eine-menge-druck/feed/ 5
Dawa Steven Sherpa: „Chancen gehen zur Neige“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/interview-dawa-steven-sherpa-cop21/ Thu, 03 Dec 2015 10:30:08 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=31357 Der Imja Tsho, ein Gletschersee im Everest-Gebiet

Der Imja Tsho, ein Gletschersee im Everest-Gebiet

Es ist fünf vor zwölf, vielleicht sogar später. Die Zeit wird knapp, um den von Menschen verursachten Klimawandel zu bekämpfen. Die Auswirkungen der globalen Erwärmung lassen sich auch im Himalaya nicht mehr verleugen, etwa in Nepal. US- und einheimische Wissenschaftler schlagen Alarm: „Vor allem wegen des Klimawandels sowie der jüngsten Auswirkungen des Erdbebens und der Nachbeben ist Nepal in eine Phase häufig auftretender katastrophaler Ereignisse eingetreten, die sich in den kommenden Jahren auf die Bevölkerung des Landes, ihre Lebensumstände und ihre Lebensgrundlage auswirken wird.“ Die Wissenschaftler hatten die Folgen des verheerenden Erdbebens am 25. April auf die größten und gefährlichsten Gletscherseen in Nepal untersucht.
In diesen Tagen diskutieren Delegierte aus aller Welt in Paris über ein neues Klimaschutzabkommen. Aus diesem Anlass habe ich Dawa Steven Sherpa in Kathmandu angerufen. Zusammen mit seinem Vater Ang Tshering Sherpa, dem Präsidenten des Nepalesischen Bergsteigerverbands (NMA)  führt der 31-Jährige den Expeditionsveranstalter„Asian Trekking“. Dawa Steven bestieg zweimal den Everest (2007 und 2008) und auch die Achttausender Cho Oyu (2006) und Lhotse (2009). Seit Jahren engagiert er sich für Umwelt- und Klimaschutz, unter anderem ist er Botschafter des WWF für den Klimawandel.

Gefährlicher Khumbu-Eisbruch

Gefährlicher Khumbu-Eisbruch

Dawa Steven, welche Veränderungen durch die globale Erwärmung stellst du in Nepal fest, besonders in der Everest-Region?

Alle Bergregionen Nepals wandeln sich, selbstverständlich auch die Everest-Region. Als Bergsteiger siehst du die Veränderungen. Neue Routen müssen gesucht werden, so wie es in diesem Jahr die „Icefall Doctors“ im Khumbu-Eisbruch gemacht haben. Auch die Gefahrenlage ändert sich. Wir registrieren mehr Steinschlag, weil Schnee und Eis fehlen, die früher dafür gesorgt haben, dass sich Steine und Felsbrocken nicht von den Hängen lösten. Wir notieren ebenfalls mehr Lawinen und Zusammenbrüche von Seracs. Natürlich sind das natürliche Prozesse, die an hohen Bergen einfach vorkommen. Aber sie sind noch nie so häufig aufgetreten und in diesem Umfang.

Worin siehst du die größten Gefahren der Zukunft für die Menschen im Himalaya?

Über die Gefahren für Bergsteiger habe ich ja gerade gesprochen, aber es gibt noch viele, viele andere Probleme. Die Gletscher schmelzen und verwandeln sich in riesige Seen, deren natürliche Dämme zu brechen drohen. Die Wassermassen würden tiefer liegende bewohnte Täler treffen. Das ist eine unmittelbare Auswirkung, aber es gibt auch noch andere. Zum Beispiel ändert sich das Wettergeschehen. Es ist kaum noch möglich vorherzusagen, wann es regnet, wann die Niederschläge aufhören, wie trocken oder kalt es wird. Früher konnte man sich auf gewisse historische Wettermuster verlassen, heute funktioniert das nicht mehr. Deshalb wird es für Menschen, die auf Landwirtschaft angewiesen sind, immer schwerer, nicht nur in den Bergen, auch in den Tälern.
Außerdem können wegen der steigenden Temperaturen immer mehr Insekten in großen Höhen überleben. Es tauchen Schädlinge an Orten auf, an denen man sie früher gar nicht kannte. Auch Mücken und Parasiten werden in immer höheren Lagen angetroffen. Sie zerstören die Ernten und gefährden die Gesundheit.

Dawa Steven Sherpa

Dawa Steven Sherpa

Der Klimawandel hat auch Auswirkungen auf den für Nepals Wirtschaft so wichtigen Tourismus. Im Jahr 2013 etwa blieb der Flughafen Lukla [das Eingangstor für Bergsteiger und Trekking-Touristen ins Khumbu-Gebiet] im Oktober 12 Tage lang geschlossen. Eigentlich ist der Oktober für den Tourismus in Nepal der stärkste Monat. Aber wenn mehr als ein Drittel der Tage wegen des schlechten Wetters für Reisen ausfallen, hat das gravierende Auswirkungen auf die Lebensgrundlage der Menschen vor Ort, auf die Situation der lokalen Wirtschaft – und auch der ganzen Nation. Denn so etwas schadet dem Ruf Nepals als verlässliches und seriöses Urlaubsziel.

Nepal kämpft derzeit mit anderen großen Problemen: den Folgen des verheerenden Erdbebens, Engpässen wegen der Blockade der Grenze zu Indien, dazu gibt es noch eine neue Regierung. Bleibt da im öffentlichen Bewusstsein überhaupt noch Platz für die Problematik des Klimawandels?

Wir müssen zwischen dringenden und wichtigen Bedürfnissen unterscheiden. Im Augenblick gibt es dringendere Bedürfnisse in Nepal, etwa dass die Blockade endlich aufgehoben wird. Vor diesem Hintergrund beschäftigen sich die Menschen selbstverständlich weniger mit den langfristigen Folgen des Klimawandels. Aber ob Klimawandel, Blockade oder Erdbeben, sie alle haben einen direkten Einfluss auf den Lebensunterhalt der Menschen. Nach dem Erdbeben konnten Hunderttausende Menschen nicht in ihre Häuser zurückkehren, weil aufgrund der Blockade keine Hilfe mehr eintrifft und die Bauarbeiten zum Stillstand gekommen sind. Diese Menschen wissen nicht mehr, was sie tun sollen. Sie können nicht auf ihre Felder gehen, weil ihre Ernte zerstört wurde. Es ist nicht einfach schwarz-weiß, hier der Klimawandel, dort das Erdbeben. Am Ende des Tages hängt alles irgendwie zusammen und schränkt die Fähigkeit der Menschen vor Ort ein, für sich selbst zu sorgen.

KlimakonferenzWas erwartest du vom Klimagipfel in Paris?

Ich hoffe, dass nicht nur die mächtigen, sondern alle Nationen eine Vereinbarung treffen, um den Kohlendioxid-Ausstoß so weit zu reduzieren, dass die globale Erwärmung deutlich unter zwei Grad Celsius gehalten werden kann. Außerdem muss das Abkommen rechtsverbindlich sein. Sollte man einem Land nachweisen, dass es sich nicht an die Regeln hält, muss es dafür haften. Es geht hier schließlich nicht nur um unsere, sondern jedermanns Zukunft. Ich hoffe, dass diejenigen, die am Verhandlungstisch sitzen und dann die Papiere unterzeichnen, nicht nur durch die ökonomische Brille blicken. Ich denke, am Ende des Tages, wenn die Erde wirklich beginnen sollte zu kollabieren, sind ökonomische Gründe nur noch ein Witz. Niemand wird dann noch auf diese Entscheidung zurückblicken. Die Delegationen in Paris sollten an künftige Generationen denken und nicht nur an ihre Wirtschaft.

Denkst du, es ist eine der letzten Chancen, weil die Zeit knapp wird?

Die Chancen gehen zur Neige, es wird immer schlimmer. Vielleicht mag es ja in einigen entwickelten, hoch industrialisierten Gebieten der Welt auch Menschen geben, die vom Klimawandel profitieren würden. Aber für die Menschen in Nepal oder in anderen Entwicklungsländern schwinden die Chancen sehr schnell dahin. Sie spüren bereits jetzt die Auswirkungen des Klimawandels.

]]>
Dawa Steven Sherpa: „Ke garne! Wir machen weiter! “ https://blogs.dw.com/abenteuersport/dawa-steven-sherpa-ke-garni-wir-machen-weiter/ Wed, 09 Sep 2015 15:32:55 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=30537 Dawa Steven Sherpa

Dawa Steven Sherpa

Es ist wie verhext. Zwei Frühjahrssaisons am Mount Everest hintereinander blieben ohne Gipfelerfolge (Ich ignoriere dabei die Besteigung durch das Team der Chinesin Wang Jing 2014, bei der sich die Bergsteiger mit dem Hubschrauber ins Hochlager fliegen ließen). 2014 wurden alle kommerziellen Expeditionen vorzeitig abgebrochen, nachdem bei einer Lawine im Khumbu-Eisbruch 16 nepalesische Bergsteiger ums Leben gekommen waren. In diesem Jahr löste das verheerende Erdbeben in Nepal am Siebentausender Pumori eine Lawine aus, die das Everest-Basislager traf und 19 Bergsteiger und Expeditionshelfer tötete. Einmal mehr endete die Frühjahrssaison, bevor sie richtig begonnen hatte. Was bedeutet das für die Sherpas?

Ich habe Dawa Steven Sherpa angerufen. Zusammen mit seinem Vater Ang Tshering Sherpa, dem Präsidenten des Nepalesischen Bergsteigerverbands (NMA)  führt der 31-Jährige in Kathmandu „Asian Trekking“, einen führenden Veranstalter von Expeditionen und Trekkingreisen im Himalaya. Dawa Steven bestieg zweimal den Everest (2007 und 2008) und auch die Achttausender Cho Oyu (2006) und Lhotse (2009). Unter seiner Expeditionsleitung erreichten mehr als 150 Bergsteiger den Gipfel des Everest. Aber Dawa Steven ist auch ein unermüdlicher Kämpfer für Umwelt- und Klimaschutz im Himalaya. Außerdem leitet er „Resilient Homes“, ein Projekt der „Himalayan Climate Initiative“, mit dem Dorfbewohnern im Erdbebengebiet dabei geholfen wird, ihre Häuser und andere Gebäude wieder aufzubauen – ein Grund mehr, um mit ihm über die aktuelle Lage in Nepal zu sprechen.

Südseite des Mount Everest

Südseite des Mount Everest

Dawa Steven, habt ihr in eurem Unternehmen auch eine schwache Nachfrage nach Trekkingreisen und Expeditionen in diesem Herbst registriert?

Ja, wir hatten definitiv eine geringere Nachfrage. Wir hatten zwar keine Stornierungen von Leuten, die schon vor dem Erdbeben gebucht hatten. Aber wir stellten fest, dass es alles in allem weniger Buchungen waren. Ich glaube zum ersten Mal überhaupt haben wir im Herbst keine einzige Expedition. Wir mussten unsere beiden Expeditionen in Tibet absagen, weil die Chinesen für den Herbst keine Permits (Besteigungsgenehmigungen) ausgestellt haben. Wir versuchten, unsere Expeditionen vom Cho Oyu und der Shishapangma zum Manaslu zu verlegen, doch unsere Kunden zeigten kein Interesse daran.

Was bedeutete das für die Sherpa-Berführer, Köche, Küchenhilfen, Träger und auch für die Besitzer der Lodges?

Natürlich sind das keine guten Nachrichten. Wir beschäftigen 62 Sherpas, die von dieser Arbeit abhängig sind. Wenn möglich, geben wir ihnen die Gelegenheit, Trekkingtouren im Everest- oder Annapurna-Gebiet zu führen. Aber damit kann man natürlich nicht genauso viel Geld verdienen wie bei einer Expedition. Das ist für niemanden eine gute Situation.

Rettungsaktion im Everest-Basislager

Rettungsaktion im Everest-Basislager

Wie ist die Stimmung unter den Sherpas nach zwei Everest-Frühlingssaisons mit tödlichen Lawinen, Erdbeben und abgebrochenen Expeditionen?

Nicht gut, wie du dir vorstellen kannst. Die meisten unserer Sherpas sind auch weiterhin bereit, klettern zu gehen. Wir hatten Glück, dass weder im letzten noch in diesem Jahr Sherpas oder Teilnehmer unserer Expeditionen von den Lawinen getroffen wurden. Gott sei Dank gab es keine Toten oder Verletzten in meinem Team. Aber natürlich bekamen unsere Sherpas mit, wie andere Sherpas und Bergsteiger verletzt oder getötet wurden. Viele sind jetzt ein wenig nervös. Die meisten meiner Sherpas sind sehr erfahren. Die Älteren sind emotional stark. Das wirkt positiv auf die jüngeren Sherpas, die erst zum ersten oder zweiten Mal auf Expedition waren. Sie sind deutlich nervöser, wieder in die Berge aufzubrechen, weil sie nur schlimme Erfahrungen gemacht haben. Kein Sherpa kommt zu mir und sagt: „Ich möchte nicht mehr bergsteigen.” Aber ich weiß definitiv, dass einige Sherpas in ihren Familien Druck bekommen, von ihren Frauen, Müttern und Vätern, die sagen: „Hör‘ auf mit dem Bergsteigen, führe doch nur noch Trekkinggruppen!“

Wie ist die finanzielle Lage der Sherpa-Familien nach diesen beiden schlimmen Frühjahren am Everest?

Viele Sherpas wurden sehr hart getroffen, nicht nur weil sie einen Großteil ihres Einkommens eingebüßt haben. Sie müssen auch viel Geld ausgeben, um ihre Häuser nach dem Erdbeben wieder aufzubauen. Glücklicherweise gibt es unter den Sherpas so etwas wie eine starke Kultur des Sparens. Viele von ihnen haben für Zeiten wie diese Geld auf die Seite gelegt. Aus finanzieller Sicht geht es den Sherpas besser als dem Rest Nepals. Sie konnten ihr eigenes Geld nehmen oder sich welches leihen. Die Menschen vertrauen ihnen, weil sie genügend Einkommen haben, um das Geld später wieder zurückzuzahlen. Außerdem haben viele Sherpas direkte Hilfe von früheren Kunden aus dem Ausland erhalten. Insofern sind die Sherpas in einer vergleichsweise glücklichen Lage, weil sie so viel Unterstützung aus aller Welt erhalten.

Seit Mai hat Nepal einen Sherpa als Tourismus-Minister. Ist dadurch die Aufmerksamkeit der Regierung für die Anliegen der Bergbevölkerung größer geworden?

Natürlich ist die Stimmung im Tourismusgewerbe besser geworden, seitdem wir einen Sherpa-Minister haben. Aber er steht vor vielfältigen Herausforderungen, weil er Teil einer politischen Partei ist, die ihre eigenen Prioritäten setzt. Außerdem muss er mit dem bürokratischen Apparat zusammenarbeiten, der seit langem die Dinge auf seine eigene Art regelt. Der Minister hat in kurzer Zeit viele Dinge auf den Weg gebracht, er hat einen guten Blick für die Herausforderungen, vor der das Tourismusgewerbe steht. Einerseits sind wir also zufrieden, andererseits aber auch ein bisschen nervös, weil es Gerüchte über einen neuen Ministerpräsidenten und ein neues Kabinett gibt. Wenn der Posten des Tourismusministers neu besetzt wird, fangen wir wieder bei Null an.

Basislager zu Füßen des Mount Everest

Basislager zu Füßen des Mount Everest

Was ist vor allem nötig, um die Situation im Tourismus zu verbessern?

Zunächst einmal sollte sich die Regierung um die Bedürfnisse der Bergsteiger kümmern, besonders jener, die zum Everest kamen, um neues Vertrauen aufzubauen – dass Nepal nicht einfach nur ihr Geld einkassiert, wie die 11.000 US-Dollar für das Permit. Es sollte nicht der Eindruck an die Bergsteiger und den Rest der Welt vermittelt werden, dass sich Nepal nicht um die Touristen kümmert, die nach Nepal kommen. Nepal muss ganz schnell sagen: „Uns ist klar, es hat ein schweres Erdbeben gegeben, und du musstest deine Expedition abbrechen. Wir werden dein Permit für weitere drei oder fünf Jahre verlängern und keine zusätzlichen Gebühren verlangen.“ Das ist ein Weg, mit dem die Regierung auf einfache Art und Weise Vertrauen zurückgewinnen kann. Die Regierung Nepals hatte im letzten Jahr einen sehr, sehr schlechten Ruf, weil sie nach der Lawine die Situation nicht ernsthaft angegangen ist. Und sie läuft Gefahr, diesen Fehler in diesem Jahr wieder zu machen und noch mehr Image zu verlieren.

Fürchtest du, dass viele Bergsteiger auf die tibetische Nordseite des Everest wechseln?

Ich fürchte es nicht nur, ich weiß, dass viele dorthin wechseln. In diesem Jahr hatte ich zum Beispiel drei Bergsteiger, die auf die Nordseite gingen, nachdem sie im Jahr zuvor auf der Südseite waren. Andere Bergsteiger, die ihre Expeditionen 2014 abbrechen mussten und 2015 nach Nepal zurückkehrten, bitten mich jetzt, sie für nächstes Jahr auf die Tibet-Liste zu setzten. Und ich habe auch einige neue Kunden, die ganz klar zum Ausdruck gebracht haben, dass sie nicht auf die nepalesische, sondern auf die tibetische Seite gehen wollen.

Aber du hast auch immer noch Anfragen für die nepalesische Seite?

Ja, und ich sollte vielleicht sagen, dass ich mehr Anfragen für die nepalesische als die tibetische Seite habe. Aber es fragen heute deutlich mehr Leute nach der chinesischen Seite als früher.

Wie beurteilst du den Medienhype um die Herbst-Expedition des japanischen Bergsteigers Nobukazu Kuriki zum Everest?

Nobukazu wollte ursprünglich auf die tibetische Seite gehen, entschied sich aber für Nepal, weil Tibet geschlossen ist. Ich bin mir nicht sicher, ob er wirklich hergekommen ist, um den Tourismus und das Bergsteigen in Nepal anzukurbeln. Er wollte den Everest so oder so besteigen. Aber es ist schon ein symbolischer Schritt, in einer Zeit, in der die Menschen Angst haben, nach Nepal zu reisen. Ich finde es gut, dass er zurückgekommen ist, um hier bergzusteigen.

Nepal-nowWas würdest du jemand antworten, der dich fragt, ob Nepal jetzt oder im nächsten Frühjahr sicher ist?

Ich würde sagen: „Es ist sicher.” Weil ich selbst in den Bergen war und am 14. dieses Monats auch wieder aufsteigen werde. Meine Freunde sind dort, wir leisten Hilfe. Deshalb wissen wir: Es ist sicher. Ich habe keine Angst vor Gefahren. Dort wo es gefährlich ist, wird es deutlich angezeigt. Die Regierung lässt niemanden in gefährliche Gebiete, etwa im Langtang. Aber der größte Teil Nepals ist sicher.

Bist du optimistisch, dass Nepal wieder auf die Füße kommt?

Ja, früher oder später, weil die Menschen in Nepal eine andere Einstellung haben als die meisten Menschen auf der Welt. Sie haben niemals erwartet, dass ihnen die Regierung hilft. Sie bauten mit eigenen Händen die Häuser, die jetzt zerstört wurden, und sie werden sie auch wieder mit ihren eigenen Händen aufbauen. Möglicherweise greifen ihnen dabei die Regierung oder auch internationale Organisationen ein bisschen unter die Arme, aber die Mehrzahl der Häuser in ganz Nepal wird von den Leuten selbst wieder aufgebaut.

Die Menschen in Nepal sind wirklich pragmatisch. Sie lächeln immer, sie schauen auf die Sonnenseite jeder Situation. In westlichen Ländern ist immer alles durchgeplant und präzise, aber so laufen die Dinge in Nepal nicht. Dort zucken die Leute mit ihren Schultern und sagen: „Ke garne!“ So ist es halt, wo fangen wir an? Diese „Ke garne!“-Haltung ist nach dem Erdbeben ganz wichtig geworden. Die Leute sitzen nicht einfach nur da und klagen: „Alles, was ich gebaut habe, liegt jetzt am Boden, bla, bla, bla.“ Sie sagen einfach: „Wo fangen wir an? So ist halt das Leben. Wir machen weiter!

]]>
Keine Tibet-Expeditionen im Herbst https://blogs.dw.com/abenteuersport/keine-tibet-expeditionen-im-herbst/ Tue, 04 Aug 2015 14:30:45 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=30239 Auf dem Cho Oyu (8188 Meter)

Auf dem Cho Oyu (8188 Meter) in Tibet

China macht Tibet für den Rest des Jahres für Bergsteiger dicht. “Das stimmt”, bestätigt mir Dawa Steven Sherpa vom nepalesischen Expeditionsveranstalters Asian Trekking per Email. „Die chinesischen Behörden haben beschlossen, in diesem Herbst keine Permits (Besteigungsgenehmigungen) auszustellen, weil sie weitere seismische Aktivität in der Region befürchten und deswegen annehmen, dass die Berge in einem gefährlichen Zustand sein könnten.“ Zudem sei die Straße von Kathmandu über Kodari nach Tibet wegen der Schäden durch das verheerende Erdbeben im Frühjahr immer noch gesperrt. „Deshalb wäre es auch nicht möglich, Material und Logistik für die Expeditionen von Nepal nach Tibet zu transportieren“, schreibt Dawa Steven. Die China Tibet Mountaineering Association (CTMA) wolle erst im Frühjahr 2016 wieder Permits für die hohen Berge Tibets ausstellen.

Xi kommt

Die Shishapangma (8027 Meter) in Tibet

Die Shishapangma (8027 Meter) in Tibet

Auch der Schweizer Veranstalter Kari Kobler hat seine ursprünglich für Herbst geplanten Expeditionen zum Cho Oyu und zur Shishapangma aus dem Programm genommen. Neben den Erdbebenschäden an der Straße nach Tibet nennt mir Kari einen weiteren Grund dafür, dass China keine Permits ausstellt: „Der chinesische Staatspräsident besucht Tibet in den ersten zwei September-Wochen.“ Vor 50 Jahren, im September 1965, hatte China das zuvor besetzte Tibet zur „Autonomen Region“ erklärt. Mit einigen Veranstaltungen in Tibet feiert sich die chinesische Regierung selbst. Um mögliche Proteste von Tibetern im Keim zu ersticken, wird es wahrscheinlich ein großes Aufgebot an Sicherheitskräften geben – erst recht, wenn Präsident Xi Jingping persönlich aufkreuzt. Ausländische Augenzeugen waren auch schon bei ähnlichen Anlässen in der Vergangenheit unerwünscht. Dies dürfte der Hauptgrund für die Absage aller Expeditionen sein, wie das Beispiel von International Mountain Guides (IMG) zeigt.  Der US-Veranstalter hatte wegen der Folgen des Bebens in Nepal direkt über die tibetische Hauptstadt Lhasa zum Cho Oyu reisen wollen, erhielt aber unter Hinweis auf die Jubiläumsfeiern in Tibet ebenfalls kein Permit.

Ausweichziel Manaslu

Der Manaslu (8163 Meter) in Nepal

Der Manaslu (8163 Meter) in Nepal

„Aufgrund der derzeit brüchigen politischen Lage in Tibet können wir keinen garantierten Zugang unserer Expeditionen gewährleisten“, teilt auch der neuseeländische Veranstalter Himalayan Experience  mit. Himex hat den Cho Oyu für kommenden Herbst gestrichen und durch eine Expedition zum Manaslu ersetzt. Der achthöchste Berg der Erde ist ein beliebtes Ausweichziel, wenn China die Grenze nach Tibet schließt. Schon im Herbst 2012 waren viele Veranstalter auf den Manaslu ausgewichen. Auch in diesem September und Oktober dürfte es im Basislager zu Füßen des „Bergs der Seele“ eng werden. Viele der westlichen Anbieter, darunter auch der deutsche Veranstalter Amical alpin, machen sich in der anstehenden Nach-Monsun-Zeit mit ihren Kunden auf den Weg zum Manaslu. Die Behörden Nepals haben trotz des Erdbebens im Frühjahr mit fast 9.000 registrierten Toten und über 22.000 Verletzten keine Bedenken, Permits für Achttausender-Expeditionen auszustellen.

]]>
Everest-Shitstorm https://blogs.dw.com/abenteuersport/everest-shitstorm/ Tue, 03 Mar 2015 19:05:23 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=28621 Zeltdorf am Südsattel

Zeltdorf am Südsattel

Der „Herr der Düfte“. So hieß ein Artikel, den ich vor mehr als 20 Jahren einer Zeitschrift anbot, die sich an (werdende und schon) Eltern richtete. Zu jener Zeit wickelten meine Frau und ich gleich drei Kinder. Die Müllmänner drohten einmal sogar damit, unsere mit Windeln prall gefüllte Tonne stehen zu lassen, weil sie nicht nur stank, sondern auch noch sauschwer war. Unter dem Eindruck mehrerer übelriechender Windelladungen schrieb ich eines Tages besagten launigen Artikel über die Leiden eines wickelnden Vaters. Er wurde niemals veröffentlicht. „Lustig, aber zu anrüchig“, antwortete mir der Chefredakteur der Zeitschrift. Mittlerweile scheint die Öffentlichkeit weniger zart benast zu sein. Eine Äußerung von Ang Tshering Sherpa, dem Präsidenten des Nepalesischen Bergsteigerverbands, über das Fäkalien-Problem in den Hochlagern am Mount Everest sorgt jedenfalls derzeit im Internet für einen regelrechten „Shitstorm“.

Die Masse macht‘s

„Gewöhnlich graben die Bergsteiger einfach Löcher in den Schnee, um sich zu erleichtern, und dann lassen sie ihre Fäkalien dort“, sagte Ang Tshering vor Reportern in Kathmandu. Das wäre an sich noch kein Riesenproblem, doch im konkreten Fall Everest wird es durch die Masse zu einem. Schließlich erleichtern sich in einer Frühjahrssaison in den Hochlagern am höchsten Berg der Erde etwa 700 Bergsteiger. Schon auf der Jahrestagung der asiatischen Bergsteigerverbände im November 2014 in Hiroshima hatte Ang Tshering die ungelöste Fäkalienfrage als „eines der größten Probleme an den beliebtesten Bergen“ bezeichnet.

Verschließbare Beutel und Astronauten-Kost

Toilettenzelt (nicht am Everest, sondern am Kokodak Dome)

Toilettenzelt (nicht am Everest, sondern am Kokodak Dome)

„Es ist eine Gefahr für die Gesundheit, das Problem muss angegangen werden“, sagt auch Dawa Steven Sherpa, der Sohn Ang Tsherings. Seit 2008 leitet Dawa Steven die so genannten Eco-Everest-Expeditionen, die sich nicht nur Gipfelerfolge, sondern auch Umweltschutz auf die Fahne geschrieben haben. Dawa legt seinen Kunden nahe, in den Hochlagern umweltfreundliche, verschließbare Fäkalienbeutel zu nutzen, und diese dann wieder mit zurück ins Basislager zu bringen. Hilfreich könnte auch sein, sich am Berg von einer Art flüssiger Astronauten-Kost zu ernähren, die sehr kalorienreich ist, jedoch für wenig Stuhlgang sorgt. Solche speziell für Expeditionen entwickelte Produkte – z.B. Peronin (mit dem ich selbst am Kokodak Dome gute Erfahrungen machte) – sind bereits auf dem Markt.

Biogas aus Basislager-Fäkalien?

Gorak Shep

Gorak Shep

Im Basislager auf der Südseite des Mount Everest ist die Entsorgung seit vielen Jahren zumindest geregelt. Die Fäkalien aus den Toilettenzelten – pro Saison kommen etwa 12.000 Kilogramm zusammen – werden in Tonnen gesammelt und von so genannten „Shit portern“ talwärts getragen, etwa nach Gorak Shep, der etwa fünf Kilometer entfernten, nächsten kleinen Siedlung. Dort werden die Exkremente in Gruben gekippt – eine Gefahr für das Trinkwasser. Zwei US-Amerikaner, der Expeditionsleiter Dan Mazur und der Ingenieur Garry Porter, wollen dieses Problem lösen. In dichten Behältern sollen die Fäkalien gesammelt und für eine Biogas-Anlage genutzt werden. Das 2010 gegründete Projekt steht vor der Testphase.

P.S.: Das Fäkalien-Problem ist natürlich nicht nur auf die Südseite des Mount Everest beschränkt. Ralf Dujmovits erzählte mir einmal, dass er auf der tibetischen Seite in Lager 1 am Nordsattel wegen des überall herumliegenden Kots Mühe hatte, einen sauberen Platz für sein Zelt zu finden.

]]>
Schock und Wut am Mount Everest https://blogs.dw.com/abenteuersport/schock-und-wut-am-mount-everest/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/schock-und-wut-am-mount-everest/#comments Tue, 22 Apr 2014 10:08:59 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=25919 Butterlampen„Es ist ein fürchterlicher Schock für uns alle“, schreibt mir Dawa Steven Sherpa aus dem Basislager auf der nepalesischen Seite des Mount Everest. „Mein Team hatte extremes Glück, von der Lawine verschont zu bleiben, aber wir alle haben in der Lawine Freunde und Familienmitglieder verloren.“ Der 30-Jährige leitet wie in den Jahren zuvor die „Eco-Everest-Expedition“,die Geschäft und Ökologie verbinden soll: Zahlende Kunden werden auf den 8850 Meter hohen Gipfel geführt, das Team sammelt aber auch Müll und bringt ihn ins Tal.

Wann und ob überhaupt die Klettersaison am Everest weitergeht, ist noch unklar. Mit Alpine Ascents International (AAI) hat der erste große Veranstalter seine Expedition abgeblasen. „Wir waren uns einig, dass es am besten ist, den Aufstieg in dieser Saison nicht fortzusetzen, damit alle den Verlust von Angehörigen, Freunden und Gefährten in dieser beispiellosen Tragödie betrauern können“, heißt es auf der Homepage von AAI. Unter den 16 Toten der Lawine vom vergangenen Freitag waren fünf Sherpas aus dem Team von AAI. Sie unterstützten auch den US-Bergsteiger Joby Ogwyn, der plante, erstmals mit einem Wingsuit vom Gipfel des Everest zu springen. Der Fernsehsender Discovery sagte die für den 11. Mai geplante Live-Übertragung des Sprungs ab. Auch der neuseeländische Veranstalter Adventure Consultants, der drei tote Teammitglieder zu beklagen hatte, bricht seine Zelte ab.

Boykottdrohung

Die nepalesische Regierung steht nach dem Lawinenunglück am Everest unter öffentlichem Druck. Die Ankündigung, den Familien der Opfer eine Soforthilfe von 40.000 Rupien (etwa 400 US Dollar) auszuzahlen, löste bei den Sherpas nur Kopfschütteln aus. Die Bergführer, Hochträger und das Basislagerpersonal stellten einen Forderungskatalog auf und drohten mit einem Boykott aller weiteren Arbeiten am Berg. Unter anderem verlangen sie, dass die Regierung einen Hilfsfond gründet, in den sie 30 Prozent ihrer Einnahmen aus den Besteigungsgenehmigungen einzahlt. Das wären in diesem Jahr umgerechnet rund eine Million Dollar. Die einheimischen Mitarbeiter der Everest-Expeditionen fordern außerdem, dass ihnen keine Nachteile entstehen, wenn sie sich entschließen sollten, wegen des Lawinenunglücks in dieser Saison nicht mehr an den Berg zurückzukehren.

In diesem Frühjahr haben nach neuesten Angaben der Regierung 334 Bergsteiger aus 41 Ländern ihre Zelte zu Füßen des Everest aufgeschlagen. Mehr als 400 nepalesische Helfer, die meisten aus der Khumbu-Region, arbeiten für die 31 Expeditionsteams.

Spenden für die Lawinenopfer

Über die Möglichkeit, über den American Alpine Club für die Familien der Lawinenopfer zu spenden, hatte ich euch bereits informiert. Dawa Steven Sherpa verweist außerdem auf den „Juniper Fund“, den die US-Bergsteiger Melissa Arnot und David Morton gegründet haben. Beide haben den Everest mehrfach bestiegen und unterstützen mit ihrem Hilfsfond Bergunfall-Opfer aus Entwicklungsländern und deren Familien. Meine Gedanken sind bei den 16 Toten vom Mount Everest (R.I.P.) und denen, die um sie trauern.

]]>
https://blogs.dw.com/abenteuersport/schock-und-wut-am-mount-everest/feed/ 2
Müllabfuhr am Everest https://blogs.dw.com/abenteuersport/muellabfuhr-am-everest/ Wed, 05 Mar 2014 18:12:16 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=25449 Müll am Südsattel

Müll am Südsattel

Wann endlich wird in den Redaktionen ein Phrasenschwein aufgestellt, in das jeder fünf Euro einzahlen muss, der den Mount Everest als „höchste Müllkippe der Welt“ bezeichnet? Das Geld könnte dann für Umweltschutz-Projekte in Nepal gespendet werden. In diesen Tagen geistert die Formulierung wieder inflationär durch die Gazetten. Und kaum einer macht sich die Mühe, genauer hinzusehen. Was ist geschehen? Es gibt eine neue Müll-Vorschrift am Mount Everest, nicht mehr und nicht weniger.

Acht-Kilo-Portionen für Absteigende?

Müllsammeln am Everest

Müllsammeln am Everest

Madhu Sudan Burlakoti vom nepalesischen Tourisministerium teilte mit, dass von April an jeder Bergsteiger einer Expedition, der oberhalb des Basislagers unterwegs sei, acht Kilogramm Müll vom Berg zurückbringen müsse. Den solle er dann im Regierungsbüro im Basislager abgeben. Wer sich nicht daran halte, werde bestraft, sagte Burlakoti, ohne dies näher auszuführen.

Der Außenposten der Regierung entsteht in dieser Frühjahrssaison erstmals in der Zeltstadt auf 5300 Metern Höhe. Gedacht war er als Schiedsstelle, um handfeste Auseinandersetzungen zwischen Sherpas und Bergsteigern wie im letzten Jahr zu verhindern. Jetzt soll das Büro also auch Müllsammelstelle werden. Wie das Ganze praktisch umgesetzt wird, kann ich mir noch nicht richtig vorstellen. Sollen die Bergsteiger nach erfolgreichem oder gescheitertem Gipfelversuch am Südsattel ausschwärmen, um, wenn sie nicht genügend Abfall produziert haben, ihre acht Kilo vollzumachen? Oder werden Sherpas abkommandiert, die den Müll an bestimmten Stellen zusammentragen und in abgewogenen Portionen an die Absteigenden verteilen?

Alter Unrat

Was in den meisten Berichten verschwiegen wird, ist, dass es schon seit Jahrzehnten Müll-Vorschriften für Everest-Expeditionen gibt. Die Bergsteiger sind verpflichtet, ihren Bio-Abfall zu vergraben oder verbrennen. Recycelbares Material wie Plastik oder Glas muss ebenso nach Kathmandu zurückgebracht werden wie verbrauchte Sauerstoffflaschen oder leere Batterien. Wer gegen die Auflagen verstößt, riskiert, seine Umweltkaution in Höhe von 4000 US-Dollar nicht zurückzuerhalten. Die Regierung will auch dafür sorgen, dass alter Unrat vom Mount Everest verschwindet. Der liegt teilweise schon seit Jahrzehnten dort oben und stammt aus einer Zeit, als Bergsteiger am höchsten Berg der Erde noch so selten waren, dass sich kaum jemand Gedanken um Umweltschutz machte.

Klimawandel bringt es an den Tag

Müllsammlung, Sammelmüll

Müllsammlung, Sammelmüll

Seit 2008 hat sich Dawa Steven Sherpa verdient gemacht, weil er dieses Müllproblem ernsthaft angeht. Jahr für Jahr bringt er bei seinen „Öko-Everest-Expeditionen“ nicht nur zahlende Kunden auf den Berg, sondern anschließend auch jeweils rund 5.000 Kilogramm Unrat zurück nach Kathmandu. „Man kann nicht sagen, wie viel Müll noch auf dem Everest liegt“, sagt Dawa Steven. Die große Unbekannte sei, wie viel das Eis verberge. In den letzten Jahren hat der Klimawandel auch am höchsten Berg der Erde seine Spuren hinterlassen. Die Gletscher schmelzen, unter dem Eis liegender Müll und auch Leichen von Bergsteigern treten wieder zu Tage. Es gibt also genügend einzusammeln.

P.S. Werft doch noch mal einen Blick auf die Bildergalerie von 2012. Damals wurden in Kathmandu Kunstobjekte aus Everest-Müll ausgestellt.

]]>
Dawa Steven Sherpa: Everest gehört uns allen https://blogs.dw.com/abenteuersport/dawa-steven-sherpa-everest/ Wed, 27 Mar 2013 10:39:27 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=20641

Dawa Steven Sherpa

Mount Sherpa. Das wäre eigentlich der passendere Name für den höchsten Berg der Erde, der stattdessen nach Sir George Everest benannt wurde, einem britischen Chef der Landvermesser in Indien im 19. Jahrhundert. Die Geschichte des Mount Everest ist auch eine Geschichte der Sherpas. Schon bei den ersten britischen Expeditionen in den 1920er Jahren wurden die „Ost-Menschen“, die einst aus Tibet nach Nepal geflohen waren, als Hochträger eingesetzt. Einer der beiden Erstbesteiger 1953 war ein Sherpa: Tenzing Norgay. Spätestens seit das kommerzielle Bergsteigen am Mount Everest Einzug gehalten hat, sind die Sherpas dort schlicht unverzichtbar. Ohne ihre Unterstützung hätten die meisten zahlenden Kunden nicht den Hauch einer Chance, den Gipfel zu erreichen.

Diese Rolle hat den Sherpas nicht nur zu einem weltweit guten Ruf, sondern auch zu bescheidenem Wohlstand verholfen. Heute gibt es Sherpas, die erfolgreiche Geschäftsleute sind, Ärzte oder auch Piloten. Sie wissen, was sie dem Everest zu verdanken haben. „Als Nepalese steht der Mount Everest für meine Identität in der Welt. Als Sherpa ist der Mount Everest der Grund, warum wir Bildung, ein Gesundheitswesen und Wohlstand haben“, schreibt mir Dawa Steven Sherpa. „Als Bergsteiger ist der Mount Everest für mich die Spielwiese, auf der ich lernte, mich selbst zu entdecken, meine Grenzen und meine persönlichen Fähigkeiten.“

Zweimal auf dem Everest 

Dawa Steven (r.) beim Müllsammeln am Everest

Der 29-Jährige gehört zu der Sherpa-Generation, die schon von klein auf Nutznießer des wirtschaftlichen  Aufschwungs durch das Everest-Bergsteigen war. Mit seinem Vater Ang Tshering Sherpa führt Dawa Steven „Asian Trekking“, eine der führenden Agenturen für Expeditionen und Trekkingreisen in Nepal. Seine Mutter ist Belgierin, er hat in Edinburgh in Schottland studiert. 2006 bestieg Dawa Steven den Achttausender Cho Oyu, 2007 erstmals den Mount Everest. Im Jahr darauf stand der junge Sherpa zunächst auf dem Lhotse, fünf Tage später erneut auf dem Everest. Seit fünf Jahren leitet er die so genannten „Öko-Everest-Expeditionen“, die Geschäft und Ökologie verbinden sollen: Zahlende Kunden werden auf den 8850 Meter hohen Gipfel geführt. Darüber hinaus sammeln die Teammitglieder aber auch Müll von den Hängen des Bergs und bringen ihn ins Tal. 

Bäckerei im Basislager 

Dawa Steven ist kreativ, wenn es darum geht, Geld für Umweltschutz aufzutreiben. So rief er 2007 im  Basislager auf der nepalesischen Südseite des Mount Everest auf 5350 Metern die höchste Bäckerei der Welt ins Leben. Schokoladen- und Apfelkuchen, Doughnuts und Croissants fanden reißenden Absatz. Die Bergsteiger waren auch bereit, dafür tiefer in die Tasche zu greifen. Schließlich ging es um einen guten Zweck. Das Geld floss in Projekte, mit denen Dörfer in Nepal auf die Folgen des Klimawandels vorbereitet werden sollten. Um auf die Gefahren für die Bergwelt durch die Erderwärmung aufmerksam zu machen, wanderte Dawa Steven Anfang 2012– wie hier berichtet – mit dem Everest-Rekordbesteiger Apa Sherpa 1555 Kilometer weit über den „Great Himalaya Trail“ vom Osten in den Westen Nepals. Später erhielt er einen erstmals verliehenen Preis des World Wide Fund for Nature (WWF), mit dem junge Menschen unter 30 Jahren geehrt werden, die sich um den weltweiten Umweltschutz verdient gemacht haben. 

Liebe zu den Bergen und Umweltschutz 

Am Island Peak (rechts hinten die Ama Dablam)

Dem Mount Everest wünscht Dawa Steven Sherpa zum 60. Geburtstag der Erstbesteigung eine „nächste Generation von Abenteurern, die die Berge liebt und schützt“ (Seine Äußerungen solltet ihr unbedingt auf den beiden Everest-60-Pinnwänden auf der rechten Blog-Seite nachlesen). Wenn es nach Dawa Steven geht, werden die Sherpas auch in Zukunft vom Everest profitieren. „Den Nepalesen wünsche ich, dass der Mount Everest weiterhin dafür sorgt, dass sie stolz sind, Nepalesen zu sein.“, schreibt der 29-Jährige. „Allen Menschen auf der Welt wünsche ich, dass der Everest sie daran erinnert, dass er der höchste Berg der Welt ist. Als Bürgern dieser Welt gehört deshalb der Mount Everest uns allen.“

]]>
Dawa Steven Sherpa: Everest belongs to all of us https://blogs.dw.com/abenteuersport/dawa-steven-sherpa-everest-english/ Wed, 27 Mar 2013 10:35:51 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=20673 Mount Sherpa. That would be a better suited name for the highest mountain of the world, which instead was named after Sir George Everest, a Surveyor-General of India in the 19th century. The history of Mount Everest is also a history of the Sherpas. The „eastern people” who had fled from Tibet to Nepal in earlier times were engaged for the early British expeditions in the 1920s. One of the two climbers who scaled Everest first in 1953 was a Sherpa: Tenzing Norgay. At the latest since commercial climbing was established on Everest sherpas have become indispensable. Without their support most of the clients wouldn’t have any chance to reach the summit.

Dawa Steven Sherpa

Due to this important role sherpas have an excellent reputation all over the world, many have achieved modest prosperity. Sherpas are also working as successful entrepreneurs, doctors or pilots. They know that these achievements are due to Everest. „As a Nepali, Mount Everest is my identity to the world. As a Sherpa, Mount Everest is the reason we have education, health care and prosperity”, Dawa Steven Sherpa wrote to me. „As a mountaineer, Mount Everest is the playground where I learned to explore myself, my limitations and my abilities as a person.” 

Twice on the summit of Everest 

Dawa Steven (r.) cleaning garbage on Everest

The 29-year-old Nepali belongs to a generation of Sherpas that has benefited from Everest from an early age. Together with this father Ang Tshering Sherpa Dawa Steven is managing „Asian Trekking“, a leading agency for expeditions and trekking in Nepal. His mother comes from Belgium, he studied in Edinburgh in Scotland. In 2006 Dawa Steven summited Cho Oyu, in 2007 for the first time Mount Everest. The following year the young Sherpa scaled Lhotse and five days later Everest again. For the last five years he has been leading „Eco Everest Expeditions“, which combine business and ecology: The clients are led to the summit on 8850 meters. In addition all members collect garbage from the slopes and bring it down to the valley. 

Basecamp bakery 

Dawa Steven is creative in raising money for ecology. In 2007 he founded the „world’s highest bakery” at 5350 meters in the basecamp on the Nepalese south side of Everest. Chocolate cake, apple pie, doughnuts and croissants went fast. The climbers were willing to pay higher prices because it was to a good cause. The money was used for projects to prepare local villages in Nepal for the effects of climate change. To raise awareness to the dangers of global warming Dawa Steven in 2012 walked together with Everest record climber Apa Sherpa on the „Great Himalaya Trail” 1555 km from the east to the west of Nepal. Later he was awarded with a first ever WWF award for outstanding achievements of people under the age of 30 for nature conservation around the world.   

Love for mountains and ecology 

On Island Peak (Ama Dablam r.)

On the 60th anniversary of the first ascent of Mount Everest Dawa Steven wishes a „next generation of adventurers, who will love the mountains and protect them from harm”. (You really should read his full statements on the two Everest-60-pinboards on the right side of the blog.) For Sherpas Dawa Steven hopes that the mountain will provide opportunities furthermore. „For the Nepali, I wish that Mount Everest will continue to make them proud to be a Nepali”, he writes. „For all the people in the world, I wish that Everest will continue to remind them that it is the highest mountain in the world.  Therefore, as citizens of this world Mount Everest belongs to all of us.”

]]>
Alte Leichen am Mount Everest freigelegt https://blogs.dw.com/abenteuersport/alte-leichen-am-mount-everest-freigelegt/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/alte-leichen-am-mount-everest-freigelegt/#comments Thu, 31 May 2012 10:05:01 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=15033

Mount Everest, Lhotse, Ama Dablam (v.l.)

Der Verdacht klang ungeheuerlich: Wurden Todesfälle von Sherpas am Mount Everest tot geschwiegen? Der Schweizer Topbergsteiger Ueli Steck hatte in einem Interview mit der Zeitung „Tages-Anzeiger“ gesagt, es habe am ersten Everest-Gipfelwochenende in diesem Frühjahr nicht nur sechs, sondern zehn Tote gegeben, „weil niemand von den vier zusätzlichen toten Sherpas sprach“. Das wollte ich genauer wissen. Ich hakte bei Ueli nach. „Ich war zum Glück nie live dabei“, schrieb mir der 35-Jährige zurück. „Da weiß ich zu wenig genaue Details aus erster Hand.“ Die holte ich mir in Nepal.

Drei bestätigte Todesfälle von Sherpas

Billi Bierling

Ich nahm Kontakt zu Billi Bierling auf. Die deutsche Bergsteigerin und Journalistin lebt und arbeitet in Kathmandu und war in diesem Frühjahr selbst im Everest-Basislager. Sie wisse von drei toten Sherpas in dieser Frühjahrssaison am höchsten Berg der Erde, antwortete die 44-Jährige, die auch die „rechte Hand“ der legendären Himalaya-Chronistin Elizabeth Hawley ist: Karsang Namgyal sei im Basislager nach einem Alkoholexzess gestorben, Namgyal Tshering nach einem Spaltensturz nahe Lager 1 (über diese Todesfälle hatte ich auch im Blog berichtet). Außerdem habe Dawa Tenzing in Lager eins einen Schlaganfall erlitten und sei zwei Tage später in einem Krankenhaus in Kathmandu verstorben. Über Todesfälle von Sherpas zwischen dem 18. und 20. Mai sei ihr nichts bekannt, schrieb Billi.

Auch Leiche von Scott Fisher wieder aufgetaucht

„Für diesen Zeitraum gibt es keine Berichte über vermisste Sherpas. Alle Toten wurden registriert“, bestätigte mir per Email auch Dawa Steven Sherpa, der gerade erst vom Mount Everest nach Kathmandu zurückgekehrt ist. „Wahr ist jedoch, dass Bergsteiger mehr Leichen gesehen haben als die vier am Gipfelwochenende Verstorbenen. Wegen der geringen Niederschläge in diesem Jahr und der Schnee-Schmelze sind einige alte Leichen am Berg freigelegt worden, vor allem unterhalb des ‚Balkons’ (eines kleinen Plateaus auf knapp 8400 Metern).“ Von drei wieder aufgetauchten Leichen wisse er sicher, schrieb Dawa Steven. Wieder freigelegt worden seien die sterblichen Überreste des US-Bergführers Scott Fisher, der bei der Tragödie 1996 ums Leben kam. Der zweite Körper sei unter Everest-Bergsteigern als „blue suit“, der blaue (Daunen-) Anzug, bekannt. „Bei der dritten Leiche handelt es sich wahrscheinlich um einen Sherpa aus dem Dorf Pangboche, der 1989 verstarb.“

P.S. Heute vorletzter Tag der Vorabstimmung zum Online-Star 2012 (Kategorie Private Blog)!

]]>
https://blogs.dw.com/abenteuersport/alte-leichen-am-mount-everest-freigelegt/feed/ 2
Extrem-Trekking mit Botschaft https://blogs.dw.com/abenteuersport/extrem-trekking-mit-botschaft/ Thu, 12 Jan 2012 16:55:01 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=12757

Nepal-Wanderflagge vom Präsidenten: Ram Baran Yadav (l.) überreicht sie Apa Sherpa

Wenn, ja wenn! Wenn ich keine Familie hätte, keinen Job, keine anderen Verpflichtungen, trotzdem genug Zeit und Geld, dann würde ich mich jetzt vielleicht auf den Weg nach Nepal machen – um Apa Sherpa zu begleiten. Der kleine, große Mann, mit 21 Aufstiegen zum Gipfel Rekordhalter am Mount Everest, hat seine Bergsteigerkarriere 2011 beendet, sich damit aber noch längst nicht in den Ruhestand verabschiedet. Am 15. Januar, also am kommenden Sonntag, startet der 52-Jährige zum Trekking auf dem „Great Himalaya Trail“, 1700 Kilometer vom Osten in den Westen Nepals, im Schatten der acht Achttausender, die das Land zu bieten hat. 120 Tage hat Apa Sherpa für die Strecke veranschlagt. Er will keinen Geschwindigkeitsrekord aufstellen, sondern auf die Folgen des Klimawandels für den Himalaya aufmerksam machen.

Gletscherschmelze

Weggeschmolzen (zwischen Lager 1 und 2 am Putha Hiunchuli)

„Die internationale Gemeinschaft fragt uns, wie Nepal mit dem Problem umgeht und wir haben keine Antworten“, sagte Apa in Kathmandu. „Während der Wanderung versuchen wir herauszufinden, ob sich die Menschen in den Bergregionen schon auf den Klimawandel eingestellt haben und was sie dafür benötigen.“ Die Erderwärmung hat dazu geführt, dass viele Gletscher in Nepal deutlich abgeschmolzen sind. Die natürlichen Dämme vor Gletscherseen könnten brechen, katastrophale Überschwemmungen wären die Folge.

Als wir im Oktober am Siebentausender Putha Hiunchuli im Westen Nepals unterwegs waren, erzählte mir Pemba Jangbu Sherpa, dass die großen, flachen Steinplatten zwischen Lager 1 und 2 vor einigen Jahren noch mit Schnee bedeckt gewesen seien. Auch am Mount Everest hat sich – wie Ralf Dujmovits erzählt (Anklicken) – der Khumbu-Gletscher in den vergangenen Jahren immer weiter zurückgezogen.

Ralf Dujmovits über Klimawandel am Everest

Quer durch Himalaya und Karakorum

Lang und anspruchsvoll

„Als ich 2009 den Mount Everest bestieg, habe ich die Botschaft ‚Stoppt den Klimawandel, lasst den Himalaya leben!’ auf den Gipfel getragen und die Welt hat sie gehört“, sagt Apa. „Ich hoffe, dass wir jetzt einen Schritt weiter kommen.“ Der legendäre Bergsteiger wird von Dawa Steven Sherpa begleitet. Der 27-Jährige, der zweimal auf dem Everest stand, engagiert sich seit Jahren für den Schutz des Himalaya. So organisierte er mehrere Reinigungsaktionen am höchsten Berg der Erde.

Die beiden Sherpas wollen mit ihrer Wanderung natürlich auch für den „Great Himalaya Trail“ (GHT) werben. Zwei Routen führen seit vergangenem Herbst quer durch Nepal, die eine auf einer Höhe von durchschnittlich 5000 Metern, die andere 300 Meter niedriger. Doch das soll erst der Anfang sein. Am Ende soll der GHT Trekkingrouten in Tibet, Bhutan, Nepal, Indien und Pakistan auf einer Strecke von 4500 Kilometern verbinden, quer durch den Himalaya und Karakorum, entlang aller 14 Achttausender.

Keine Reaktion der Promis

Apa und Dawa Steven haben Prominente aus aller Welt wie UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon, Friedensnobelpreisträger Al Gore und den britischen Prinzen Harry eingeladen, sie auf einigen Abschnitten der Wanderung durch Nepal zu begleiten. Keiner von ihnen hat geantwortet. Warum haben sie mich nicht angerufen?

]]>