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Denkpausen

Nach acht Tagen auf 5500 Metern leide ich unter latenter „Höhen-Demenz“. Nein, nein, so schlimm ist es nun auch wieder nicht. Ich kenne noch die Namen meiner Frau und Kinder. Aber wie hieß doch gleich der Ort, den ich im letzten Jahr besucht habe, wie der Sänger, dessen Lied gerade auf der CD läuft und wie der Sender, für den ich arbeite? Wie weggeblasen, vom Höhenwind des Mount Everest.

Alles wird langsamer

Die Erklärung ist einfach. Auf der Höhe unseres Basislagers wird der Sauerstoff nur noch mit der Hälfte des Drucks in die Lungen gepresst wie auf Meereshöhe. Das hat Folgen: der Kreislauf muss härter ran und doch arbeitet alles langsamer, auch das Gehirn. Der Schlaf wird dein Lieblingsbruder und das Denken dein Quälgeist. Bin ich immer noch zu theoretisch?

Ein Beispiel: Ich will Ihnen eine einfache Geschichte über den höchsten Berg der Erde erzählen: Der Mount Eiffelturm … (Denkpause) … Der Mount Everest wurde 1853 … Entschuldigung, aber das kann nicht sein … (konzentriert) Der Mount Everest wurde 1953 erstmals bestiegen … von … (Denkpause) einem Sherpa … (denke laut) Wie hieß der noch gleich? Traumprinz oder so ähnlich. Jetzt hab ich`s, Tenzing! Und der andere war eine Biene … (Denkpause) Quatsch, ein Imker und hieß … (denke laut) … Ich habe es gleich. Er hieß genauso wie die frühere First Lady in den USA …(Denkpause)… Genau, Hillary! (Es folgt ein Seufzer der Erleichterung).

Unter diesen Umständen reichen 24 Stunden für einen Tag nicht aus. Worüber hatten wir gerade gesprochen?

Datum

Sonntag 22.05.2005 | 12:06

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