Simone Moro – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Zwei Polen aus K2-Basislager ausgeflogen https://blogs.dw.com/abenteuersport/zwei-polen-aus-k2-basislager-ausgeflogen/ Tue, 29 Jan 2019 13:37:56 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=43385

Alex Txikon auf der Abruzzi-Route

Was für ein Pech! Erst mit Verspätung war der Pole Waldemar Kowalewski – wie berichtet – zum Team des Spaniers Alex Txikon gestoßen. Und jetzt ist die K 2- Winterexpedition  für den 45-Jährigen bereits beendet. Kowalewski sei auf dem Abstieg von Lager 1 auf rund 6100 Metern ins vorgeschobene Basislager von einem Stein oder Eisblock am linken Schlüsselbein getroffen worden. „Er konnte anschließend nur noch in langsamem Tempo absteigen. Sein Zustand jetzt im Basislager ist aber wieder besser“, teilte Txikons Team anschließend mit. Waldemar wurde am heute nach Skardu ausgeflogen. Anschließend holte der Rettungshubschrauber einen weiteren Polen aus Txikons Team ab: Marek Klonowski hatte Herzbeschwerden und konnte deshalb nicht länger im Basislager zu Füßen des zweithöchsten Berg der Welt bleiben. Er hofft, in rund zehn Tagen wieder zurückkehren zu können.

Zwei Spuren auf einer Route?

Bergsteiger aus dem Pivtsov-Team

Alex Txikon hat nun endgültig entschieden, auf einen zwischenzeitlich erwogenen Versuch durch die noch undurchstiegene Ostwand des K 2 zu verzichten. Der Aufstieg durch die Wand sei „unmöglich“, weil zu gefährlich, ließ der 37-Jährige wissen. Das Team habe auf der klassischen „Abruzzi-Route“ über den Südostgrat die Route hinauf nach Lager 2 auf 6700 Metern eingerichtet, hieß es. Es erschließt sich mir nicht, warum dies überhaupt nötig war. Schließlich hatte das von Vassiliy Pivtsov geleitete Team aus Kasachstan, Russland und Kirgisien bereits zuvor eben diese Route versichert. „In der Nähe legen Sherpas parallel zu uns Fixseile an“, teilte Pivtsovs Mannschaft am Sonntag mit. Will Txikons Team damit etwa signalisieren, dass man unabhängig voneinander unterwegs ist? Auf derselben Route? Das verstehe, wer will. Heute erreichten Pivtsov und Co. nach eigenen Angaben eine Höhe von 6800 Metern. Morgen wollen sie weiter aufsteigen.

Zelt verschwunden

Lager 2 nach dem Schneefall

Um eine mögliche Konkurrenzsituation müssen sich der Italiener Daniele Nardi, der Brite Tom Ballard am Nanga Parbat und ihre pakistanischen Begleiter Rahmat Ullah Baig und Karim Hayat keine Gedanken machen. Sie sind alleine am Berg. Die jüngsten heftigen Schneefälle – anderthalb Meter Neuschnee in drei Tagen – haben das Team in seinen Bemühungen zurückgeworfen, eine neue Route über die markante Mummery-Rippe in der Diamir-Wand zu eröffnen. Nachdem Nardi und Ballard gestern erneut Lager 3 auf 5700 Metern erreicht hatten, suchten sie vergeblich nach dem Zelt, das sie bei ihrem letzten Aufstieg dort hinterlassen hatten. Am heutigen Dienstag wollten sie zurück im Basislager sein, um dort über das weitere Vorgehen zu beraten.

Moro und Pemba Sherpa geben am Manaslu auf

Schaufeln, was das Zeug hält

Derweil haben Simone Moro und sein nepalesischer Partner Pemba Gyalje Sherpa ihre Winterexpedition am Achttausender Manaslu abgebrochen und sich mit dem Hubschrauber aus dem Basislager ausfliegen lassen. „In den letzten paar Tagen hat sich das Ziel, meinen fünften Gipfel im Winter zu erreichen, dahingehend geändert, diese Situation zu überleben“ , schreibt Simone heute auf Facebook. Es brauche mindestens zwei oder drei Wochen Sonnenschein, damit sich die sechs Meter Neuschnee setzten, so der Italiener. Die Wetterprognose sei jedoch alles andere als gut. Für Moro war es ein Deja-vu: Auch im Winter 2015 war Moro vor den Schneemassen am Manaslu geflohen, damals im Team mit der Südtirolerin Tamara Lunger.

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Winterexpeditionen: Warten auf Ende des Schneefalls https://blogs.dw.com/abenteuersport/winterexpeditionen-warten-auf-ende-des-schneefalls/ Tue, 22 Jan 2019 13:04:04 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=43323

Iglus im K2-Basislager

Schlechtes Wetter zwingt die Bergsteiger der Winterexpeditionen an den Achttausendern K 2 und Nanga Parbat in Pakistan und am Manaslu in Nepal zur Untätigkeit. Das von Vassiliy Pivtsov angeführte Team aus Kasachstan, Russland und Kirgisien kehrte gestern ins K2-Basislager zurück, nachdem die sieben Bergsteiger nach eigenen Angaben auf der Route über den Abruzzi-Sporn bis auf eine Höhe von 6300 Metern Fixseile gelegt hatten. Die Mannschaft des Spaniers Alex Txikon stieg noch nicht auf, sondern baute im Basislager drei Iglus, in denen insgesamt zehn bis 14 Personen schlafen können. Alex war nach seiner ersten Iglu-Nacht begeistert.

„Beste Nacht meiner acht Winterexpeditionen“

Alex Txikon vor seiner Schlafstätte

„Im Esszelt hatten wir Temperaturen von minus 13 Grad Celsius, im Zelt minus 26 Grad, im Iglu aber schliefen wir bei minus fünf Grad“, berichtete der 37-Jährige. „Ich muss sagen, es war die beste Nacht meiner acht Winterexpeditionen. Wenn du vom Esszelt zum Iglu gehst, frieren alle deine Muskeln ein, deine Hände versteifen sich und der Wind weht dir ins Gesicht. Betrittst du jedoch das Iglu, kehrt Stille ein, das Rauschen des Windes verschwindet.“ Das Team erwägt, auch im vorgeschobenen Basislager Iglus zu bauen.

Noch länger Schneefall am Nanga Parbat

Daniele Nardi im Aufstieg

Am K 2, dem zweithöchsten Berg der Erde, ist noch mindestens bis Mittwochvormittag Ortszeit Schneefall vorhergesagt, am Nanga Parbat möglicherweise sogar bis zum Wochenende. Dort waren der Italiener Daniele Nardi und der Brite Tom Ballard in der vergangenen Woche bei ihrem Versuch, erstmals die so genannte „Mummery-Rippe“, einen markanten Felssporn in der Diamirwand, komplett zu durchklettern, bis auf eine Höhe von 6200 Metern gelangt. „Was habt ihr erwartet? Es ist Winter am neunthöchsten Berg der Erde. Das ist kein Picknick“, schrieb Tom auf Facebook.

Spalte stoppt Moro und Pemba

Hier geht es nicht weiter

Auch am Achttausender Manaslu in Nepal kein anderes Bild: „Schnee, Schnee, Schnee …“, schreibt Simone Moro heute aus dem Basislager. „Hoffentlich hört es bald auf, aber nach der Wettervorhersage von Karl Gabl wird es noch bis zum 29. schneien.“ Am Sonntag hatte der 51 Jahre alte Italiener wissen lassen, dass er und sein nepalesischer Kletterpartner Pemba Gyalje Sherpa wegen des schlechten Wetters gezwungen seien, sich auszuruhen und über einen neuen Plan nachzudenken: „Vielleicht gibt es ja einen Weg, die Probleme zu umgehen, denen wir heute begegnet sind.“ Die beiden waren hinauf auf 6400 Meter geklettert, dann aber von einer Spalte gestoppt worden, die, so Simone, „nur mit Leitern (die wir nicht haben und auch unter keinen Umständen benutzen würden) überwunden werden kann.“

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Nanga Parbat: Nardi und Co. erneut in Lager 3 https://blogs.dw.com/abenteuersport/nanga-parbat-nardi-und-co-erneut-in-lager-3/ Tue, 15 Jan 2019 19:01:33 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=43243

Daniele Nardi in Lager 3

Während die Winter-Expeditionsteams an den Achttausendern K 2 und Manaslu gerade erst ihre Basislager bezogen haben, sind der Italiener Daniele Nardi und seine drei Mitstreiter am Nanga Parbat schon deutlich weiter. Daniele stieg heute mit dem Briten Tom Ballard und den beiden pakistanischen Bergsteigern Rahmat Ullah Baig und Karim Hayat erneut nach Lager 3 auf 5700 Metern auf, direkt unterhalb der Mummery-Rippe. Vor fünf Tagen hatten die vier Bergsteiger dort ein Zelt deponiert und waren dann wieder ins Basislager abgestiegen.

Zweiter Anlauf

Position von Lager 3, darüber die markante Mummery-Rippe

Tom und Karim hätten gespurt, Daniele und Rahmat seien mit dem schweren Gepäck gefolgt, ließ Nardis Team heute auf Facebook wissen. „Es war heute wirklich schwer, von Lager 1 nach Lager 3 zu gelangen, mit einem 30 Kilogramm schweren Rucksack auf den Schultern und dem Wind, der uns nicht gerade half“, gab Daniele per Funk durch. „Als wir das Zelt erreichten, fanden wir es tief im Schnee vor. Wir arbeiteten hart daran, alles wieder in Ordnung zu bringen.“

Nardi und Co. wollen die Mummery-Rippe erstmals vollständig durchklettern. Der britische Pionier Albert Frederick Mummery hatte 1895 über den markanten Felssporn in der Diamir-Wand den ersten ernsthaften Besteigungsversuch überhaupt an einem Achttausender gewagt. Mit dem Gurkha Ragobir war er bis auf eine Höhe von 6100 Metern gelangt. Nardi versucht sich bereits zum zweiten Mal an dieser Route: Im Winter 2013 kletterte er mit der Französin Elisabeth Revol bis auf eine Höhe von rund 6400 Metern.

K2-Basislager erreicht

K2-Team aus Russland, Kasachstan und Kirgisien

Derweil haben die sieben Bergsteiger der K2-Winterexpedition aus Russland, Kasachstan und Kirgisien ihr Basislager auf rund 5200 Meter Höhe zu Füßen des zweithöchsten Bergs der Erde aufgeschlagen. Nachdem sie dort gestern eingetroffen waren, machten sich vier Teammitglieder auf den Weg Richtung vorgeschobenes Basislager, konnten den dafür vorgesehenen Platz wegen schlechten Wetters noch nicht erreichen.

Mit den beiden Polen Marek Klonowski und Pawel Dunaj haben heute auch die ersten beiden Bergsteiger aus dem Team des Spaniers Alex Txikon das Basislager erreicht. Das Gros der Teilnehmer, inklusive Txikon, wird am Mittwoch dort erwartet. Mit Waldemar Kowalewski wird in einigen Tagen ein dritter polnischer Bergsteiger zum Team stoßen. Der 45-Jährige hat bisher drei Achttausender bestiegen: 2014 den Mount Everest, 2017 den Lhotse und den Broad Peak. Am Manaslu erreichte er 2016 laut der Chronik „Himalayan Database“ den Vorgipfel auf 8125 Metern.

Moro und Pemba Sherpa im Manaslu-Basislager

Basislager am Manaslu

Der Italiener Simone Moro und der Nepalese Pemba Gyalje Sherpa haben ihr Basislager am Achttausender Manaslu im Westen Nepals bezogen. Nachdem sie zuvor den Sechstausender Mera Peak im Khumbu-Gebiet bestiegen hatten, um sich zu akklimatisieren, ließen sie sich gestern mit dem Hubschrauber von Kathmandu aus direkt ins Basislager auf 4800 Metern fliegen. „Wegen des Schnees können die Träger nicht hierhin gelangen”, schrieb Simone am Montag auf Facebook. „Die Wetterbedingungen sind gut, definitiv besser als 2015. Natürlich ist es ein bisschen kalt, heute minus 25 Grad Celsius. Möge das Abenteuer beginnen!“ 2015 war der 51-Jährige mit der Südtirolerin Tamara Lunger am Manaslu an den gewaltigen Schneemassen jenes Winters gescheitert.

Update 16. Januar: Daniele Nardi und Tom Ballard kletterten an der Mummery-Rippe bis auf eine Höhe von 6200 Metern und deponierten dort Material. Alex Txikon und Co. haben das K2-Basislager erreicht.

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Winterexpeditionen gestartet https://blogs.dw.com/abenteuersport/winterexpeditionen-gestartet/ Fri, 04 Jan 2019 12:20:52 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=43185

Alex Txikon (l.) und Simone Moro in Lhukla

Mehrere Winterexpeditionen im Himalaya und Karakorum sind in den ersten Tagen des Jahres angerollt. In Lhukla in Nepal trafen sich zwei der drei Wintererstbesteiger des Nanga Parbat von 2016, die diesmal unterschiedliche Ziele haben: Der Spanier Alex Txikon will sich am K 2 in Pakistan versuchen, dem letzten in der kalten Jahreszeit noch unbestiegenen Achttausender, den Italiener Simone Moro zieht es erneut zum Manaslu. An dem 8167 Meter hohen Berg im Westen Nepals war der 51-Jährige 2015 mit der Südtirolerin Tamara Lunger an den gewaltigen Schneemassen jenes Winters gescheitert. In diesem Jahr will Moro nach Informationen der in Kathmandu erscheinenden Zeitung „The Himalayan Times“ mit dem Nepalesen Pemba Gyalje Sherpa ohne Flaschensauerstoff über die Normalroute aufsteigen. Um sich zu akklimatisieren, wollten die beiden den 6476 Meter hohen Trekkinggipfel Mera Peak im Khumbu-Gebiet besteigen.

Auch zwei Polen in Txikons K2-Team

Alex Txikon reiste inzwischen mit seinem Sherpa-Team nach Islamabad. Dort trifft er seinen spanischen Kletterpartner Felix Criado und weitere Landsleute aus dem K2-Expeditionsteam – außerdem die Polen Marek Klonowski und Pawel Dunaj. Beide haben mehrmals an Winterexpeditionen zum Nanga Parbat teilgenommen. „Wir werden sicherlich nicht die erste Geige spielen, wenn wir überhaupt Geige spielen“, sagte Pawel in einem Interview des polnischen Radiosenders „RMF 24“. „Aber wir werden versuchen, so viel wie möglich zu helfen.“

Nur noch sieben Bergsteiger in Pivtsovs Mannschaft

Pivtsovs Team in Islamabad

Während Txikons Team also anwuchs, schrumpfte die Mannschaft der K 2-Winterexpedition aus Russland, Kirgisien und Kasachstan. Es fehlte an Geld, um – wie ursprünglich geplant – mit elf Bergsteigern den zweithöchsten Berg der Erde (8611 Meter) anzugehen. Nun wird der erfahrene Kasache Vassily Pivtsov, der bereits alle 14 Achttausender bestiegen hat, sechs weitere Kletterer anführen: die Russen Artem Brown, Roman Abildaev und Konstantin Shepelev, die Kasachen Tursunali Aubakirov und Dmitry Muraviov sowie den Kirgisen Mikhail Danichkin. Das Team aus den früheren GUS-Staaten hat sich auf den Weg nach Nordpakistan gemacht.

Nardi und Ballard in Lager 1

Daniele Nardi am Nanga Parbat

Noch im alten Jahr waren der Italiener Daniele Nardi und der Brite Tom Ballard im Basislager zu Füßen des Nanga Parbat eingetroffen. Sie wollen – wie berichtet – zusammen mit den beiden pakistanischen Bergsteigern Rahmat Ullah Baig und Kareem Hayat den 8125 Meter hohen Berg auf neuer Route besteigen – über die bisher noch nicht gemeisterte Mummery-Rippe in der Diamir-Wand. Die Bergsteiger stiegen bereits zu Lager 1 auf 4700 Metern auf.

 

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Tamara Lunger: „Ich bin zurzeit suchend“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/tamara-lunger-ich-bin-zurzeit-suchend/ Tue, 16 Oct 2018 14:42:00 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=42375

Tamara Lunger während des IMS

„Ich wünsche mir oft: Wäre ich doch vor hundert Jahren auf die Welt gekommen!“, sagt Tamara Lunger. „Wenn ich die 90-Jährigen reden höre, denke ich mir: Oh, das waren noch Abenteurer! Dagegen sind wir heute nur noch Weicheier.“ Dabei stand die Profibergsteigerin aus Südtirol 2010 mit 23 Jahren als damals jüngste Frau auf dem Gipfel des Achttausenders Lhotse und bestieg 2014 ohne Flaschensauerstoff den K 2, den zweithöchsten Berg der Erde.

Tamara Lunger: Wir sind dagegen doch Weicheier

Während des „International Mountain Summit“ in Brixen wandere ich mit Tamara vom Latzfonserkreuz aus talwärts. Ihre Eltern führen die dortige Schutzhütte. Wir sprechen über Tamaras Abenteuer der vergangenen Jahre. Die 32-Jährige ist eine ehrliche Haut und nimmt kein Blatt vor den Mund: „Die Leute sagen mir: ‚Du hast leicht reden, du kannst das leben, was dir Freude bereitet.‘ Dabei steckt auch in meiner Freude manchmal etwas Negatives, das ich annehmen und daraus lernen muss. Das ist eigentlich das Wichtige.“

Dem Tod nahe

Tamara (2.v.l.) mit den Wintererstbesteigern des Nanga Parbat, Alex Txikon, Simone Moro und Muhammad Ali „Sadpara“(v.l.)

Im Februar 2016 kehrte Tamara Lunger in Pakistan knapp unter dem Gipfel des Nanga Parbat um. Nur 70 Höhenmeter fehlten ihr zum Ruhm, als erste Frau zu den Wintererstbesteigern eines Achttausenders zu gehören. Während des gesamten Gipfeltags war es ihr schlecht gegangen, sie hatte sich den Berg regelrecht hinaufgeschleppt. Dann habe Gott zu ihr gesprochen, erzählt Tamara: „Normalerweise bekomme ich immer, was ich erbitte. Aber an dem Tag hat zehn Stunden Beten nichts geholfen. Da habe ich gewusst, da ist etwas faul.“ Sie drehte um. Im Abstieg geriet sie ins Rutschen. „Es war mein bisher todesnächstes Erlebnis. Auch beim Absturz habe ich mit dem Herrgott geredet: ‚Ich hätte nicht gedacht, dass es jetzt schon so schnell passiert. Aber wenn es so sein muss, bin ich eben bereit, und das passt.‘“ Nach 200 Metern blieb Tamara im lockeren Schnee liegen.

Tamara Lunger: Gespräche mit Gott

Viel gelernt

Sie überlebte, mit Verletzungen an der Schulter und am Sprunggelenk. Sie hatte Schmerzen, durfte keinen Sport treiben. Und die Medien überfielen sie mit Interviewanfragen. Es sei eine „schwierige Zeit“ gewesen, sagt die Bergsteigerin. „Erst mit der Zeit habe ich verstanden, was der Nanga Parbat mir geschenkt hat.“ Sie wisse jetzt, dass es nicht immer der Gipfel sein müsse. „Ich habe auch viel über mich gelernt. Zum Beispiel, wie ich mich in Todesangst verhalte. Werde ich panisch oder bin ich ruhig? Kann ich noch klar denken? Diese Erkenntnisse sind extrem wichtig, weil sie in unserem Beruf oder unserer Berufung zum Spiel mit dazugehören.“

Vielen fehlt der Respekt

Ein starkes Team: Tamara Lunger mit Simone Moro (r.)

Ihre nächste Achttausender-Expedition führte sie im Frühjahr 2017 zum Kangchendzönga, dem dritthöchsten Berg der Erde. Mit ihrem Teampartner und Mentor Simone Moro wollte sie alle Gipfel des Massivs überschreiten. Doch dazu kam es nicht, weil Moros Gesundheit nicht mitspielte. Die Erlebnisse im Basislager, das sich die beiden Profibergsteiger mit den Mitgliedern kommerzieller Expeditionen teilten, verleideten Lunger erst einmal das Achttausender-Bergsteigen. „Unglaublich, was einige Leute da so treiben“, sagt Tamara und schüttelt den Kopf. „Ich habe mich teilweise für sie geschämt. Denen ging es nur darum, irgendwie raufzukommen. Sie haben keinen Respekt mehr, weder vor dem Berg, noch vor den anderen Leuten. In den Hochlagern wird gestohlen.“

Nie mehr ein Basislager mit anderen

Einem Sherpa des nepalesischen Veranstalters „Seven Summit Treks“ sei es oben ziemlich schlecht gegangen, er sei unfähig gewesen abzusteigen. „Dem Chef der Sherpas war das total scheißegal. Er spielte unten lieber mit dem Handy auf Facebook herum anstatt zu helfen.“ Das, so Tamara, verstoße so sehr gegen ihre Prinzipien, dass sie ihre ganze Kraft verliere: „Ich habe mir zu der Zeit geschworen: Nie mehr in ein Basislager mit anderen Leuten! Ich hoffe, ich kann das durchziehen. Künftig gehe ich eben im Winter oder den Berg von einer anderen Seite an, mit einem Basislager, in dem ich meine Ruhe habe.“

Tamara Lunger: Die haben keinen Respekt mehr

Befreiung in der Kälte Ostsibiriens

Bei der Wintererstbesteigung des Gora Pobeda

Im vergangenen Februar gelang Lunger und Moro im eiskalten Osten Sibiriens bei Temperaturen um minus 50 Grad Celsius die erste Winterbesteigung des 3003 Meter hohen Gora Pobeda (auch Pik Pobeda genannt). Nach dem Scheitern im Winter 2015 am Manaslu, ihrer Umkehr im Winter 2016 am Nanga Parbat und dem erfolglosen Versuch am Kangchendzönga 2017 habe sie sich unter großem Druck gefühlt, erzählt Tamara. Sie habe versucht, jeden Schritt in der wunderschönen Natur Sibiriens zu genießen und nicht daran zu denken, was irgendwelche Leute von ihr erwarteten. „Das habe ich relativ gut geschafft und es hat mich richtig befreit. Als ich am Gipfel angekommen bin, habe ich aufgeatmet. Endlich!“

Das leben, was sie fühlt

Bei ihren künftigen Abenteuern wolle sie mehr auf ihre innere Stimme hören, verrät Tamara Lunger: „Ich versuche, das zu leben, was ich fühle. Ich kann nicht sagen, was morgen oder in einer Woche ist. Ich bin zurzeit suchend.“ Und dabei nicht nur auf die Berge fixiert. „Mir würde auch gefallen, mit einem Segelboot aufzubrechen.“

Tamara Lunger: Ich bin zurzeit suchend

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Schlechtes Wetter bremst Winterexpeditionen https://blogs.dw.com/abenteuersport/schlechtes-wetter-bremst-winterexpeditionen/ Tue, 13 Feb 2018 15:59:21 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=39561

Auf der Abruzzi-Route am K 2

„Das Wetter ist nicht gerade das beste“, schreibt Krzysztof Wielicki, der Leiter der polnischen Winterexpediton am K 2 auf Facebook. „Voller Wolken und Wind.“  Denis Urubko sei am Abruzzi-Sporn bis auf eine Höhe von 6500 Metern aufgestiegen, um den Zustand der Route zu überprüfen. Einige alte Seile müssten ausgetauscht werden. Die polnischen Bergsteiger hatten ihren ursprünglichen Plan, über die Basken-Route (auch Cesen-Route genannt) aufzusteigen, „aus Gründen der Sicherheit“ aufgegeben. Zuvor waren Adam Bielecki und Rafal Fronia durch Steinschlag verletzt worden. Während Bielecki weitermachen kann, musste Fronia wegen eines gebrochenen Unterarms die Expedition abbrechen.

Txikon und Co. warten im Basislager

Alex Txikon Ende Januar in der Lhotse-Flanke

Am Mount Everest warten der Spanier Alex Txikon, der Pakistani Muhammad Ali „Sadpara“ und ihr Sherpa-Team auf die Chance auf einen Gipfelversuch.  „Es sieht aus, als ob sich das Wetter nicht gerade zu unseren Gunsten entwickelt“, schreibt Alex. Ausreichend akklimatisiert sind die Bergsteiger. Ende Januar hatten Txikon und Ali den 7161 Meter hohen Pumori bestiegen. Einige Tage später waren Alex und Co. am Everest bis auf eine Höhe von 7850 Meter vorgedrungen, ehe das Wetter umschlug.

Erste Winterbesteigung des Gora Pobeda vermeldet

Gora Pobeda in Ostsibirien

Derweil vermeldeten der Italiener Simone Moro und seine Südtiroler Teampartnerin Tamara Lunger die erste Winterbesteigung des 3003 Meter hohen Gora Pobeda (auch Pik Pobeda genannt) im eiskalten Osten Sibiriens. „Es hat den ganzen Tag lang geschneit, aber die Sicht war gut”, ließen die beiden Bergsteiger auf Facebook wissen. “Es war extrem kalt! Wie kalt, wissen wir noch nicht. Wir werden es überprüfen und euch dann informieren.” Der Gora Pobeda liegt nur rund 140 Kilometer südlich des Polarkreises. Einheimische Rentier-Hirten hatten Moro und Lunger von der letzten bewohnten Siedlung bis zum Basislager begleitet.

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Txikon zum Everest, Lunger und Moro nach Sibirien https://blogs.dw.com/abenteuersport/txikon-zum-everest-lunger-und-moro-nach-sibirien/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/txikon-zum-everest-lunger-und-moro-nach-sibirien/#comments Fri, 22 Dec 2017 14:59:59 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=38975

Lunger, Moro, Ali und Txikon (v.l.) 2016 am Nanga Parbat

Ich lag falsch mit meiner Vermutung. Das Dream Team vom Nanga Parbat 2016 wird sich in diesem Winter nicht am Mount Everest zusammenfinden, sondern getrennte Wege gehen. Heute verkündete der Spanier Alex Txikon, dass er zusammen mit dem 41 Jahre alten Pakistani Muhammad Ali „Sadpara“ versuchen werde, den höchsten Berg der Erde ohne Flaschensauerstoff zu besteigen. Die anderen beiden Mitglieder des Nanga-Gipfelteams, den Italiener Simone Moro und die Südtirolerin Tamara Lunger, zieht es dagegen ins eiskalte Sibirien.

Kräfte für oben schonen

Alex Txikon Everest-Basislager (Februar 2017)

Alex Txikon wird nach seinem gescheiterten Versuch im vergangenen Winter einen neuen Anlauf am Everest machen. Damals war der Baske mit einem Sherpa-Team einmal bis zum Südsattel auf 7950 Meter Höhe aufgestiegen, hatte dann aber wegen stürmischer Winde umdrehen müssen. „Das Problem ist nicht die Kälte, sondern der Wind“, sagte der 36-Jährige. „Es werden Windgeschwindigkeiten von bis zu 140 km/h herrschen und Temperaturen von minus 60 Grad Celsius. Am Gipfeltag darf der Wind aber nicht mit mehr als 40 km/h wehen.“ Zwischen dem 1. und 3. Januar werde das laut Alex „kleine Team“ im Basislager auf rund 5300 Meter Höhe eintreffen. Txikon will sich diesmal die Kräfte besser einteilen. „Wir werden versuchen, uns nicht zu viel Gewicht aufzuladen. Der Schlüssel wird darin liegen, nicht wie im letzten Jahr neun Tage in Folge zu arbeiten und sich schon in den unteren Bereichen aufzureiben, sondern die Kräfte für oben zu schonen.“

Im Grenzbereich des Möglichen

Mount Everest

Im meteorologischen Winter gab es am Mount Everest bisher 15 Gipfelerfolge. Für die Wetterforscher beginnt die kalte Jahreszeit bereits am 1. Dezember, während der kalendarische Winter erst mit der Wintersonnenwende am 21. oder 22. Dezember startet. Die Polen Krzysztof Wielicki und Leszek Cichy erreichten am 17. Februar 1980 den Gipfel des Everest, ihnen gelang damit die erste Winterbesteigung eines Achttausenders überhaupt. Seit Ende 1993 war kein Mensch mehr im Winter auf dem 8850 Meter hohen Gipfel. Der Einzige, der den höchsten Berg der Erde bisher im Winter ohne Atemmaske bestieg, war der Sherpa Ang Rita am 22. Dezember 1987. Das Wetter an diesem Tag war ungewöhnlich gut. Die große Kälte im Winter sorgt normalerweise dafür, dass der Luftdruck im Gipfelbereich noch weiter absinkt. Ein Aufstieg ohne Atemmaske liegt dann im absoluten Grenzbereich des Möglichen.

Saukalter Berg

Pik Pobeda in Ostsibirien

Auch die 31 Jahre alte Tamara Lunger und der 50-jährige Simone Moro werden in Grenzbereiche vordringen müssen. Sie haben sich vorgenommen, den 3003 Meter hohen Pik Pobeda im Osten Sibiriens zu besteigen. Der Berg (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen 7439 Meter hohen Gipfel in Kirgistan) liegt nur rund 140 Kilometer südlich des Polarkreises. Dass es „sau-, sau-, saukalt“ wird, wie Tamara mir verraten hatte, scheint garantiert. Das 250 Kilometer südwestlich des Pobeda gelegene Oimjakon gilt als die kälteste Stadt der Welt. Umstritten ist, ob dort wirklich einmal minus 71,2 Grad Celsius gemessen wurden, unstrittig ist jedoch, dass die Durchschnittstemperatur (!) in der russischen Stadt im Winter bei minus 50 Grad liegt. „Ich kann mir noch gar nicht vorstellen, wie es dann auf dem Berg sein wird“, schreibt Simone Moro auf Facebook. „Niemand hat diesen Berg bisher im Winter bestiegen und ich kann mir leicht denken, warum.“ Am 22. Januar geht es los.

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Lunger/Moro: Erst beim Papst – und dann? https://blogs.dw.com/abenteuersport/lungermoro-erst-beim-papst-und-dann/ Tue, 19 Dec 2017 23:03:47 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=38905

Tamara Lunger (l.) und Simone Moro (r.) mit Papst Franziskus

Am Donnerstag beginnt der (kalendarische) Winter – und damit stellt sich auch wieder die Frage: Wer versucht sich in der kalten Jahreszeit an welchem Berg? Eine hochkarätig besetzte polnische Expedition unter Leitung von Altmeister Krzysztof Wielicki wird versuchen, den K 2 zu besteigen, den letzten im Winter noch unbestiegenen Achttausender. Der Pole Tomek Mackiewicz und die Französin Elisabeth Revol sind angeblich bereits in Pakistan eingetroffen, um erneut den Nanga Parbat anzugehen.

Und was machen die Südtirolerin Tamara Lunger und der Italiener Simone Moro? Beide gelten als extrem „winterfest“. Der 50 Jahre alte Simone hat gleich vier Wintererstbesteigungen von Achttausendern auf dem Konto (Shishapangma 2005, Makalu 2009, Gasherbrum II 2011, Nanga Parbat 2016). Die 31-jährige Tamara versuchte sich mit Moro im Winter 2015 vergeblich am Manaslu. Ein Jahr später am Nanga Parbat musste sie nur 70 Meter unterhalb des Gipfels umkehren, weil es ihr schlecht ging. In diesem Advent hatten Lunger und Moro bereits ein Gipfeltreffen: mit dem Papst. Ich habe bei Tamara nachgefragt:

Tamara, zwei Profibergsteiger (Simone und du) machen ein Selfie mit Papst Franziskus, wie kam es dazu?

Don Marco Pozza, ein Gefängnispriester aus Padua, hat uns zu einer Sendung eingeladen, die „Padre nostro“ heißt, also „Vaterunser“. Davon gab es sechs Folgen, jeweils mit anderen Persönlichkeiten. Dazu wurden Geschichten aus dem Leben erzählt, Schicksale, und es gab zu jeder Sendung auch einen Kommentar des Papstes. Das war ein Riesenerfolg, nicht nur in Italien, auch international. Der Papst hat gesagt: „Alle diese Leute haben uns ihre Zeit geschenkt, was könnten wir ihnen im Gegenzug schenken?“ Marco antwortete: „Vielleicht eine Messe im Vatikan, inklusive Händeschütteln mit dem Papst.“ Der Papst meinte dann: „Das können wir nicht machen, weil ja nicht alle an Gott glauben. Eine Privataudienz ist besser.“ So kam es dazu. Ungefähr 30 Leute – das ganze Produktionsteam und die Teilnehmer – waren beim Papst im Vatikan. Das war wirklich eine schöne Stunde. Mir hat es persönlich sehr viel gegeben, weil ich sehr gläubig bin.

Hattet ihr Gelegenheit, mit dem Papst auch ein paar Worte zu wechseln?

Jeder von uns musste sich kurz vorstellen, was er in seinem Leben macht. Dann hat der Papst über die Passion gesprochen, über die Leidenschaft: „Ihr habt mir heute viel geschenkt, weil jeder von euch – ob Gläubiger oder nicht – das, was ihr tut, mit so einer großen Leidenschaft macht. Das ist auch göttlich.“ Anschließend hat er uns noch den Segen gegeben und allen ein Buch über das Vaterunser, das er zusammen mit Marco Pozza geschrieben hat, und einen Rosenkranz geschenkt.

Tamara Lunger

Was bedeutet dir persönlich die Begegnung?

Für mich war es natürlich sehr schön, weil ich sehr gläubig bin. Aber ich habe auch gesehen, dass er nur ein normaler Mann ist. Er gibt sich so normal, dass er fast nicht auffällt. Sein Umfeld ist zwar bemüht, alles organisatorisch so super wie möglich ablaufen zu lassen, aber er selbst würde es wahrscheinlich ganz anders machen. Ich habe in seine Augen gesehen und er in meine, dabei habe ich etwas ganz Schönes gespürt. Deshalb wäre es noch viel schöner, wenn man mit diesem Mann einfach mal so bei einem Glas Wein sitzen und mit ihm ratschen könnte.

Am Nanga Parbat im Winter 2016 musstest du 70 Meter unter dem Gipfel umkehren. Das war bitter. Am Kangchendzönga im letzten Frühjahr platzte die geplante Überschreitung der vier Gipfel des Massivs, weil es Simone schlecht ging. Brauchst du für deine Motivation mal wieder ein Erfolgserlebnis?

Nein, weil ich gesehen habe, dass ich auch ohne Gipfel immer mit einer großen Lehre nach Hause komme. Am Nanga Parbat war mein Erlebnis für mich viel wertvoller als „nur“ ein Gipfel. Der Weg ist das Ziel. Natürlich ist der Gipfel das Tüpfelchen auf dem i. Aber die Erfahrung und das, was man daraus lernt, werden einem während der Reise geschenkt. Wenn es nicht so einfach ist, den Gipfel zu erreichen und es gewisse Schwierigkeiten gibt, ist es zwar währenddessen etwas unschön. Aber wenn man nach Hause kommt, versteht man, dass es das Beste war, das einem passieren konnte.

In den Alpen hat der Winter schon Einzug gehalten, der Beginn des kalendarischen Winters steht vor der Tür. Wirst du in der kalten Jahreszeit auf Expedition gehen? Und wenn ja, wohin?

Ja, ich gehe wieder auf Expedition, Ich habe zwei Monate gebraucht, um mich dafür zu entscheiden. Ich werde wieder mit Simone unterwegs sein. Leider kann ich nicht mehr dazu sagen. Aber es wird sau-, sau-, saukalt. Ich habe schon begonnen, mich im Kopf darauf vorzubereiten. Schauen wir mal, wie es wird.

Wie verbringst du die Weihnachtstage?

Ich werde viele gute Kekse von meiner Mama essen. (lacht) Ich freue mich einfach, bei meiner Familie zu sein und vielleicht mit ihnen etwas zu unternehmen, Skitouren zu gehen, Eisklettern und so weiter.

Erfolgsteam: Txikon, Lunger, Moro, Ali (v.l.)

Auch Simone Moro hatte mir Ende Oktober mitgeteilt, dass die nächste Expedition „wahrscheinlich die kälteste Besteigung wird, die ich jemals versucht habe“. Ohne jetzt spekulieren zu wollen 🙂 – am Mount Everest fällt das Thermometer im Januar schon mal auf bis zu minus 60 Grad Celsius. Und hatte nicht Alex Txikon nach seinem gescheiterten Winterversuch in diesem Jahr Simone und Tamara eingeladen, es 2018 mit ihm zu versuchen? Der pakistanische Bergsteiger Muhammad Ali Sadpara hat jedenfalls heute ein „großes Everest-Projekt 2017/18“ angekündigt. Liege ich mit meiner Vermutung richtig, wäre das erfolgreiche Winterteam vom Nanga Parbat 2016 wieder komplett. Ich fände es toll und spannend.

P.S.: Für alle, die meinen Buchtipp zu Tamaras Erstling verpasst haben: Ich kann euch die Lektüre wirklich nur empfehlen.

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Mackiewicz will wieder auf den Nanga Parbat https://blogs.dw.com/abenteuersport/mackiewicz-will-wieder-auf-den-nanga-parbat/ Fri, 17 Nov 2017 16:22:54 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=38581

Tomasz Mackiewicz

Tomeks Liebe zum Nanga Parbat grenzt fast schon an Manie. Sechs Winter in Folge, von 2011 bis 2016, hat der 8125 Meter hohe „Nackte Berg“ in Pakistan Tomasz Mackiewicz abgewiesen. Doch der 42 Jahre alte Pole gibt einfach nicht auf. Im kommenden Winter will er sich zum siebten Mal auf den Weg zum Nanga Parbat machen – wenn er das Geld zusammenbekommt. Tomek hat dafür im Internet erneut eine Crowdfunding-Aktion gestartet. „Geld ist immer ein Problem“, schreibt mir Mackiewicz. „Ich bin arm.“

Winter-Erstbesteigung gelang anderen

Gruppenbild 2016 – mit Tomek (r.)

Auch vor und während seiner letzten Nanga-Parbat-Expedition im Winter 2015/2016 hatte der vierfache Vater, der sein Geld als Automechaniker verdient, im Internet Spenden für sein Projekt gesammelt. Damals hatte er mit seiner französischen Teampartnerin Elisabeth Revol eine Höhe von 7500 Metern erreicht. Nachdem Mackiewicz und Revol ihre Expedition abgebrochen hatten, war dem Spanier Alex Txikon, dem Italiener Simone Moro und dem Pakistani Muhammad Ali „Sadpara“ am 26. Februar 2016 die historische Winter-Erstbesteigung des Nanga Parbat gelungen. Mackiewicz hatte hinterher den Gipfelerfolg angezweifelt und zudem Moro beschuldigt, dieser habe Tomeks Expedition in Pakistan boykottieren wollen.

Moro kritisiert Low-Budget-Taktik

Mackiewicz im Aufstieg

Der Italiener wies den Vorwurf in einem Interview der polnischen Webseite „mountainportal.com“ entschieden zurück – mit dem Hinweis, Tomek stehe bei einigen seiner Erklärungen offenbar unter Medikamenten- und/oder Alkoholeinfluss. Eine nicht ganz feine Replik, schließlich macht Mackiewicz kein Geheimnis daraus, dass er als junger Erwachsener heroinabhängig war und Jahre der Rehabilitation brauchte, um von der Droge loszukommen. In seinem kürzlich erschienenen Buch „Nanga im Winter“ kritisierte Moro zudem die Low-Budget-Taktik des Polen, der „fanatisch auf jeglichen Komfort“ verzichte: „Es hat nicht viel Sinn, bei schlechtem Wetter aufzubrechen, sich in die Bredouille zu bringen und zum Beispiel eine Woche in einem Notbiwak im Schnee ohne Nahrung zu verbringen, wenn man es vermeiden kann.“

„Reiner Alpinstil“

Beste Freunde werden Moro und Mackiewicz wohl nicht mehr. Als ich den Polen nach seiner Motivation frage, nachdem sich Txikon, Moro und Ali „Sadpara“ doch schon als Winter-Erstbesteiger des Nanga Parbat verewigt haben, antwortet Tomek mit einem Seitenhieb gegen den Italiener: „Meine Motivation, den Nanga Parbat zu besteigen, existierte schon lange, bevor Simone dort eintraf. Seine Motivation war, der Erste zu sein, meine ist es, den Berg im reinen Alpinstil im Winter zu besteigen.“

Auf Buhls Spuren

Hermann Buhl

Wie schon 2014/2015 und 2015/2016 will Mackiewicz bei seinem siebten Anlauf erneut versuchen, die so genannte „Messner“-Route zu vollenden, laut Tomek „die einzige Route, die im Winter im Alpinstil möglich ist“. Diesen Weg durch die Nordostwand hatten im Jahr 2000 die Südtiroler Reinhold und Hubert Messner, Hanspeter Eisendle und Wolfgang Tomaseth bis auf eine Höhe von 7500 Metern erstmals begangen. Weiter oben gebe es zwei Möglichkeiten, sagt Tomek: „Mein Traum ist es, über die Hermann-Buhl-Route (der Österreicher Buhl bestieg 1953 als Erster den Nanga Parbat, die letzten 1300 Meter im Alleingang) weiter zum Gipfel zu steigen.“ Als Alternative komme in Frage, nach rechts in Richtung der Kinshofer-Route zu queren und auf dem Normalweg zum höchsten Punkt zu gelangen.

Hermann Buhl über seinen Alleingang zum Gipfel des Nanga Parbat

Wieder mit Revol?

Elisabeth und Tomek

Mackiewicz will wie bei seinen letzten beiden Versuchen mit Elisabeth Revol aufsteigen. Dass die Französin wirklich zugesagt habe, wollte (oder durfte) mir Tomek nicht bestätigen. Auch Revol verriet mir nicht, was sie für den kommenden Winter plane. Wenn ich jedoch wetten müsste, würde ich darauf setzen, dass es erneut ein Team Mackiewicz/Revol am Nanga Parbat geben wird. In diesem Jahr hatte Elisabeth zunächst vergeblich versucht, im Winter den Manaslu zu besteigen. Im Frühjahr war sie dann am Makalu bis zum 8445 Meter hohen Vorgipfel aufgestiegen, hatte den 8516 Meter hohen Gipfel des Lhotse erreicht und war am Mount Everest – wie immer ohne Flaschensauerstoff aufsteigend – bei schlechtem Wetter auf halbem Weg zwischen dem knapp 8000 Meter hohen Südsattel und dem höchstem Punkt auf 8850 Metern umgekehrt.

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Simone Moro wird 50: „Ich lebe noch“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/simone-moro-wird-50-ich-lebe-noch/ Thu, 26 Oct 2017 11:56:39 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=38283

Simone Moro

Es tut nicht weher als sonst. Das kann ich aus eigener Erfahrung sagen. Es ist eher eine mentale Herausforderung, die ersten 50 Jahre voll zu machen. Schließlich ist klar, dass dann definitiv die zweite Lebenshälfte beginnt. Zeit, Bilanz zu ziehen. An diesem Freitag feiert Simone Moro seinen 50. Geburtstag. Der Italiener kann schon jetzt mit seiner Karriere als Höhenbergsteiger mehr als zufrieden sein. Niemand sonst hat wie Simone vier Winter-Erstbesteigungen von Achttausendern auf dem Konto.

Mit dem Polen Piotr Morawski erreichte Moro 2005 erstmals in der kalten Jahreszeit den 8027 Meter hohen Gipfel der Shishapangma. Drei weitere Winter-Erstbesteigungen folgten: 2009 mit dem gebürtigen Kasachen Denis Urubko am Makalu (8485 Meter), 2011 mit Urubko und dem US-Amerikaner Cory Richards am Gasherbrum II (8034 Meter) und 2016 mit dem Spanier Alex Txikon und dem Pakistaner Muhammad Ali „Sadpara“ am Nanga Parbat (8125 Meter). Simone verzichtete bei allen diesen Aufsteigen auf Flaschensauerstoff. Im vergangenen Frühjahr hatte sich Moro gemeinsam mit der Südtirolerin  Tamara Lunger vorgenommen, die vier Gipfel des Kangchendzönga-Massivs zu überschreiten. Zwei Vorstöße endeten auf 7200 Metern, weil Simone an Bauchschmerzen litt.

Moro ist mit der Südtiroler Kletterin Barbara Zwerger verheiratet und hat eine 19 Jahre alte Tochter und einen siebenjährigen Sohn. Simone hat sich auch als Rettungshubschrauberpilot im Himalaya Verdienste erworben.

Simone, ein halbes Jahrhundert in den Knochen, wie fühlt sich an?

Na ja, ich lebe noch, habe noch alle Finger und Zehen und bin immer noch motiviert. Mein Gewicht ist dasselbe wie damals, als ich 25 Jahre alt war. Auch mein Trainingsumfang hat sich nicht geändert. Deshalb bin ich einfach glücklich. 

Simone mit Muhammad Ali (l.) auf dem Gipfel des Nanga Parbat

Dir sind Wintererstbesteigungen an den Achttausendern Shishapangma, Makalu, Gasherbrum II und Nanga Parbat gelungen. Ist dir eine unter diesen Pioniertaten besondern wichtig und wenn ja, warum?

An der Shishapangma habe ich nach 17 Jahren “Ruhe” die Winterspiele an den Achttausendern wieder eröffnet. Unser Erfolg am Makalu kam nach 39 Jahren Winterversuchen dort, und wir waren gerade mal zu zweit und in superleichtem Stil unterwegs. Die Winter-Erstbesteigung am Gasherbrum II war die erste überhaupt an einem Achttausender im ganzen Karakorum. Und am Nanga Parbat wurde ich der Erste mit Winter-Erstbesteigungen an vier verschiedenen Achttausendern. Also, wie sollte ich da eine herausheben können?

Was macht für dich die Faszination aus, die höchsten Berge der Erde im Winter zu besteigen?

Einsamkeit, Wildnis, Abenteuer, das Gefühl des Entdeckens, geringe Erfolgschancen, kein Rabatt bei den Schwierigkeiten, Wind, selten Schönwetterfenster. Eine Winterexpedion ist NICHT einfach die kalte Version einer Sommerexpedition. 

Im vergangenen Frühjahr am Kangchendzönga hattest du gesundheitliche Probleme. Müssen wir uns Sorgen machen?

Nicht wirklich. Ich habe einfach viele dumme Fehler gemacht. Ich trank im Basislager Coca Cola, Sprite und anderes Mistzeug und anschließend am Berg nicht ausreichend. Also macht euch keine Sorgen! Derzeit fühle ich mich und bin auch stark und gesund.

Ein starkes Team: Moro mit Tamara Lunger (l.)

Zuletzt warst du regelmäßig mit der Südtirolerin Tamara Lunger unterwegs. Siehst du dich in der Rolle ihres Mentors?

Ja, das war ich lange Zeit. Jetzt aber ist Tamara 31 Jahre alt, hat eine Menge gelernt und ist absolut unabhängig. Aber wir arbeiten so gut zusammen. Das findet man nicht oft. Deshalb ist es besser, unseren Teamgeist als zusätzliche Kraft zu erhalten.

Wohin wird dich deine nächste Expedition führen?

Leider kann ich noch nicht verraten, wohin ich gehe. Ich kann aber so viel sagen, dass ich im kommenden Winter unterwegs sein werde und dass es wahrscheinlich die kälteste Besteigung wird, die ich jemals versucht habe.

Wenn du drei Wünsche für die zweite Lebenshälfte offen hättest, welche wären das?

Gesundheit, Gesundheit und Gesundheit. Für den Rest sorge ich selbst. Ich hatte und habe alles. Und nur GOTT kann mir Gesundheit schenken, auch wenn ich schon so viel wie möglich tue, um ein gesundes Leben zu führen …

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Felix Berg: „Extrem spontane Expedition“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/felix-berg-extrem-spontane-expedition/ Fri, 02 Jun 2017 06:52:39 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=36541

Gipfel der Annapurna

Unwägbarkeit ist ein wesentlicher Bestandteil des Abenteuers. Und je ambitionierter ein Bergprojekt ist, desto größer ist auch die Unsicherheit, ob es wirklich mit einem Erfolg endet. So mussten die Italiener Tamara Lunger und Simone Moro, die sich die Überschreitung der vier Gipfel des Kangchendzönga-Massivs ohne Atemmaske vorgenommen hatten, umkehren, ohne auch nur einen einzigen der Gipfel erreicht zu haben. Zwei Vorstöße endeten auf 7200 Metern, weil Simone an Bauchschmerzen litt. Vom Makalu kehrte der Deutsche Thomas Lämmle mit leeren Händen zurück, nach vier (!) gescheiterten Gipfelversuchen ohne Flaschensauerstoff und Sherpa-Unterstützung, immer wieder vom schlechten Wetter zurückgeschlagen. Und auch an der Nordwestwand der Annapurna mussten der 33 Jahre alte Pole Adam Bielecki, der 63-jährige Brite Rick Allen und der 36 Jahre alte Deutsche Felix Berg auf halber Strecke kapitulieren. „Es war komplett die richtige Entscheidung umzudrehen“, erzählt mir Felix. „Am Tag unseres Abstiegs hat es heftig geschneit. Mit den Wetterverhältnissen wäre es nicht möglich gewesen.“

Ersatzziel gesucht und gefunden

Bielecki, Berg, Rousseau, Allen (v.l.)

Die Expedition hatte von Beginn an unter keinem guten Stern gestanden. Nach der Ankunft in Kathmandu musste das Team, zu dem damals noch der 40 Jahre alte Kanadier Louis Rousseau gehörte, kurzfristig umdisponieren. Eigentlich hatten die vier Bergsteiger eine neue Route durch die Cho-Oyu-Nordwand eröffnen wollen, doch die Chinesen verweigerten allen, die sich in den vergangenen drei Jahren länger als einen Monat am Stück in Pakistan aufgehalten hatten, das Einreisevisum für Tibet. Die schwierige Suche nach einem Ersatzziel begann. „Wo findet man an einem Achttausender noch eine schöne Wand?“, fragten sich Felix und Co. Sie entschieden sich für die selten begangene Nordwestwand der Annapurna, mit dem Ziel, auch dort einen neuen, direkten Weg zum Gipfel zu finden. Ein erster Versuch, zur Akklimatisierung den Siebentausender Tilicho Peak nahe der Annapurna zu besteigen, schlug wegen schlechten Wetters fehl. Dann musste Rousseau heimkehren, weil sein Zeitbudget erschöpft war. Bielecki, Allen und Berg schafften es im zweiten Anlauf, den Gipfel des Tilicho Peak zu erreichen und wandten sich der Annapurna-Nordwestwand zu.

Zelt gerissen, Schlafsack verloren

Am zweiten Tag in der Wand

„Wir hatten Essen für acht Tage mit, als wir einstiegen“, erzählt Felix. „Die Wand hatte fast durchgängig eine Steigung von 50 Grad, nie weniger als 40 Grad. Wir hatten Mühe, Biwakplätze zu finden.“ Für die erste Nacht gelang es dem Trio, auf einer kleinen Plattform ihr Zelt so aufzustellen, dass sie wenigstens in einer Reihe nebeneinander sitzen konnten. Für das zweite Biwak  musste ein schmaler, abschüssiger Felsvorsprung auf 6500 Meter Höhe herhalten. „Dagegen war das Sitzbiwak der vorherigen Nacht Luxus“, schreibt der Brite Rick Allen. „Ein Portaledge wäre eher angebracht gewesen als ein Zelt“, sagt Felix. Das Zelt riss, und durch das Loch verschwand einer der Schlafsäcke in der Tiefe. Das war das endgültige Signal zur Umkehr. Zurück im Basislager wollten sich die drei Bergsteiger nach Kathmandu ausfliegen lassen. Doch zunächst gab es keine Hubschrauber. „Die waren alle am Everest, für Rettungsflüge“, sagt Felix Berg.

Schließlich fand sich doch noch ein Helikopter, der Bielecki, Allen und Berg zurück nach Kathmandu brachte. „Es war eine extrem spontane Expedition“, bilanziert Felix. „Aber obwohl wir ein ziemlich bunt zusammengewürfelter Haufen waren, haben wir uns gut verstanden und bestens zusammengearbeitet. Wir waren bestimmt nicht zum letzten Mal gemeinsam unterwegs.“

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Moro und Lunger planen Kangchendzönga-Traverse https://blogs.dw.com/abenteuersport/moro-und-lunger-planen-kangchendzoenga-traverse/ Fri, 07 Apr 2017 11:19:56 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=35735

Tamara Lunger (l.) und Simone Moro

„Es ist ein wunderbares Projekt”, schwärmt Simone Moro. „Es ist die höchstmögliche Traverse auf dem Planeten.“ Via Facebook live aus Kathmandu haben der 49 Jahre alte Italiener und seine 30 Jahre alte Südtiroler Teampartnerin Tamara Lunger gestern das Geheimnis um ihr neuestes Projekt gelüftet. Und das hat es wirklich in sich: Simone und Tamara wollen in diesem Frühjahr die vier Gipfel des Kangchendzönga-Massivs, die höher als 8000 Meter sind, überschreiten: vom West- (8505 Meter) zum Hauptgipfel (8586 Meter) und dann über den Mittel- (8473 Meter) zum Südgipfel (8476 Meter). Das Ganze im Alpinstil, also ohne Hochlager, ohne Sherpa-Unterstützung und ohne Flaschensauerstoff. 1989 war einer russischen Expedition die Traverse erstmals geglückt, allerdings mit Atemmaske.

Erinnerung an Boukreev

Er wolle mit dem Projekt auch an seinen „besten Freund und Kletterpartner“ Anatoli Boukreev erinnern, sagt Moro. Boukreevs Todestag, 1997 während einer Winterexpedition mit Simone an der Annapurna, jährt sich am 25. Dezember zum 20. Mal. Der Russe hatte acht Jahre zuvor zu dem erfolgreichen Team am Kangchendzönga gehört, war aber nach der Besteigung des ersten Gipfels von seinem Expeditionsleiter gedrängt worden, Flaschensauerstoff zu benutzen. „Anatoli sagte mir damals, es sei vielleicht eines Tages auch möglich, alle vier Gipfel ohne Atemmaske zu besteigen“, erinnert sich Simone.

Fünfeinhalb Kilometer

West-, Haupt-, Mittel- und Südgipfel des Kangchendzönga (v.l.n.r.)

Moro und Lunger wollen über eine neue Route durch die Flanke des 7902 Meter hohen Kangbachen auf den Grat und dann zum Gipfel des 8505 Meter hohen Yalung Kang steigen, dem Westgipfel des Massivs. „Ganz ehrlich, schon das wäre ein Riesenprojekt“, sagt Simone. „Wir könnten schon feiern, wenn wir im Alpinstil eine neue Route auf den Yalung Kang eröffnet haben. Aber wir haben uns entschieden, das Spiel auch danach offen zu halten.“ Mindestens drei Tage haben die beiden für die fünfeinhalb Kilometer lange Gratwanderung veranschlagt, permanent auf einer Höhe von über 8200 Metern. „Das Projekt ist wirklich eines auf des Messners Schneide, sehr, sehr, sehr schwierig. Mal sehen, wie weit wir kommen“, sagt Moro.

Entschlossen und fähig zu träumen

Zumal Tamara Lunger noch immer an den Folgen einer Schulterverletzung laboriert, die sie sich beim Skifahren zugezogen hat. Doch die Südtirolerin hat schon häufig bewiesen, dass sie „beißen“ kann. Ein Erfolg am Kangchendzönga, dem dritthöchsten Berg der Erde, wäre Tamara wirklich zu gönnen, da sie Ende Februar 2016 am Nanga Parbat knapp unterhalb des Gipfels hatte umdrehen müssen. Simone Moro, Alex Txikon und Muhammad Ali (auch „Ali Sadpara) hatten ohne sie den höchsten Punkt erreicht und damit die erste Winterbesteigung dieses Achttausenders geschafft.  „Alles Trainieren und Planen dieser Welt kann dich nicht auf ein Abenteuer wie dieses vorbereiten“, sagt Tamara über ihre „Kangchendzönga Skyline Expediton“ mit Moro. „Aber Simone und ich haben die nötige Entschlossenheit und Fähigkeit zu träumen, um so ein Projekt erfolgreich abzuschließen.“

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Tamara Lunger: „Es war ein Traum“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/tamara-lunger-es-war-ein-traum/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/tamara-lunger-es-war-ein-traum/#comments Mon, 07 Mar 2016 09:38:05 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=32049 Tamara Lunger

Tamara Lunger

Es war doppelt knapp. Erst verpasste Tamara Lunger die erste Winterbesteigung des Nanga Parbat denkbar knapp, dann kam die 29 Jahre alte Südtirolerin knapp mit dem Leben davon. Knapp unterhalb des 8125 Meter hohen Gipfels, informierte Tamara entkräftet ihren italienischen Teampartner Simone Moro, dass sie wohl herauf-, aber ohne Hilfe nicht mehr herunterkommen würde. Wenig später drehte sie um. Simone, der Spanier Alex Txikon und der Pakistaner Muhammad Ali (nach seinem Heimatdorf auch „Ali Sadpara“ genannt) erreichten ohne sie den Gipfel. Beim Abstieg verlor Lunger dann kurz vor dem obersten Lager nach einem Sprung über eine Gletscherspalte den Halt. Sie rutschte rund 200 Meter dem Abgrund entgegen, ehe sie mit viel Glück im lockeren Schnee zum Halten kam. Inzwischen ist die Bergsteigerin wieder daheim in Südtirol.

Tamara, zunächst einmal herzlichen Glückwunsch zu deiner Leistung. Hast du dich inzwischen von den Strapazen erholt?

Vielen Dank, Stefan. Ich muss sagen, die Strapazen vom „fast-Gipfel“ habe ich schon überstanden, aber die Folgen meines Sturzes noch nicht. Es hat mich, denke ich, recht zusammengehauen, und auch mein Sprunggelenk ist immer noch geschwollen. Das werde ich am Montag gleich abklären, aber da ist sicher was in Fetzen. 🙁

Tamara mit Simone Moro

Tamara mit Simone Moro

Das Wetter am Gipfeltag war perfekt, aber der Weg zum höchsten Punkt lang, je rund 1000 Höhenmeter waren noch im Auf- und Abstieg zu überwinden. Wie groß hast du vor dem Aufbruch aus Lager 4 eure Chance bewertet, den höchsten Punkt zu erreichen?

Ich bin ehrlich, wenn ich sage, dass ich am Vorabend zu Simone gesagt habe: „Das ist ja sehr nahe, das rocken wir gewiss!“ Ich wusste es wirklich mit hundertprozentiger Sicherheit. Und auch wenn es für mich nicht geklappt hat, es war mehr das Pech einer etwas schlechten Tagesverfassung.

Nach den Worten Simones warst du gerade einmal 60, 70 Meter unterhalb des Gipfels. Wie schwer ist dir die Entscheidung gefallen, dort umzukehren?

Überhaupt nicht. Ich musste mich den ganzen Tag übergeben, und der starke Wind hat mir viel Energie geraubt. Als ich an meine Umkehrstelle gelangte und ich Ali mir schon vom Gipfel zuwinken sah, schoss mir auf einmal dieser Satz in meinen Kopf: „Wenn du jetzt auf den Gipfel gehst, dann siehst du deine Leute nicht mehr!“ Ohne darüber nachzudenken, machte ich kehrt und bin ausgestiegen, weil ich wusste, dass ich vom Gipfel bis zum Lager 4 bei jedem Schritt ausrutschen könnte und in den Tod stürzen könnte. Wir hatten nicht mal einen Meter Seil dabei, da wäre eine Hilfe unmöglich gewesen, und auch der Rest vom Team war recht angeschlagen von den Strapazen.

Ali (l.) und Simone (r.) am höchsten Punkt

Ali (l.) und Simone (r.) am höchsten Punkt

Du hast dich bereits am Morgen des Gipfeltags übergeben, bist aber trotzdem aufgebrochen. Hast du gehofft, dass sich die Beschwerden mit der Zeit geben?

Noch davor habe ich gespürt, dass ich muskulär nicht einen guten Tag hatte, aber ich war noch in der Hoffnung, dass sich das legt. Als ich mich das erste Mal übergeben habe, fühlte ich mich nachher fast etwas befreit, aber mit jede Schluck Getränk und jedem Bissen Essen hat sich das wiederholt, und meine Kraft wurde immer weniger. Ich wusste, das würde sich heute nicht mehr ändern.

Glaubst du, dass mangelnde Akklimatisierung die Ursache für deine Beschwerden war?

Könnte sein, immerhin haben Simone und ich zuvor nur eine Nacht auf Lager 2 (ca. 6100m) geschlafen. Es könnte aber auch der ganze Aufstieg an sich gewesen sein. Ich konnte kaum schlafen, da wir zu viert nur zwei Isomatten hatten. Und wir hatten von Lager 3 bis 4 noch Fixseile anzubringen, was uns alle Kraft und Zeit gekostet hat.

Abstieg

Abstieg

Das Bild der verschiedenen Aufstiegswege, das Alex veröffentlicht hat, zeigt, dass du dich kurz unterhalb des Gipfels von Simones und Alex‘ Route entfernt und seitlich gequert hast. Warum?

Ich wollte versuchen, dem Wind auszustellen, vergeblich. Meine Füße waren schon wieder so kalt, und ich wollte die Batterien in meinem Sohlen-Heizsystem austauschen. Ich hatte keine Chance, es war zu kalt, und ich traute mich nicht meine Fäustlinge auszuziehen.

In welchem Zustand hast du am Abend Lager 4 erreicht?

Ich war fertig, hatte Schüttelfrost die ganze Nacht. Die Schrecksekunden bei meinem Sturz haben mir nochmal einiges an Energie und Nerven gekostet.

Erfolgsteam Tamara, Simone, Alex und Ali (v.r.n.l.)

Erfolgsteam Tamara, Simone, Alex und Ali (v.r.n.l.)

Mit welchem Gefühl kehrst du vom Nanga Parbat nach Südtirol zurück, was nimmst du an Erfahrungen mit?

Es war ein Traum. Alles kam so, wie es kommen sollte. In den drei Monaten hat sich wahnsinnig viel getan. Nach der Abreise von Daniele Nardi fühlten wir uns alle frei. Es ist nicht so, dass ich ihn nicht ausstehen kann, im Gegenteil, aber im ganzen Basislager war eine fehlende Harmonie, die einfach nur zum Kotzen war, und das hat mich fertig gemacht. Ich muss frei sein im Kopf, wenn ich so was machen will. Anschließend war das Team perfekt, alle vier gleichwertig, das Wetter gut. Und dann war nur noch Ruhe von uns gefragt. Ich gönne es meinem Team, ich weiß, was wir dafür gegeben haben. Und ich bin auch sehr stolz auf mich, dass ich den Mut hatte, auf meinen Bauch zu hören. Ich sehe es als Geschenk, so etwas in mir zu tragen, und ich werde es hüten und beschützen wie einen Schatz, damit es mir immer und immer wieder den richtigen Weg zeigt, meinen Weg.

Simone hat angekündigt, dass er dem Winterbergsteigen an den Achttausendern adieu sagt. Wie sieht es bei dir aus?

Ich kann dazu noch nichts sagen. 😉

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https://blogs.dw.com/abenteuersport/tamara-lunger-es-war-ein-traum/feed/ 5
Ein Stück Bergsteiger-Geschichte am Nanga Parbat https://blogs.dw.com/abenteuersport/ein-stueck-bergsteiger-geschichte/ Sun, 28 Feb 2016 20:10:11 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=31993 Erfolgsteam: Alex, Tamara, Simone, Ali (v.l.)

Erfolgsteam: Alex, Tamara, Simone, Ali (v.l.)

Der Nanga Parbat wird bald wieder ungestört Winterschlaf halten können. Nachdem der 8125 Meter hohe Berg in Pakistan in den vergangenen Wintern zunehmend zum Objekt der Begierde von Profibergsteigern aus aller Welt wurde, dürfte nun an dem Achttausender in der kalten Jahreszeit Ruhe einkehren. Ein weiteres der „letzten großen Probleme“ des Bergsteigens ist gelöst, nachdem dem Italiener Simone Moro, dem Spanier Alex Txikon und dem Pakistaner Muhammad Ali am Freitag die erste Winterbesteigung des Nanga Parbat gelungen ist. Ali stieg über felsiges Terrain zum höchsten Punkt, die anderen beiden über eine vereiste Rinne. Die Vierte im Bunde, die Südtirolerin Tamara Lunger, kehrte rund 100 Meter unterhalb des Gipfels um. Auch sie wählte im Gipfelbereich einen anderen Weg als Simone und Alex. Die 29-Jährige war schließlich am Ende ihrer Kräfte, nachdem sie sich schon am Morgen des Gipfeltags hatte übergeben müssen.

Auch der Abstieg ein Kraftakt

Ali (l.) und Alex (r.) auf dem Gipfel

Ali (l.) und Alex (r.) auf dem Gipfel

Der Weg von Lager 4 auf etwa 7100 Metern zum Gipfel sei „sehr hart und lang“ gewesen, sagte Alex Txikon. Das Gipfeltrapez habe sich als „steiler als erwartet“ erwiesen und als „wirklich eisig“. Nach einer weiteren Nacht im letzten Hochlager stiegen die vier Bergsteiger in einem Rutsch bis ins Basislager auf 4300 Metern ab – auch das ein Kraftakt.
Das Viererteam, das sich erst gewissermaßen auf der Zielgeraden zusammengefunden hatte, schrieb Bergsteiger-Geschichte. Insgesamt mehr als 30 Expeditionen hatten sich in den letzten Jahrzehnten am Nanga Parbat im Winter die Zähne ausgebissen. Damit ist nun auch der 13. von 14 Achttausendern in der kalten Jahreszeit bestiegen. Nur der K 2, mit 8611 Metern der zweithöchste Berg der Erde, hat noch eine weiße Winterweste.

Erste große Wintererfolge für Ali und Txikon

Die unterschiedlichen Aufstiegswege

Die unterschiedlichen Aufstiegswege

Der 40-jährige Muhammad Ali, nach seinem Heimatort auch Ali „Sadpara“ genannt, ist der erste Pakistaner, dem eine Winterbesteigung eines Achttausenders gelungen ist. Für den 34 Jahre alten Alex Txikon war der Nanga Parbat bereits Nummer elf in seiner Achttausender-Sammlung und sein erster großer Winter-Erfolg. 2011 und 2012 hatte sich Alex im Winter vergeblich am Gasherbrum I versucht. Beim zweiten Anlauf waren seine Mitstreiter, der Österreicher Gerfried Göschl, der Schweizer Cedric Hählen und der Pakistaner Nisar Hussain während eines Gipfelversuchs spurlos verschwundenIm Winter 2015 hatte Txikon gemeinsam mit Muhammad Ali und dem Italiener Daniele Nardi am Nanga Parbat eine Höhe von 7850 Metern erreicht. Nardi gehörte auch in diesem Winter zum Team, reiste aber – wie berichtet – im Streit ab.

König der Winterbergsteiger

Ali (l.) und Simone (r.) am höchsten Punkt

Ali (l.) und Simone (r.) am höchsten Punkt

Simone Moro ist der König der Winter-Höhenbergsteiger. Der 48-Jährige kann seine bereits vierte Wintererstbesteigung eines Achttausenders feiern. Vor seinem Coup am Nanga Parbat war dem Italiener dieses Kunststück bereits an der Shishapangma (2005), am Makalu (2009) und am Gasherbrum II (2011) gelungen. „Wenn du dich im Winter an irgendeinem Berg im Himalaya versuchst, fühlst du dich nicht einfach nur als Bergsteiger, sondern wie ein Entdecker“, sagte mir Moro einmal in einem Interview. „Du kletterst nicht nur, du betrittst Neuland. Das ist Alpinismus pur, wie in früheren Zeiten.“

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Eilmeldung: Erste Winterbesteigung des Nanga Parbat https://blogs.dw.com/abenteuersport/erste-winterbesteigung-nanga-parbat/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/erste-winterbesteigung-nanga-parbat/#comments Fri, 26 Feb 2016 11:19:16 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=31969 Gipfel des Nanga Parbat, heute morgen vom Basislager aus

Gipfel des Nanga Parbat, heute morgen vom Basislager aus

Sie haben es geschafft! Der Spanier Alex Txikon, der Pakistaner Ali Sadpara und der Italiener Simone Moro haben Geschichte geschreiben. Ihnen gelang die erste Winterbesteigung des Nanga Parbat. „15.37 Uhr (pakistanischer Zeit). GIPFEL! Wir haben gerade die Bestätigung per Funk erhalten: Alex Txikon, Ali Sadpara and Simone Moro haben erstmals im Winter den Gipfel des Nanga Parbat erreicht. Tamara Lunger stoppte einige Meter unterhalb. Sie werden die Nacht in Lager 4 (7200 Meter) verbringen und morgen zurück im Basislager sein“, schreibt Igune Mariezkurrena aus dem Basislager auf der Diamir Seite des Bergs. Herzlichen Glückwunsch an alle zu dieser tollen Leistung und einen sicheren Abstieg! Mehr als zwei Dutzend Expeditionen hatten sich in den letzten Jahrzehnten an dieser Aufgabe die Zähne ausgebissen.

Ali, Alex, Simone und Tamara (v.l.n.r.)

Ali, Alex, Simone und Tamara (v.l.n.r.)

Für Simone war es bereits die vierte Wintererstbesteigung eines Achttausenders. Vor dem heutigen Erfolg am Nanga Parbat war ihm dieses Kunststück bereits an der Shishapangma (2005), am Makalu (2009) und am Gasherbrum II (2011) gelungen. Jetzt ist der K 2, der zweithöchste Berg der Erde, der einzige Achttausender, der bisher noch nie im Winter bestiegen wurde.

Update 16.45 Uhr MEZ: Alex, Ali, Simone und Tamara sind wohlbehalten in Lager 4 auf ca. 7100 Metern eingetroffen. Hoffentlich wartet dort ein Gipfelschnaps auf sie. 😉 Den hätten sie sich redlich verdient!

Update 27.2.: Die vier Bergsteiger sind wohlbehalten im Basislager angekommen. Das macht den Gipfelerfolg am Nanga Parbat erst vollständig. „Sie sind sehr müde, aber auch sehr glücklich! Jetzt brauchen sie Schlaf um sich zu erholen und neue Kraft zu schöpfen“, lässt Tamara über Facebook mitteilen. Offenbar ist sie auf einer Höhe von etwa 8000 Metern umgekehrt. Nichtsdestoweniger eine beachtliche Leistung, Tamara! Ein Teil des Erfolgs gehört dir.

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