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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Mingma Gyalje Sherpa: „Billiganbieter spielen mit dem Leben ihrer Kunden“

Mingma Gyalje Sherpa

Sein Erfolgsgeheimnis? „Eigentlich ist es nur mein Job, Ich leite schließlich ein Unternehmen. Deshalb muss ich meine Kunden auf den Gipfel führen“, sagt mir Mingma Gyalje Sherpa, als wir uns in einem Café in Kathmandu gegenübersitzen. In den vergangenen Jahren hat sich der 31-Jährige zum Überflieger unter den Sherpas gemausert. Im Herbst 2015 kletterte er als Erster durch die Westwand des 6685 Meter hohen Chobutse im Rolwaling, seinem Heimattal – und das alleine. Es war die erste Soloerstbegehung eines Sherpas in Nepal. Auch als Expeditionsleiter sorgte er Schlagzeilen. 2017 stieg niemand so häufig über die magische 8000-Meter-Grenze wie Mingma: Insgesamt sechsmal betrat der Chef des Expeditionsveranstalters „Imagine Trek and Expedition“ die Todeszone: am Dhaulagiri, Makalu, K 2, Broad Peak und zweimal am Nanga Parbat. Viermal erreichte er den Gipfel (Dhaulagiri, Makalu, K 2, Nanga Parbat), die fünfte Besteigung am Broad Peak ist umstritten. „Ich werde in diesem Jahr an diesen Berg zurückkehren“, kündigt Mingma an. „Ich bin eigentlich immer noch ziemlich sicher, dass wir oben waren. Aber diesmal will ich zweifelsfrei den höchsten Punkt des Broad Peak erreichen, zum einen, um die Debatte zu beenden, zum anderen für mich selbst.“

Bessere Bedingungen im Herbst

Im Sommer am Nanga Parbat

Auch am Nanga Parbat hatte sich Mingma im Herbst vergangenen Jahres ein zweites Mal versucht, da er sich nicht sicher war, ob er bei seinem ersten Gipfelversuch im Sommer bei schlechtem Wetter wirklich den höchsten Punkt gefunden hatte. Gut drei Monate später erreichte er mit mehreren Kunden zweifelsfrei den Gipfel. „Die Bedingungen waren im September deutlich besser als im Sommer“, erzählt Mingma. „Vielleicht ist es wirklich das Erfolgsrezept der Zukunft, diesen Achttausender später im Jahr anzugehen.“

Erst Lhotse, dann Everest

Everest (l.) und Lhotse (Mitte)

In diesem April wird Mingma erst mal eine Lhotse-Everest-Expedition leiten. Zunächst will er zwei chinesische Kunden auf den 8516 Meter hohen Gipfel des Lhotse führen, anschließend sieben Chinesen auf den 8850 Meter hohen Mount Everest. Wie im Vorjahr setzt der Sherpa darauf, früh in der Saison erfolgreich zu sein: „Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir als erstes Team der Saison auf dem Lhotse stehen werden. Wir planen den Gipfelvorstoß für Ende April oder die erste Maiwoche.“ Anschließend will er sich dem Everest zuwenden, den er bereits fünfmal (mit Flaschensauerstoff) bestiegen hat. Dass es auf der Normalroute unter Umständen richtig voll wird, schreckt Mingma nicht ab. „Damit kann ich leben“, sagt der Expeditionsleiter. „Wir beschäftigen nur sehr erfahrene Sherpas und achten darauf, dass unsere Teams nicht zu groß sind.“

Gute Climbing Sherpas kosten Geld

Mingma auf dem Gipfel des K 2

Mingma Gyalje Sherpa hält nichts von den Billiganbietern unter den Expeditionsveranstaltern. „Ein geringes Budget bedeutet geringe Sicherheit. Wenn du erfahrene und gut trainierte Climbing Sherpas haben willst und damit eine höhere Sicherheit, musst du sie auch entsprechend besser bezahlen“, meint Mingma, der selbst ein Bergführer-Zertifikat der UIAGM (Internationale Vereinigung der Bergführerverbände) hat. „Die Billiganbieter sollten sich bewusst sein, dass sie mit dem Leben ihrer Kunden spielen. Eigentlich bräuchten wir Mindeststandards für Expeditionsveranstalter, aber ich bin skeptisch, ob wir sie jemals erhalten.“

„Andere Regeln müssen her“

Auf die Regierung setzt Mingma dabei wenig Hoffnung. Die inzwischen vom Obersten Gericht Nepals wieder gekippte neue Regel, doppelt Beinamputierten und blinden Bergsteigern keine Permits mehr zu erteilen, bezeichnet er als diskriminierend: „Es gibt viele behinderte Bergsteiger, die leistungsfähiger sind als Nicht-Behinderte.“ Um die Zahl der Gipfelanwärter am Everest zu reduzieren, müssten andere Regeln her, findet Mingma: „So könnte man beispielsweise verlangen, dass sie schon einen anderen Achttausender bestiegen haben. Oder wenigstens einen Siebentausender.“

Ziel: Alle 8000er ohne Atemmaske

Solo am Chobutse (2015)

Seine persönlichen Ambitionen als Bergsteiger stellt Mingma Gyalje Sherpa zunächst hintenan. Das bedeutet aber nicht, dass er seinen großen Traum aufgegeben hat. Der 31-Jährige möchte der erste Nepalese werden, dem es gelingt, alle 14 Achttausender ohne Flaschensauerstoff zu besteigen. „Drei fehlen mir noch in der Sammlung,“ sagt Mingma und meint den Mount Everest, den Gasherbrum II und die Shishapangma. Nimmt man den Broad Peak (s.o.) hinzu, wären es vier. „In diesem Jahr muss ich mich darauf konzentrieren, meine Kunden sicher auf Everest zu führen. Da kann ich nicht auf die Atemmaske verzichten. Aber vielleicht versuche ich es 2019.“

Datum

18. März 2018 | 19:52

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