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Nordwand: Risiko zu hoch


Aus der Traum von der Nordwand des Mount Everest. Schweren Herzens haben Gerlinde, Ralf und Hiro ihren Plan begraben, den höchsten Berg der Erde über die so genannte „Supercouloir-Route“ zu besteigen.

Noch einmal hatten die drei Bergsteiger am Wandfuß in gut 6000 Metern Höhe die Bedingungen studiert und diskutiert. Ihr Fazit: Das Risiko ist zu groß. „Es wäre Harakiri, in die Wand einzusteigen“, sagte Ralf am Satellitentelefon. Wegen der derzeit hohen Temperaturen müssten sie im unteren Teil ständig mit Lawinen und Steinschlag rechnen.

Schicksal nicht herausfordern

Ausschlaggebend für die Entscheidung seien allerdings die unklaren Windverhältnisse gewesen. Wenn der Wind am geplanten Gipfeltag, dem 30. Mai, am Westgrat in weit über 8000 Metern Höhe nur etwas schneller blase als mit den vorhergesagten 40 Stundenkilometern, sei die Besteigung ohne zusätzlichen Sauerstoff unmöglich.

Genausowenig könnten sie dann bei den derzeitigen Verhältnissen einfach umkehren. In diesem Falle steckten sie in der Falle – zumal für den nächsten Tag wieder weit höhere Windgeschwindigkeiten zu erwarten seien. „Wir hatten im vergangenen Jahr am Achttausender Annapurna Riesenglück“, so Ralf, „wir wollen das Schicksal nicht ein weiteres Mal herausfordern.“

Neue Route

Gerlinde, Ralf und Hiro wollen nun versuchen, vom Fuß der Nordwand seitlich über eine steile Eiswand zum Chang La, dem Everest-Nordsattel, aufzusteigen. Die Route wurde 1938 von einer englischen Expedition erstbegangen. „Im unteren Teil“, sagt Ralf, „ist das Gelände sehr spaltenreich. Darüber warten 500 Höhenmeter blankes Eis.“

Sollte es den drei Bergsteigern gelingen, diese Klippe zu überwinden, würden sie vom 7100 Meter hohen Nordsattel aus versuchen, über die tibetische Normalroute den Gipfel zu erreichen – sicherlich nicht ihre Traumvariante, doch ohne Atemmasken und bei den unbeständigen Wetterverhältnissen aller Ehren wert.

Datum

Freitag 27.05.2005 | 11:16

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